Den Grexit stellten manche EU-Granden wie eine Rute in den Raum, den Brexit fürchteten dieselben wie der Teufel das Weihwasser. Und was kommt nach dem Frexit? Und wie hieße das in Kurzform, wenn Österreich aus der EU austreten würde?
Für mich ist nicht der nun mehr einzuleitende Austritt Großbritanniens das Problem, sondern die Perspektivenlosigkeit der in der EU Verantwortlichen, aber auch der Regierungschefs der EU-Nationen. Was wurde vor dem Votum bei einem "LEAVE" nicht alles an die Wand gemalt. Keine einzige positive, motivierende Äußerung war da zu hören, nur Drohgebärden. Die haben schon das griechische Volk nicht beeindruckt, allerdings dann die dortige Regierung, die sich seither nicht mehr vom Gängelband der EU lösen kann. Das steht im Vereinigten Königreich eher nicht zu befürchten, die Entscheidung des Volkes wird dort von der Regierung respektiert werden. David Cameron wird im Oktober zurücktreten und einem Brexit-Befürworter, wahrscheinlich Boris Johnson, die Macht und damit das Mandat übergeben, das Austritts-Schreiben nach Brüssel zu senden. Dann wird es mindestens 2 Jahre dauern bis alles geregelt über die Bühne gegangen sein wird. Nach der Entscheidung contra EU regiert selbst beim bisher zuversichtlich wirkenden österreichischen Bundeskanzler die Skepsis und die Sorge. Schade eigentlich, denn Krisen bergen ja die Möglichkeit in sich, das, was zu lange nicht angeggangen wurde, endlich konstruktiv zu regeln. Stattdessen kommen zu den Unkenrufen der enttäuschten "Remainer" nun auch noch die Zurufe, man möge die EU endlich deregulieren. Damit spielt man aber genau denen in die Hände, die eine gemeinsame Union europäischer Staaten ablehnen und die Nationalstaaten und damit die ohnehin bereits vorhandenen Nationalismen stärken wollen. Hier versucht sich der Schmidl wieder als Schmid; das funktioniert aber weder in Österreich noch sonst in der Welt. Es beschleunigt bloß die Machtübernahme durch national-populistische Parteien und Bewegungen. Hilfreich wäre eine positive Vision, was ein gemeinsames Europa zu leisten im Stande wäre, wenn es sich auf seine Kernaufgaben konzentrierte und auf die Menschen hörte und nicht auf die Lobbys. Zudem täte ein "act local but think global" gut, um bei allen vor Ort getroffenen Entscheidungen immer auch das gemeinsame Ganze im Blick zu behalten. Das, was mich in diesem Zusammenhang sehr nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass Institutionen nicht reformierbar sind. Sollte das dennoch versucht werden, sind das verlorene Jahre, die den Untergang nur noch verzögern und das Bestehende manifestieren. Da bin ich in guter Gesellschaft, etwa jener der Phiosophen Ivan Illich und Bertrand Stern. Hilfreich wäre es auch hier, etwas völlig Neues aufzusetzen. Dazu bräuchte es Menschen, die gelernt haben, außerhalb der bestehenden Denkweise zu handeln. Das werden wohl nicht die PolitikerInnen sein, die derzeit an der Macht sind. Es werden nur jene sein - etwa du und ich - die ihr politisches Interesse noch nicht verloren haben und die an die Zukunft von Gemeinschaften glauben. Daher sind jetzt wir alle aufgerufen, das zu richten, was jene verbockt haben, an die wir dummerweise bisher unsere Verantwortung abgegeben haben.
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Gerade bemerke ich, dass mein letzter Tagebucheintrag vom Sonntag vor einer Woche stammt. Seither habe ich nichts geschrieben. Unvorstellbar. Ich halte sofort inne und schaue zurück. Bei diesem Rückblick dehnt sich die Zeit ganz plötzlich und diese 10 Tage werden zu gefühlten zwei Monaten. Ich nehme meinen Kalender zur Hand, um zu checken, ob tatsächlich all das passiert ist, was mir da so kreuz und quer durch den Kopf schwirrt. Und es ist …
Nach dem erschöpfenden Vatertag begann die Intensiv-Woche mit meiner Theatergruppe im Colearning-Space Wien. Dort galt es an 3 Vormittagen zwischen 9 und 14 Uhr und einem Nachmittag zwischen 14 und 17 Uhr die Arbeit eines Semesters in jene Form zu bringen, die es braucht, um eine gelungene Abschlussaufführung zu gestalten. Es waren intensive Stunden mit den 12 Kids – aber das Miteinander hat sich gelohnt. Unser Auftritt in der Schraubenfabrik am Freitagabend war ein voller Erfolg, führte zu tosendem Applaus und vielen positiven Rückmeldungen. Die Gruppe präsentierte viele selbstentwickelte Szenen, unter anderem „Die Räuber oder Katzenfutter braucht die Welt“, die Hamlet-Dialoge (basierend auf dem Monolog vom Sein und Nicht-Sein), den Erlkönig als szenisches Spiel und als Rap, das Kinderschach, das inspiriert war von einem Widerstands-Grafitto des Kairoer Künstlers El Teneen und ein märchenhaftes Stück namens „Der Stein der Dreisten“. Gerne werden wir die Arbeit im Herbst fortsetzen. Weiters arbeitete ich an einem Beitrag über schulische Inklusion für die Nachrichten-Online-Plattform N21. Dieses Thema galt es auch für meine aktuelle Sendung „Nie-mehr-Schule“ am gestrigen Mittwoch, 22.6. aufzubereiten. Ich führte dazu zahlreiche Telefongespräche und holte diverse Stellungnahmen auch von politischen Parteien ein. Am Dienstagabend der Vorwoche, in der Nacht des Samstag und am gestrigen Abend galt es, mich dem Wahnsinn der Fußball-EM auszusetzen und mit meinen Jungs den Österreichern beim Herumgurken und beim Untergang zuzusehen. Das waren die zugegeben qualvollsten Stunden dieser Tage. Darüber werde ich noch extra berichten, um sie loszuwerden. Sonntagabend traf ich Bertrand Stern und Franziska Klinkigt, um sie für die nächsten Sendungen meines Magazins für alle, die Bildung verändern wollen, zu interviewen. Das waren 3 sehr intensive und inspirierende Stunden, die ich dazu in der Wiener Bleibe von Bertrand im 18. Bezirk verbrachte. Am vergangenen Montag verbrachte ich den ganzen Tag in der Volkshochschule Favoriten um von 31 TeilnehmerInnen des Pflichtschulabschluss-Lehrganges deren Portfolio für Berufsorientierung präsentiert zu bekommen. Alle haben diese Aufgabe positiv bestanden. Die Nacht von Montag auf Dienstag und der Dienstag waren dann der Montage der aktuellen Ausgabe meines Radiomagazins gewidmet und am gestrigen Mittwoch war ich noch bei einer öffentlichen Verhandlung am Wiener Verwaltungsgericht dabei. Da ging es um die Verwaltungsstrafe für eine Freilerner-Mutter wegen Schulpflichtverletzung – und natürlich auch um eine Aktion im Sinne freier Bildungswege. Im kleinen Richterinnen-Zimmer war denn auch kaum Platz für alle Gekommenen. Ja, das war eine sehr intensive Zeit, die da hinter mir liegt. Kein Wunder, dass ich momentan auch ein wenig müde bin. Verstärkt wird dieses Gefühl vom heißen aber leider auch feuchten Wetter. Mit dieser Luftfeuchtigkeit jenseits der 50 Prozent, die da in Wien seit Wochen herrscht, kann ich nur wenig anfangen. Ich fühle mich eher in die Subtropen versetzt, denn ins gemäßigte Klima Mitteleuropas. Aber das ist möglicherweise eben auch nur ein subjektives Gefühl, dass der allgemeinen Wahrnehmung entgegenläuft – wenn ich den Wettermoderatoren im Radio und so manchem Menschen, dem ich begegne, folge. Diesmal möchte ich einfach die Chronologie der Ereignisse dieses (Vater-)Tags für sich sprechen lassen:
Dieser Sonntag beginnt überraschenderweise schon um 6 Uhr, da unser Jüngster mal auf’s Klo muss und nachher in seinem Zimmer zu singen und mit Duplo Busse zu bauen beginnt. Ich versuche nochmals einzuschlafen, was nicht gelingt, bleibe jedoch bis 7 Uhr im Bett liegen. Dann starte ich mit den Vorbereitungen fürs Familienfrühstück und beschließe aus reiner Lust und Laune einen Marmorkuchen zu backen. Siehe da: Alle Zutaten sind noch in ausreichendem Maß vorhanden. Unser Jüngster hat meine Küchenaktivitäten mitbekommen und unterstützt mich beim Rühren und vor allem beim Schlecken. Nachdem der Kuchen im Ofen ist, bringe ich meiner Frau einen Frühstückskaffee ans Bett. Sie ist ob des Wirbels in den Morgenstunden gereizt. Ich auch. Wir haben einen heftigen Wortwechsel wegen „Ich-weiß-nicht-was“. Das Wetter trägt einiges zum Nervenflattern bei, hasse ich doch feuchte Hitze – und die hatten wir vom Morgen an den ganzen Tag über. Ich wecke die beiden Großen und lade sie zum Frühstück ein; der Älteste erscheint dort er’s, als wir anderen fertig sind. Die Gespräche ranken sich um Fußball (mit dem Mittleren) und um Busstationen (mit dem Jüngsten). Zu meiner Frau finde ich ob der beiden Jungs keinen Draht; außerdem sollten wir Erwachsenenkram nicht vor den Kindern besprechen, davon gäbe es allerdings genug. Der Kuchen schmeckt immerhin allen, obwohl er noch warm und mir zu weich ist. Nach dem Frühstück montiere ich Haken in unserem Vorzimmer; immerhin sind wir erst seit 2 Wochen in der neuen Wohnung, haben uns aber schon so eingerichtet, dass Outsider glauben würden, wir wohnten schon ewig hier. Für mich ist das eine Frage des Wohlbefindens, möglichst bald absolut wohnliche Verhältnisse zu haben. Es hat mich sehr herausgefordert, dies neben meinem Alltagskram zu tun; eigentlich muss ich zugeben, dass es mich überfordert hat. Die Gereiztheit dieses Tages gibt auch Zeugnis davon. So krache ich gleich nach dem Frühstück mit unserem Jüngsten aneinander, der andere Pläne hat als ich. Er will raus, ich will meinen Text zum Vatertag schreiben. Der Mittlere will Fußballspielen und meine Frau möchte lieber auf der Loggia mit der Seele baumeln. Der Große sitzt noch beim Frühstück und möchte dann zurück an seinen Schreibtisch. Der Jüngste und ich kriegen uns so in die Haare, dass meine Frau einspringen muss. Konflikt gemanagt. Knapp vor Mittag stellt sich heraus, dass im Stress des gestrigen Nachmittags weder meine Frau noch ich Couscous eingekauft haben, um eine Beilage zum Hühnercurry zu haben. Wohin also? Zum kleinen Supermarkt am Hütteldorfer Bahnhof? Zur Tanke? Ich entscheide mich für die Tankstelle 8 Gehminuten von unserem Zuhause und nehme den Jüngsten samt Laufrad mit. Immerhin wollte er ja hinaus. Es ist extrem schwül und nieselt. Auf diese Weise werde ich von außen und innen nass. Ein Albtraum. An der Tanke gibt’s nur Süßes, Salziges, Getränke, Tschick und Würstel. Aber selbst letztere sind nicht in ausreichender Anzahl für eine fünfköpfige Familie vorhanden. Nachdem ich mein Handy vergessen habe, gehe ich zur zufällig vor Ort befindlichen Telefonzelle, um meine Frau zu verständigen. Ich werfe eine Euro-Münze ein, die ich trotz des Verbrauches von bloß 40 Cent für die Gesprächsgebühren zur Gänze verliere. Auch so kann man Gewinne machen. Wir entscheiden uns für so irgendetwas mit Toast und Hühnerfleisch. Ich verkünde lauthals, dass ich da schon eine Idee hätte. Zuhause angekommen setze ich sie mit Assistenz meiner Frau gleich um. Zwiebel anrösten, Tiefkühlgemüse aus Erbsen, Mais und Karotten ins heiße Wasser, dann Hühnerfleisch dazu und letztlich das Gemüse. Salz, Pfeffer, Curry und Sojasauce und fertig ist die Sache. In der Zwischenzeit bräunt der Toast im Toaster, den wir, als er fertig ist, auf die Teller legen, je zwei Scheiben pro Familienmitglied. Dann noch das Hühner-Gemüse-Curry auf die Toasts und fertig ist das improvisierte aber sehr schmackhafte Mittagessen. Der Mittlere sagt auf die Frage des Jüngsten, warum er denn das Gemüse immer auf den Toast tut und es nur so isst, dass es ihm ausschließlich auf diese Weise schmecke. Nach der Hauptspeise wird Schokolade gefordert, was ich unserem Jüngsten dummerweise am Wochenende einmal erlaubt habe. Diesmal können wir ihn mit der Perspektive „Es gibt Kuchen zur Jause“ vertrösten. Die Mittagspause verläuft unruhig. Die Großen lesen in ihrem Zimmer, der Kleine hat gerade heute keine Lust auf Mittagsschlaf, obwohl er schon eine Stunde früher wach war als sonst. Auch die Nachbarn haben anderes als Ruhe im Sinn, der eine bohrt, die andere mäht Rasen. Meine Nerven haben keine Zeit zur Erholung. So beginne ich früher als geplant mit dem sonntäglichen Putztag. Wir haben nach unserem Umzug einen Plan entwickelt, wer wann welche Tätigkeiten übernehmen soll. Ich bin heute für Essbereich, Büro/Schlafbereich von Reetta und mir, die Loggia und die Einführung unseres Ältesten in die Kunst des Kloputzens zuständig, auf dass er es in 4 Wochen alleine meistern kann. Auf der Loggia hat es zu dieser Zeit 22 Grad mit 80 % Luftfeuchtigkeit. Ich glaub’ mich knutscht ein Elch … Nach 90 Minuten bin ich schweißgebadet und beschließe zu duschen, während meine Frau noch mit dem Rest der Wohnung und ihren Söhnen kämpft. Eine kurze Pause auf der Loggia ist auch noch drin, die stechende Sonne allerdings verdirbt mir die Laune darauf schnell. Um 17 Uhr steht eine längst fällige Familienbesprechung am Programm, die uns in einer Stunde durch die Themen „Feedback zur neuen Wohnung, Morgen unter der Woche, Morgen am Wochenende, Putzen und Fußball-EM“ bringt. Ein Parforce-Ritt mit anschließenden Erschöpfungszuständen aller Beteiligten. Immerhin gab es unter „Allfälliges“ diesmal auffälligerweise keine Wortmeldung. Ich setze mich an meinen Schreibtisch und veröffentliche meine Erzählung anlässlich des Vatertages mit dem Titel „Vater’s Land“. Danach fällt das geplante Abendessen mit meiner Frau und unserem Jüngsten - die Großen haben sich samt Verpflegung in ihr Zimmer verzogen – aufgrund eines Konfliktes mit meiner Frau zumindest für uns beide ins Wasser. Heute liegt irgendwie Explosives in der Luft. Wir vertagen die weitere Diskussion auf die Zeit nach dem Baden, Vorlesen und Zubettbringen unseres Jüngsten, das heute ich überhabe. Danach geht’s aber richtig los. Und wir kommen in der heftigen Diskussion auch zu konkreten Ergebnissen; der Vergangenheitsbewältigung folgt die Zukunftsplanung, zumindest für den nächsten Tag. Ich lege noch eine Arbeitseinheit am Schreibtisch ein, meine Frau gönnt sich einen „Schinken“ auf der Loggia. Um halb elf mache ich schlapp, an diesem Tag erlebe ich - was sonst selten vorkommt – nicht mehr, als meine Frau sich neben mich legt. Tage wie dieser … sind das Salz in der Suppe des Familienlebens. Das aber werde ich erst später wissen. Dieser Tage komme ich aus dem politischen Kommentieren gar nicht mehr raus. Zuerst der Hofer, dann der Kurz und jetzt auch noch der Kern. Ehre, wem Ehre gebührt ...
Nach dem professionell-unprofessionellen Auftritt des designierten SPÖ-Chefs und nunmehrigen Bundeskanzlers vor etwas mehr als 3 Wochen war noch so etwas wie die letzte Hoffnung aufgekeimt, was sogar Vizekanzler Mitterlehner dazu animierte im Parlament das Gedicht "Stufen" des in seiner Lyrik ganz der Romatik verpflichteten Hermann Hesse zu zitieren und "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne" zu postulieren. Damit ist es schon jetzt, wenige Tage später wieder vorbei. Fast möchte man sagen, dass die plötzlich aufgekeimte Verliebtheit ihren Übergang in eine mögliche Liebe nicht überlebt hat. Zu sentimental war ihr Beginn, zu hoffnungsvoll die Erwartungen. Was fehlte, war die Zuversicht. Im Hintergrund werkte von Anfang an der von Kern als "Selbstmordattentäter, der sich alleine in einer Telefonzelle in die Luft sprengt" bezeichnete Reinhold Lopatka aktiv, der die Wiedergeburt von Schwarz-Blau akribisch vorantreibt und dafür sogar beinahe (ob mit oder ohne ihr Einverständnis) seine Studienfreundin, die nunmehr fast schon designierte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker "opferte". Sein Plan, den RH-Vorsitz schon diesmal mit der FPÖ gegen die SPÖ zu beschließen wurde im letzten Moment von den Chefentagen der Koalitionspartner verhindert. Den größtmöglichen Schaden aber hat er angerichtet. So wie Selbstmordattentäter eben sind, scheißen sie sich nichts ums eigene Leben, solange sie der sogenannten "Sache" dienen. Lopatka ist es offenbar egal, ob die ÖVP die Nummer eins in einer schwarz-blauen Koalition ist oder die FPÖ. Oder er spekuliert mit dem Schüssel-Effekt, auch beim nächsten Mal als Nr. 3 zur Nr. 1 zu werden. Immerhin hat er es in der Steiermark geschafft, dass die SPÖ einknickt und - um Schwarz-Blau zu verhindern - als Nr. 1 der zweitplatzierten ÖVP den Landehauptmannsessel überlässt. Das Waterloo des Christian Kern ist aber noch ein ganz ein anderes. Versprochen hat er, dass diesmal das Parlament die Entscheidung über den zukünftigen Rechnungshof-Vorsitz treffen würde. Tatsächlich aber durfte der Hauptausschuss des Nationalrates die Nominierung beschließen - und da stand es nach der ersten Abstimmung für den - auch von vielen Kommentatoren - als am besten qualifizierten Kandidaten, den RH-Sektionschef Gerhard Steger 14 (ÖVP,FPÖ) : 14 (SPÖ, Grüne, NEOS, TS). Der war von der SPÖ nominiert worden, das musste Lopatka verhindern. Daher kam es dann statt eines New Deal zu einer altbekannten großkoalitionären Packelei und die selbst im ÖVP-Vorschlag zweitgereihte Kandidatiin Kraker machte das Rennen. Was denken sich eigentlich bei so einem durchschaubaren Vorgang die frei gewählten Abgeordneten der GroKo? Und wie wäre eine mögliche Kampfabstimmung im Parlament ausgegangen? Mit diesem Vorgang ist nicht nur der neue Bundeskanzler schwer beschädigt worden, sondern auch der Parlamentarismus und die im Sterben liegende Demokratie. Die, die an die autoritäre Macht wollen, brauchen weiterhin bloß aus der 1. Reihe fußfrei zuschauen, bis die große Koalition endgültig die Patschen streckt. Ob das erst 2018 passiert oder schon ein paar Monate früher tut dann nichts mehr zur Sache. Die wirren Fantasien von Sebastian Kurz, die vor allem von mangelnden geografischen Kenntnissen erzählen, sind mittlerweile schon wieder aus der Tagesberichterstattung verschwunden - so wie vor kurzem die Panama-Papers - um den Jungspund nicht weiter zu beschädigen. Bei der Umsetzung dieser rechtspopulistischen Gedanken würde entweder die ÖVP samt ihrem (Noch-)Shootingstar im braunen Sumpf landen oder die FPÖ müsste ihren derzeitigen Obmann sofort durch den Außenminister ersetzen.
Auch hier zeigt sich wieder, dass die Realität die Satire bei weitem übertrifft. Kabarettist möchte ich dieser Tage nicht sein, ich käme mit meinen Einfällen der Wirklichkeit nicht nach. Nun also wie im Titel versprochen nur kurz zu den krausen Ideen des Jungspundes: Ich lehne sie kategorisch ab und halte sie für einen Schlag ins Gesicht aller Vertriebenen und jenen, die sich ernsthaft um eine Verbesserung von deren Lage bemühen. Vielleicht noch mehr, ganz bestimmt aber nicht weniger. Und: Aus! Bevor ich jetzt dem Außenminister Kurz meine Weltsicht im Hinblick auf Vertriebene darlege und ihm meine Meinung ins Stammbuch schreibe bzw. die Leviten lese (was er als Christ bestens verstehen wird), muss ich mich noch um den kümmern, dem er so heftig nacheifert, ja den er - unter dem Deckmantel des Katholizismus - sogar rechts überholen will.
Die vom FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidaten (der meines Wissens bei der Pressekonferenz zur Verkündigung der "Rettung des demokratischen Abendlandes" gar nicht anwesend war) im letzten Moment eingebrachte Wahlanfechtung, wurde bei einer Pressekonferenz vom blauen Parteiobmann und der beauftragten Kanzlei des ehemaligen Justizministers Böhmdorfer präsentiert und von letzterem in der ZIB 2 nochmals erklärt. Die in der 150-seitigen Darstellung aufgelisteten angezeigten Sachverhalte trieben selbst dem Verfassungsjuristen und Van-der-Bellen-Unterstützer DDr. Heinz Mayer die Zornesröte ins Gesicht. Mir wiederum macht die Doppelmoral dieses Schauspiels zu schaffen. Da pudelt sich jemand, der es mit Demokratie und Rechtsstaat auch mal nicht so genau nimmt, zum Retter desselben auf, um damit genau das auszuhebeln, was zu retten er gerade noch angekündigt hat. Ziemlich verworren oder? Aber genauso hat die Propaganda der Populisten und Politisch-Extremen immer schon funktioniert. Da soll aufgrund einer durchaus berechtigte Kritik an Fehlern, die nie hätten passieren dürfen und daher in Zukunft unbedingt zu vermeiden sein werden, gleich die derzeit geltende Möglichkeit einer Briefwahl ausgemerzt werden. Diese ermöglicht ja gerade Menschen, die am Wahltag nicht vor Ort sein können oder wollen, ihre Stimme abzugeben und auch - aus dem Ausland - mitzuentscheiden. Hier wird nicht bloß das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, hier wird versucht, der derzeit ohnehin markant schwächelnden Demokratie den Todessoß zu versetzen, um dann eine dritte Republik errichten zu können. Da tröstet es mich wenig, dass auch das auf tausend Jahre und mehr angelegte Dritte Reich nur ein paar Jährchen dauerte. Die hatten es in sich und die zerstörten vieles, wenn nicht alles; und sie wirken heute noch nach, weil die Proponenten des Systems und ihre Erben in unserem seligen Österreich immer noch salonfähig sind. Zur Rettung der Demokratie wären ganz andere Maßnahmen notwendig, als die große Inszenierung gestern, die keinerlei Vorschläge beinhaltete und nur dazu diente das System in Frage zu stellen. Für mich bleibt nur die Frage offen, warum die FPÖ-BeisitzerInnen ihre Unterschrift unter die Protokolle gesetzt haben, wenn denn all das nicht mit "rechten" Dingen zugegangen ist. Darauf hatte Professor Mayer eine gute Antwort: "Der Straftatbestan der falschen Beurkundung wird in all diesen Fällen noch zu verfolgen sein." Möglichweise ist die FPÖ aber auch bereit, all diese Bauernopfer zu bringen, dienen sie doch ihrer größeren Sache. Ich wünsche mir jedenfalls, dass dieses Getöse schon bald verhallt, alle notwendigen Schritte zur Verbesserung der freien und demokratischen Wahlen umgesetzt werden und wir uns den wirklich wichtigen Themen zuwenden können, nämlich der Zukunft der Menschen in unserem Land, in Europa und dem Rest der Welt. Dafür hat nämlich die FPÖ keinen einzigen konstruktiven Vorschlag. Die Wettervorhersagen im Radio und auch im TV klingen seit langem schon eher wie eine PR-Maßnahme. Was da für Unsinn erzählt wird, ist haarsträubend. Zumindest für mich. Am schlimmsten sind jene Informationen, die möglicherweise der Realität am Computer entsprechen, nicht aber der Wahrnehmung beim einfachen Blick aus dem Fenster. So habe ich schon vor geraumer Zeit meine eigenen Wetterbeobachtungen begonnen und erstelle aufgrund der von mir schon als Kind gelernten Regeln und anhand der von mir durchgeführten Observationen von Himmel, Luftsströmung, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck meine individuellen Prognosen. Und siehe da, es trifft für die regionale bzw. lokale Wetterlage am westlichen Wiener Stadtrand sehr häufig zu. Das genügt mir.
Generell erlebe ich vor allem eine Veränderung der Luftströme und der Windrichtung. Wir haben meiner Beobachtung nach um sehr viel häufiger Südost- bzw. Südwest-Wind als in meiner Kindheit. Damit fühlen sich die 25 Grad im Schatten dann oft wesentlich heißer an als bei gleicher Temperatur und West- bzw. sogar Nordwind. Und: was heute in den Medien als Frühsommertag bejubelt wird, war in meiner Kindheit ein glasklarer Sommertag, wie ich ihn im Juni, juli oder August erlebt habe. So würde ich auch jetzt eher von einem frühen Sommertag sprechen, wenn der Mai Tage mit Temperaturen zwischen 25 und 28 Grad Celsius bringt - so wie gerade eben. Die Hochsommertage (nach dem am Himmel Anfang August aufsteigenden Sternbild) auch Hundstage genannt sind zu Sommertagen verkommen und selbst das, was nur eingefleischte Fans des sommerlichen Mittelmeers als angenehm empfunden haben, wird uns heute als ganz normaler Sommertag verkauft. Eine Hitzewelle beginnt erst bei 38 Grad und mehr. Da kann einer nur noch davon träumen, dass früher ab 25 Grad Außentemperatur in den Schulen und bei diversen Behörden hitzefrei gegeben wurde. Heute gibt es stattdessen Klimageräte, die meines Erachtens wiederum zur Klimerwärmung beitragen. Wenn's tatsächlich so ist, dann wäre das nicht nur paradox sondern ein Teufelskreis und eine von den WettermoderatorInnen in die Welt posaunte Schönfärberei. Ein kleines Ereignis mit großer Wirkung, das mir da heute am Hauptbahnhof in Wien begegnet ist:
Ich sah, während ich durch die Halle/n schlenderte, einen Mann um die sechzig, der einen noch verpackten LCD-(oder war's gar schon ein LED-)Fernseher geschuldert hatte und voll motiviert - ich nehme an - nach Hause eilte. Ja, da ist sie wieder die alle zwei Jahre grassierende Fernseh-Fußball-Seuche, die kaum einen kalt lässt und viele verführt, in ein TV-Gerät der neuesten Generation zu investieren. In unserer Familie haben wir nach unserem Umzug ins Grüne vor 3 Jahren entschieden, unser altes Bildröhren-Monster-TV-Gerät unserem Nachbarn zu vermachen, der mit seiner Familie im Keller hauste. Entweder hatte er dafür selbst Verwendung oder er konnte es zu einem für ihn guten Preis weitergeben. Ab da war das dreiteilige Fenster unseres Wohnzimmers der neue Fernseher - es ließ uns direkt in den Lainzer Tiergarten schauen und Natur, aber vor allem Wildschweine beobachten. Unser Leben hatte uns und unsere Jungs ohnehin so erfüllt, dass wir uns auf die eine oder andere DVD oder das eine oder andere Youtube-Video beschränkten. Meine Frau und ich schauten von Zeit zu Zeit auch Livestreams bzw. Videos auf den Mediatheken von ZDF, ARD, ORF, Servus-TV und ARTE. Die von mir für den Fall, dass wir die im Haus installierte SAT-Anlage doch nutzen wollten, erworbene Mediabox kostete uns in diesen drei Jahren monatlich mehr als eine normale WLAN-Verbindung und verunmöglichte zudem einen Ausstieg aus den GIS-Fernsehgebühren. Mit unserem Umzug in die Nachbarwohnung ist auch dieser letzte Anker zum TV gekappt und damit auch eine Gebührenreduktion von insgesamt knapp € 300,- pro Jahr möglich. Für diese Summe findet sich eine bessere Verwendung. Nochmals zurück zu dem Mann mit dem von ihm geschulterten Flatscreen-TV-Gerät und der wichtigen Erkenntnis, die er mir bescherte: Da mag ich, da mögen wir noch so oft über unser volles Leben jammern oder die von ihm an uns gestellten Herausforderungen als zu groß erachten - es ist letztlich ein erfülltes Leben im besten Sinn. Zusammenfassen möchte ich diese Erkenntnis in folgendem Aphorismus: "Je größer der Bildschirm, desto kleiner das Leben." Auch auf diese Weise werden Menschen klein gehalten, damit die scheinbar Mächtigen ihr Spiel spielen können. Also lieber k(l)eine Bildschirme und dafür große, pralle, erfüllte Leben - mit aller Konsequenz! Die Zeiten der Bergwerksarbeit sind in Österreich längst Vergangenheit - und dennoch gibt es neue Bergwerke, die den Menschen, die dort arbeiten, das Tageslicht rauben. Viele Einkaufszentren sind ein gutes Besipiel dafür. Aufgefallen ist mir an diesem Samstag die eigenartige Stimmung in der Filiale einer großen Supermarktkette im Auhof-Center. Nun ist der Job als RegalbetreuerIn und KassierIn ohnehin schon Knochenarbeit mit Minimalstlohn, aber wenn dann auch noch das Tageslicht fehlt, dürfte die Psyche endgültig kapitulieren. Die MitarbeiterInnen waren durchwegs gestresst, depressiv, aggressiv oder grantig.
Ein ähnliches Erlebnis hatte ich in der Filiale einer großen Bank am Wiener Hauptbahnhof. Dort sollte zumindest die Bezahlung stimmen, ebenso die Arbeitszeiten; dennoch machten die dortigen MitarbeiterInnen einen ähnlichen Eindruck auf mich. Bei meinem ersten Job in eben dieser Bank war ich mehrere Jahre an einem Standort eingesetzt, der aufgrund seiner Lage kaum Tageslicht durch die durchwegs großen Auslagenscheiben hereinließ. Zudem waren diese auch noch mit Lamellenjalousien abgedunkelt, damit man von draußen nicht hereinschauen konnte - aus Sicherheitsgründen. Mich machte das zusätzliche depressiv, wiewohl die Wurzel dafür eher daran lag, dass ich diese Aufgabe nur deswegen angenommen hatte, weil ich schnell von zuhause unabhängig werden wollte. Und Geld verdiente ich damit ja nicht schlecht, ich konnte sogar die in diesen Jahren gegründete Familie alleine erhalten. Und nun zur Sicherheit: Die zugezogenen Vorhänge verhinderten einen schweren Überfall in den ersten Jännertagen des Jahres 1988 nicht. Dieser Tag war auch aus anderen Gründen aufregend: Ich erfuhr, dass ich zum ersten Mal Vater werden sollte, meine erste Tochter kündigte sich an! Zuletzt noch ein Gedanke zur Bergwerksarbeit unserer Tage: Abgesehen vom Tageslicht fällt mir auf, dass immer mehr Menschen sich einem Job aussetzen, um das nötige Geld zum Leben zu verdienen, obwohl er ihnen überhaupt nicht entspricht. Die Hoffnung, die auch ich in solchen Phasen meines Lebens hatte, nämlich damit eine Basis zu schaffen, um irgeneinmal das zu tun, was wirklich in mir steckt, hat sich allerdings als trügerisch erwiesen. Nun arbeite ich lieber an meiner Zuversicht, dass mich das Leben trägt und ich auch mit dem, was ich drauf habe, existieren kann. Monat für Monat, manchmal Tag für Tag ein Drahtseilakt. Aber immerhin bin ich an der frischen Luft und erlebe öfter mal die Sonne. Auch wenn ich immer wieder in Gefahr gerate, dass ich mich am Hochseil so festbinden lasse, dass ich zwar nicht fallen, aber mich auch nicht mehr bewegen kann. Nachdem Reetta und ich uns im Sommer des Vorjahres (oder ist es gar schon 2 Jahre her) die komplette Serie "Twin Peaks" von David Lynch in homöopthischen Dosen einverleibt hatten, wollte das später gedrehte Prequel, der Kinofilm "Twin Peaks - fire walk with me", endlich gesehen werden. Die Kritik hat den Streifen, der 1992 auf den Filmfestspielen von Cannes seine Premiere feierte, entweder hochgelobt oder zer-, ja sogar verrissen.
So startete ich mit eher gemischten Gefühlen in den Plot, war aber nach wenigen Minuten von mehreren Elementen gefangen, nämlich - den ergreifenden Bildern - der herzzerreißenden, in fast allen Szenen spürbaren Traurigkeit der ProtagonistInnen, allen voran der von Laura Palmer - der Musik von Angelo Badalamenti - und der authentischen und tiefgehenden Darstellung der ambivalenten, verstörenden und destruktiven Auswirkungen von Missbrauch an einem jungen Menschen. In Twin Peaks geht es um den sexuellen Missbrauch von Laura durch ihren Vater. In dessen Rolle brilliert Ray Wise, dessen Mimik den ganzen Wahnsinn des erwachsenen Übeltäters widerspiegelt. Sheryl Lee mag vielleicht nicht die beste Besetzung für die Hauptrolle sein, dank Drehbuch und der einfühlsamen Regie des Altmeisters Lynch stellt sie jedoch die ganze Verzweiflung und Zerrissenheit des missbrauchten jungen Menschen glaubhaft dar. Auch die Hilflosigkeit des schönen, Laura aus ganzem Herzen liebenden James wirkt echt und zeigt das Leiden derer, die mit missbrauchten Menschen in Beziehung leben (wollen). Eine Sysiphosaufgabe, die fast immer zum Scheitern verurteilt ist. Der sexuelle Missbrauch ist in seiner ganzen Abscheulichkeit eines der subtilsten Verbrechen in der Welt. Noch subtiler aber - und daher noch schwerer beweisbar und damit (er-)lösbar - ist der emotionale Missbrauch, der schon dort beginnt, wo ein junger Mensch in seinem So-Sein nicht respektiert wird. Alle anderen Formen sind zwar möglicherweise offensichtlicher (wie etwa bei Alkoholikereltern, Partnerersatz-Rollen oder pflegebedürftigen Eltern), gelten aber nach wie vor als gesellschaftlich akzeptiert und damit tabuisiert. Das ist ein Trauerspiel mit dem schleunigst Schluss gemacht werden muss. Nicht nur die Täter brauchen Hilfe sondern auch - und gerade - deren Opfer! |
Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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