"Mit der neuen Matura wird die Literatur im Deutschunterricht abgeschafft. Schriftsteller schlagen Alarm. Warum die Hinwendung zum rein Praktischen ein Armutszeugnis ist." (Die Presse, 1.10.2014) Wieder einmal stehe ich staunend vor den Tatsachen, die Bildungsverantwortliche in unserem Land so aus dem Ärmel schütteln, wenn es darum geht, Schule zu reformieren. Selbst wenn ich es nicht ganz so schwarz sehe wie die im Presse-Artikel zitierten AutorInnen, weil ich selbst Deutsch in einem Pflichtschulabschluslehrgang unterrichte und trotz aller Kompetenzorientierung auch dort Literatur einsetze, ist die Tendenz skandalös.
Auch hier gilt Ausbildung mehr als Bildung. Auch hier wird Literatur als Freizeitbeschäftigung für die, die Zeit haben und sich's leisten können, abgestempelt. Und hier wird den geisteswissenschaftlichen Fächern einmal mehr der Garaus zu machen versucht. Technik und Wirtschaft über allem! Für mich ist die Welt ein einziges Armenhaus, wenn sie dem, was Menschen im Innersten bewegen kann, keinen Platz mehr einräumt. Für mich gilt die Welt als untergehend, wenn sie es sich nicht mehr leisten will, dem Guten, Wahren und Schönen einen Platz einzuräumen. Immerhin stehen diese Begriffe sogar im Zielparagrafen des österreichischen Schulorganisationsgesetzes (§ 2 SchOG). Sicher sind das Schreiben eines Leserbriefes und das Lesen einer Gebrauchsanweisung von sher praktischem Wert für einen Menschen dieser Tage - und weiß Gott, wie viele das nicht können. Dennoch müssen wir im Sinne eines humboldtschen Bildungsideales daran denken, dass das Praktische nicht alles ist. Ich fürchte nur, auch das hat Kalkül, obwohl man es uns als gut verkauft. Nicht alles was gut klingt, ist auch wirklich gut. Möglicherweise ist aber genau das ein sogar erwünschter Kollateralschaden auf dem Weg zu einer aus- aber ungebildeten Gesellschaft, die sich keine Zeit mehr für eine eigene Meinung nimmt und das, was von oben kommt, mehr oder weniger erfreut abnickt und so zur Kenntnis nimmt. Auch der Siegerbeitrag des heurigen FM4-Wortlauts spielt damit, in dem er den Protagonisten unkommentiert zur Kenntnis nehmen lässt, dass von seiner Kaffeetasse beginnend, die ganze Welt voller Haare wird.
0 Comments
|
Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
Archiv
Juli 2019
|