Die Zeiten der Bergwerksarbeit sind in Österreich längst Vergangenheit - und dennoch gibt es neue Bergwerke, die den Menschen, die dort arbeiten, das Tageslicht rauben. Viele Einkaufszentren sind ein gutes Besipiel dafür. Aufgefallen ist mir an diesem Samstag die eigenartige Stimmung in der Filiale einer großen Supermarktkette im Auhof-Center. Nun ist der Job als RegalbetreuerIn und KassierIn ohnehin schon Knochenarbeit mit Minimalstlohn, aber wenn dann auch noch das Tageslicht fehlt, dürfte die Psyche endgültig kapitulieren. Die MitarbeiterInnen waren durchwegs gestresst, depressiv, aggressiv oder grantig.
Ein ähnliches Erlebnis hatte ich in der Filiale einer großen Bank am Wiener Hauptbahnhof. Dort sollte zumindest die Bezahlung stimmen, ebenso die Arbeitszeiten; dennoch machten die dortigen MitarbeiterInnen einen ähnlichen Eindruck auf mich. Bei meinem ersten Job in eben dieser Bank war ich mehrere Jahre an einem Standort eingesetzt, der aufgrund seiner Lage kaum Tageslicht durch die durchwegs großen Auslagenscheiben hereinließ. Zudem waren diese auch noch mit Lamellenjalousien abgedunkelt, damit man von draußen nicht hereinschauen konnte - aus Sicherheitsgründen. Mich machte das zusätzliche depressiv, wiewohl die Wurzel dafür eher daran lag, dass ich diese Aufgabe nur deswegen angenommen hatte, weil ich schnell von zuhause unabhängig werden wollte. Und Geld verdiente ich damit ja nicht schlecht, ich konnte sogar die in diesen Jahren gegründete Familie alleine erhalten. Und nun zur Sicherheit: Die zugezogenen Vorhänge verhinderten einen schweren Überfall in den ersten Jännertagen des Jahres 1988 nicht. Dieser Tag war auch aus anderen Gründen aufregend: Ich erfuhr, dass ich zum ersten Mal Vater werden sollte, meine erste Tochter kündigte sich an! Zuletzt noch ein Gedanke zur Bergwerksarbeit unserer Tage: Abgesehen vom Tageslicht fällt mir auf, dass immer mehr Menschen sich einem Job aussetzen, um das nötige Geld zum Leben zu verdienen, obwohl er ihnen überhaupt nicht entspricht. Die Hoffnung, die auch ich in solchen Phasen meines Lebens hatte, nämlich damit eine Basis zu schaffen, um irgeneinmal das zu tun, was wirklich in mir steckt, hat sich allerdings als trügerisch erwiesen. Nun arbeite ich lieber an meiner Zuversicht, dass mich das Leben trägt und ich auch mit dem, was ich drauf habe, existieren kann. Monat für Monat, manchmal Tag für Tag ein Drahtseilakt. Aber immerhin bin ich an der frischen Luft und erlebe öfter mal die Sonne. Auch wenn ich immer wieder in Gefahr gerate, dass ich mich am Hochseil so festbinden lasse, dass ich zwar nicht fallen, aber mich auch nicht mehr bewegen kann.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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