Nur eine blasse Erinnerung hatte ich an die konkreten Inhalte der insgesamt 30 Teile des von David Lynch gestalteten Epos um das kleine Kaff an der US-Grenze zu Kanada.
Viel mehr Eindruck hinterließ der Soundtrack von Angelo Badalamenti, der Vorspann mit Vogel, Sägewerk, Wasserfall und Willkommensschild, auf dem von 51.201 Einwohnern die Rede ist. Oft fragte ich mich, was dieser Einser zu bedeuten hatte und kam immer mehr zu dem Schluss, dass der wohl Laura Palmer gewidmet sei. Bei Perfektionist David Lynch, der sich selbst wohl in Special Agent Dale Cooper porträtiert hat, ist sicher nichts dem Zufall überlassen. Und wenn es so wäre, dann bloß, weil er die Gunst des Zufalls nutzt und diesen als etwas versteht, was ihm im richtigen Moment zugefallen ist. Ebenso beeindruckt war ich vom Killer Bob, der sich der Menschen bemächtigt und sich hinter ihrer Fassade versteckt, um gnadenlos zuzuschlagen. Ebenso hatte ich in Erinnerung, dass Laura von ihrem eigenen Vater ermordet worden war. Nun habe ich mir vor ca. 14 Tagen die gesamte Serie auf DVD gekauft, für jene Abende an denen meiner Frau und mir nach Filmschauen ist, uns das TV-Programm oder das Internet über das wir fernsehen aber im Stich lassen. Und los ging's. Beeindruckend die Details, der Wechsel zwischen Schrecken und Humor und jener zwischen Tempo und Langsamkeit. Die ersten Teile liefern den Stoff eines einzigen Tages! Und im 18. Teil wird der wahre Möder bereits ausfindig gemacht - und es hat immer noch kein Ende. Gespannt bin ich, ob auch diese Erinnerung stimmt: Dale Cooper blickt in der letzten Folge in den Spiegel. Und aus diesem grinst ihn ein anderer an! Wie wir aus einer früheren Folge wissen, gibt es zwei Gruppen von Menschen, die Bob sehen können: die Erwählten und die Verdammten! Zu welcher gehört Dale Cooper?
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Zuerst eine Widmung des Sieges beim Song-Contest für alle, die an die Zukunft von Frieden und Freiheit glauben. Und dann noch: "We are unity - we are unstoppable - you know who you are.“
Davor gab es schon zweimal eine Performance des Liedes "Rise like a Phoenix", der die meisten Hörenden an einen Bond-Song erinnerte. In den Tagen vor dem Halbfinale am Donnerstag und an jenen zwischen diesem und dem Hauptbewerb gab es einen richtigen Hype um Conchita Wurst, das Alter Ego von Tom Neuwirth. Dieser reichte vom Shitstorm auf einschlägigen FB-Seiten bis zur Euphorie begeisterter finnischer Freundinnen meiner Frau. Tom und Conchita hatten die Herzen Europas erobert, quer durch den Kontinent. Meine Frau Reetta und ich schauten kurz vor Mitternacht in Kopenhagen vorbei, diesmal ließ uns der ORF-App auf meinem Handy nicht - wie so oft davor - im Stich und wir konnten in gestochen scharfen Bildern und ohne dauernde Unterbrechungen der Punktevergabe folgen, die viel schneller ablief als noch vor vielen Jahren, als ich zuletzt Euro-Song-Contest geguckt habe. Schnell war klar, dass die Sache klar war. Ich begann mich zu fragen, was denn zu diesem Erfolg geführt hatte. Erklärungen gibt es sicher unzählige, aber das perfekte Marketingkonzept alleine war es genausowenig wie der Text des Songs. So bin ich der Überzeugung, dass da jemand ganz seinem Weg gefolgt ist, einfach authentisch und ganz bei sich war. Wieso das in der von ihm geschaffenen Kunstfigur Conchita eher gelang als in seiner wahren Identität als Tom? Paradox? Vielleicht ... aber jede/r von uns weiß, dass sich in einer "Maske" das Wirkliche verbirgt, ja besser ausdrücken lässt und viel leichter von allen anderen akzeptiert wird. Der alljährliche Karneval und seine unzähligen Alter Egos sprechen für sich. Wenn wir noch weiter zurückschauen, hat sich auch die griechische Tragödie der Maske bedient und sie Persona genannt, Daraus konnten die Menschen ihre Schlüsse ziehen und sich leichter mit den Darstellenden identifizieren sowie bereitwilliger auf die Katharsis des eigenen Lebens und seiner Untiefen einlassen. Man konnte auf diese Weise ein neuer Mensch werden. Apropos neuer Mensch: Wenn wir unsere Projektionen - die negativen wie die positiven - ernst nähmen, dann würden wir rasch feststellen, das sie uns beide in unsere Schattenwelt führen (vgl. C. G. Jung). Ablehnung gegen und Euphorie für jemanden oder etwas zeigen uns die beiden Seiten einer Medaille, nämlich des Ungelebten in uns. Einmal müssen wir es verdammen, weil wir erfahren haben, dass sich ein solches Verhalten nicht gehört, ein anderes Mal müssen wir uns dafür unendlich begeistern, weil wir diese Seite in uns noch nicht in die Welt gebracht haben. Beides haben Conchita und Tom in den Menschen Europas ausgelöst. Und den Euohorikern sei gesagt, dass sie hier ganz deutlich wahrgenommen haben, dass auch sie diesen Weg einschlagen können, um neu, ja sie selbst zu werden. Wer so neu wird, also ganz authentisch und bei sich selbst ist, der kann damit nicht nur das eigene akzeptieren sondern auch dem Fremden Respekt zollen. Diese Möglichkeit haben uns Conchita und Tom in der vergangenen Nacht gelehrt. Wohl auch mit dem Ziel, dass es einmal an einem fernen Tag auch ganz ohne Masken gehen wird, die Person zu sein, die man immer schon war. So oft bin ich in den letzten Jahren an der Hartlgasse in der Brigittenau vorbeigekommen, auf meinem Weg zum Unterrichten. Immer habe ich dabei an Kottan denken müssen, den Inspektor, den's ned gibt. Heute abend habe ich mich - weil ich noch eine Viertelstunde Zeit hatte - auf die Suche nach dem Haus gemacht, in dem laut Drehbuch der erste Mord geschah, den Adolf Kottan im Jahr 1976 lösen musste. Das ist jetzt fast schon 40 Jahre her!
Dazu habe ich zuerst im Gehen auf meinem Handy recherchiert und herasgefunden, dass die Folge Hartlgasse 16a hieß. Ein Postler, eine Hausbesorgerin und die "Jugoslawen" spielten darin eine Rolle; Klischees wurden zwar gedroschen, doch auf eine liebevolle, ironische und witzige Weise auch gleich wieder aufgelöst. Auf Youtube kann man sich den einen oder anderen und noch einen Ausschnitt anschauen und sich ... amüsieren oder die Tiefen der Wiener Seele ausloten. Auf meinem Weg durch die Hartlgasse, der bei Nr. 36 begann, kam ich wenig später an der Ecke Brigittagasse vorbei und entdeckte ein Cafe namens Louis de Funes vorbei. Das gab's damals wahrscheinlich noch nicht, sonst hätte es wahrscheinlich einen Platz im Drehbuch gefunden. Bei Nr. 20 schaute ich schon zwei Häuser weiter, mein Schritt wurde schneller, und ich plante ein Foto von 16a auf Facebook zu veröffentlichen. Enttäuscht stellte ich fest, dass es Nr. 18 und Nr. 16 gabe, danch Nr. 14, aber die Nr. 16a war weit und breit nicht zu sehen. Nächste Woche bin ich wieder in der Gegend, bis dahin werde ich mir die Folge 1 auf DVD anschauen und das Haus Nr. 16a genau merken; vielleicht entdecke ich es ja versteckt hinter einer anderen Hausnummer - oder der Dreh fand in einer anderen Gegend statt. Im Film ist wie im Leben alles möglich. Mal sehen. Am Hauptbahnhof in Wien ist vor kurzem die Zeit stehen geblieben.
Das ist insofern relevant, als die Projektleiterin bei der Dachgleiche im Februar 2014 betonte, dass die an der Außenwand des Einganges Nord angebrachte und in Bewegung gesetzte Uhr alle zur Einhaltung des Termines mahne. Gemeint ist der Eröffnungstermin im heurigen Dezember. Besagte Dame hört übrigens auf den geflügelten Namen Engel - wie der Rektor der Uni Wien. Da ich viele Engeln kenne, ist eine Verwandtschaft zwischen den beiden zwar nicht auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich. Zurück zum Wesentlichen. Wenn also die Uhr nun stehen geblieben ist, - ich weiß nicht, wann, aber ich weiß, sie steht seither auf etwa drei vor halb vier - dann kann das mehrerlei bedeuten. Mir kommt sofort in den Sinne: der Hauptbahnhof wird nicht pünktlich eröffnen. Oder: Der Hauptbahnhof wird pünktlich eröffnen aber nicht fertig sein. Oder: Man ist seitens der Projektleitung zur Auffasung gelangt: wenn die Arbeitenden jeden Tag durch die Uhr ermahnt werden, schwindet ihre Motivation und die rechtzeitige Fertigstellung des Bauwerkes ist gefährdet. Paradox aber menschlich. Der Mensch ist ja an sich ein paradoxes Wesen, auch und vor allem deshalb, weil die Welt ohne ihn ja hervorragend auskommen würde und noch dazu prächtiger gedeihen würde, er sich selbst aber als Krone der Schöpfung sieht und meint, diese könnte ohn nicht existieren. Für mich, der ich ein paar Mal pro Woche am Hauptbahnhof und an besagter Uhr auf meinem Weg zum Unterrichten vorbeifahre, heißt es nur eines: Lass die Zeit öfter mal stehen, denn sie zu sparen ist seit Momo nicht mehr möglich und sie zu nutzen ohnehin nutzlos, weil sie ja nur in den Köpfen der Menschen existiert. Chronos. In den Herzen aber herrscht Kairos. Und das ist in jedem Fall die wertvollere Variante, vor allem für einen Dichter. So hat mich der stehengebliebene Zeitmesser gemahnt, mal wieder zu schreiben. Ich tue es hiermit wieder - so hoffe ich - täglich! Mein "tribute" zum kürzlich auf tragische Weise verstorbenen Michael Glawogger habe ich heute zu Ende gebracht. Ich schuf es in Form einer Kurzgeschichte für den FM4-Dichterwettbewerb "Wortlaut 2014", der unter dem Motto "haarig" stand.
Hairy Harry, der Protagonist, ein erhoffter Führer und Erlöser, ein Emporkömmling durch sein Äußeres, womit er große Erwartungen weckt. Mehr möchte ich nicht verraten, außer meine Lieblingssätze, die da sind: "... durfte er uns verteidigen und endlich zurückschießen. 'Denn auf uns wurde mehr als genug geschissen in den Jahren davor.' " " ' Wär' ich von Haar ich würd' mich locken.' " "Auch blühten im Dezember die Primeln auf der Wiese hinter dem Schloss von Totzenbach. " " Sie trieben es bunt und fantasierten without drugs but in fever." " ... ein Lichtermeer der Hoffenden und Glaubenden, ein Lichtermeer der Entnebler und Entkalker, ein Lichtermeer der Lichtbringer und Lichtblicker." Warum grade die? Ich weiß nicht, Gefühlssache. Wenn man ein Monat an einem Text hängt, dann lernt man die Wörter zu lieben, immerhin muss man sie ja zu Worten machen. Und manche liebt man eben mehr als andere. Unfair, aber menschlich. Ob mein Gefühl aber für eine erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb reicht, weiß ich nicht. Mir genügt es jedenfalls deswegen, weil es nach dreißig Jahren der erste Literaturwettbewerb ist, an dem ich teilnehme. Damals, mit euphorischen achtzehn, habe ich an einem Wettkampf von Radio Wien teilgenommen und ein Hörspiel verfasst. Am sechsundzwanzigsten zehnten des Jahres neunzehnhundertvierundachtzig machte ich nachmittags - nachdem ich am Vormittag als Rekrut angelobt wurde (dem ungesagten Wunsch meines Vaters entsprechend aber gegen mein inneres Wollen, was noch Folgen haben sollte)- im Großen Sendesaal des Funkhauses in der Argentinierstraße Station, um einen Ausschnitt aus meinem Werk zu präsentieren. Ich hatte damit den 1. Preis in der Kategorie Hörspiel gewonnen. Den Text habe ich irgendwann bei einem Umzug entsorgt, was mir heute leid tut. Ich weiß nicht einmal mehr den Titel aber inhaltlich habe ich noch so manche Erinnerung. Viel Emotion, die Schnulzen der 80er im Background - wie Bonnie Tylers "Total Eclypse of the Heart", die dann im Tanz der Vampire zu "Ich glaub ich verlier den Verstand" verhunzt wurde - lieferte ich ein hochtrabendes Jugendwerk ab. Vom Land war die Rede, von einer missglückten Beziehung zwischen einem Landjungen und einem Stadtmädel, das Ende Selbstmord! Ich führte auch eine zweite Ebene ein, der verstorbene Edi (ja, so war sein Name, jetzt ist er wieder da!) konnte alles von "oben" kommentieren. (Schon ein erster Hinweis auf meine spätere Tätigkeit als Supervisor?) Und ganz am Ende: die salbungsvollen Worte des begräbnisleitenden Pfarrers. Wieso habe ich es eigentlich noch so lange in der Kirche, der katholischen, ausgehalten. Und war dort in meiner Hochzeit auch noch Begräbnisleiter ... Aber ich hatte den hohen Anspruch es anders zu machen, was mir durchaus gelungen ist, aber gut gefühlt habe ich mich im Korsett des Glauben-Müssens an die einzig wahre Lehre nie. Leere ... Wer jetzt schon neugierig auf den Text vom haarigen Harry ist, den muss ich nochmals vertrösten. Ich warte zuerst das Urteil der gestrengen FM4-Jury ab. Und dann veröffentliche ich ihn hier auf meiner Homepage in jedem Fall. Versprochen! Und auch mein Hörspiel werde ich in den Archiven des ORF auszugraben versuchen. Mal sehen, ob dreißig Jahre nicht schon zu lange sind! Ach ja, das war nach der Matura! Drum bin ich für den Freitag nächster Woche zum dreißigjährigen Maturajubiläum eingeladen! |
Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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