Bevor ich jetzt dem Außenminister Kurz meine Weltsicht im Hinblick auf Vertriebene darlege und ihm meine Meinung ins Stammbuch schreibe bzw. die Leviten lese (was er als Christ bestens verstehen wird), muss ich mich noch um den kümmern, dem er so heftig nacheifert, ja den er - unter dem Deckmantel des Katholizismus - sogar rechts überholen will.
Die vom FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidaten (der meines Wissens bei der Pressekonferenz zur Verkündigung der "Rettung des demokratischen Abendlandes" gar nicht anwesend war) im letzten Moment eingebrachte Wahlanfechtung, wurde bei einer Pressekonferenz vom blauen Parteiobmann und der beauftragten Kanzlei des ehemaligen Justizministers Böhmdorfer präsentiert und von letzterem in der ZIB 2 nochmals erklärt. Die in der 150-seitigen Darstellung aufgelisteten angezeigten Sachverhalte trieben selbst dem Verfassungsjuristen und Van-der-Bellen-Unterstützer DDr. Heinz Mayer die Zornesröte ins Gesicht. Mir wiederum macht die Doppelmoral dieses Schauspiels zu schaffen. Da pudelt sich jemand, der es mit Demokratie und Rechtsstaat auch mal nicht so genau nimmt, zum Retter desselben auf, um damit genau das auszuhebeln, was zu retten er gerade noch angekündigt hat. Ziemlich verworren oder? Aber genauso hat die Propaganda der Populisten und Politisch-Extremen immer schon funktioniert. Da soll aufgrund einer durchaus berechtigte Kritik an Fehlern, die nie hätten passieren dürfen und daher in Zukunft unbedingt zu vermeiden sein werden, gleich die derzeit geltende Möglichkeit einer Briefwahl ausgemerzt werden. Diese ermöglicht ja gerade Menschen, die am Wahltag nicht vor Ort sein können oder wollen, ihre Stimme abzugeben und auch - aus dem Ausland - mitzuentscheiden. Hier wird nicht bloß das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, hier wird versucht, der derzeit ohnehin markant schwächelnden Demokratie den Todessoß zu versetzen, um dann eine dritte Republik errichten zu können. Da tröstet es mich wenig, dass auch das auf tausend Jahre und mehr angelegte Dritte Reich nur ein paar Jährchen dauerte. Die hatten es in sich und die zerstörten vieles, wenn nicht alles; und sie wirken heute noch nach, weil die Proponenten des Systems und ihre Erben in unserem seligen Österreich immer noch salonfähig sind. Zur Rettung der Demokratie wären ganz andere Maßnahmen notwendig, als die große Inszenierung gestern, die keinerlei Vorschläge beinhaltete und nur dazu diente das System in Frage zu stellen. Für mich bleibt nur die Frage offen, warum die FPÖ-BeisitzerInnen ihre Unterschrift unter die Protokolle gesetzt haben, wenn denn all das nicht mit "rechten" Dingen zugegangen ist. Darauf hatte Professor Mayer eine gute Antwort: "Der Straftatbestan der falschen Beurkundung wird in all diesen Fällen noch zu verfolgen sein." Möglichweise ist die FPÖ aber auch bereit, all diese Bauernopfer zu bringen, dienen sie doch ihrer größeren Sache. Ich wünsche mir jedenfalls, dass dieses Getöse schon bald verhallt, alle notwendigen Schritte zur Verbesserung der freien und demokratischen Wahlen umgesetzt werden und wir uns den wirklich wichtigen Themen zuwenden können, nämlich der Zukunft der Menschen in unserem Land, in Europa und dem Rest der Welt. Dafür hat nämlich die FPÖ keinen einzigen konstruktiven Vorschlag.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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