Angstmache. Einschüchterungsversuche. Beschäftigt-Halten.
Wer nicht zum willfährigen Sklaven eines aus dem Ruder laufenden Staatssystems werden will, ist derzeit auf's Äußerste gefordert. Es heißt, wach zu bleiben. Es heißt, Widerstand zu entwickeln. Es heißt, allen Mut zusammen zu nehmen und zu sagen, was Sache ist. Der Staat sind nämlich wir alle, nicht nur die, die an der Macht sind, weil wir ihnen bei Wahlen - angeblich - die Macht übergeben haben. Das System, egal ob Wirtschafts-, Geld-, Bildungs- oder eben Staatssystem ist menschengemacht, nicht naturgegeben und schon gar nicht gottgewollt. "Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel!" Ein Spruch meines Großvaters kommt mir derzeit immer öfter in den Sinn. Ich fühle mich in diesem "Es-geht-sich-eh-irgendwie-aus" und "Doch-reicht-es-hint-und-vorne-eigtentlich-nicht" gefangen, ziehe gelähmt Gedankenkreise ohne aktiv werden zu wollen. Denn: "Es könnte ja noch schlechter werden ... am Ende des Tages." Das ist die Falle, in die ich getappt bin. Und meine Erfahrung, die mich hindert. "Geh' du voran, wir stehen hinter dir." Und als ich mich umdrehte, war ich allein. Dann war da "diese Angst ... diese Heidenangst vor dem was heilig ist ... ich habe Angst, die nicht vergeht ... die Bilder sind kläglich, das Elend ist echt, die Wahrheit beweglich und jeder im Recht. Der Krieg spricht sich heilig, der Himmel bleibt still, der Tod hat es eilig ..." Reinhard Fendrich hat es 1986 in seinem Album "Kein schöner Land" auf diesen Punkt gebracht. Da war ich zwanzig. Und 31 Jahre später trifft mich das mehr denn je. "Steh auf und geh!" Ein anderer spricht. Hat er so geprochen? Ist das nicht alles Manipulation? Um Gottes Willen ... und mein Wille? Der Impuls bleibt im Hals stecken, das laut gedachte Wort endet im offenen Mund. Stimmlos. Doch: Da stimmt etwas nicht. Ganz und gar nicht. Es braucht meine Stimme. Für mich und die, für die ich verantwortlich bin. Ich werde nicht mehr schweigen. Ich werde schreien! Und wenn sie mir den Mund stopfen wollen, werde ich lauter schreien. Unüberhörbar. Alles durchdringend. Auch die Mauer des kollektiven Schweigens werde ich damit durchbrechen. Es braucht eine andere Zukunft - und die wird in der Gegenwart geboren. Jetzt. In diesem Moment und mit diesem Schritt. Wiener Frühling. Denn, um es mit Vaclav Havel zu sagen: "Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht." Und diese Hoffnung nährt meine Zuversicht, dass es genau so ist!
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Seit einiger Zeit werde ich durch zwei unserer drei Jungs wieder in ein längst abgeschlossen geglaubtes Kapitel meines Lebens gezogen: den Fußball. Die beiden sind, da wir in dem schönen Hütteldorf benachbarten Hacking zuhause sind, natürlich Rapid-Fans. Meine Skepsis, ein Match der Grün-Weißen zu besuchen, lag niemals daran, dass ich einst bekennender Austrianer war, sondern an den Karten-Preisen und der Hardcore-Anhängerschaft. Beides halte ich für nicht familienkompatibel.
Heute aber ergab sich eine wunderbare Gelegenheit, unserem Jüngsten seine Lieblingsmannschaft mal ganz nahe zu bringen. Die vom Bankrott bedrohte ältestes Fußballmannschaft Wiens veranstaltete auf der Hohen Warte ein Benefinzspiel gegen Rapid. Wir waren dabei. Die Atmosphäre passte, das Spiel lässt sich wie folgt beschreiben: Vienna konnte nicht, Rapid wollte nicht. Dennoch siegten letztere klar mit 4:0 (3:0) und 6.200 ZuseherInnen spülten 120.000 Euro in die leeren Kassen. Ob das für die morgige erste Gläubigerversammlung reichen wird? Man wird sehen. Am Heimweg nach dem Spiel erlebte ich im Bahnhof Heiligenstadt folgendes: Ein schon angetrunkener Rapid-Fan, Mitte Vierzig, versucht sich durch die Sperre vor dem WC durchzuquetschen, was ihm nicht gelingt. Daraufhin wirft er doch die notwendigen 50 Cent ein und schreit lauthals, während er die geöffnete Tür aufhält: "So Leutl'n, jetzt lad' i eich auf a Heisl-Partie ein." Mein Sohn und ich waren die ersten, die unter seinen die Türflügel auseinanderhaltenden Armen durchgehen durften, es folgten noch weitere rund zehn Männer. Er kam als letzter in den Abort und hielt noch eine kurze aber prägnante Brandrede: "In wos fiar ana Wöd leb'ma denn? Z'erst zahl' i 3Euro 70 für a großes Bier und dann schickt mi da Wiat auße auf's Heisl - und da muass i donn no amol 50 Cent peck'n." Grummelnde Zustimmung in der Männerriege. Und ich denke mir: Recht hat er. In welcher Welt leben wir eigentlich? Und mein inneres Schmunzeln wird von einer heftigen Traurigkeit erfasst ... |
Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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