Was ist der Mensch doch für eine „besondere“ Spezies. Was hat der Mensch doch – trotz anderer Erfahrungen – immer noch den Anspruch die Krone der Schöpfung zu sein und daher die Erde nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Wohin das führt, sehen wir tagtäglich, vor allem jene, die sich trotz ihres Menschseins mit der Natur verbunden, sich als ein Teil von ihr fühlen.
Nun geht es also wieder einmal um den Wolf, wie orf.at berichtet. Bauernvertreter wollen Südtirol, Tirol und Bayern zur wolffreien Zone machen und den Abschuss der Tiere ermöglichen. Der Wolf aber ist eine jener Tierarten, die in der EU (derzeit noch) unter Schutz steht. Dessen unberechtigter Abschuss kann sogar mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden. Der WWF sieht das Problem nicht beim Tier, sondern in der ungeschützten Weide- und Herdenhaltung der Nutztiere, vor allem der Schafe. In meinen Ausführungen möchte ich heute in aller Kürze einen anderen Blick auf die Natur und hier vor allem den Wolf richten, der uns ja schon im Märchen das das „personifizierte“ Böse vor Augen geführt wird. Der Mensch erlebte die Natur in ihrer Macht und Gewalt immer schon als feindselig und versuchte sie in den Griff zu bekommen. Das gelingt ja heutzutage auch in einem noch nie dagewesenen Ausmaß, allerdings oftmals durch Zerstörung. Diese Vernichtung der uns umgebenden Natur aber bringt letztendlich bloß eine Vernichtung des Menschen, der sich seines Status, ein Teil eben dieser von ihm bekämpften Natur zu sein, trotz aller Bemühungen nicht entziehen kann. Es ist und bleibt Illusion, dass unsere Spezies nichts mit dem „primitiven“ Teil der Schöpfung zu tun hat und gottähnlich über den Dingen schwebt. Die Bekämpfung und die damit verbundene Zerstörung des Ungezähmten, Wilden zeigt unseren Umgang mit den uns innewohnenden, von uns oft als Schattenseiten erlebten Trieben. Diese brechen sich, vor allem wenn sie verdrängt oder unterdrückt werden, immer wieder Bahn und führen dann auch zu Systemen, die wir als gottgegeben ansehen, obwohl sie menschengemacht sind. Hier möchte ich das derzeit herrschende Wirtschaftssystem oder auch unser verschultes Bildungssystem als Beispiele anführen. Überall wird versucht dem Urtümlichen, das aber auch die Kreativität und den ganze Schatz der Menschheit beinhaltet, den Garaus zu machen. Unsere Gesellschaften leisten sich als Ventil den einen und die anderen KünstlerInnen, selbst aber versucht jedeR seinen eigenen Schrebergarten zu pflegen und den NachbarInnen nur ja nichts von den eigenen, ungewollten Tiefen und Untiefen zu zeigen. Der Wolf in uns ist es, den wir im Außen bekämpfen wollen, anstatt ihn in unserem Innen zu zähmen, also zu integrieren. Dazu braucht es jede Menge (Selbst-)Reflexion, die nicht nur Zeit kostet, sondern auch einen Haufen Mut erfordert. Diese Zeit haben wir derzeit (noch) nicht, weil wir, um existieren zu dürfen, derzeit auf Erwerbsarbeit angewiesen sind, sei sie auch noch so entfremdet und sinnentleert. Die derzeit voranschreitende Digitalisierung macht es aber bald notwendig, die Existenzsicherung der Massen auf andere, neue Beine zu stellen. Vor einem bedingungslosen Grundeinkommen fürchten sich die Verantwortlichen deswegen, weil sie den aufgrund der sinnentleerten Erwerbsarbeit sich selbst entfremdeten Menschen nicht zutraut, dass sie mit einer Grundsicherung sinnvolles anzufangen wissen. Dazu kommt noch, dass Menschen, die sich dann tatsächlich Zeit zum Nachdenken nehmen, schnell erkennen werden, dass in dieser Welt jede Menge schiefläuft. Und wenn der auf diese Weise aufgeweckte Wolf in uns auf die „Schafe“ der Gesellschaft ungezähmt losgelassen wird, na dann … Wahrscheinlich würden die Verantwortlichen dann auch zu jenen Mitteln greifen, die sie sich derzeit für die Wölfe überlegen. Probater aber wäre es, schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen, dass die Menschen (wieder) zu sich selbst finden, um ihren Stellenwert in der Natur zu erkennen und um ihre Aufgaben in der und für die Gesellschaft zu wissen. Dazu gehört für mich eine umfassende Bildung, die den Namen wirklich verdient, und die uns Menschen in Selbständigkeit und Eigenverantwortung führt, so dass wir unseren Beitrag zum Wohle der Gemeinschaften, in denen wir leben, leisten können. Dann, und nur dann, muss der Wolf (in uns) nicht mehr getötet werden, ist er doch integrierter Bestandteil unserer Natur.
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Am 16. Juli des Jahres 2014 habe ich Pestalozzis Zitat "Wohltätigkeit ist das-Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade" zum Titel eines Tagebucheintrages gemacht und mir diesbezüglich dies und jenes gedacht. Es gab dazu mehr Kommentare als zu anderen Einträgen, der letzte datiert aus dem Vorjahr.
Nun hat sich die Welt zwar in der Zwischenzeit mehr als drei Jahre weitergedreht, die Aussagen Pestalozzis sind trotz zahlreicher bislang erfolgloser Initiativen in Richtung Grundeinkommen aber nach wie vor gültig. Und mich beschleicht der Verdacht, dass dies auch nach der Einführung einer als bedingungslos geltenden Grundversorgung so sein würde. Heute möchte ich meinen damaligen Gedanken noch zwei weitere dazufügen: Zum einen betrachte ich das Wirken der sogenannten sozialen NGOs (ich habe eine kleine solche auch über Jahre geleutet) mit wachsender Kritik. Sie tragen mit Ihren Bemühungen dazu bei, dass das System aufrecht erhalten bleibt und der Staat sich mit lächerlichen Beiträgen von seiner wirklichen Verantwortung für seine BürgerInnen freikaufen kann. Zusätzlich werden diese aufgefordert, Beiträge aus ihrer Privatschatulle zu leisten und so zu einer "Umverteilung" beizutragen. Tatsächlich wichtig wäre, dass sich Menschen zusammentun und diese Praktik ändern, indem sie beispielgebende Initiativen zum existenzsichernden Zusammenleben organisieren oder zumindest unterstützen. Zum anderen - und das halte ich für die effektivste Möglichkeit überhaupt - geht es um einen inneren Wandel in jedem Einzelnen von uns, der einen wirklich nachhaltigen Wandel im Außen erst möglich macht. Wer ganz bei sich ist, wird auf solche mangelerzeugende, defizitorienterte Sytseme wie unser Wirtschafts- und Geldsystem nicht (mehr) kommen. Wer sich bewusst ist, was in ihm/ihr steckt und was der je eigenen Beitrag in diesem Leben für diese Welt ist, wird in Achtung und Respekt vor allem und allen leben. Er/Sie wird sich selbst und allen anderen gönnen, was zum Leben notwendig und sinnvoll ist. Der Weg dazu führt jeden Einzelnen zu sich selbst, im Idealfal in der BegLeitung von weisen und erfahrenen Menschen. Beginnen wird das Ganze dort, wo junge Menschen geboren werden und aufwachsen, also in den Familien und in der Bildung. Wie das funktionieren könnte, habe ich an anderer Stelle in meinem Bildungsblog schon angedacht. Zuerst aber wird es die Bereitschaft fordern, sich selbst mit allen Höhen und Tiefen kennen lernen zu wollen. Wer weder vor der eigenen Großartigkeit noch der eigenen Erbärmlichlichkeit zurückschreckt, hat gute Karten, der Mensch zu sein, als der er geboren ist und dem Weg zu folgen der der eigene ist. Das ist meine Vision und die aus heutiger Sicht für mich einzige Weise, die Welt zu einem himmlischen Platz zu machen. Dann kann uns auch völlig egal sein, was nach dem Tod kommt. Der August strebt unaufhaltsam auf den September zu und mein letzter Tagebucheintrag datiert aus dem Mai des Jahres. Eine solche Schreibpause haben meine Blogger-Jahre noch nicht gesehen. Mein Leben fordert mich derzeit in anderen Bereichen - das Schreiben bleibt im Kopf. Ich möchte sagen: blieb. Denn es gilt - um des Lebens willen - dem Inneren die Ausdrucksmöglichkeit zurück zu geben, die ihm zusteht.
Gerade habe ich auch meine Website überarbeitet. Demnächst wird meine Aktion "morituri t. salutant" starten. Sie widmet sich jenen und jenem, das sich angesichts des sicheren Todes, der uns alle ereilen wird, einfach nix scheißt und dem Leben zum Leben verhelfen will. Seit einigen Tagen vertiefe ich mich in Wilhelm Reichs "Christusmord". Auf Reich bin ich vor mehr als sieben Jahren gestoßen, als mich mein Leben zu meiner Frau und in jenes Haus im 8. Wiener Gemeindebzirk geführt hat, in dem Reich seine erste Sexual-Beratungsstelle eröffnet hat, woran bis heute eine Gedenktafel erinnert. Das Werk ist eine erhellende Schrift über die Hoffnungslosigkeit der Bemühungen den Menschen (Reich: "des gepanzerten Menschentiers") von Außen zu verändern, egal ob mit Hilfe von Religion oder politischer Bewegung. Es gälte, so Reich, der Innerlichkeit zum Durchbruch zu verhelfen, um der "emotionalen Pest" zu entkommen, die die meisten von uns freiwillig in Sklaverei hält. Für mich jedenfalls gilt er als einer jener "GladiatorInnen des Lebens", die weder Tod noch Teufel fürchtend am Heil des Menschen arbeiten. Die Genitalität des Menschen ist für ihn eine wesentliche Grundlage. Deren Unterdrückung führe, so Reich, zu jener pervertierten Sexualität, die wir gemeinhin als genitalen Akt verstehen. Dieser hat für ihn absolut nichts mit der von ihm propagierten "Genitale Umarmung" zu tun, die das ein Leben durchdringende Prinzip sei. Lesenswert seine Ausführungen - und an anderer Stelle werde ich mich den Thesen und Gedanken Reichs ausführlich widmen. So gehe ich also einer schreibensvollen Zeit entgegen und freue mich, wenn Sie mir (wieder/weiterhin) als LeserInnen folgen. Auf ein Neues! In den Tagen des Terrors herrscht Terror. Und fast alle machen mit. Die kollektive Angstmache lebt von den kollektiven AngstmacherInnen. Da kenne ich viele, die denen, die Angst und Schrecken verbreiten wollen auf den Leim gehen und so zu BotschafterInnen von Angst und Schrecken werden.
Beispiele gefällig? Letzte Woche titelte ein kleinformatiges, horizontbeschränktes Boulevardmedium „Jetzt holt der Terror unsere Kinder“. In einer etwas größeren, aber ebenso perspektivenlosen Gratiszeitung leitartikelte eine Redakteurin über die Wichtigkeit, sich nicht Angst machen zu lassen, in dem sie Roosevelt zitierte: „Das einzige, was wir fürchten müssen, ist die Furcht selbst.“ Um in ihren letzten Zeilen zu Schluss zu kommen, dass wir diese Barbarei bekämpfen müssten. So setzt sich die Spirale des terroristischen Wahnsinns fort. In der beliebten Nachrichtensendung des Österreichischen Fernsehens, deren Anchorman momentan ob seines Interviewstils kräftig unter Beschuss steht, durfte ein britischer Terrorexperte die SeherInnen terrorisieren. Offenbar wollte er seinem Titel gerecht werden, in dem er alle Register zog, um uns von seiner Angst zu überzeugen; ein Experte für Terror eben. Es gibt eine kleine, feine Geschichte, die das Thema passend illustriert: Da stehen Menschen am Ufer eines Flusses und retten einen in den Wassern Treibenden. Als sie ihn herausgezogen haben, schreit ein nächster um Hilfe. Sie retten auch ihn. Kaum ist die Arbeit getan, kommen die nächsten angetrieben. So geht das weiter und weiter, die HelferInnen sind wegen der Fülle an Rettungsbedürftigen schon selbst rettungsbedürftig, weil sie erschöpft und verzweifelt sind. „Nimmt das denn nie ein Ende?“, fragt einer von ihnen schließlich. „So nicht!“ möchte ich ihm zurufen. Denn wenn sich die RetterInnen ins Retten verstricken und aufgrund der Fülle an Hilfsarbeit nicht mehr darauf achten, warum die Menschen eigentlich im Fluss gelandet sind und zu ertrinken drohen, wird bloß das Problem fokussiert, aber keine Lösungen entwickelt. In dieser Problemtrance stehen auch viele von uns, auch die Hilfsorganisationen und die vielen Freiwilligen, auch politische VerantwortungsträgerInnen, ja sogar AktivistInnen. Wenn ich die Situation der Kriegsvertriebenen dadurch lösen will, dass ich Auffanglager außerhalb Europas errichte, dann habe ich möglicherweise kurzfristig eine Lösung für die als zu hoch empfundene Zuwanderung. Langfristig schüre ich das Feuer des Hasses auf das reiche Europa mit allen wirklich furchterregenden Konsequenzen. Wenn Menschen keine Existenzberechtigung haben, weil sie ihnen von einer Minderheit abgesprochen wird, dann werden sie sich eines Tages ihrer Mehrheit bewusst und werden diese Stärke auch ausspielen. Daher gälte es im Sinne eines globalen Denkens, deren Situation vor Ort zu ändern, so dass sie in ihren Heimatländern ihren way of life weiterführen können – auf existenzgesicherter Basis. Es gälte nicht kriegerische Handlungen zu finanzieren, sondern NGOs und Gruppierungen, die zu einer neuen Perspektive beitragen wollen. Und es gälte den Reichtum der Erde mit allen gleichermaßen zu teilen wie Jean Ziegler das in seinen Büchern und Vorträgen eindrucksvoll fordert. Wer keine Angst um seine Existenz hat, ist weniger gefährdet auf die Geschichten der AngstmacherInnen hereinzufallen. Und plötzlich hätten wir eine Welt, in der wir uns gemeinsam um die wirklichen Herausforderungen kümmern könnten, wie etwa Klimawandel und Ernährungssicherheit. Diese Utopie sollte dringend eine Vision werden, damit die Dystopie einer Welt voller Angst und Schrecken endlich ein Ende hat. Vor einiger Zeit lief auf ARD ein Polizeiruf 110 mit Matthias Brandt und dem Titel "Nachtdienst". Darin wurden die Vorgänge in einem SeniorInnen-Heim in eine Krimihandlung verpackt, die es in sich hatte.
Vielmehr als ein Krimi war der Film aber eine Abrechnung mit dem gesellschaftlichen Umgang mit dem Altern und den Alten. Niemals mehr als heute sehen wir, dass unsere Kultur mit fast schon faschistischen, zumindest aber fanatischen Zügen dem Kult um die Jugend und die Kraft frönt. In Weisheit altern und in Würde sterben ist nicht. War auch nie wirklich. Und wird wohl - wenn wir so weiter machen - nie sein. Neben dem etwas konstruierten Notwehr-Totschlag einer Reinigungskraft an einem grapschenden Alten spielten überforderte PflegerInnen, bevormundete, abgeschobene und wie Kleinkinder behandelte BewohnerInnen (die symptomatisch in Zimmer mit Früchte- und Gemüsenamen eingeteilt sind) sowie ein ehemaliger SEK-Mann eine große Rolle. Dieser setzt dann zum infernalischen Schlussauftritt an und bereitet dem bösen Spiel um das Ausgedinge jeglicher Würde beraubter alter Menschen mit einem gut geplanten Amoklauf ein Ende. Der Film bietet keine Erklärungen an, er ist eine überbordende Abrechnung mit all jenen, die sich am Siechtum der letzten Lebensjahre durch Taten, Untaten oder Nichts-Tun schuldig machen. Hinter dem Gesehenen aber liegt die einzige Lösung: dem Alter und den Alten endlich jenen Stellenwert zu geben, der ihm, der ihnen zusteht. Und das muss schon in Kindertagen beginnen, in dem man (jungen) Menschen die Möglichkeit gibt, ihre Talente zum Wohle aller in die Welt zu tragen. Ein auf diese Weise sinnvolles Leben wird bis zu seinem letzten Lebenstag wirkungsvoll bleiben. Und dieses Bewirken-Können im Kleinen wie im Großen wiederum ist laut wissenschaftlichen Erkenntnissen ein wirkungsvoller Schutz vor Demenz und Siechtum. Die würdevolle Weisheit des Alters beginnt also schon ganz, ganz früh. Das ist bei allen politischen Entscheidungen in unserer gesellschaftlichen Gemeinschaft dringend zu berücksichtigen! Nun ist er also an der Macht der „Kleine Diktator“. Derzeit einmal nur in der noch als ÖVP benannten Partei, die demnächst „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“ heißen wird. Man hat ihm offenbar alle Vollmachen gegeben, um mit ihm auch die Ex-ÖVP zum Sieg in der nächsten Nationalratswahl zu führen. Nach der erfolgreichen Wahl will er dann in seinem Stil auch Österreich übernehmen; an seiner Seite die Jungen, die sich nix scheißen – ich erinnere mich an den Jörg und seine „Buberl-Partie“. Unlustig wird’s aber auch für die allfälligen Koalitionspartner der Liste Kurz, denn auch hier wird er konsequenterweise, so er Kanzler wird, das volle Programm fordern. Wenn er’s nicht zum Regierungschef schafft, dann ist nicht nur Kurz als der kürzestdienende ÖVP-Obmann Geschichte sondern auch die (neue) Volkspartei. Andernfalls ist wohl die Beerdigung der Demokratie nicht auszuschließen.
Zwei Fragen stellen sich aus meiner Sicht:
Zudem wird sich weisen, ob es allen Beteiligten gelingen kann, die Sachlichkeit vor die Emotion zu stellen, dann wäre es möglicherweise spannend oder auch entlarvend. Die nächsten Tage werden zeigen, wer da mit wem auf der Sachebene Entscheidungen zu treffen bereit ist und was die derzeitige (Übergangs-)Regierung bis zur Wahl noch miteinander oder gegeneinander treibt. Auch das wird Auswirkungen auf die Antworten zu meinen Fragen haben. Ich sah Kurz reden; immer wieder, nicht nur in den vergangenen Tagen. Und ich dachte immer wieder an Anton Hynkel, dachte an Charly Chaplin der ihn verkörperte, dachte an den „Großen Diktator“, sah ihn das Heil verkünden und sah wie die Leute ihm Heil zurufen. Als ich mit meiner Frau vor kurzem darüber sprach, toppte sie meine Gedanken mit einem finnisch-trockenen „Geil Kurz!“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Oder doch, nur dieses eine noch: „Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten.“ Es ist an uns allen, dieser Befürchtung Adornos den Wind aus den Segeln zu nehmen, in dem wir uns selbst auf unsere Haxen stellen und einem Diktator, ob klein oder groß eine eindeutige Absage erteilen. An den vergangenen beiden Abenden waren meine Frau und ich zu einem virtuellen Besuch im benachbarten Bayern. In der vom BR produzierten Serie „Hindafing“ wird wirklich kein Klischee ausgelassen, das wir als politisch Interessierte vom Freistaat kennen. Es wird dazu noch auf die Spitze getrieben und diese das eine oder andere Mal sogar noch überboten. Aber das ist gut so!
In diesen Tagen zeigt uns ja gerade eine junger bisher Nur-Berufspolitiker wie man der eigenen Partei ob des wegen guter Umfragewerte zu erwartenden Wahlsiegs das letzte Hemd auszieht. In Hindafing, diesem „House of Cards“ für die Provinz wird uns vor Augen geführt, was so erotisch an der Macht ist und wie leicht ein jeder von uns den scheinbar Mächtigen auf den Leim gehen kann. Der vom ehemaligen saarländischen Tatort-Kommissar Maximilian Brückner gespielte Bürgermeister Alfons Zischl ist einem durchaus sympathisch, obwohl er ein wirklicher Ungustl ist. Ein KHG- bzw. (weil gerade aktuell) SK-Effekt ist durchaus spürbar. Die Bevölkerung des kleinen bayrischen Provinzkaffs ist mit ihm wohl auch durch seinen verstorbenen Vater, dem Ex-Bürgermeister verbunden. Er selbst hält sich mit jeder Menge Crystal Meth über Wasser, um Gammelfleischskandal, Flüchtlingskrise, verpatzte Energiewende und die Wirren der bayrischen Innenpolitik zu überstehen. Doch die Katharsis für die ProtagonistInnen wartet schon. Das alles ist höchst unterhaltsam und ohne zu belehren wunderbar lehrreich. Das Ende lässt zudem auf eine Fortsetzung hoffen. Nie hätte ich gedacht, dass das Bayrische Fernsehen in Zeiten wie diesen eine solche Serie in Szene setzt. Das erinnert mich an jene Jahre, in denen der ORF den Mut hatte, die Piefke-Saga auszustrahlen und einer Nachrichtensendung (dem ZIB2-Vorgänger „10 vor 10“) uneingeschränkte Sendezeit zur Verfügung zu stellen. Lang, lang ist’s her! Schade … Alle sechs Folgen von „Hindafing“ sind derzeit noch bis 6.6.17 in der ARD-Mediathek zu sehen. Der Titelsong "The Rest Of My Days" stammt von der Band The Exploding Voids. In der aktuellen Regierungskrise zeigt sich (einmal mehr und sehr deutlich) die verkehrte Sicht der Regierenden auf den Parlamentarismus.
Der eine will der Bevölkerung Glauben machen, dass weder K. noch K. durch die WählerInnen legitimiert seien. Daher wäre es legitim, jetzt neu zu wählen, um zu wissen, wer Österreich in den nächsten Jahren führen solle. Ein anderer meint, es wäre sinnvoll, die Gesetzesvorlagen der Regierung noch durch's Parlament zu bringen. Ich gehe halt von der - möglicherweise irrigen - Vorstellung aus, dass ich als Wähler eine der antretenden Listen wähle, die in meinem Wahlkreis kandidieren. Aus dieser Liste kann ich sogar eine Person aussuchen, die mich besonders anspricht, und ihr eine Vorzugsstimme geben. Sie ist nun, so sie die notwendige Mehrheit bekommt, meine Vertreterin im Parlament. Soviel Persönlichkeitskomponente gibt es immerhin in unserem Listenwahlrecht. Nun habe ich einerseits den Eindruck, dass die Abgeordneten sich eher der Liste, also ihrer Partei verpflichtet fühlen, denn den WählerInnen ihres Wahlkreises. Zum anderen gehen die, die vom Parlament, also von ihren Fraktionen als Regierungsmitglieder gewählt wurden, davon aus, dass sie nunmehr legitimiert wären, die Linie vorzugeben und dass sie das Parlament bloß zur Mehrheitsbeschaffung nutzen brauchen. Die bei Gesetzesvorlagen übliche Begutachtung verkommt auf diese Weise meistens zur Farce, weil ja durchaus nützliche und notwendige Einwände aus der Bevölkerung dann kaum Berücksichtigung finden, wenn sie das Vorhaben zum Kippen bringen würden (wie das aktuell beim Schulautonomiepaket der Fall ist). Auch die Abgeordneten beschäftigen sich inhaltlich niemals vollständig mit der Fülle an Gesetzesvorlagen, sondern folgen bei der Abstimmung lieber der Vorgabe ihres Klubchefs. Auf diese Weise verkommen die freien MandatarInnen zu Winke-Augusts. Und die Regierung wird alltäglich in ihrer Sichtweise bestätigt, dass sie das Sagen hat und nicht der Souverän des Volkes. Das aber ist für mich nicht nur Missbrauch einer demokratische Institution sondern auch Verrat an der demokratischen Idee. Wohin das über die Jahre führt, erleben wir gerade. Es zeigt, dass die Verantwortlichen aus der Geschichte nichts gelernt haben. Nun ist es also offiziell soweit, was der Boulevard bereits seit Monaten von Österreichs Dächern pfeift: Das Match K. gegen K. ist nach einer langen Zeit nervigen Vorgeplänkels eröffnet. Aber: es geht auf der persönlichen und damit emotionalen Ebene weiter. Sachlichkeit lässt sich auch jetzt nur mit der Lupe finden. Beide reden davon, dass es die ÖsterreicherInnen satt hätten, sich mit den Befindlichkeiten der PolitikerInnen zu beschäftigen, es ginge darum, endlich zu arbeiten. Aber beide stellen momentan im Stundentakt ihre Gefühlslage ins Schaufenster der mehr oder weniger interessierten Öffentlichkeit. Und beide mimen den starken Mann, dass selbst dem Chef der FPÖ kaum Raum für seine Inszenierung bleibt.
Womit wir beim Wort "Inszenierung" wären. Das politische System unseres Landes hat viele, viele Baustellen, die es durch eine "gute Story" zu übertünchen gilt. Worum es wirklich geht, interessiert die Verantwortlichen nicht wirklich. Sie leben bereits seit geraumer Zeit in einer Parallelwelt, die nichts mehr mit der Realität zu tun hat. Noch allerdings wiegen sich zu viele BürgerInnen in der Sicherheit, dass sie dann besser überleben, wenn sie weiter funktionieren und so gut wie möglich mitspielen. Da wird dann auch fleißig bei der Inszenierung diverser Krisen mitgemacht, sei es jene der Flüchtlinge, der Sicherheit oder der Finanzen. Solange noch was auf dem Teller liegt, der Strom noch aus der Steckdose kommt und Internet, PC, Handy sowie TV-Gerät reibungslos ihre Arbeit tun, kann "uns" der Rest der Welt am Arsch vorbeigehen. Apropos Arsch: Wie wäre es, wenn sich die Verantwortlichen endlich mal auf denselbigen setzen, um ihre Arbeit zu tun für die sie von uns bezahlt werden? Wie wäre es, wenn die von uns gewählten Mandatare sich mal ihren WählerInnen verpflichtet fühlten? Wie wäre es, wenn das Parlament endlich seine Arbeit aufnimmt, um Beschlüsse über alle Parteigrenzen hinweg im Sinne der Bevölkerung zu machen, die die Regierung dann umzusetzen hat? Wie wäre es, wenn wir das in die Jahre gekommene demokratische Mehrheitsprinzip in Richtung Konsent oder gar Konsens weiterentwickelten (nicht in Richtung Totalitarismus und Diktatur), um nicht ständig GewinnerInnen und VerlierereInnen zu produzieren? Wie wäre es, wenn das Volk seine Macht ergriffe, die ja von ihm ausgeht, und das seine dazu tut, dass etwas weitergeht im Staate Österreich? In diesem Sinne ist es höchst an der Zeit, dass wir alle (ich meine wirklich uns alle und nicht nur die gewählten PolitikerInnen, an die viel ihre Stimme abgeben um dann wieder 5 Jahre zu schweigen bzw. nur hintherum zu meckern), unseren Hintern und unser Hirn in Bewegung setzen und im Sinne der gebührenden Sachlichkeit die Problemtrance überwinden, um endlich an Lösungen für die Fülle an Herausforderungen der Gegenwart im Sinne von "act local - think global" zu arbeiten. Das wünsche ich mir von einem Volk und den von ihm gewählten Verantwortlichen. Und keine weitere Inszenierung, so wie der schon seit Monaten nervende Kampf K. gegen K. . Seit Dienstagnacht arbeitet's in mir an diesen Worten. Nun habe ich sie doch gefunden und so sollen sie auch da stehen, in diesem, meinem Tagebuch.
Im Tatort "Sturm", der aufgrund des Anschlages auf den Berliner Weihnachtsmarkt vom eigentlichen Ausstrahlungstermin am Neujahrstag auf den gerade vergangenen Ostermontag verschoben wurde, wurden so ziemlich alle meine Zweifel an der Menschlichkeit des Menschen bestätigt. Was da abging und wie das, was da passierte, dargestellt wurde, das hat mich schon sehr betroffen gemacht. Danach blieb eine große Unbestimmtheit, die in ein Hin-und Her-Gerissen-Sein und die Frage, ob es überhaupt lohne, darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Mein Ja kam spät, aber es kam. Die zwischenmenschliche Beziehung des Dortmunder Tatort-Teams um Kommissar Faber (Jörg Hartmann) erreichte den nächsten Tiefpunkt, da kann keiner wirklich mit dem anderen und dennoch sind die vier als Schicksalsgemeinschaft eng zusammengeschweißt. Sie kommen einander gefählich nahe und fliehen einander gleich wieder. Für mich ein Sinnbild der aktuellen Gesellschaft, die den Respekt vor den Grenzen, sowohl den eigenen als auch denen der anderen, verloren hat und daraus eine Sicherheitsdebatte macht unter deren Kuratel das ganze Leben gestellt wird. Diese wird im Plot ebenfalls debattiert und es zeigt sich, dass hier trotz allem keiner sicher vor dem anderen ist. Ein Unbescholtener wird da mit einem Sprengstoffgürtel und unter der Todesdrohung für seine ganze Familie dazu genötigt, Geld zu verschieben. Dahinter stecken dann nicht die, von denen man eigentlich dachte, dass sie es logischerweis sein müssten, sondern ein ihm ganz Nahestehender. Als alles geklärt ist, führt aber einer von den für diesen Anschlag Missbrauchten das irrtümlich angenommene Werk dann doch zu Ende und gibt ihm damit eine Dimension, die so nie gedacht war. Ich bleibe bewusst kryptisch - wegen jener, die es wagen wollen, das unheilvolle Wirken des Menschen selbst zu besehen. Der Film ist ein Abbild einer aus den Fugen geratenen Welt, die sich im Kleinen wie im Großen abbildet. Für jene, die an das Gute im Menschen glauben, ist er ein herber Tiefschlag, der diese taumeln lässt und schließlich niederstreckt. Selbst die Schwarz-Weiß-Denker unter uns lässt er verloren zurück. Es gibt keine Gerechtigkeit. Nicht diesmal, womöglich niemals mehr. "Da vorüberfahrend ER: ein Sturmbraus, groß und heftig, Berge spellend, Felsen malmend, her vor SEINEM Antlitz: ER im Sturme nicht - und nach den Sturm ein Beben: ER im Beben nicht - und nach dem Beben ein Feuer: ER im Feuer nicht -, aber nach dem Feuer eine Stimme verschwebenden Schweigens." (1 Könige 19,11 f. in der Übersetzung von Martin Buber und Franz Rosenzweig) Diese Worte aus dem "ersten Testament"der Bibel, die die Berufung des Propheten Elia schildern, der davor im vermeintlichen Auftrag seines Gottes ein Gemetzel unter den "Ungläubigen" durchgeführt hat, tauchten in den Stunden nach dem Film immer wieder auf. Diese Stummheit, die von einer unsagbaren lähmenden Stille begleitet war - so wie die Zeit nach der Detonation im Film - führte mich nach einem spontanen, inneren Impuls "Nie wieder Tatort!" ganz nah zu mir. Schwer auszuhalten, die Gewalt, die einen heimsucht, im Innen, im Außen, die eigene, die fremde ... Der Film bietet keine Perspektive, außer die, dass da einige überlebt haben. Aber wird das Erlebte deren Leben insofern nachhaltig ändern, als er sie zu Reflektierten und Friedliebenden macht? Oder lässt es sie ganz einfach als rachsüchtige Opfer zurück, die den Feind im Außen bekämpfen? Unsere Antwort könnten wir in einer stillen Stunde in uns selber suchen, dann hätte dieser Tatort des dem Menschen möglichen Wahnsinns doch noch Sinn gehabt. |
Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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