Das schöne am Leben ist seine Lebendigkeit. Auch wenn ich mir manchmal weniger Dynamik und mehr "Ruhe" wünsche. Aber der berühmt-berüchtigte Sager meiner Mutter "Ich will endlich amal a Ruh' haben", den sie uns zeitlebens regelmäßig in die Ohren gejammert hat, den ich offenbar schon mit der Muttermilch aufgesogen hatte und der auf diese Weise zu einer Lebensprogrammierung geworden ist, ist für den lebendigen Alltag absolut kontraproduktiv.
Nichts spricht dagegene, Ruhe- oder Stillezeiten in den Tagesablauf zu integrieren, also sich etwa eine Zeit der Meditation, des "Narrenkastl"-Schauens oder des bewussten Verlangsamens zu gönnen. Aber die Verabsolutierung dieser "Ruhe"-Bedürftigkeit kann nur zu einem führen: zum Nicht-Leben eben; krasser ausgedrückt: zum Tod bereits zu Lebzeiten. Es ist verdammt hart, dieses Programm aus meinem Seelenstübchen zu bekommen, vor allem wenn die Zeiten so herausfordernd und vielfältig verlaufen wie derzeit. Es ist verdammt hart, eine Ruhe-Phase in einen solchen Alltag einzubauen, aber absolut not-wendig, im wahrsten Sinn des Wortes. Derzeit stehen familiäre Entscheidungen an (wie etwa die Schulwahl für den Mittleren, die weitere Gestaltung der Besuchskontakte zum Vater der beiden Großen, der richtige Umgang mit dem "Nein" des Größten zur Institution Schule, das zu respektieren ist und die Planung seines weiteren Bildungsweges abseits der Schule), es gilt die weiteren Vorbereitungen meiner erfolgreichen Selbständgkeit zu treffen, um das Jahr finanziell und ressourcenmäßig gut über die Runden zu bringen, es braucht die Zeit zum Abschiednehmen vom Schwiegervater; zusätzlich ist derzeit akut die nächste Sendung "Nie-mehr-Schule" am kommenden Mittwoch zu gestalten, der 3. Teil des Fortsetzungsromans von Peter und die Wolf soll bis Sonntag fertig sein und der eine oder andere Termin für's Geldverdienen in meiner Tätigkeit als Supervisor ist auch zu bewältigen. Von gemeinsamen Familienaktivitäten an diesem Wochenende sowie der abendlichen Loggiazeit mit meiner Frau, der Finanzplanung bis zum Sommer, der Steuererklärung für 2014, und, und, und ... ganz zu schweigen. Wie unschön, aber klar, dass mir mein Körper ob so vieler Gehörlosigkeit auf meine seelischen Bedürfnisse zu verstehen gibt, dass es in diesem Tempo nicht weitergehen kann. Regenerationszeiten sind gerade unter solchen AnforderungenGoldes wert und so habe ich derzeit folgende Aufgaben: öfter mal aufzustehen von meinem Sessel am Computer und ein paar Schritte zu gehen, mich anderswie zu bewegen oder einfach mal ein bisschen stehen mit Blick in die Weite des Lainzer Tiergartens, ... mal die eine oder andere Stunde früher ins Bett zu gehen, um bis 5.45 Uhr (wochentags) bzw. 6.30 Uhr (am Wochenende) ausgeschlafen zu sein, ..., regelmäßig, idealerweise zweimal täglich, meinen rückenstärkenden Qi Gong-Übungen zu frönen oder mal einfach abends auf der Loggia einfach nur vor mich hin in die Dunkelheit zu starren anstatt in mein Laptop-Display, auf dem ein interessanter Film läuft. Auf diese Weise bin ich gerade dabei, mich umzuprogrammieren, damit der mir von klein auf vermittelte Slogan vom "endlich a Ruh haben wollen" mich nicht in die Bewegungslosigkeit treibt. Zum Tod-Sein habe ich nach dem Ende meines Lebens noch sehr viel Zeit.
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Nur so viel zum Thema Köln:
Es ist für mich in diesem Zusammenhang unangemessen, die noch nicht aufgeklärten Ereignisse in der Kölner Silvesternacht für Propaganda irgendeiner Art zu nützen. Es ist für mich in diesem Zusammenhang unangemessen, die Thematik auf u.a. folgende Gegenstände zu reduzieren: Flüchtlingkrise, Frauen bleibt zu Hause, Polizeiversagen, ... Es ist für mich in diesem Zusammenhang höchst angemessen, das Thema "Missbrauch" umfassend zu besprechen und endlich zu den notwendigen Präventivmaßnahmen zu greifen, die da u.a. wären: Selbstwert und Selbstbewusstsein, Respekt, Zivilcourage, ... Es ist für mich in diesem Zusammenhang höchst angemessen, vor der eigenen Haustüre zu kehren und die unserer westlichen Kultur innewohnenden Umgangsformen zwischen den Geschlechtern zu ändern. Seit einigen Monaten arbeitet es in mir. Seit einigen Monaten spüre ich den Wunsch meine "verschiedenen Leben" ein wenig auseinanderzuhalten, auch wenn sie doch sehr eng zusammengehören. Nach einigen Diskussionen mit mir selbst (Reetta fragte mich in diesen Momenten oft: Woran denkst du gerade?, aber ich behielt es als Geheimnis für mich) und vielen Tauchgängen in meine Gedanken- und Gefühlswelt habe ich mich am vergangenen Wochenende entschieden.
Meine Aktivitäten als Dichter - so auch diese Website - publiziere ich ab sofort unter dem Namen "M.A. Karjalainen". Alles andere, nämlich meine Bildungsaktivitäten für junge Menschen und ihre BegleiterInnen sowie meine diesbezüglichen Fachblogs und -bücher betreibe ich weiterhin unter meinem "bürgerlichen" Namen Michael Karjalainen-Dräger. Für mich war es wichtig, der künstlerischen Seite meines Wesens den ihr zustehenden Raum zu geben. Für mich war es ebenso wichtig, dass der Name für diesen Raum einer ist, den alle mit mir in Verbindung bringen können. Daher war schnell klar, dass der von meiner Frau und mir bei unserer Eheschließung vor mehr als 5 Jahren für uns und unsere Kinder gewählte gemeinsame Familienname eine wichtige Rolle spielen wird. Die Tatsache, dass ich seit ich Reetta kennen gelernt habe, ein "finnophiler" Mensch bin, hat das ganze erleichtert. Blieb also noch die Frage nach dem, was ich dem "Karjalainen" voranstellen will. Da gab's die Idee meinen Vornamen zu "finnisieren", also etwa in Mikael, Mikko, Mikka oder ähnliches. Das hat bei näherer Betrachtung aber nicht gepasst. Dann kamen mir die Initialen meiner drei Taufnamen M(ichael) A(lbert) C(hristian) in den Sinn, also MAC Karjalainen. Nö, das klang mir denn zu schottisch oder zu amerikanisch (im Sinne eines großen Fastfoodunternehmens oder des Helden meiner längst vergangenen Jugendjahre MacGyver, der mir bei heutiger Betrachtung als Vertreter der amerikanischen Kolonialisierung zunehmend unsympathisch geworden ist). Und schließlich spielte ich seit dem Jahreswechsel mit den Initialen M und A. Einerseits um meinem Vater Albert die Ehre zu erweisen, dem ich mein Leben und trotz oder gerade wegen seiner herausfordernden Persönlichkeit so manche Lehre verdanke, andererseits um auf einen von mir persönlich sehr geschätzten finnischen Mulit-Künstler M.A. Numminen zu referieren, der auch einige seiner Arbeiten als Schriftsteller und Sänger in deutscher Sprache verfasst und mit einer Vertonung von Wittgensteins "Tractatus Logico-Philosophicus" in meinem Geburtsjahr als damals 26-jähriger seinen ersten Achtungserfolg eingefahren hat. Ja, damit starte ich also ab sofort in mein Künstlerleben mit meinem Künstlernamen M.A. Karjalainen. Möge die Übung gelingen! Der gestrige Tatort "Rebecca" hatte es in sich.
Zuerst war mir ja gar nicht danach, den Abend vor dem PC zu verbringen, es standen eine Menge anderer Dinge an. Dann gegen 21 Uhr haben sich Reetta und ich doch dafür entschieden, noch eineinhalb Stunden am Bodensee zu verbringen und dem Ermittler-Duo Mattes-Bezzel bei ihrem vorletzten Fall auf die Finger zu schauen. Die erste Überraschung kam gleich im Vorspann: Umut Dag führte in dieser Folge Regie. Jener Umut Dag, den ich 2014 kennen gelernt hatte, als ich für meine Deutschgruppen im Pflichtschulabschlusslehrgang eine Vorführung seines damals aktuellen Spielfilms "Risse im Beton" im Votivkino organisiert habe. Im Anschluss stellte sich Umut den Fragen des vorwiegend jugendlichen Publikums. Was mir beim Film auffiel, war die gekonnte Führung der jungen LaiendarstellerInnen. Sie wirkten authentisch und echt. Es war ein Streifen wie aus dem Leben gegriffen, so als wäre man zufällig Zeuge all dieser dramatischen Vorkommnisse und der Verstrickungen der ProtagonistInnen. Auch die Jugendlichen, die mich damals begleiteten, waren vom Thema und der Inszenierung gefesselt. In der anschließenden Diskussion gab es zwar nur sehr spärlich Fragen, aber die beantwortete der Regisseur, der Sohn einer nach Wien emigrierter kurdischen Familie, in bestem Wiener Dialekt, ehrlich und charmant. In diesem Gespräch träumte er auch davon, einmal einen Tatort zu inszenieren, meinte aber, dass man da nicht so leicht zum Zug komme. Jetzt, knapp einheinhalb Jahre später aber war es dann doch soweit. Und Umut Dag hat aus meiner Sicht seine ganze Qualität endlich auch einmal einer ganz, ganz breiten Öffentlichkeit (allein in Deutschland schauten mehr als 11 Millionen Menschen zu)zeigen können. Das freut mich wirklich sehr für diesen mir sehr sympathischen Mitt-Dreißiger, dessen Arbeiten bisher sicher nur wenigen bekannt waren. Auch im Tatort zeigte sich für mich sein ganzes Geschick, vor allem die junge Hauptdarstellerin Gro Swantje Kohlhof zu einer herausragenden Perfomance zu führen. Zudem zeigte sich seine ganze Sensibilität mit der er das höchst brisante und emotionale Thema umsetzte. Da war kein bisschen Zuviel, wie etwa unnötiger Voyeurismus, aber auch niemals zuwenig, was die Sache verharmlosen hätte können. Das ganze Team war unter seiner Regie diesmal wesentlich lebendiger und authentischer, was dem vielkritisierten Konstanzer Kommissaren sicher gut getan hat. So wünsche ich Umut und uns noch viele Filme dieser Qualität und natürlich den einen oder anderen Tatort, bei dem er Regie führen darf. Und die LeserInnen meines Blogs lade ich herzlich dazu ein, sich auch Zeit für seine beiden anderen Langfilme "Kuma" und "Risse im Beton" zu nehmen. Es zahlt sich mehr als aus! Dieser Tage ist Reettas Vater verstorben, der Journalist Erkki Karjalainen, der Zeit seines Lebens - mit nur einer kurzen Unterbrechung als Redakteur der finnischen Nachrichtenagentur - für YLE, den "finnischen ORF" tätig war. Ich habe meinen Schwiegervater durch viele Erzählungen meiner Frau, durch Fotos und durch Film- und Tondokumente kennengelernt. Durch diesen privaten, persönlichen und natürlich auch höchst subjektiven Blick ist er mir in allen Lebenslagen, den Höhen und den Tiefen, den Siegen und den Niederlagen bekannt geworden.
Dankbar bin ich ihm und seiner schon 2008 verstorbenen zweiten Frau Raija dafür, dass sie meiner Frau das Leben geschenkt haben. Vor knapp 6 Jahren bin ich Reetta erstmals persönlich begegnet, bei einer Solidaritätsveranstaltung für Arigona Zogaj im Keller des Cafés Weidinger am Gürtel in Wien. Danach waren wir noch einige Stunden im Cafe Carina und verabredeten uns für ein weiteres Treffen am gleichen Ort einige Tage später. Aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls war diese Begegnung ein Glücksfall und eine wahrhaft lebensrettende Erfahrung, war ich doch in jener Zeit verstrickt in selbstgeschmiedete Pläne, die alle zum Scheitern verurteilt waren, weil sie nicht meinem Leben entsprachen, und am Ende meiner Kräfte. Es gibt so viele Tode im Leben - und ebensoviele Neubeginne. Dieser "letzte" Tod, das große Geheimnis auf das sich unser Leben hinentwickelt, wird von den Religionen der Welt vereinnahmt, um Menschen zu manipulieren und sie vor ihrer Antwort auf die Frage nach dem Sinn ihres Lebens zu "bewahren". Lange habe ich mich aus römisch-katholischer Sicht auf mein Lebensende vorbereitet, es hat mich oft weit weg von mir selbst geführt und mir in der Opferung meines Wesens zumindest das ewige himmlische Leben versprochen. Davon aber haben weder die meinen noch ich etwas gehabt, es war vielmehr oftmals die Hölle auf Erden. Als mir Reetta zugefallen ist, hat sich alles radikal verändert. Ich musste mich der Wahrheit stellen, ich musste das meine erkennen und lieben und leben lernen. Immer noch reißt es mich das eine und andere Mal zurück in die Abgründe des längst Vergangenen, aber ich erkenne durch diese und sie, in mir das große Geschenk meines Lebens. Übrigens geht es ihr mit mir auch so, sagt Reetta. Mittlerweile ist aus der ziellosen Studentin ein wunderbare Literaturübersetzerin und professionelle Deutsch- sowie Finnisch-Sprachtrainerin geworden, wie auch die Rezension ihrer letzten Übesetzung von "Hiltu und Ragnar", einer Erzählung des finnischen Literaturnobelpresiträgers Franzs Eemil Sillanpää, zeigt. Sie ist in in ihrem Leben angekommen. Und ich bin dabei, nämlich an ihrer Seite, und dabei, nämlich in meinem Leben anzukommen. Im richtigen Maß! Dafür nochmal ein großes herzliches Dankeschön an Erkki und Raija Karjalainen! Retta und ich waren im finsteren Tal, jener deutsch-österreichischen Film-Produktion, die von der Kritik als Mischung aus Heimatfilm und Western bezeichnet wird und aus Österreich im Vorjahr für den Oscar für den besten fremdsprachigen Film ins Rennen geschickt wurde. Es handelt sich dabei um die Verfilmung des 2010 veröffentlichten Debütromans des deutschen Schriftstellers und Kulturjournalisten Thomas Willmann.
Nach physisch brutalen und seelisch grausamen eindreiviertel Stunden fällt der Schlüsselsatz der Protagonistin und Erzählerin Luzi (gespielt von Paula Beer): "Die Freiheit is a G'schenk, dass si ned jeder gern machen lasst." Davor erlebt man ein von einem Familienclan namens Brenner mit eiserner Hand regiertes Dorf, das von einem Fremden besucht und "befreit" wird. Er, als Sohn einer vom Brenner-Bauern vergewaltigten und nach Amerika geflohenen Frau, übt Rache, in dem er alle sechs ehelichen Söhne, sonstige Mitwissende (wie den von Erwin Steinhauer - wer sonst? - verkörperten Pfarrer) und letztlich den Clan-Chef (verkörpert von Hans-Michael Rehberg) selbst über den Jordan schickt. Eine Orgie der Gewalt und Gegengewalt in einem wahrhaft finsteren Tiroler Bergtal. In unserer Diskussion zum Film waren Reetta und ich uns einig, dass die Menschen sich offenbar zu allen Zeiten und in allen Gegenden der Welt gerne einem Mächtigen unterwerfen, egal wie er heißt. Auch Geldsystem und Wirtschaft, die wir gerne als alternativlos bezeichnen, gehören dazu. Dahinter stecken ja Menschen, nämlich wir alle. Beide sind ja keine Naturgesetze sondern leben davon, dass sich alle unterwerfen. Und dann warten wir auf den großen Rächer und Retter, anstatt uns selbst die Freiheit zu nehmen und unseren Weg zu gehen. Für mich war der Film einmal mehr der Auftrag an mich selbst, mir meine Freiheit zuzumuten und damit auch zum Vorbild zu werden für die vielen Mutlosen, Wartenden und Unsicheren. Es geht ja niemals nur darum, dass sich alle auf den gleichen Weg machen, sondern immer mehr darum, dass jedeR ihren/seinen authentischen Lebensweg findet und geht. Wenn ich aus meiner Zeit als Katholik und Religionslehrer etwas mitgenommen habe, dann das: Die Nachfolge Jesu ist nicht - so wie die Kirche behauptet - der Weg ins Leid und ans Kreuz, sondern immer der je eigene Weg, der mit aller Konsequenz auch ins Leid und ans Kreuz führen kann und dennoch begangen werden muss, weil es dazu zwar immer Alternativen gibt aber keine, die wirklich zum eigenen Leben passt. Die Freiheit zu diesem Weg ist den Menschen zumutbar - Reetta und ich sind dabei, uns diese Freiheit zu nehmen und sie auch den anderen zuzutrauen; lieber die daraus folgenden Konsequenzen als ein Leben im Stockholm-Syndrom. Ich werde weiter davon berichten. Immer noch lebe ich in dem Zwiespalt zwischen Sicherheit und Freiheit. Denn: weder am einen noch am anderen Pol fühle ich mich auf Dauer wohl. So wie ich das aus meiner Arbeit mit Menschen in Supervision und Coaching kenne, braucht jedeR die individuell richtige Mischung aus beidem. Und nachdem man diese Mischung in der Regel nicht täglich kriegt, muss man sie in bestimmten Zeiträumen ausbalancieren. Das braucht Wachheit und Achtsamkeit – und die sind im Alltag trotz guter Vorsätze schnell einmal vorbei und man läuft wieder auf Schlafwandler-Status und funktioniert so gut es geht. Das haben wir, das habe ich in der Schule ja einwandfrei gelernt. Und so ist es für mich immer noch mit einem komischen Gefühl – ja fast mit einem schlechten Gewissen – verbunden, wenn ich mache, was mir entspricht und nicht das, was man, auch aufgrund meiner Ausbildung von mir erwarten würde bzw. was Geld bringt.
Mittlerweile habe ich erfahren, wie ich meinen Weg zwischen den notwendigen Abhängigkeiten und der lebensnotwendigen Unabhängigkeit gehen kann, auch wenn es mich manchmal auch noch ordentlich schleudert und alte Muster aufbrechen, die ich schon als „ad acta gelegt“ betrachtet habe. Wie gut, dass meine Frau mich in diesen Phasen unterstützt, so wie ich sie in ihren „Schwächephasen“. Damit sind wir in all den Jahren unseres Zusammenlebens gut gefahren, obwohl es jedes Mal eine neue Herausforderung ist, sich – trotz liebevoller Unterstützung - diesen Existenzängsten zu stellen. Die vergangenen drei Tage waren diesbezüglich mal wieder eine harte Prüfung für mich. Aber es ist wohltuend aus dieser Krise aufzutauchen und das Leben wieder strömen zu spüren. Und jedes Mal gibt es für mich die gleiche Erkenntnis: Lebe lieber ungewöhnlich und gehe durch diese Tage, die bedrohlich wirken – denn die Alternative ist es, das ganze Leben unter dem Druck „gewöhnlicher“ Tage zu leiden und sich hie und da eine schnell verschwindende Auszeit der Ungewöhnlichkeit zu geben. Mein Ziel ist es, keinen Urlaub von meinem Leben zu brauchen, sondern zu leben … Daran arbeite ich! Meine Frau und ich haben Zeit unseres Zusammenlebens niemals einen toten Weihnachtsbaum in die Mitte unseres Weihnachtsfestes gestellt. Da gab es die lebende Blaufichte aus dem Baumarkt, dann den Leihbaum eines Gärtnereibetriebes, der knapp vor dem Fest angeliefert und einige Tage nachher wieder abgeholt wurde - und dann den Baum aus dem Vorjahr, eine Korea-Tanne unbekannter Herkunft im Topf sowie das heurige Exemplar einer Nordmanntanne im letzten Moment im Baumarkt erstanden.
In diesem Augenblick, da ich diese Zeilen schreibe, ist mir bewusst, dass es nur eine Möglichkeit gibt, einen ethisch korrekten und nachhaltigen Weihnachstbaum zu haben: den im eigenen Garten - der uns hier in Österreich fehlt. Warum bin ich zu dieser Erkenntnis gelangt? Die Koreatanne aus dem Vorjahr blieb also nach dem Weihnachtsabend noch einige Tage geschmückt auf unserer Loggia um dann ungeschmückt dem Frühling entgegen zu warten. Mitte Mai war sie - wie auf meiner Facebook-Seite dokumentiert ist - übersät von Maiwipfeln und wachsenden Zapfen. Alles deutete auf prächtiges Gedeihen hin und ich verkündete stolz, dass sich da schon jemand 6 Monate vorher für das nächste Weihnachstfest herausputze. Im Juli begann dann der Niedergang des Baumes. Ich schrieb ihn der großen Hitze zu und begann zu überlegen, was ich tun könnte. Einer meiner Maßnahmen war das Verpflanzen des Baumes in einen größeren Topf. Da bemerkte ich das ganze Unglück. Ein engmaschiges Netz umgab den Wurzelstock und hinderte den Baum nach unten genauso zu wachsen wie nach oben. Ein Ungleichgewicht, das dem Baum schiließlich - trotz aller meiner Bemühungen - das Leben kostete. Ich war frustriert. In diesem Wissen erstand ich also vor kurzem den heurigen Weihnachtsbaum und machte zuerst gleich eines: ich topfte ihn um. Diesmal fand ich kein Netz um den Wurzelstock, ich fand gar keinen Wurzelstock mehr. Der Baum war mit seinem Stamm einfach in die Erde gesteckt,am seinem Ende ragten zwei Pfahlwurzelstummeln nach links und rechts hinaus und in der Mitte hingen ein paar Fäden seiner verbliebenen Nährwurzeln. Ich bekam eine große Wut. Dennoch bekam er seinen neuen Boden, mit dem ich die Hoffnung auf seine Rettung noch nicht aufgegeben habe. Das Geschäft mit den lebenden Weihnachstbäumen geht also auch nach den derzeit geltenen kapitalistischen Gedanken der Gewinnmaximierung. Da darf ein Baum natürlich das Jahr nicht überdauern, man stelle sich vor, alle hätten lebende Weihnachstbäume und bräuchten maximal alle paar Jahre, wenn der Baum für die eigenen Verhältnisse zu groß geworden war, einen neuen. In diesem Moment habe ich beschlossen, der Weihnachtsbaum-Mafia journalistisch auf den Grund zu gehen und auch die Leih-Gärtnerei ktitisch zu prüfen. For the trees sake! Und für mein Seelenheil! Die Dynamik des Morgens nutzend habe ich heute meine Silvester-Geschichte endlich fertig korrigiert und online gestellt. Es war insofern eine schwere Geburt, als die Zeit fürs konzentrierte Überarbeiten nicht da war, so lange die ganze Familie zuhause war. Das ist mit heute anders. Nach und nach gehen die Jungs wieder ihren außerhäuslichen Tätigkeiten nach, der jüngste macht den Anfang, der mittlere wird ab Donnerstag wieder im Einsatz sein und unser ältester dann ab Montag. Meine Frau startete ja auch schon gestern mit ihren Sprachkursen – und ansonsten ist sie mit zwei Übersetzungsprojekten voll ausgelastet. Dass wir uns ein Büro teilen, das noch dazu in unserer Wohnung liegt, macht die Sache aus meiner Sicht sehr angenehm. Wir sehen uns regelmäßig, können mal ganz spontan eine gemeinsame Pause machen und vor allem dem Luxus eines gemeinsamen Mittagessens frönen. Mal kocht sie, mal ich.
Auch meinen Fortsetzungsroman, den ich mit Jahresanfang starte und der wöchentlich als „weekly story“ von Kapitel zu Kapitel fortgesetzt wird, werde ich erst in den nächsten Tagen überarbeitet haben. Gestartet habe ich das Projekt von „Peter und die Wolf“ schon im März 2015, aber über ein erstes Kapitel bin ich aufgrund anderer Prioritäten nicht hinaus gekommen. Das soll sich jetzt ändern, obwohl ich wieder einige Tage Verspätung habe. Aber: Kapitel 1 soll bis 6.1 online sein und Kapitel 2 dann bis 10.1. folgen. Danach wieder alle Wochenenden ein weiteres Kapitel. Für mich insofern spannend, als es für mich als Autor so zwischen drin keine Änderungen geben kann und auch eine Gesamtüberarbeitung nach Fertigstellung nicht mehr möglich ist. Gut möglich aber ist, dass es dann neben dieser Online-Fassung eine überarbeitete Buch-Fassung geben wird. Mal schauen, was draus wird. Das Nachhausekommen aus dem Schnee ist für mich immer etwas Besonderes. Gut, dass ich ins Weiß raus musste, um unseren Jüngsten aus dem Kindergarten zu holen und gut, dass es ein Stück des Weges ist, um ihn nach Hause zu bringen. Also hatte ich die Gelegenheit in dieser klimagewandelten und erwärmten Welt an einem vom eisigen Südost-Wind noch saukälter gemachten Nachmittag den leichten Schneefall zu genießen. Meine Schritte wurden von mal zu mal langsamer und so versäumte ich die S-Bahn und kam um gute 10 Minuten zu spät in den Kindergarten. War nicht so optimal, da die Betreuerin heute Morgen klar und deutlich gesagt hatte, dass die Kinder pünktlich abgeholt werden müssen. In diesen Tagen ist nämlich nur eingeschränkte Betriebszeit, wogegen ich innerlich schon bei der Verkündung Widerstand empfand, der sich nun quasi durch die Hintertüre Bahn gebrochen hatte. Auf dem Heimweg machten mein Junge und ich noch einen kleinen Einkauf und ich begleitete ihn danach noch in den Park vor der S-Bahnstation, so dass er noch „stapfen und wischen“ konnte. Bei den ersten Schritten sagte er etwas verblüfft: „Es kracht in meinem Körper – was ist das?“ Ich überlegte kurz und bemerkte dann auch dieses „Krachen“ in mir, das eigentlich das Knirschen war, das jeder Schritt verursachte und das tatsächlich nicht zu hören sondern zu fühlen war. Genial welch gute Wahrnehmung Kinder haben und wie sie alles in ihre Worte fassen. Nun also noch zum Nachhausekommen: Auf dem Weg von der S-Bahn zu unserer Wohnung war mir dann doch schon richtig kalt. Ich erinnerte mich einer Erzählung meines Religionslehrers in der AHS, der einmal – ich weiß nicht in welchem Zusammenhang – von einem Mann erzählte, der davon berichtete, dass man dann, wenn man so richtig friert, spürt, dass man wirklich lebt. Eine interessante Erkenntnis. Heute versuchte ich mich darauf einzulassen, verlangsamte meine Schritte, atmete tief durch und – spürte mich leben. Wow! Mein Kleiner war sowieso voll des Lebens und so konnten wir beide diesen viertelstündigen Weg vollends genießen. Das Ins-Warme-Haus-Kommen war dadurch auch besonders intensiv. Ausklingen ließ ich diese Erfahrung mit einem heißen Tee und einem Stück vom Mohnstrudel, während die drei Jungs noch die letzten selbst gemachten Weihnachtskekse verzehrten und meine Frau bereits bei einem ihrer Kunden weilte. Da kann man den Schrecken wegstecken, dass eine monatliche regelmäßige Zahlung in der Höhe von knapp € 400,- überraschenderweise mit 31.12.15 geendet hat – und sich die dafür zuständigen Stellen die Schwäche leisteten, sich nicht darum zu kümmern – und wir uns die Nachlässigkeit erlaubten, uns auf ebendiese Behörden zu verlassen. Meine Frau ist dran, doch aus unserer Erfahrung dauert ein neuerlicher Antrag wahrscheinlich einige Wochen. Vielleicht auch eine Chance von diesen Futtertrögen wegzukommen und noch ein bisschen mehr Freiheit zu bekommen. Obwohl – zustehen würde uns die Zahlung. Na ja, schauen wir, was das Leben bringt. Die Gelassenheit des Jahresanfangs möchte ich mir dadurch nicht verderben lassen, zumal ich hier großes Lernpotential verspüre. Wir haben das Jahr zwar ohne Vorsätze begonnen, meine Liebste und ich, aber nicht ohne Plan bzw. Pläne. Dazu haben wir am Silvesterabend das abgelaufene Jahr Revue passieren lassen, haben unsere Erfolge schriftlich festgehalten, so dass wir sie das ganze Jahr über jederzeit präsent haben und haben unsere Vorhaben in Worte gefasst. Sie alle, nämlich die Vorhaben, müssen unserem großen Ziel entsprechen - und hier muss ich richtigerweise sagen: sie müssen dem großen Ziel eines jeden von uns entsprechen - und werden diesbezüglich auf Herz und Nieren geprüft. Manchmal, so meine Erfahrung, ergibt sich ein "Prüfungsergebnis" auch erst unterwegs. Früher war das für mich ein echter Schock, wenn plötzlich klar wurde, dass ich auf dem falschen Weg bin. Heute sind diese eben nicht "leeren Kilometer" wertvolle Erfahrungen auf dem Weg zu ebendiesem Ziel. Lernen aus Fehlern - wie lange habe ich jahrzehntelang verschulter Mensch (als Schüler, Vater und Lehrer) gebraucht, diesen Grundsatz zu kapieren. Tut aber total gut, ihn endlich in Mark und Bein zu spüren.
Einer unserer gemeinsamen Pläne für 2016 war die Aktivierung und (Wieder-)Belebung unserer sozialen Kontakte, die wir aufgrund von extrem großen Herauforderungen in den letzten - ja, sage und schreibe - sechs Jahren auf Sparflamme gehalten haben. Da war Überleben angesagt, nunmehr geht es endlich wieder ans Leben. Und so fulminant war der Start dieses Vorhabens, das aus einer für knappe zwei Stunden angesetzten Jause eine gemeinsame Zeit mit einer befreundeten Familie (zuerst bei einem Spaziergang im grauen, kalten Nebel des Lainzer Tiergartens, dann bei Kaffee bzw. Tee und Kekesen und schließlich bei Sekt und Grissinis) eine fast doppelt so lange und erfüllte Zeit wurde. Auch unsere Jungs hatten mit den jungen Damen der Familie ihre Freude - und so war's eine runde Sache für uns alle. Wir versprachen uns zum Abschied, aus diesen Treffen eine Serie zu machen, bei der man sich immer schon auf den nächsten Teil freut. Ja und am Abend davor, also am Ende des Neujahrtages schauten wir den preisgekrönten österreichisch-deutschen Film "Das Pferd auf dem Balkon" in der ARD-Mediathek. Er ist eine dieser - mir bis dato noch unbekannten - Perlen des Kinos, die ich zu entdecken liebe. Auch hier hat das Jahr schon mal wunderbar begonnen. Mögen diesem Tag noch viele weitere solcher Tage folgen und meine Einstellung zum Leben ihre positive Intensität behalten! |
Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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