Meine Frau und ich haben Zeit unseres Zusammenlebens niemals einen toten Weihnachtsbaum in die Mitte unseres Weihnachtsfestes gestellt. Da gab es die lebende Blaufichte aus dem Baumarkt, dann den Leihbaum eines Gärtnereibetriebes, der knapp vor dem Fest angeliefert und einige Tage nachher wieder abgeholt wurde - und dann den Baum aus dem Vorjahr, eine Korea-Tanne unbekannter Herkunft im Topf sowie das heurige Exemplar einer Nordmanntanne im letzten Moment im Baumarkt erstanden.
In diesem Augenblick, da ich diese Zeilen schreibe, ist mir bewusst, dass es nur eine Möglichkeit gibt, einen ethisch korrekten und nachhaltigen Weihnachstbaum zu haben: den im eigenen Garten - der uns hier in Österreich fehlt. Warum bin ich zu dieser Erkenntnis gelangt? Die Koreatanne aus dem Vorjahr blieb also nach dem Weihnachtsabend noch einige Tage geschmückt auf unserer Loggia um dann ungeschmückt dem Frühling entgegen zu warten. Mitte Mai war sie - wie auf meiner Facebook-Seite dokumentiert ist - übersät von Maiwipfeln und wachsenden Zapfen. Alles deutete auf prächtiges Gedeihen hin und ich verkündete stolz, dass sich da schon jemand 6 Monate vorher für das nächste Weihnachstfest herausputze. Im Juli begann dann der Niedergang des Baumes. Ich schrieb ihn der großen Hitze zu und begann zu überlegen, was ich tun könnte. Einer meiner Maßnahmen war das Verpflanzen des Baumes in einen größeren Topf. Da bemerkte ich das ganze Unglück. Ein engmaschiges Netz umgab den Wurzelstock und hinderte den Baum nach unten genauso zu wachsen wie nach oben. Ein Ungleichgewicht, das dem Baum schiließlich - trotz aller meiner Bemühungen - das Leben kostete. Ich war frustriert. In diesem Wissen erstand ich also vor kurzem den heurigen Weihnachtsbaum und machte zuerst gleich eines: ich topfte ihn um. Diesmal fand ich kein Netz um den Wurzelstock, ich fand gar keinen Wurzelstock mehr. Der Baum war mit seinem Stamm einfach in die Erde gesteckt,am seinem Ende ragten zwei Pfahlwurzelstummeln nach links und rechts hinaus und in der Mitte hingen ein paar Fäden seiner verbliebenen Nährwurzeln. Ich bekam eine große Wut. Dennoch bekam er seinen neuen Boden, mit dem ich die Hoffnung auf seine Rettung noch nicht aufgegeben habe. Das Geschäft mit den lebenden Weihnachstbäumen geht also auch nach den derzeit geltenen kapitalistischen Gedanken der Gewinnmaximierung. Da darf ein Baum natürlich das Jahr nicht überdauern, man stelle sich vor, alle hätten lebende Weihnachstbäume und bräuchten maximal alle paar Jahre, wenn der Baum für die eigenen Verhältnisse zu groß geworden war, einen neuen. In diesem Moment habe ich beschlossen, der Weihnachtsbaum-Mafia journalistisch auf den Grund zu gehen und auch die Leih-Gärtnerei ktitisch zu prüfen. For the trees sake! Und für mein Seelenheil!
0 Comments
Your comment will be posted after it is approved.
Leave a Reply. |
Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
Archiv
Juli 2019
|