Dieser Tage ist Reettas Vater verstorben, der Journalist Erkki Karjalainen, der Zeit seines Lebens - mit nur einer kurzen Unterbrechung als Redakteur der finnischen Nachrichtenagentur - für YLE, den "finnischen ORF" tätig war. Ich habe meinen Schwiegervater durch viele Erzählungen meiner Frau, durch Fotos und durch Film- und Tondokumente kennengelernt. Durch diesen privaten, persönlichen und natürlich auch höchst subjektiven Blick ist er mir in allen Lebenslagen, den Höhen und den Tiefen, den Siegen und den Niederlagen bekannt geworden.
Dankbar bin ich ihm und seiner schon 2008 verstorbenen zweiten Frau Raija dafür, dass sie meiner Frau das Leben geschenkt haben. Vor knapp 6 Jahren bin ich Reetta erstmals persönlich begegnet, bei einer Solidaritätsveranstaltung für Arigona Zogaj im Keller des Cafés Weidinger am Gürtel in Wien. Danach waren wir noch einige Stunden im Cafe Carina und verabredeten uns für ein weiteres Treffen am gleichen Ort einige Tage später. Aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls war diese Begegnung ein Glücksfall und eine wahrhaft lebensrettende Erfahrung, war ich doch in jener Zeit verstrickt in selbstgeschmiedete Pläne, die alle zum Scheitern verurteilt waren, weil sie nicht meinem Leben entsprachen, und am Ende meiner Kräfte. Es gibt so viele Tode im Leben - und ebensoviele Neubeginne. Dieser "letzte" Tod, das große Geheimnis auf das sich unser Leben hinentwickelt, wird von den Religionen der Welt vereinnahmt, um Menschen zu manipulieren und sie vor ihrer Antwort auf die Frage nach dem Sinn ihres Lebens zu "bewahren". Lange habe ich mich aus römisch-katholischer Sicht auf mein Lebensende vorbereitet, es hat mich oft weit weg von mir selbst geführt und mir in der Opferung meines Wesens zumindest das ewige himmlische Leben versprochen. Davon aber haben weder die meinen noch ich etwas gehabt, es war vielmehr oftmals die Hölle auf Erden. Als mir Reetta zugefallen ist, hat sich alles radikal verändert. Ich musste mich der Wahrheit stellen, ich musste das meine erkennen und lieben und leben lernen. Immer noch reißt es mich das eine und andere Mal zurück in die Abgründe des längst Vergangenen, aber ich erkenne durch diese und sie, in mir das große Geschenk meines Lebens. Übrigens geht es ihr mit mir auch so, sagt Reetta. Mittlerweile ist aus der ziellosen Studentin ein wunderbare Literaturübersetzerin und professionelle Deutsch- sowie Finnisch-Sprachtrainerin geworden, wie auch die Rezension ihrer letzten Übesetzung von "Hiltu und Ragnar", einer Erzählung des finnischen Literaturnobelpresiträgers Franzs Eemil Sillanpää, zeigt. Sie ist in in ihrem Leben angekommen. Und ich bin dabei, nämlich an ihrer Seite, und dabei, nämlich in meinem Leben anzukommen. Im richtigen Maß! Dafür nochmal ein großes herzliches Dankeschön an Erkki und Raija Karjalainen!
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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