Wir hatten hier auf Halme in den letzten acht Tagen eine bunte Gästeschar - und auch wir waren zu Gast.
Begonnen hat alles am Sonntag vor einer Woche mit einer Übersetzer-Kollegin meiner Frau, die samt Mann und 4 Kindern auf dem Weg von ihrem Heimtaort Stralsund zum Mökki ihrer Schwiegereltern hier Station machte. Aus diesem Grund warf ich den Backofen an und stellte eine Fülle an Korvapuustis her, die unseren Zimtschnecken nicht unähnlich sind. Sie mundeten allen, obwohl sie aus meiner Sicht ein wenig trocken und nicht flaumig wie von mir gewünscht geraten waren. Dazu beigetragen haben mag die wunderbare Atmosphöre unseres mummonmökki hier im Südwesten Finnlands und die angeregte Gesprächsatmosphäre, die uns vom Beruflichen zum Familiären und schließlich zu unseren Gasteseln Jessica und Rusina (dt. Rosine) führte, die von der Nachbarin geborgt hier auf Halme ihre Sommerfrische verbringen und gleichzeitig großartige Rasenmäher sind. Jessica nämlich hatte einige Tage vor dem Besuch plötzlich auf die I-A-Schreie des Eselmännchens Daniel, das auf heimatlicher Weide steht, heftig zu reagieren begonnen. Bei ihrem Antwort-I-A bewegte sie sich jeweils ein paar Schritte vorwärts, pumpte mit dem ganzen Körper ihre Schreie nach außen, die mit einem abschließenden einmaligen Husten endeten. Danach lief sie offensichtlich ganz aufgeregt umgehend zu ihrere Gefährtin um ihr mit ihren Nüstern einen "Nasenstüber" zu versetzen. Anschließend setzte sich der normale Eselalltag fort. Das geschah im Lauf der Woche immer häufiger, in den letzten Tagen auch nachts. Seit vorgestern aber ist plötzlich die Luft raus und die Ruhe im Gehege wieder eingekehrt. Am Dienstag dann war die Kusine Reettas aus Tampere mit ihrem Mann auf Besuch. Die beiden hatten sich zuletzt gesehen, als meine Frau zehn Jahre alt war, woran sie sich allerdings nicht mehr erinnert. Es war ein bewegender Nachmittag in unserem - für die Besuchszeit - zum Kaffeezimmer "umgebauten" Wohn-Schlafgemach. In meiner Anwesenheit wurde in Englisch über Familiäres geplaudert, als ich mich dann draußen im Garten mit den Jungs beschäftigte, wechselte der Austausch von Familienangelegenheiten ins Finnische. Zum Kaffee durften wir einen herrlichen Mürbteig-Himbeerkuchen genießen, den Reettas Verwandte mitgebracht hatte. Erst nach mehreren Stunden brauchen unsere Gäste wieder auf und betonten zum Abschied "the very welcoming atmosphere of our house". Dieser Nachmittag war für uns alle eine große Freude. Am Donnerstag fuhren wir gemeinsam nach Turku, auch um unseren 6. Hochzeitstag feierlich zu begehen. Dazu kam es dann erst abends nach unserer Rückkehr auf Halme bei einem Gläschen Sekt. Eine frühere Feier wurde durch die Umstände verhindert, die aber großteils doch erfreulich waren. Zuerst zum Negativen: Der für den Mittleren auszustellende Pass (ich berichtete in der Vorwoche) nahm mehr Zeit in Abspruch als in den schlimmsten Szenarien befürchtet. Dafür gingen fast drei Stunden unseres Aufenthaltes in der früheren finnischen Hauptstadt auf. Sogar die Passbilder, die wir aus Österreich mitgebracht hatten, wurden von der Turkuer Polizei nicht akzeptiert. Während also Reetta mit ihren beiden Söhnen die Tortur des bürokratischen Rituals auf sich nahm, verbrachte ich mit unserem Jüngsten die Zeit mit einem Stadtbummel. Beeindruckt hat mich vor allem die alte Markthalle, in der ich gerne auch noch mehr Zeit verbracht hätte (immerhin gab es an diesem Tag laufend heftige Regenschauer). Dort gab es auch das eine oder andere Lokal, dass mir für unser festliches Mittagessen sehr geeignet schien. Als sich die Zeit auszudehnen begann, streunten mein Sohn und ich durch verschiedene Läden der Stadt (immer um vor dem teils heftigen Regen geschützt zu sein) und beschlossen schließlich die anderen Mitglieder unserer Familie auf der Polizeiwache abzuholen. Bei unserem Treffen waren wir alle so erschöpft, dass wir das nächstbeste Café aufsuchten und das dort angebotene Lounas mit Lachssuppe konsumierten. Im Gegensatz zum Mittagsmenü vor einer Woche in Pyhäjoki fiel die Sache dünn un teuer aus, Großstadt eben. Für den frühen Nachmittag war ein Treffen mit Reettas Kusin geplant, der in Turku lebt. Diesen Besuch absolvierte meine Frau dann mit unserem Ältesten alleine, die beiden anderen Jungs und ich erledigten ein paar Einkäufe um dann pünktlich um 16 Uhr am Marktplatz einzutreffen, von wo uns Reettas Onkel in sein Häuschen in Lieto entführte. Während einer reichhaltigen Jause gab es jede Menge Gesprächsstoff und unsere Jungs genossen am nebenbei laufenden TV-Gerät die olympischen Spiele. Sie sahen in diesen zwei Stunden Hochsprung, Hürdenlauf, Staffellauf, Kugelstoßen und Diskuswerfen, was zu einer wesentlichen Erweiterung ihres Sport-Wissensbeitrug, der sich im wesentlichen auf Fußball beschränkt hatte. Auch dieses Treffen war eine gute Gelegenheit die familiären Wurzeln Reettas (wieder) zu entdecken und sie für die Zukunft zum Wachsen und Werden zu bringen. Am Samstag dann wurde Halme von SchülerInnen meiner Gattin beehrt. Das Ehepaar hatte sich in ihrer Begleitung ein Jahr lang intensiv auf ihre Auswanderung von Österreich nach Finnland vorbereitet. Nunmehr leben die beiden seit knapp einem Monat in Tampere, von wo sie einen Tagesausflug zu uns unternahmen. Wir hatten - diesmal in Deutsch - jede Menge Gesprächsstoff und fanden mehr Gemeinsamkeiten als ich angenommen hatte. Schule und Kindergarten spielten dabei eine große Rolle und natürlich ihre Erfahrungen mit der Auswanderung und den damit verbundenen Untiefen. Das von mir zubereitete stramm finnische Mittagsmenü (Erbsensuppe und Pfannkuchen mit Schlgobers, Erdbeermarmelade, Heidelbeeren und Zimtzucker) mundete ausgezeichnet, die Esel wurden bewundert, unsere Jungs bestens integriert, so dass für alle etwas dabei war. Nach 8 Stunden brachen unsere Gäste dann wieder in ihre neue Heimat auf. Während dieses Besuches keimte bei meiner Frau und mir die schon bekannte Sehnsucht nach einem stärkeren Bezug unseres Lebens zu Finnland wieder auf. Wir sprachen noch über die eine oder andere Möglichkeit, wie und wann dies bewerkstelligt werden könnte. Vorerst aber wird es am 31. August jedenfalls wieder in unsere Wiener Wohnung gehen, um das dort auf uns wartende (Berufs-)Leben wieder aufzunehmen. Vor dieser Rückreise aber stehen zumindest noch zwei Besuche hier auf Halme am Programm. Zunächst möchte uns unsere Nachbarin mit Mann beehren und dann ist noch der "Retour-Besuch" von Reettas Onkel geplant. Dennoch sollte die nächste Woche auch wieder den einen oder anderen Freiraum für anderes bieten. Unser Mökki fordert uns auf, noch jede Menge zu tun. Working statt talking sozusagen.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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