Mein Leben ist gezeichnet von den Kriegen im Kleinen wie im Großen. Glücklicherweise musste ich an keinem großen Krieg teilnehmen, obwohl ich im Rahmen meines achtmonatigen Präsenszdienstes in meinem neunzehnten und zwanzigsten Lebensjahr darauf vorbereitet wurde. Die im Kleinen aber sind mir bestens vertraut - von Kindesbeinen an. Und auch heute noch verstricke ich mich in den einen oder anderen - oder werde darin verstrickt.
Zwei Filme, die ich am Ende der vorigen Woche mit meiner Frau gesehen habe, sind erschütternde Beispiele, wohin das eine und das andere führen kann - und viel zu oft führt. Im Zweiteiler "Saigon - L'eté de nos 20 ans" und in Sidney Lumets "Before the Devil Knows You're Dead" wird auf ganz unterschiedliche Weise auf die großen und kleinen Kriege eingegangen. Der französische Film, der auf ARTE ausgestrahlt wurde, beleuchtete den Indochina-Krieg, in den sich die Grand Nation verstrickt hatte, aus der Perspektive dreier Jugendfreunde. Motive und Motivation sich an diesem Wahnsinn zu beteiligen sind so verschieden wie die Menschen: der eine muss trotz eines schweren Herzfehlers die militärische Familienehre aufrecht erhalten, um sich seinem Konflikt mit dem Vater nicht zu stellen, der andere vertuscht mit seiner Flucht nach Vietnam einen tödlichen Verkersunfall, den er (mit-)verursacht hat. Und der letzte frönt seiner Leidenschaft als Spieler, in dem er sich als Schieb betätigt und damit zwischen die Fronten gerät. Dazu kommt die Liebe, die gelebt werden will und letztlich doch nicht gelebt werden kann; auch hier ein Konflikt, dessen Lösung letztlich nicht gelingt. Das Ende der drei ist höchst unterschiedlich. Und auch das Ende des Krieges, von dem wir im Film noch lange entfernt sind, ist ein unrühmliches - wie das Ende aller Kriege. Der Titel des Films von Lumet basiert auf einem irischen Trinkpruch, der in einer Kurzform so lautet: "May you be in heaven for half an hour before the devil konows you're dead." In seiner Langform wird er so gesprochen: "May your glass be ever full. May the roof over your head be always strong. And may you be in heaven half an hour before the devil knows you're dead." Darin werden zwei Brüder - kongenial von Ethan Hawke und Philip Seymour Hofmann verkörpert -, beide aus unterschiedlichen Gründen verschuldet, zu Verbrechern, die das Juweliergeschäft der Eltern ausrauben, um ein neues Leben beginnen zu können. Der zuerst geniale Plan scheitert katastrophal und führt in die Abgründe eines Familienkonflikts zwischen Vater (in dieser Rolle absolut sehenswert Albert Finney) und Sohn, der im Film nur todbringend gelöst werden kann. Wo auch immer hier mit einer konstruktiven Bearbeitung begonnen werden hätte können, wissen wir nicht, da wir erst mitten in der Tragödie Zeugen eines unausweichlich scheinenden Untergangs der Familie Hansen werden. Für mich war in beiden Filmen die in den Krieg und den damit verbundenen Untergang führende Dynamik sehr deutlich wahrnehmbar. Gelänge das doch auch in jenen Momenten, da man nicht Zeuge sondern Beteiligter ist. Um aus einer Situation raus zu kommen, muss jedenfalls nicht alles zerstört werden (weder ein andere Land noch eine Beziehung), es braucht viel mehr die Kunst des konstruktiven Streitens und den Mut, auch Lösungen zu respektieren, die keine gemeinsamen sind. Daran arbeite ich und dabei begleite ich Menschen aller Altersgruppen im Rahmen einer meiner beruflichen Tätigkeiten. Das möchte ich hiermit auch allen PolitikerInnen ins Stammbuch schreiben die derzeit meinem Gefühl nach diese Dynamik entweder vollkommen unterschätzen oder sogar bewusst geschehen lassen. Möge ihnen ein Funken Gefühl, ein Funken Verstand und ein Funken Menschlichkeit geschenkt werden, damit sie uns alle nicht zur Hölle schicken ...
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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