Endlich haben wir wieder ein Thema, das die Schlagzeilen beherrscht. Interessanterweise aber war beim am Sonntag vergangener Woche abends veröffentlichten Dossier über Steueroasen und ihre global player dann schon zur Wochenmitte gehörig die Luft draußen. Das lässt mehrere Deutungen zu. Take your choice. Für mich hat es damit zu tun, dass hier in den Riegen der für dieses Land Verantwortlichen wohl keiner unbeteiligt ist. Wenn das Thema zu sehr hochkochen würde, hätten wir eine Regierungskrise – und die will partout keiner. Wohl auch kaum jemand aus dem Volk, denn dann müssten wir ja plötzlich die Verantwortung für das schiefliegende Staatsschiff übernehmen. Und dazu haben wir, die wir einen Papa brauchen, der’s schon richtet, nun mal wirklich keine Lust. Außerdem: Auf wen sollen wir dann hinhauen, wenn’s nicht läuft?
https://cms.falter.at/falter/kategorie/themen/panama-papers/ Besonders gelungen fand ich eine Karikatur der Satirezeitschrift „Der Postillion“, in der die ersten Verdächtigen dargestellt wurden: Tiger und Bär von Janosch mit Krawatte vor einer Wand mit den Linien für die Körpermaße wie auf einem Verbrecherfoto. http://www.der-postillon.com/ Auch für mich gab es zum Ende der Woche ein Panamaerlebnis a la Janosch: So wie’s ausschaut hat unsere Reise durch Wien auf der Suche nach einer neuen Bleibe für die Familie uns zurück an unseren derzeitigen Wohnort, nur eine Tür weiter, geführt. In der nächsten Woche werden diesbezüglich dann Nägel mit Köpfen gemacht. Im letzten Septiarium habe ich von der Idee einiger europäischer Wirtschaftswissenschafter erzählt, allen EU-BürgerInnen einmalig 1.300,- Euro zur Anheizung der Inflation zukommen zu lassen. Diesem sogenannten Helikoptergeld wurde nun seitens der EZB eine klare Absage erteilt, was nicht heißt, dass es nicht doch demnächst kommt. Weil das heutige Wirtschaftssystem ist meiner Empfindung nach mit den derzeitigen Maßnahmen auf lange Sicht ohnehin nicht zu retten – mit oder ohne Helikoptergeld. http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/europa/europaeische_union/811200_Keine-Geldgeschenke-fuer-EU-BuergerInnen.html Auch wird die von der spanischen Regierung geplante Abschaffung der Siesta wohl nicht den kolportierten, möglicherweise aber den gewünschten Effekt bringen. Vordergründig geht es um die Arbeitsleistung, hintergründig wohl eher um den europäischen Gleichklang und das Gefügig-Machen der Menschen. http://www.pressreader.com/austria/kleine-zeitung-steiermark/20160406/281719793733111/textview Diesen Zweck hat aus meiner Sicht auch die Einführung der Sommerzeit. Ich kenne kein erfolgreicheres Instrument, um Menschen gefügig zu machen. Wir alle folgen dieser Vorgabe wie die Lemminge und stehen doch tatsächlich jeden Morgen – selbst am Wochenende – seit zwei Wochen eine Stunde früher auf. Auch die SchülerInnen leisten um 7 Uhr früh bereits Übermenschliches bei diversen Schularbeiten und Tests. Und das alles, weil wir am Abend damit eine Stunde länger Tageslicht haben. Ich bin verblüfft, wozu man Menschen mit diesem Argument bewegen kann. Nun bin ich fieberhaft auf der Suche nach ähnlich wirksamen Instrumenten für so Themen wie Klimawandel, Nahrungsmittelverschwendung, Geldsystem, etc. http://karjalainen-draeger.weebly.com/tagebuch/4416-zeit-verschiebung Auch die Ungarn setzen weiter auf Despotismus, um das Volk klein zu kriegen: In dieser Woche hat die Regierung beschlossen, dass Budgetmittel ohne Zustimmung des Parlaments per Regierungsdekret einfach umgeschichtet werden können. http://www.sueddeutsche.de/politik/ungarn-ein-parlament-dankt-ab-1.2928394 Bemerkenswert, nein sogar entlarvend war die Reaktion der deutschen Kanzlerin Angela Merkel im Hinblick auf das Nein der Niederländer zum EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Sie bemerkte dazu, dass „wie schon bei anderen schwierigen Themen auch in diesem Fall ‚eine Bewältigung möglich sein‘ werde, ‚das überlassen wir aber den Niederlanden und den europäischen Institutionen‘“. Ein Schelm wer sich an den Umgang der EU mit Griechenland erinnert fühlt. http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/europa/europaeische_union/811239_Merkel-reagiert-gelassen-auf-Nein-der-Niederlaender-zu-EU-Abkommen.html Kriegerische Zeiten brauchen kriegerisches Training. In Wiener Parks boomt derzeit das sogenannte „Boot-Camp-Training“, bei dem Mann und Frau sich auf den nächsten Einsatz vorbereiten können. Getarnt ist das ganze allerdings als Fitnesstraining der besonderen Art. Machen Sie sich selbst ein Bild! http://www.bootcamp-wien.at/ Ein anderer hingegen hat seinen Kampf aufgegeben: Karl-Heinz Essl schließt sein nach ihm benanntes Museum und wird die Örtlichkeit nur noch als Depot nützen. Nicht alle sind darob erschüttert, wird dem Mäzen doch ein recht einseitiger Umgang mit den KünstlerInnen vorgeworfen. http://kurier.at/wirtschaft/unternehmen/aufstieg-und-fall-der-familie-essl/151.012.341 In den USA, dem Ursprungsland des weiter oben erwähnten Boot-Camp-Trainings, stehen die Weichen bei den Demokraten weiter auf Hillary Clinton. Bernie Sanders konnte zwar, was in den österreichischen Medien kaum Erwähnung fand, die aktuellen Vorwahlen allesamt für sich entscheiden, doch hat er innerparteilich bei den sogenannten Superdelegierten, die letztlich den Ausschlag über die Nominierung geben, kaum Freunde. Seine AnhängerInnen planen nun unter dem Motto „Bernie or Bust“, bei den Wahlen im November Hillary Clinton die Stimme zu verweigern und dafür lieber den Kandidaten der Grünen zu wählen. Diese Variante hatte allerdings schon einmal fatale Auswirkungen: bei den Präsidentenwahlen im Jahr 2000 stimmten eigentlich demokratische WählerInnen nicht für den eigenen Kandidaten Al Gore sondern für den Grünen Ralph Nader und ermöglichten damit George Bush Jr. All seine kriegerischen Eskapaden. Wobei für mich nicht sicher ist, ob sich Gore angesichts der Ereignisse anders aus der Affäre hätte ziehen wollen als sein republikanischer Gegner. http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-04/us-wahl-bernie-sanders-fans-gegen-hillary-clinton Das im November des Vorjahres präsentierte Bildungsreformpaket ist nun still und heimlich doch in Gesetzestexte gegossen worden, die nun der Begutachtung harren. Vom damals propagierten „größten Reformwurf seit der Zweiten Republik“ (O-Ton Bildungsministerin Heinisch-Hosek, die wohl in statt seit meinte – oder auch nicht?) ist wie zu erwarten nichts zu sehen. Kosmetische Korrekturen dominieren, der Neuanstrich soll bloß die alten Schwächen übertünchen und Aktivität heucheln, wo seit Jahrzehnten Stillstand herrscht. http://derstandard.at/2000034333205/Bildungsreform-jetzt-aber-wirklich Erheiternd, aber im Kern tief traurig – so wie es sich für einen echten Clown gehört – die Replik des Clowns und Theaterdirektors Hubertus Zorell auf die Aussage, dass der amerikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump ein Clown sei. Zorell findet diesen Vergleich auf der Nachrichtenplattform N21 entwürdigend. http://n21.press/trump-ist-kein-clown/ Zu N21 sei gesagt, dass es am besten Weg ist, ein mehr als brauchbares Komplementärmedium zu werden, wenn es um fundierte Hintergrundberichterstattung zum Thema Nachhaltigkeit geht. Dieser Tage wurde das Onlinemedium auch auf Ö1 lobend erwähnt. http://oe1.orf.at/programm/433176 Weil wir schon bei den guten Nachrichten sind: Auch die wöchentlichen Radio Orange Nachrichten gehen mit einem Relaunch in Richtung Nachrichtenmagazin ab 1.5.2016 jeden Freitag von 17-17.30 Uhr weiter. Es lohnt sich da mal reinzuhören. https://o94.at/orangerie/nachrichten/ Zum Thema Drogen wären mir komplexere Maßnahmen lieber. Prävention aber erforderte wesentlich weiter gehende Maßnahmen, die in einer völligen Veränderung unserer Gemeinschaft mündeten. Da ist es doch in unserer Sicherheits-Gesellschaft um vieles leichter wieder ein paar Securitys mehr auf ihren Weg zu schicken, um die bösen Dealer zu eliminieren, die ja an allem schuld sind. Gesellschaftliche Selbstreflexion sieht anders aus. http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wien/stadtpolitik/811257_Kein-Rezept-gegen-das-Kraut.html?em_cnt=811257 Nun ist auch Karl Aiginger, Chef des WIFO, den ich bisher immer für einen moderaten Kerl gehalten habe, den gesellschaftlichen Strömungen auf den Leim gegangen und fordert in einem Interview mit der Presse einen Hauch von Hartz IV für Österreich. Damit folgt er den Spuren von Finanzminister Schelling, der sich schon letzten Sommer als Fan des deutschen Sozialmodells, das unter SPD-Kanzler Schröder eingeführt wurde, outete. http://m.diepresse.com/home/wirtschaft/economist/4963524/index.do?_vl_backlink=%2Fhom%2Fwirtschaft%2Feconomist%2Findex.do Nun noch etwas zum Lachen zum Abschluss (obwohl ich zugeben muss, dass mir das Lachen schnell im Hals stecken geblieben ist). Unter dem Titel „Ein Blümel geht auf“ hat die ÖVP Wien nun ein neues Plakatsujet für die City-Light-Wartehütteln an den Öffi-Stationen und ein Youtube-Video kreiert. Schau‘n Sie ruhig mal, ob bzw. wo auch Ihnen das Lachen vergeht. Angelehnt ist es aus meiner Sicht am „Sonnen-König“-Wahlplakat der SPÖ für die letztjährigen Gemeinderatswahlen. Dort ging hinter dem Haupt von Michael Häupl besagte Sonne auf. Ob Blümel der neue Louis XIV. für Wien ist – und das als Löwenzahn – ist glücklicherweise mehr als fraglich. Trotzdem will er seine Partei in 5 Jahren auf 20 % der Wiener WählerInnen führen. https://m.youtube.com/watch?v=4vGm4B_bTW4 Schon nach „Redaktionsschluss“ erreichte mich noch die schon länger erwartete Ablöse von Johanna Mikl-Leitner als Innenministerin. Ob ihr Nachfolger Mr. X oder Wolfgang Sobotka heißt tut eigentlich nichts zur Sache, seine Performance ist keine Frage des Namens sondern bloß eine seiner Möglichkeiten. Und die sind in den von den politisch Verantwortlichen ausgerufenen Zeiten der Alternativlosigkeit mehr als begrenzt – obwohl aus meiner Sicht die Luft nach oben durchaus gegeben ist. Darüber in der nächsten Woche mehr.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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