In der vorvorigen Nacht und am gestrigen Feiertag gab es einige Gewitter in Wien-West. Zu Blitz und Donner hatte ich viele Jahre meines Lebens ein sehr ambivalentes Verhältnis. Da war Bewunderung vielmehr aber war da Angst. In Erinnerung habe ich vor allem jene gewittrigen Regenschauer, die ich in den Bergen der Obersteiermark Sommer für Sommer erlebt habe und die oft in Unwetter ausarteten. Ganz besonders ängstlich war ich, als wir bei einer Wanderung knapp vor dem Schutzhaus von Blitz und Donner und einem heftigen Platzregen überrascht wurden. Wir hatten vom Wald aus ein Hochplateau zu überqueren und mein Vater überlegte, was die bessere Lösung wäre: unter den Bäumen zu bleiben oder zur Hütte zu rennen. In meinem Kopf gingen damals alle möglichen Anweisungen meines Vaters in bezug auf Gewitter herum, von "Alle metallischen Gegenstände ablegen, auf Elms-Feuer achten, nicht unter den Bäumen stehen, sich flach auf den Boden legen mit möglichst breiter Körperoberfläche, niemals über ein ungeschütztes Hochplateau laufen, etc."
Ich weiß nicht, warum sich mein Vater damals dennoch für den Lauf über das Hochplateau entschieden hat, zumindest habe ich das so in Erinnerung. Ich weiß nur, dass wir zwar klitschnass aber wohlbehalten in der Schutzhütte ankamen. Es krachte noch das eine oder andere Mal heftig, der Blitz schlug einige Male in direkter Nähe ein, aber dann war der Spuk schnell vorbei. In der Hütte - beim Abendessen - erzählten andere Gäste von ihren Gewitter-Erlebnissen, unter anderem von einem Kugelblitz, der ein ganzes Holzhaus in zwei Teile geschnitten hatte. "Jäger-Latein" oder bloße Übertreibung - als Kind machte es mächtig Eindruck und verstärkte meine Angst. Meine Eltern konnten oder wollten das nicht relativieren. Mit der Gewitter-Angst hatt es erst viele, viele Jahre später ein Ende. Ich musste zuerst meine Angst vor Aggressionen, Streit und Konflikt überwinden, bevor ich Gewitter lieben lernte. Mittlerweile bin ich nicht nur ein Fan dieses Naturereignisses sondern ich genieße es auch, wenn Dinge durch einen Konflikt offen angesprochen und klar gestellt werden. Das hat wirklich eine reinigende, manchmal sogar kathartische Wirkung. Und so hörte ich in der vorvorigen Nacht begeistert dem Donnergrollen und dem Regenrauschen zu und am gestrigen Feiertag setzte ich mich mit meinem Sohn auf die Loggia um den Blitzen zuzusehen und dem Donner zu lauschen und den heftigen Platzregen zu bestaunen. Auch er war total begeistert. Kein Wunder, hat er doch zu Konflikten ein unverkrampftes Verhältnis, er provoziert sie als knapp Vierjähriger von Zeit zu Zeit sogar bewusst. Und ich darf diesbezülich immer noch lernen!
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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