Premiere für mein neues Format im Rahmen meiner Tagebucheintragungen: ich werde wöchentlich in einem "Septiarium" - in Anlehnung an den lateinischen und im Deutschen bereits veralteten Begriff "Diarium" - sehr persönlich über ausgewählte, vor allem politische und persönliche Ereignisse und Erfahrungen der letzten sieben Tage berichten.
Wie anders als mit dem Refrain aus dem Kometenlied aus dem Lumpazivagabundus des genialen Johann Nestroy lässt sich die derzeitige Weltlage in Kürze zusammenfassen. Aber ist es wirklich schon so schlimm? Gerade als ich mich an die Arbeit machte, diese Zeilen zu schreiben, kam über orf.at die Eilmeldung herein, dass Kampfflugzeuge sechs Orte in der Provinz Aleppo angegriffen hätten.Dies wurde sowohl von Regimegegnern als auch von der oppositionsnahen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigt. In den Stunden danach meldete sich auch das russische Koordinationszentrum zu Wort, um bekannt zu geben, dass die Waffenruhe in den vergangenen 24 Stunden insgesamt neunmal gebrochen worden wäre. Ansonsten aber, würde sie doch eingehalten. Seit Samstag also gilt das Ruhen der Kämpfe in Syrien, davor haben sich alle Beteiligten nochmals redlich bemüht, Vorteile für sich heraus zu holen. Das ist einer der unerträglichen Zynismen des Krieges. Wie die Wiener Zeitung in ihrer Wochenendausgabe titelte haben die dortigen Kampfhandlungen, die vor 1808 Tagen begonnen haben, 1,9 Millionen Verwundete und 470.000 Tote gefordert, insgesamt sind dadurch 10,8 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen worden. "...und nun?" lautet die mehr als berechtigte Schlagzeile. Österreich bekleckert sich in Sachen Kriegsvertriebene derzeit nicht gerade mit Ruhm. Die innenministerin und der Verteidigungs- sowie der Außenminister bilden diesbezüglich ein "kongeniales" Trio, das vom Bundeskanzler nach Kräften unterstützt wird. Da dürfen sich die anderen Regierungsmitglieder entspannt zurücklehnen und diesen Herrschaften die Drecksarbeit überlassen. Und mit Dreck wird diesbezüglich wahrlich nicht gespart. Unter dem Motto "Managing Migration Together" wurden diese Woche bei einer Konferenz mit den Balkanländern wir alle, vor allem aber die Griechen nach Strich und Faden verarscht, im Besonderen die direkt Betroffenen, die um Leib und Leben rennen. Seit dem duelliert sich Bundeskanzler Faymann mit dem griechischen Regierungschef, dem er Reisebüro-Mentalität unterstellt. Die Innenminitserin wurde von der griechischen Regierung dieser Tage quasi mit Einreiseverbot belegt und orf.at titelte heute völlig entgegen einer realistischen Einschätzung: "Festsitzende Flüchtlinge: Athen immer mehr unter Druck". Unter Druck sind meiner Ansicht nach in erster Linie die Vertriebenen und Fliehenden, die haben offenbar ihre Existenzberechtigung verloren. Unter Druck gesetzt sollten sich auch alle Regierungen der EU fühlen, wenn sie an die menschliche Katastrophe denken, die sie mit ihrem Kasteldenken verursachen. Wer von Flüchtlingskrise spricht, der lügt, es ist vielmehr eine Krise der EU und ihrer nationalstaatlich denkenden Länderregierungen. Das großmundig angekündigte "Migrations-Management" muss anders aussehen. Zumal eine Gemeinschaft von 500 Millionen Menschen bei gutem Willen locker eine Lösung für die Integration von mehreren Millionen Schutzsuchenden finden kann. Stattdessen aktivieren die Länder ihre Verteidigungslinien, um den Schutz der eigenen Bevölkerung zu garantieren. Österreich hat dazu laut Kurier jene Spezialtruppe an die Südgrenze nach Spielfeld entsandt, die sich auch im Kosovo bei der Niederschlagung von Volksaufständen bewährt hat. Zudem wurden Panzer vor Ort gebracht. Auf diese Weise schürt man Bürgerkriege, die Opfer nochmals zu Opfern machen. Zudem hat man jene Situation mitverursacht, die zu Krieg und Flucht geführt hat oder man hofiert Diktatoren und Machthabern, die ihr Volk unterdrücken; alles natürlich zum Wohl des eigenen Volkes: Die Wirtschaft muss brummen und mit ihr die wirtschaftlichen Beziehungen, egal mit wem. Hauptsache der Rubel rollt. In diesen Wirren feierte ich am vergangenen Dienstag meinen 50. Geburtstag und veröffentlichte mein Plädoyer für das Leben mit dem Titel "Freiheit! Auf gutem Grund!". Es ist eine Aufforderung an alle, sich auf die eigenen Haxen zu stellen und an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge zu tun, um so das Angesicht der Welt zu ändern. Sich die eigene Freiheit bewahren oder aber erkämpfen ist eine unbedingte Not-wendigkeit in Zeiten wie diesen. Wenn sie auf gutem Grund steht, dann braucht es all die von den Regierenden derzeit beschlossenen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung nicht. Und mit einer solchen Freiheit befindet man sich auch auf gutem, also sicherem Grund. That's it! Also lesen und tun! Erschreckt hat mich ein Bericht im Schweizer Fernsehen über ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte: bis 1981 wurden tausende Menschen in Straf- und Erziehungsanstalten eingewiesen ohne je eine Straftat begangen zu haben. Durch sogenannte Versorgungsgesetze wurden seit 1860 die Grundrechte vor allem der Unterschricht außer Kraft gesetzt. Die Aufarbeitung dieses Skandales hat eben begonnen. Um noch in der Schweiz zu bleiben: die von der SVP ins Leben gerufene Volksinitiative zur Verschärfung von Bestimmung zur Ausweisung von straffällig gewordenen Ausländern hat am heutigen Sonntag keine Mehrheit bekommen. Immerhin. Dennoch gilt auch sie als eine der vielen Nadelstiche einer wachsenden Zahl an EU-BürgerInnen, die sich gegen die geltenden Menschenrechte stellen. "All animals are equal bute some are more equal than the others.", sagte schon George Orwell in seiner "Animal Farm". Wie recht er doch hatte. Und wer dazu gehört bestimmen natürlich die, die an der Macht sind. Am Rande sei noch erwähnt, dass die USA auf ein Präsidentschaftswahlduell zwischen Hillary Clinton und Donald Trump zusteuern. Für mich eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Beachtlich zwar die Leistung von Bernie Sanders, aber er wird sich mit seinen menschlichen Ideen für ein neues Amerika weder bei den Demokraten durchsetzen, noch würde er das in einem Präsidentschaftswahlkampf gegen seinen Kontrahenten. Irgendwie ist es ihm persönlich zu wünschen, dass ihm das erspart bleibt. Zumal auch der jetzige Präsident schnell im Strudel der Macht verloren war - für sich und die Welt. Auch ein anderer Präsident hat sich darin verloren: Josef Blatter ist seit Freitag als Boss des Weltfußballverbandes FIFA Geschichte. Ob sein Nachfolger Gianni Infantino, ebenfalls Schweizer, das Amt anders anlegt ist ob der Strukturen dieser Männergesellschaft schwer in Zweifel zu ziehen. Wo sind die Zeiten hin, als Fußball noch Spaß machte und Geld noch keine Rolle spielte. Auch in diesem Bereich sind die Trends der Zeit ablesbar. Wir steuern fröhlich in den Untergang! Der Komet kommt! Und wie lässt Nestroy das seinen Knierim sagen: "Wenn auch ’s meiste verkehrt wird, bald drent und bald drüb’n, Ihre Güte ist stets unverändert geblieb´n; Drum sag’ i, aus sein’ Gleis’ wird erst dann alles flieg’n, Wenn Sie Ihre Nachsicht und Huld uns entzieh’n. Da wurd’ ein’ erst recht angst und bang, denn dann stund’ d’Welt g’wiß nicht mehr lang." Wie recht er doch hat. Wenn Vorsicht, Härte und Hartherzigkeit die Oberhand gewinnen - worin sie mit unser aller Hilfe schon sehr weit gekommen sind - dann steht die Welt gewiss nicht mehr lang. Die Menschheit hätte dann wirklich endgültig ihre Existenzberechtigung verloren ...
1 Comment
29/2/2016 14:14:24
Gratulation!
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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