Ja, ich weiß, der Vorname von Herrn Willemse wird so gesprochen wie geschrieben. Dennoch erlaube ich mir in seinem Andenken dieses Wortspiel. Er selbst war ja ein wahrer Wortkünstler, dessen Texte man gebannt lesen oder hören musste. Nachrufe auf ihn gab es in den letzten Tagen schon genug, wie etwa den im Spiegel oder jenen in der Wiener Zeitung. Er wird mir, uns, dieser Welt fehlen - keine Frage!
Ich möchte nun noch eine Beobachtung anfügen, die mich immer betroffen machte, wenn ich Roger Willemsen am Werken sah, zuletzt gestern abend in der Aufzeichung seiner Lesung von "Hohes Haus" im österreischischen Parlament aus dem Jahr 2014. So sehr ich seinen Eifer bewunderte, so sehr ich seinem Brennen für das, was er machte, Respekt zollte, so sehr ich sein Hofnarren-Dasein schätzte, so nahm ich doch auch immer die Kehrseite seines Tuns wahr, das ihn wie ein Kerze von beiden Seiten brennen ließ und ihn manchmal, in ganz wenigen Augenblicken den Ausdruck des traurigen Clowns ins Gesicht zauberte, nur um in der nächsten Sekunde wieder sein schelmisches Lächeln aufzusetzen. Für mich ist das Aufzeigen von Missständen in der Form der Ironie und Satire, das kenne ich aus meiner eigenen Geschichte, immer auch eine persönliche Gratwanderung, die einen auch ganz schön einsam und krank machen kann, zerfressen sozusagen von dem, was man den anderen vor Augen führen will - ob soviel Mitgefühl und Empathie, die leicht ins Mitleid und die Trauer kippen kann. Und dann vergisst man oft auf sich selbst und die eigenen Gefühle, die eigene Wut, die eigene Traurigkeit. Nun kenne ich Roger Willemsen zu wenig, um zu wissen, wie es ihm damit gegangen ist, aber diese oben beschriebene Assoziation hatte ich oft, wenn ich ihn sah. Natürlich hat diese meine Projektion mehr mit mir selbst zu tun als mit ihm; sie gibt mir jedenfalls zu denken über die Art wie ich den anderen meinen Spiegel vorhalten will und mich dabei idealerweise selbst erkennen und weiter entwickeln kann. "Better to burn out than to fade away ", wird Kurt Cobain zitiert - vielleicht mag das in einer anderen Dimension auch für Roger Willemsen gegolten haben. Schade ist es allemal, dass er schon mit Sechzig gehen musste, denn ohne ihn spürt sich die Welt im Moment nicht mehr so richtig richtig an.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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