Diese Metapher fand ich vor vielen, vielen Jahren als ich mich eine Zeit lang als Singer/Songwriter versuchte. Sie fiel mir im Nachklang des am vergangenen Mittwoch auf ARD ausgestrahlten Film "Operation Zucker. Jagdgesellschaft" wieder ein, ausgelöst durch dessen Bilder.
Der war eine jener Produktionen, von denen ich die Finger lassen sollte, da sie mich aufs äußerste hernehmen. Ich wagte mich in Begleitung von Reetta gestern abend via Mediathek doch auf das Terrain - und es war gut, dass wir die Ausstrahlung von Zeit zu Zeit unterbrechen und uns dazu so unsere Gedanken machen konnten. Im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die sexualisierte Gewalt (den sexuellen Missbrauch), die dem Plot nach in der gezeigten Form vor allem in der sogenannten gehobenen Gesellschaft verortet ist, fielen auch so Worte wie "Wir sind mitten im Krieg!" Die Rollen waren gut besetzt, doch wirkte der Film eben allein schon durch sein Thema und die - wenn man den TeilnehmerInnen der anschließenden Diskussion bei Maischberger glaubt - reale aber durchaus noch geschönte Schilderung. Nun ist der sexuelle Missbrauch immerhin ein Straftatbestand und dennoch, vor allem, wenn er Minderjährige betrifft, immer noch ein schwierig zu beweisender Sachverhalt. Besonders dann, wenn die jungen Menschen zu Personen mit einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung gemacht werden, die dann nicht in der Lage sind, ihre Peiniger zu belasten. Das sich hier vor allem Gerichte aufgrund der mangelhaften Beweislage die Hände binden lassen, ist für mich schier unglaublich. Jetzt denke ich an die vielen Kinder und Jugendlichen, die glücklicherweise nicht sexueller Gewalt zum Opfer fallen, aber leider Gottes von ihren Bezugspersonen emotional missbraucht werden. Das ist kein Straftatbestand und er ist - weil es keinerlei körperliche Spuren gibt - noch schwerer zu beweisen. Wenn man HeinzPeter Röhr folgt, der in seinem Buch "Ich traue meiner Wahrnehmung" über beide Formen dieser Gewaltanwendung an Minderjährigen schreibt, sind die Auswirkungen psychisch gesehen aber dieselben. Es bleiben blaue Flecken auf der Seele. Auch in diesem Fall schauen viel zu viele regelmäßig weg, weil sie meinen, das ist doch lieb gemeint und nicht so schlimm. Wenn dann ein Junge mit acht sich Sorgen um seine Mutter macht und ihr den verloren gegangegen Mann ersetzt. Wenn die Tochter die Prinzessin des Vaters ist und ihm jeden Wunsch von den Lippen abliest. Wenn ... ja wenn ... es gibt tausende Beispiele, an denen sich diese Form der Gewaltanwendung an jungen Menschen durch ihre Bezugspersonen zeigen lässt. Und dennoch schauen auch hier die Gerichte, nämlich jene für Familienrecht, regelmäßig weg, weil sie es als ihren Auftrag sehen, Kindern zu ihrem Recht auf beide Eltern zu verhelfen. Was aber tun, wenn ein Elternteil oder sogar beide dem Kind gar nicht gut tun? Zu weit gedacht? Mir rinnt es kalt den Buckel runter, wenn ich daran denke, dass wir trotz Kindeswohl und Kinderrechten im 21. Jahrhundert in mittelalterlich dunklen Zeiten leben - und die Jüngsten in unserer Gesellschaft immer noch als Objekte behandelt werden. Das Kind. Das sagt alles. "Nur wer dich wirklich kennt, dem deine Augen zeigen, dass die ärgsten Schreie jene sind, die endlos schweigen. Nur wer dich wirklich liebt, der wird verstehen, was du in Kindertagen alles gesehen." So lautet der Refrain meines vor 20 Jahren komponierten und getexteten Songs. Und er ist alle jenen gewidmet, die ihre Kindheit trotz allem überlebt haben. Und die das Glück hatten, dass sie liebenden Menschen begegnet sind, an deren Seite und mit deren Hilfe sie heil werden konnten. Auch wenn die Narben noch das eine oder andere Mal schmerzen.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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