Vor vielen Jahren hatte ich einen Traum. Ich lebte durchaus großzügig in einer Kleinstadt südlich von Wien und der Platz in meinem Teil der Wohnung wollte mit einem roten Ledersofa aus einem bekannten schwedischen Möbelhaus gefüllt werden. Ich spitzte auf die 2er-Variante des nach einem Ort in Schonen benannten Sitzmöbel, wollte mir das hochpreisige Ding aber dann doch nicht leisten. Mit meiner notwendigen Rückkehr nach Wien kurze Zeit später und den daraus resultierenden finanziellen Herausforderungen verflog dieser Traum allmählich. Auch die kommenden beiden Umzüge boten räumlich keine Möglichkeit, dieses Sofa zu erwerben.
Doch mit unserer familiären Entscheidung - fast acht Jahre später am Ende des Vorjahres – die Stadt zu verlassen und auf’s Land zu ziehen, um uns im südlichen Waldviertel in einen ehemaligen Winzerhof zur Miete einzuquartieren (der Impuls dazu kam von unserem Jüngsten, der sich Haus und Garten wünschte und fiel aufgrund beengter Platzverhältnisse in Wohnung und Großstadt auf fruchtbaren Boden) veränderten sich die Platzverhältnisse diesbezüglich zum Positiven und der alte Traum lebte wieder auf. Wenig mehr als ein halbes Jahr später waren die größten Herausforderungen dieser Lebensveränderung und so manche neu hinzugekommene bewältigt und ich hatte wieder den Kopf, um mich auf einem großen Internet-Flohmarkt nach besagtem Sofa umzuschauen, zunächst allerdings erfolglos. Bei meiner weiteren Recherche über eine bekannte Suchmaschine entdeckte ich das eine oder andere Stück durchaus günstig, allerdings unerreichbar, da irgendwo in Deutschland. Ich passte also einmal mehr. Nur zwei Tage nach meiner ersten Recherche hatte ich das Gefühl, es nochmals versuchen zu sollen, Und siehe da, das Objekt meiner Begierde – die angebotene 3er-Variante ist den aktuellen Lebensverhältnissen durchaus angepasst - war in Wien zu ergattern, noch dazu zu einem Preis, der mir angemessen erschien. Ich schrieb den Verkäufer also an und bekam eine prompte Reaktion. Nun galt es noch den Transport zu organisieren, was sich als die größte Herausforderung an der ganzen Sache herausstellte. Selbst ohne Auto und sogar immer noch ohne Führerschein lebend, bin ich in diesen Situationen auf Freunde und Bekannte angewiesen. Wie sich herausstellte war das Sofa ganz in der Nähe meines letzten Wiener Wohnortes abzuholen, die im ehemaligen Wohnhaus lebenden Menschen, die uns bei unserem Umzug auf’s Land unterstützt hatten, allerdings kurzfristig nicht verfügbar. Dazu kam in diesen Tagen ein zu einer heftigen Entzündung des Unterschenkels führender Mückenstich, der es verhinderte, dass ich den für einen Abend vereinbarten Besichtigungstermin wahrnehmen konnte. Ich musste vielmehr mein Bein hochlagern und medizinisch versorgen. In der Zwischenzeit begann ich für den Transport des Sofas die eine oder andere Variante zu erwägen, ein Transport ganz ohne persönliche Beteiligung durch eine Transportfirma musste aber aus preislichen Gründen verworfen werden. Es gelang, den Termin für die Besichtigung des Sofas auf den Samstagnachmittag zu verschieben, zu dem ich wieder fit sein sollte. Ebenso gelang es im letzten Moment einen günstigen Leihtransporter aufzutreiben und einen alten Freund als Fahrer zu gewinnen. Ohne das Sofa zu kennen, wusste ich, dass es das richtige war und riskierte also die sofortige Überstellung. Als ich in die Wohnung des Verkäufers eingelassen wurde, fühlte ich mich gleich wie zuhause. Mein Freund und ich wurden von ihm und seiner Frau herzlich willkommen geheißen und direkt zum Sofa geführt. Da stand es also und sah genauso aus wie ich es mir in meinen Träumen immer vorgestellt hatte. Zur Verblüffung unserer Gastgeber beschäftigten sich mein Begleiter und ich sofort mit den technischen Details und wie denn das gute Stück am besten zum Auto zu schaffen sei. Als er den Wagen holen ging, um ihm direkt vor dem Gartentor in der Bushaltestelle zu parken, nahm ich das Angebot kurz Probe zu sitzen doch an. Das Sitzgefühl entsprach meiner Fantasie, das Leder fühlte sich wunderbar an und strahlte in einem herrlichen Dunkelrot, die Patina des jahrelangen Besitzens gab der Couch einen wundervollen Touch. Während mein Freund also das Auto holte, kamen wir drei ins Gespräch – und es stellte sich zweierlei heraus: zum einen stammte der Verkäufer aus der Landeshauptstadt des Bundeslandes, das meine neue Heimat geworden war und er kannte auch meinen aktuellen Wohnort; zum anderen gab es zum Sofaverkauf einen noch nicht ganz abgeklungenen Konflikt mit seiner Gefährtin, die sich damals – so wie ich – sofort in das Sofa, das von seinem Hersteller zu Deutsch Klippe oder Fels (in der Brandung) benannt wurde, verliebt hatte und es eigentlich nicht hergeben wollte. Dennoch entschied sie sich – bis zuletzt offenbar leicht zweifelnd - für die pragmatische Lösung, es abzugeben und durch ein neues, passenderes zu ersetzen. Durch unser Kennenlernen aber wurde auch dieser Zweifel beseitigt und sie war zufrieden, dass „ihr“ Sitzmöbel nun einen würdigen Nachfolger gefunden hatte. Für mich ist es immer wieder faszinierend, welche Begegnungen durch den Kauf bzw. Verkauf über diesen Internetflohmarkt möglich sind. So habe ich meinen aktuellen Laptop, auf dem ich auch diesen Text schreibe, vor knapp einem Jahr in Kirchberg am Wagram erworben und ein Hochbett für einen unserer Söhne holte ich von einem späteren Arbeitskollegen, dessen Frau mich bei einer Weihnachtsfeier wiedererkannte. Auch jener Mann, der dieser Tage den beschädigten finnischen Schaukelstuhl meiner Frau zur Reparatur abholte, ist der Vater eines Mannes, mit dem ich vor knapp zwei Jahren in Kontakt kam, da er eine Marathonlesung anlässlich des Literaturnobelpreises für Bob Dylan veranstaltete, an der ich mich beteiligte. Wie sagte schon meine Oma: Klein ist die Welt.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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