Heute einen Falter aus dem Geräteschuppen des Nachbarn befreit und meinen ersten Regenwurm am neuen Wohnort gerettet.
Für die Schmetterlingsbefreiung musste ich diesmal nicht das Türschloss knacken, sondern eine der bloß mit Silikon an der Fensterverstrebung angeklebten Fensterscheiben sanft mit dem Schraubenzieher lösen, den Kohlweißling ziehen lassen und das Glas wieder mit starkem Druck an der Klebemasse festmachen. Es war schön, das Gefühl der Freiheit zu erleben, als das kleine Ding gen Himmel flog. Die Regenwurmrettung hingegen ist mir schon lange ein Anliegen, inspiriert wurde ich dazu sicher durch meine Beschäftigung mit dem Buddhismus, der es für möglich hält, dass Menschen in einem weiteren Leben als andere Wesen inkarnieren. Zusätzlich faszinierte mich Franz von Assisi und seine Bereitschaft auf Schuhe zu verzichten, um nur ja keinem Lebewesen unter seinen Füßen ein Leid zu tun. Letzteres habe ich nicht übernommen, wie wohl ich sehr achtsam unterwegs bin und auch beim Radfahren schon die eine oder andere Ausweichaktion durchgeführt habe, die die hinter mir fahrenden RadlerInnen durchaus überrascht haben könnte. Die Regenwürmer aber sind mir ein großes Anliegen geblieben, zuerst waren sie eher ungeliebt, da klibberig und unansehnlich. Irgendwann aber sind sie mir ans Herz gewachsen, auch mit ihrer Fähigkeit, nach einer Teilung weiter zu leben. Nun lebte ich viele Jahre in einer Kleinstadt südlich von Wien und hatte die Gelegenheit nach jedem Regen eine Fülle dieser kleinen Dinger auf dem Parkplatz der örtlichen Volksbank aufzufinden. Es mag für den einen oder die andere Beobachter/in sicher belustigend gewesen sein, mir bei dieser Aktion zuzusehen, ich versah meinen Rettungsdienst aber dennoch mit Akribie und Geduld. Auch in den letzten Jahren im Westen Wiens begegnete ich den zum Stamm der Ringelwürmer gehörenden Lebewesen durchaus häufig - und es ergaben sich auf diese Weise weitere Rettungseinsätze. Seit meinem Umzug auf's Land allerdings hatte ich zu meiner Überraschung kaum noch Begegnungen mit diesen Wenigborstern. Auch in unserem Garten kamen sie selten bis nie zum Vorschein, der Boden ist hier sehr verdichtet und lehmig. An seiner Verbesserung arbeiten wir gerade. Aber heute eben kam es zu einer ersten Möglichkeit, mich wieder als Regenwurmretter zu betätigen. Ich fuhr mit dem Fahrrad zum Bahnhof und an der Engstelle des kleinen Weges, der gepflastert zwischen zwei Gärten hindurchführt, lag ein verstümmeltes Subjekt. Zuerst kurvte ich mit meinem Fahrrad im letzten Moment vorbei, bremste kurz darauf, stellte das Rad ab und machte einige Schritte zurück. Der Wurm bewegte sich noch, obwohl ihm sicherlich die Hälfte fehlte. Es war gar nicht so leicht ihn in die Finger zu kriegen, nach mehreren Versuchen, denen er sich kräftog zu entwinden suchte, klappte es aber doch und ich legte ihn unter einem Zaun im Erdreich ab. Beglückt fuhr ich meines weiteren Weges und fühlte mich nun auch in meiner neuen Heimat noch ein Stück besser angekommen.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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