In dieser Nacht wurde ich von einem Traum aus dem Schlaf gerissen und war plötzlich putzmunter. Der Wecker zeigte 03:33 Uhr und noch ehe ich mich an den Inhalt des Geträumten erinnern konnte, war es in den Tiefen meines Gehirns verschwunden. Um mich wieder zurück in Morpheus Arme zu begeben, lauschte ich in die Nacht hinein. Da hörte ich das mittlerweile vertraute Trillern des Hausrotschwanzes und war ob seiner Frühe überrascht. Also stand ich auf und machte einen Blick in den Garten. Am östlichen Himmel dämmerte schon der Morgen, hinter zahlreichen Wolken war der Horizont rötlich eingefärbt. Während der Rotschwanz seinen Gesang fortsetzte, begann einer der Hähne aus unserer Nachbarschaft bereits den neuen Tag einzukrähen. Das überraschte mich weniger, waren doch deren Schreie auch bislang an keine Zeit gebunden und ich hatte sie immer wieder mal auch nachts im Halbschlaf oder abends während meiner Zeit auf der Terrasse gehört.
In diesem Moment wurde mir neuerlich bewusst, dass ich seit mehr als einem halben Jahr mein Stadt- gegen das Landleben getauscht hatte. In dieser waren es nicht nur die Tiere, die meine Aufmerksamkeit fesselten, sondern einfach die Natur, die bei meinem Einzug im Winterschlaf gelegen hatte und schon vor Frühlingsbeginn heftige und deutliche Lebenszeichen von sich gab. Faszinierend der üppige Bewuchs der Wiesen, die winters braun und tot dagelegen hatten und die dann in allen Farben zu blühen begannen. Löwenzahn, Mohnblumen und Co. sowie die Vielfalt der Gräser dufteten herrlich vor sich hin und machten mir bei jeder Heimkehr aus der Hauptstadt mein Glück am Land klar. Gerne starrte ich nach einem langen Tag in den Häuserschluchten und unter den Menschenmassen der Großstadt einfach nur auf den Sternenhimmel, geborgen im Innengarten des ehemaligen Winzerhofes, der die Wohnstatt für meine Familie und mich geworden war. In den letzten Nächten sah ich dort in der Abenddämmerung auch ein Fledermauspaar, das minutenlang seine Runden zog, um die Stechmücken und andere Insekten zu schmausen. Seit die beiden da sind, habe ich den Eindruck, dass die Gelsen verschwunden sind, die mein Leben in der Dämmerung mit ihren Stichen wenig gemütlich gemacht hatten. Im ausklingenden Frühjahr hatten wir auch Nachwuchs zu bestaunen, den ein Hausrotschwanzpärchen in einem alten Nest unter den Dachbalken der Hauseinfahrt in die Welt gesetzt hatten. Waren es zuerst vier Jungvögel, die ihre Schnäbel aufrissen, um Nahrung zu bekommen und dabei jedesmal einen Heidenlärm veranstalteten, waren es letztlich noch zwei, die wir bei den ersten Flugübungen beobachten konnten. Möglicherweise sind die anderen den Elstern zum Opfer gefallen, die in dieser Zeit verstärkt ihre Runden über dem Anwesen und in unserem Innenhof drehten. Vor kurzem – wir vermuten ein zweites Gelege in der Scheune – gab es einen heroischen Kampf zwischen den Elstern und einem Rotschwanz, der von einer Türkentaube bei der Abwehr unterstützt wurde. Das war ein Lärmen und Kreischen, dass ich nach draußen lief, um den offenbar siegreichen Kampf zu erleben. Ebenso wimmelt es von Schmetterlingen, allen voran den Kohlweißlingen, die ja auch als Schädlinge gelten, weil ihre Raupen sehr gefräßig sind. Dazu kamen aber auch Großer Fuchs, Admiral und Tagpfauenauge. Auch die Mauersegler warfen anfangs ein Auge auf die vielen Brutmöglichkeiten im Dachgebälk, entschieden sich aber meiner Erachtens wegen unserer drei Jungs und ihren von Zeit zu Zeit auch lauten Gartenaktivitäten anderswo Wohnung zu nehmen. Selbstverständlich gibt es auch jede Menge Spatzen, die die Weinlaube mit ihrem Spatzengeschrei beleben. Eines Tages gab es Aufregung um eine Amsel, die der Nachbar im Geräteschuppen eingesperrt hatte und die fortan immer mit einem lauten Warnruf gegen die Fenster flog, glücklicherweise ohne sich zu verletzen. Da dieser Stadel auch eine Tür zu unserem Grundstück hat und der Nachbar nicht erreichbar war, starteten meine Frau und ich frühmorgens eine Rettungsaktion. Mit Hilfe eines Schraubenziehers knackte ich die Türe, um dann festzustellen, dass ich einiges beiseite schaffen musste, um diese so weit zu öffnen, das der Amselmann seinen Weg finden konnte. Nach einigen Versuchen gelang die Befreiung des Vogels und er flog laut keckernd davon. Ich denke, dass er der ist, der allabendlich nach dem Gartengießen und bei Einbruch der Dämmerung mit seiner Partnerin unsere Wiese nach Würmern absucht. Nicht zu retten waren der eine oder andere Igel, den ich auf meinen Radfahrten vom Bahnhof nach Hause zerquetscht auf der Fahrbahn gefunden hatte. Dafür konnte ich dem einen oder anderen Reh ausweichen, das sich entschieden hatte, auf Höhe des Sportplatzes die Fahrbahn zu überqueren. Beim ersten Mal erschreckten wir uns beide, weil ich an diesem Ort nicht mit einem Wildwechsel gerechnet hatte, bei den anderen Malen war ich schon gut auf diese Begegnung vorbereitet. Auch einen Hasen traf ich am Parkplatz des Einkaufszentrums, allerdings schon zu einer Zeit, da die Geschäfte längst geschlossen hatten. Zu hören sind natürlich auch die Kröten und Frösche, die in den Lacken und Teichen der Umgebung regelmäßig ihr Abendkonzert geben. Was ich demnächst noch bewundern möchte, sind die Glühwürmchen, die mich sehr faszinieren. Dazu werde ich mich in der Dämmerung an den Rand des benachbarten Auwaldes begeben und hoffen, dass ich für dieses Jahr nicht schon zu spät dran bin. Ach übrigens: Um 04:44 Uhr lag ich in dieser Nacht wieder im Bett, um weiter zu träumen.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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