# 035: Wohltätigkeit ist das Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade. (Johann Heinrich Pestalozzi)16/7/2014 Diese Zitat habe ich Georg Schramm zu verdanken. Der großartige deutsche Kabarettist hat auf einer Tagung der GLS-Bank eine Rede zum Thema "Der Krieg Reich gegen Arm" gehalten und eben jene Worte des Pädagogen Pestalozzi wiedergegeben.
"Ein interessanter Gedanke" war der Kommentar einer Userin auf dieses Zitat auf meiner Facebook-Seite. Interessant ist ja nun ein Wort, das zumindest zweischneidig ist. Interessant ist immer auch das, was ich gerade nicht teile, was mich zuweilen betroffen macht, worauf ich noch keine Antwort habe. In diesem Sinn ist interessant ja immer auch das Offenlassen einer Option. Damit ist die Tür noch nicht endgültig zugeschlagen und der Interessent in der Lage, sich seine Meinung zu bilden. Meine Meinung zu Pestalozzis Zitat habe ich. Ich stimme ihm zu. Das ist natürlich eine schwere Watschen für die, die sich im Licht ihrer Wohltätigkeit sonnen - und dazu gehören nicht nur die Reichen und Wohlhabenden sondern auch du und ich. Geben wir doch da einen Euro und dort eine Semmel und hier unser nicht mehr gebrauchtes Gewand für die Bedürftigen. Was Pestalozzi durch seine Aussage so schön auf den Punkt bringt ist die Tatsache, dass Menschen offenbar einander das Recht zu leben absprechen. Es gibt Begnadete und solche, die um Gande betteln müssen. Und das ist nicht bloß ein Mistloch, es ist einfach Sch...e. Immer wieder bin ich in zahlreichen Diskussionen mit den Menschen, die ich unterrichte, an diesem Punkt angelangt, wo wir alle erkannten, dass es kein Verdienst ist, zu existieren, sondern, dass du dir diese Existenz Tag für Tag verdienen musst. Wer keine Arbeit hat, muss sich um Sozialleistungen bemühen, im Falle der Mindestsicherung habe ich diesen erfolglosen und demütigenden Spießrutenlauf an einem Beispiel im engsten Familienkreis erlebt. Schändlich, für eines der angeblich reichsten Länder Europas. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich auch ständig die Frage nach der sogenannten Verteilungsgerechtigkeit, die schlicht und ergreifend einfach eine Verteilungsungerechtigkeit ist. Das vom Finanzminister kürzlich in Frage gestellte Ergebnis einer ÖNB-Umfrage zu den Vermögensdaten der ÖsterreicherInnen beleuchtet dies eindrücklich, Demnach besitzen die reichsten 5 % der Bevölkerung rund 48 % des Vermögens in der Höhe von 2 Billionen Euro. Schon 199 hat Erich Fromm über die "Psychologischen Aspekte zur Frage eines garantierten Einkommens für alle" nachgedacht und kam kurzgefasst zu der Erkenntnis, dass jeder Mensch, soferne er psychisch und physisch gesund ist, nach Beschäftigung strebt, also arbeitet. Dafür gebühre ihm ein Grundeinkommen, das seine Existenz sichert und ihn zum Wohle der Gesellschaft arbeiten lässt. Jene, die nicht so gesund sind, um das zu leisten, könne und müsse eine Gesellschaft in jedem Fall erhalten. Auch auf die Ängste ging er ein, vor allem die jener Menschen, die davon profitieren würden und die mit ihrem Zögern den Mächtigen in die Hände spielen. Im Sinne von Pestalozzi wäre aber ein solches bedingungsloses, allein auf der Existenz eines Menschen fußende, monatliche Grundgehalt genau das, was uns alle aus der Wohltätigkeitsfalle brächte und dem Staat genau jene Verantwortung übertrüge, der er überhaupt erst seine Existenz verdankt. Alles andere ist, dogmatisch gesehen, reine Augenauswischerei.
6 Kommentare
Richard Brandt
15/8/2014 12:13:08
Hallo!
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Hanspeter Fischer
10/11/2014 05:37:51
Grossartiges Kabarett Reich gegen arm.Wir haben in der Schweiz
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Rüdiger Urbanek
19/1/2015 02:59:40
Sehr geehrter Herr Kajalainen-Dräger,
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Gebhard Gödl
18/10/2015 21:28:44
Das Wort, Arbeit, ist leider ein schon länger nicht mehr Zeitgerechtes, da es etymologisch etwas anderes bedeutet.
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charly wood
23/12/2015 11:24:49
Sehr geehrter Herr Kajalainen-Dräger,
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28/2/2016 16:11:44
Sehr geehrter Herr Kajalainen-Dräger,
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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