Zum Ausklang eines Kalendertages und zum Beginn eines neuen Lebenstages schaute ich mir diesmal einen französischen Film mit dem Titel „Nur Fliegen ist schöner“ an. Bei Filmen aus diesem Land schätzte ich als junger Mensch vor allem die Politthriller oder die Klassiker des Film noir, aber auch die Liebesschnulze La Boum – kein Wunder, wenn man 16 und schwer verliebt ist. Das ändert aber nichts an meinem ambivalenten Verhältnis zum französischen Film. An diesem Abend aber wagte ich es wieder einmal – und wurde nicht enttäuscht, auch wenn mich die Inszenierung nicht unbedingt vom Sessel riss. Der Plot und seine Aussage aber waren ansprechend und so ging ich dann recht vergnügt ins Bett.
Ein kurzer Exkurs zu den Solo-(Film-)Abenden und wie sie entstanden sind: Meine Liebste und ich haben die Abende, an denen wir gemeinsam zuhause waren, von Anfang an immer gemeinsam verbracht, mit Quatschen, mit Filmschauen, mit Einander-Vorlesen. Sommers saßen wir dann in unserer ersten gemeinsamen Wiener Wohnung mitten im Achten gegenüber des Polizeianhaltezentrums immer am offenen Küchenfenster, das in den Hinterhof schaute, zuerst war da noch ein Baum, der wurde eines Tages gefällt und nicht mehr ersetzt, es blieb nur noch Grau-in-Grau. Schon bald zogen wir mit unseren drei Jungs in eine zwar wesentlich kleinere Wohnung am westlichen Stadtrand der Bundeshauptstadt, aber dafür (fast) mitten im Grünen. Dort nannten wir eine Loggia unser eigen – und die wurde daraufhin sommers wie winters zu unserem „Feierabend-Quartier“. Meine Liebste, die Finnin ist, liebte diesen Ort auch in den kältesten Nächten, ich war lange Zeit solidarisch, doch eines lieben Tages ging ich dann abends nach einer bestimmten Zeit meine eigenen Wege. Wir trafen uns von da an immer wieder auch mal draußen, mal drinnen, quatschten, tauschten unsere Erkenntnisse zu den verschiedenen Filmen, Satireshows, Sportveranstaltungen, etc. aus. Im Sommer aber da gab es sie wieder, die gemeinsamen Abende auf der Loggia. Und so halten wir es bis heute. Meine Lieblingstemperatur für draußen liegt bei um die 20 Grad, da fühle ich mich sauwohl. Bis es soweit ist, müssen wir heuer noch ein wenig warten. Aber ich freue mich schon auf diese Abend-Outdoor-Saison. Abendmeditation. Morgenmeditation. Und weiter geht‘s. Meine Liebste und ich holen Bier, holen Würstel, holen Kartoffel, immerhin gilt es Vappu zu feiern, eines von drei großen finnischen Festen (neben Juhannus/Mittsommer und Weihnachten). Wir wollen standesgemäß am 1. Mai Würstchen mit Kartoffelsalat und zum Nachtisch Tippaleipä (Tropfenbrot) essen. Und das Mittagessen an diesem Tag braucht auch seine Zeit. Also mache ich mich gleich nach unserer Rückkehr aus dem Supermarkt ans Werk. 15 Palatschinken, 4 davon werden zu Topfenpalatschinken nach einem herrlichen Rezept verarbeitet. Dazu gilt es Schnee zu schlagen, Butter, Zucker und Eidotter cremig zu rühren und dann Rosinen, den Topfen und den Eischnee unterzuheben. Die damit gefüllten Palatschinken kommen in eine Auflaufform, dann gilt es noch eine Milch-Ei-Zuckersauce drüberzugeben – und ab damit für 30 Minuten in den guten, alten Celus-Küchenofen. Ein Genuss. Am Nachmittag dann Lernstunde mit dem Jüngsten. Wir beide sind vom schulischen Lernen wenig begeistert, dennoch stimmt die Motivation und alles klappt gut. Vor dem Abendessen hat sich eine Schwalbe in unser Haus verirrt, mit meiner Hilfe, also in dem ich alle Fenster und Türen öffne, findet sie den Weg zurück in ihre Freiheit. Ich deute es als Glücksbringer und erinnere mich an den Film „Unter der Sonne der Toskana“, in dem die Protagonistin zu dem von ihr gewünschten Haus kommt, weil sich eine Taube drinnen verirrt und ihr vor der Eigentümerin auch noch auf die Schulter macht. Diese schreit daraufhin „Il signo!“ und perfekt ist der Deal, der vorher mehr als ungewiss war. Zum Abschluss knapp vor dem Abendessen noch eine Runde im Internet und ein kritischer Kommentar bezüglich des Krisenmanagements der Bundesregierung, insbesondere des Kanzlers, im STANDARD. Für mich stellt sich derzeit – auch im Gespräch mit meiner Liebsten – die Gretchenfrage, ob es wirklich menschlich ist, einem Gesundheitsabsolutismus zu frönen und der allgemeinen Gesundheit alles, aber wirklich alles unterzuordnen. Aber dazu ein anderes Mal mehr.
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Der neue Lebenstag begann mit einer abendlichen Besprechung des örtlichen Fußballklubs. Es galt die nächsten Schritte festzulegen und Trainer und Spieler zu informieren, wie es (möglicherweise) weitergeht. Zuerst war es eher ein Jammern über die verkorksten Umstände, vor allem für die Amateur-, Kinder- und Jugendmannschaften, dann wurden doch konstruktive und konkrete Ideen zum Geldverdienen und für das Trainieren ohne Meisterschaftsbetrieb. Vieles blieb dennoch offen, da es auch seitens des ÖFB und des NÖFV noch keine klaren Perspektiven, geschweige denn Richtlinien gibt. Hier gilt es sich von Woche zu Woche vorwärts zu hanteln – mit ungewissem Ausgang. Wer spielt nach der immer länger werdenden Zwangspause noch Fußball, vor allem im Kinder- und Jugendbereich, wer hat die Ausdauer auch ohne konkrete Ziele weiter zu trainieren?
Zum Abschluss des Abends genoss ich erstmals meine Abendmeditation zur Selbstheilung, echt starkes Zeug. Kater Dario genoss sie seelenruhig an meiner Seite. Tja, ab sofort beginnen die Tage mit meiner Morgenmeditation, noch bevor ich irgendeine andere Aktivität setze, womit auch das Tagebuchschreiben kürzer kommt bzw. einen neuen Platz in meinem Tagesrhythmus bekommen muss. Mal sehen. Zum Mittagessen gab es Penne mit veganer Bolognese, die meine Liebste und ich gemeinsam zubereiteten. Wie nicht anders zu erwarten, blieb auch nicht das kleinste Bisschen übrig. Obwohl der Himmel sich den ganzen Tag über wolkenverhangen präsentierte, gab es wieder nur und das bloß ab und zu einen leichten Nieselregen. Besorgniserregend. Am Nachmittag starteten mein Jüngster und ich, während meine Frau unsere Brötchen mit einem Onlinr-Sprachkurs verdiente, eine Radrunde. Wir fuhren durch den Wald und auf Seitenstraßen in ein Einkaufszentrum der Bezirkshautstadt, um im dortigen Drogeriemarkt die von mir benötigten Räucherstäbchen zu erstehen. Als wir uns ein Eis gönnen wollten, mussten wir feststellen, dass der dort befindliche Lebensmittelmarkt nicht geöffnet war. Also machten wir uns auf den Heimweg, fuhren auch hier nicht auf den Hauptstraßen, sondern entlang der Bahnstrecke und genossen auf diese Weise auch die erfrischende Luft. Beim Greißler im Ort machten wir noch eine Eis-Pause. Es schmeckte uns ausgezeichnet. Nach dem Heimkommen fand ich ein feines E-Mail meines ältesten Freundes im Postfach, er ermunterte mich mit zwei Gedanken und dazugehörigen Hinweisen: dem Film „Almost Famous“ und dem Buch „Die Weisheit der Stoiker“. „Es ist schön solche Freunde zu haben, es ist schön nicht allein zu sein ...“ Zeit der Wölfe – ein Spreewaldkrimi wie immer mit ganz eigener Bildsprache, mit herrlichen Landschaftsaufnahmen, mit einem Kommissar mit Visionen und einem ganz eigenen Kopf und auch mit vielen Handlungssträngen, die dem Plot an Tiefgang verleihen. So geht Krimi.
Danach noch ein Abstecher zu Clemens G. Arvay, inspierert von seiner Warnung vor einer zu schnellen Zulassung von Corona-Impfstoffen (siehe Tag 64) - einem wirklich bedenkenswertes Video, vor allem für jene, die die Lösung der Krise durch ein Medikament der eine Impfung sehen – finde ich in der AK-Bibliothek sein Buch vom großen Bio-Schmäh, in dem er die biologische Lebensmittelindustrie kritisiert (also die Marken der großen Handelskonzerne). Und recht hat er. Es gilt hier auch für mich nochmals nachzuschärfen und zu schauen, wo die Qualität zuhause ist und nicht die Quantität zum günstigeren Preis. Aus meiner Sicht gilt es vielmehr, alles in die Wege zu leiten, dass wir endlich einen anderen Lebensstil etablieren. Stattdessen höre ich auch von der Umwelt- und Verkehrsministerin, dass derzeit an Plänen gearbeitet werde, wie man den öffentlichen Verkehr schrittweise und für die Reisenden sicher wieder hochfahren könne, inklusive Flugverkehr. Gleichzeitig beantragt die AUA eine Förderung von knapp 800 Millionen Euro. Wohin soll das führen? Den Morgen starte ich mit einer geführten Meditation, die mir bestens aus meiner Zeit als Energetiker vertraut ist. Aufgrund meiner ernsten gesundheitlichen Krise vom Wochenende und dem Rat jenes lieben Menschen, der mir gestern wieder in Erinnerung gekommen ist und dessen Begleitung ich in der nächsten Zeit in Anspruch nehmen werde. Faszinierend für mich ist die Tatsache, dass ich mich umgehend in die Innenschau fallen lassen konnte als wären nicht viele Jahre vergangen, seit ich sie auf diese Weise zum letzten Mal gemacht hatte. Danach hatte ich gleich Mut, den blauen Brief aus Linz zu öffnen, es war das erwartbare Antragsformular für die Verfahrenshilfe. Die Angst ist wirklich a Hund‘ … Damit mein neu gefasster Mut gleich ordentlich auf die Probe gestellt wurde, kam ein Einschreiben jenes Wirtschaftstreuhänders und Steuerberaters, der von eben jenem Gericht beauftragt wurde, ich öffnete es sofort, auch hier bloß Erwartbares und eine dreiwöchige Frist zur Übermittlung der Unterlagen. Durchschnaufen. Ich kam mir in dem Moment echt blöd vor, dass ich mir mein Leben von diesen „Peanuts“ so versauen lasse. Der Großteil meines heutigen Lebens hat nichts mit alle dem zu tun, was da aus einer fernen Vergangenheit hochschwappt. Also – auf in die Gegenwart und in die Gelassenheit. Alles wird gut. Orpheus und Eurydike: schau nur ja nicht zurück, habe Vertrauen. Unseren Jüngsten unterstützte ich dann bei der Vorbereitung auf seine Externistenprüfung Anfang Juni. In Mathematik standen die schriftliche Ausführung von Plus-, Minus- und Malrechnungen am Programm, er verstand schnell. Bei ihm zeigt sich, dass das oft wochen-, wenn nicht sogar monatelange Üben eher kontraproduktiv ist, das es den meisten jungen Menschen Lust und Freude nimmt. Wenn du den richtigen Zeitpunkt erwischt, also den Lernenden bei seinen Interessen packst, dann läuft es wie am Schnürchen. Nur meist halt nicht zu jener Zeit, in der es am Stundenplan steht. Mittags galt es noch den „Geburtstagsgeschenk-Konflikt“ mit unserem Mittleren auszutragen – wir fanden zwar keine Einigung und dennoch eine Lösung. Und dann kam endlich der Glaser und tauschte die schon vor Wochen von unserem Jüngsten mit deinem Fußball zerdepperte Verglasung der Abstellraumtür. In jenen Nachtstunden, in denen ich großteils schlaflos war, dämmerten mir zu meinem derzeit akuten Ausnahmezustand folgende Erkenntnisse:
Ich könnte mich wieder zum Funktionieren bringen, eine Übung, die ich nur all zu gut beherrsche, ich müsste nichts ändern, nur meine Wahrnehmung bzw. Einstellung; tatsächlich bringt mich aber genau dieses Muster in genau jene Situationen, wie die aktuelle. Ich könnte dieses Leben durch die Hintertüre verlassen, es also fliehen … Das Problem dabei ist bloß, dass ich mich dabei mitnehmen würde, wo auch immer ich mich in Zukunft aufhalten würde. Zudem würde ich einen immensen nicht mehr gutzumachenden „Kollateralschaden“ anrichten, bei all jenen, die mir wichtig und wertvoll sind. Ein No Go. Ich könnte mich meinen herausfordernden und mich immer wieder überfordernden Lebenssituationen mit Vertrauen, Zuversicht, Mut und Gelassenheit stellen, ich könnte Authentizität und Souveränität an den Tag legen (und mich nicht immer an die äußeren Umstände anpassen und mich dabei schlecht fühlen), also Rückgrat zeigen und damit Freiheit erlangen. Dafür bräuchte es aber Selbstdisziplin und Seelenstärkung. Dieser Ansatz reizte mich am meisten, er spürte sich ganz einfach heilsam und gut an; noch aber wusste ich nicht wie – und woher ich die nötige Unterstützung erlangen sollte. Der Morgen nach einem kurzen Schlaf wieder von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung geprägt; mein Körper schmerzte, meine Gedanken rotierten: blauer Brief, Unterhaltsverfahren, Externistenprüfung für meinen Jüngsten, Bildungsraumgründung, Familie versorgen, mich mit der aktuellen Situation arrangieren, … Kein guter Start. Ich schleppte mich aus dem Bett – und traf eine wichtige Entscheidung. Ich ging nach langer Zeit erstmals wieder alleine in den Wald, ging zurück zu jenem Ort, an dem ich im Juli 2018 den ersten blauen Brief des BG Linz geöffnet hatte, mit dem das Unterhaltsverfahren eröffnet wurde, das mein mittlerweile 25-jähriger Sohn (ich berichtete) gegen mich angestrengt hatte. Ich versuchte die schlechten Gefühle los zu werden. Während dieses Versuches stieg eine Idee aus den tiefe meiner Seele auf, eine Person, die mich auch vor rund zehn Jahren intensiv und liebevoll bei meinem großen Lebensumbruch begleitet hatte. Ich kontaktierte sie und sie war sofort bereit, mich wieder zu unterstützen. Ich erinnerte mich plötzlich an all das, was ich von ihr gelernt hatte. Ich trug die Werkzeuge, die ich so verzweifelt gesucht hatte, in mir. Ich musste sie bloß entstauben und in Schuss bringen. Apropos Schuss: Der Startschuss in die Bewältigung meiner momentanen Krise war damit gefallen. In eine leichte Panik verfiel ich mittags beim Lesen zweier Nachrichten auf Facebook: Zum einen war einem Elternpaar erstmals in der Rechtsgeschichte vom OGH, also in letzter Instanz, das Sorgerecht für ihr schulpflichtiges Kind entzogen worden, weil es (das Kind nämlich) nicht in die Schule gehen wollte. Die Begründung lag in der Annahme, dass es dadurch gegenüber anderen jungen Menschen wesentlich schlechetre Berufsaussichten hätte, obwohl dem Gericht Expertise vorlag, dass dies nicht so sein müsse und obwohl das zuständige Jugendamt keinerlei Kindeswohlgefährdung sah. Wenn ich wieder in meiner Kraft bin, werde ich mir die Sache noch genauer anschauen. Und für mich – nach kurzem Schaudern – ein Impuls, meine Idee bzgl. Bildungsräumen nun endlich in die Tat umzusetzen. Zum anderen erfuhr ich, dass der Sportminister für den Amateur, Kinder- und Jugendfußball zwar das Training mit dem Ball ab 15.5. wieder zu erlauben gedachte, an Trainingsspiele oder gar Matches sei aber nicht vor der Möglichkeit zur Impfung zu denken. Wozu sollen junge Menschen oder auch Trainer sich das antun? Auch die Vision einer Impfpflicht, wenn man Fußball spielen wollte, schreckte mich. Zumal der Impfstoff in einem verkürzten Verfahren von bloß 18 Monaten (statt wie üblich von 5-6 Jahren) zugelassen werden soll (Hiezu empfehle ich ein informatives Video des Biologen Clemens G. Arvay, der weder Impfgegener noch Verschwörungstheoretiker ist). Außerdem erinnerte mich an einen Beitrag über eine Zwangsimpfung gegen Vogelgrippe in Schweden, die bei einem überproportional hohen Prozentsatz der Geimpften (vor allem bei Kindern und Jugendlichen) schwere Schäden hervorgerufen hatte. Das war meiner Information nach auch so ein Schnellschuss gewesen. Für mich ist so etwas keine Perspektive, es führt mich in ein Schreckensszenario, bei dem ich in den Untergrund gehen müsste … Nach einer intensiven Mittagspause im Liegestuhl im Garten, die mich ein wenig erholter zurückließ, fand ich zwei weitere unsägliche Meldungen auf orf.at: Da wurde ich davon in Kenntnis gesetzt, dass es im Rahmen der sogenannten Ausgangsbeschränkungen niemals verboten war, private Treffen mit Familie und Freunde abzuhalten. Es wurde aber immer anders kommuniziert. Ergänzend dazu wurden Infos geleakt, in denen die Task Force zur Bewältigung der Krise unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers entschied, bewusst Schreckensszenarien in die Welt zu setzen, um die Menschen zu disziplinieren. Weiters berichtete der STANDARD von sieben No-Gos grüner Regierungspolitik, was mich zu der Prognose veranlasste, die von mir unterstützte Partei als Steigbügelhalter für eine absolute Mehrheit der ÖVP bei den nächsten (möglicherweise sogar vorgezogenen) Wahlen zu sehen. Aus dieser Rolle, müsste sich die kleine Regierungspartei sofort befreien und ihre Akzente setzen. Am späten Nachmittag machte ich eine zweite Waldrunde, herrlich, belebend. Als ich heimkam saßen Sohn Nr. 2 und 3 beim Schachspiel am Esstisch. Wunderbar. Die aktuelle Lage hat uns endlich in ein normales Familienleben katapultiert, das wir ja auch so viele Jahre hatten (eine Reihe an Fotos, die in einer Schachtel der Mitte unseres Esstisches aufgehoben sind, zeugt davon; von Zeit zu Zeit zieht einer von uns ein Foto aus dem Stoß und dann erinnern wir uns gemeinsam) bis uns das Dauerfeuer aus Berlin an den Rande des Zusammenbruchs brachte. Ich war stolz auf uns, auf uns alle! Und auch auf mich, der ich trotz aller „Zusammenbrüche“ immer an diese Möglichkeit geglaubt habe. Somit endete ein Lebenstag, der in Verzweiflung begonnen hatte, sehr versöhnlich und mit Perspektiven für eine bewältigbare Zukunft. Das Wochenende begann mit einer verlängerten ZIB2, in dem es für mich zwei sehenswerte Interviews gab.
Das eine führte Anchorman Armin Wolf mit dem Vizekanzler und Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler. Eines der vielen besprochenen Themen war die Frage von Armin Wolf, warum die Bundesregierung die Einschränkungen immer so kommunisziert hat, dass ein Nach-Draußen-Gehen nur aus vier Gründen möglich wäre, obwohl es in der entsprechenden Verordnung nur geheißen hat, dass beim Aufenthalt außerhalb der Wohnung ein Meter Abstand zu halten sei. Kogler antwortete, dass er es immer anders kommuniziert hätte und er Sport sogar ausdrücklich empfohlen hätte, Weiters wurde Kogler gefragt, ob das Regierungsprogramm unetr den aktuellen Umständen Bestand haben werde und ob er die Gefahr einer Neuwhl sähe, da die ÖVP derzeit in Umfragen an der absoluten Mehrheit kratze. Bei der Beantwortung blieb er ruhig und meinte, dass die Regierung zumindest bis zum Ende der Krise halten werde, an eine Änderung beim Regierungsprogramm denke er nicht. Das andere Gespräch Wolfs war jenes mit dem deutschen Virologen Christian Drosten, der auch durch einige Aussagen aufhorchen ließ. So habe eine Studie, deren Ergebnisse gerade evaluiert würden, ergeben, dass in der Bevölkerung Deutschlands eine Grundimmunität gegen Corona bei 34 % der Getesteten vorhanden wäre. Ansonsten hielte er das Virus für wesentlich gefährlicher als eine saisonale Grippe. Mit einem oder besser gesagt mehreren Impfstoffen verschiedener Hersteller rechne er frühestens im Sommer 2021. Am nächsten Morgen erwachte ich zerschlagen, mir taten – wie man so schön sagt – die Knochen weh. Kurz darauf war mir klar, woran das lag. Es herrschte wieder einmal heftiger Wind. Ich hasse heftigen Wind, nicht erst seit dem Verschwinden unserer Katze. Er macht mich unruhig, er reißt mich und meine Gedanken hin und her, er erregt heftigen Widerstand – und einen Hauch von Verzweiflung, nicht dagegen anzukommen. Wenn unser Kater Dario am Morgen so gegen neun aufwacht, dann will er zuerst einmal seine Gartenrunde drehen. Erst geraume Zeit später kommt er zum Frühstück. Außerdem ist er in Snacker, der seine Portionen immer in kleinen Rationen zu sich nimmt, das feuchte Futter zuerst, dann ein wenig Katzenmilch, dann – seltener – ein paar Cracker und dann wieder Katzenmilch. Das Zahnen macht ihm weiterhin zu schaffen, aber es wirkt so, als ob die von mir gewählte homöopathische Medizin ihn dabei gut unterstützt. Jednefalls ist er föhlich, spielt gerne und hat ein glänzendes Fell. Vormittags meldet sich der Glaser, endlich. Er werde dienstags die vor vielen Wochen durch den Fußball unseres Jüngsten eingeschlagene Scheibe austauschen kommen, sagte er mir am Telefon. Beim Mittagessen – es gibt Hot Dogs - hören wir Radio Niederösterreich, dabei passiert dem Moderator ein lustiges sprachliches Hoppala. Er sagt: Marian Faithful hat den Corona-Virus erwischt. Ich wäre ihr sehr dankbar, wenn sie das geschafft hätte, dann hätte man dieses „Wesen“ in Quarantäne schicken können statt der vielen, vielen Menschen. Am Nachmittag dann Faulenzen im Garten, unsere Heurigenjause von einem benachbarten Winzer können wir ob des großen Andrangs erst gegen 19 Uhr abholen. Davor holen wir von einem Bekannten noch von ihm selbst gepressten naturtrüben Apfelsaft, plaudern ein paar Worte – und ich erlebe die seit Wochen dauernde soziale Isolation als enorme Belastung. Auch bei der Abholung unseres Abendessens beim Heurigen herrscht Maskenpflicht, daher schicke ich meine Liebste vor, die ihr Schaltuch vor Mund und Nase wirft, um unseren Genuss zu sichern. Zu Hause dann ausgelassenen Stimmung in der ganzen Familie und wir schlemmen innerhalb einer Stunde alles weg. Ein gelungener Abschluss eines weiteren Tages in dieser auf den Kopf gestellten Welt. Vor dem Zu-Bett-Gehen schauen Sohn Nummer 1 und 3 und ich eine alte VHS-Kassette über Videorecorder und Beamer mit einer Aufzeichnung eines Theaterstücks aus den Wiener Kammerspielen von 1990 mit dem Titel „Mit besten Empfehlungen“. Darin brillieren Karl Merkatz, Kurt Sobotka und Kurt Heintel, auch die Jugend lacht mit und meine Liebste, mit der ich das Stück schon mal gesehen habe, schaut von Zeit zu Zeit zu uns rein und lacht mit. Den Sonntagvormittag gehe ich gelassen an, ich merke aber – gerade in diesen ruhigeren Phasen – ein hohe Anspannung meiner Muskulatur und meiner Nerven, was aus meiner Erfahrung beides eng zusammenhängt. Ich baue mir einen Sonnenschutz für meinen Laptop, um auch im Garten schreiben zu können, ist es doch im Haus recht kühl, vor allem, wenn man länger am Schreibtisch sitzt. Einen unserer Umzugsbananenkartons baue ich ein wenig um, das heißt ich verklebe die Löcher mit Kartonstückchen und Paketklebeband. Ja, das ist eine wesentliche Verbesserung! Nach dem Mittagessen, ich bereitete am Küchenherd Karotten-Haferflocken-Laibchen und Reis zu und nutze den geheizten Ofen gleich zum Brotbaken, dann ein heftiger Lebenseinbruch. Ich nehme mir eine SMS, des Vaters unserer beiden ältesten Söhne, die mir meine Liebste zeigt, viel zu sehr zu Herzen. Wieder einmal die üblichen Vorwürfe und die Androhung, die Behörden einzuschalten. Und das, obwohl wir innerfamiliär gerade die beste Zeit erleben, der gestrige Heurigenabend zu Hause, an dem gescherzt und geschlemmt wurde, ist das beste Zeichen. Ein Tropfen aber, der meine Seele zum Überlaufen bringt. Ich falle in Verzweiflung, die mich den ganzen restlichen Nachmittag nicht mehr loslässt. Und dann beginne ich mit allem und jedem zu hadern – diesmal hat das ganze auch massive körperliche Folgen. Verlorene Stunden – für nichts und wieder nichts. Ich gehe früh zu Bett und schlafe kaum. Der donnerstagabendliche Online-Kurs mit meinen Maturaschüler*innen verlief wieder sehr abwechslungsreich, wir beschäftigten uns diesmal mit Grundregeln für das Verfassen von Texten und mit der Textsorte „Textanalyse“. Eine Teilnehmerin brachte einen Text mit, der von Elon Musks Satellitenprogramm berichtete, durch das unter anderem am abendlichen Himmel so genannte „Lichterketten“ so beobachten sind. Davon hatte ich vor kurzem Kenntnis erlangt, als ein Facebook-Freund von einer solchen Wahrnehmung, die er in der Bundeshauptstadt gemacht hatte, in seiner Timeline berichtete. Nun ist also klar, dass es nicht die Außerirdischen sind, die uns da beobachten, sondern „nur“ der weltweit bekannte Unternehmer, den wir mit PayPal, Tesla und SpaceX verbinden. Ob das so viel besser ist?
Nach sehr belebenden drei Stunden hatte ich Lust auf Bier, Knabbersachen und einen Film. Bei meiner Suche stieß ich auf einen Borchert-Krimi aus dem Jänner, den ich noch nicht gesehen hatte. Eine Geschichte, in der am Ende nur Verlierer übrig blieben, ein weiterer Beweis dafür, wozu Menschen fähig sind und wie sie einander das Leben schwer machen oder sich bisweilen sogar gegenseitig zerstören. Im Anschluss suchte ich für unseren zahnenden Kater noch passende homöopathische Medizin aus meiner reichhaltigen Hausapotheke, ich meinte, zwei Mittelchen entdeckt zu haben, die ihn in dieser für ihn offenbar schwierigen Phase unterstützen könnten. Die nächsten Tage werden es zeigen. Der Freitag-Vormittag stand im Zeichen der Pressekonferenz des Bildungsministers, der sich die Bildungspsychologin Christiane Spiel an seine Seite geholt hatte. Er verkündete eine schrittweise Wiederaufnahme des Unterrichts an den Schulen unter strengen Auflagen, die in einem eigens dafür verfassten Hygienehandbuch dokumentiert sind. Das hatte sich ja in den letzten Tagen schon abgezeichnet, wie die Durchführung eines Unterrichts unter diesen Bedingungen gelingen soll, ist mir noch schleierhaft. Da wäre es doch besser, es gingen nur die in die Schule für die es dringend notwendig ist, weil die häuslichen Bedingungen ein weiteres Arbeiten am Computer nicht zuließen bzw. Eltern ungestört ihrer eigenen Arbeit nachgehen müssen. Mein Jüngster begann seine Powerpointpräsentation über Katzen für seine Anfang Juni bevorstehende Externistenprüfung vorzubereiten. Nach einer kurzen Einführung durch mich hatte er den Dreh sehr, sehr schnell heraußen und gestaltete in kurzer Zeit vier Seiten zum Thema. Unser gemeinsames Mittagessen war geprägt von zwei Diskussionen mit unseren Burschen. Die eine beschäftigte sich mit der Faszination des „Jokers“, jenem Gegenspieler des Superhelden Batman, dem kürzlich ein ganzer Kinofilm gewidmet war. Unser Ältester war ganz angetan von dessen Boshaftigkeit, ich erzählte aus meiner Kindheit und Jugend, in der ich immer auf der Seite des Guten und davon überzeugt war, dieses müsste bei entsprechendem intensiven Bemühen jedenfalls letztendlich siegen. Mein weiteres Leben hat mich immer wieder wissen lassen, dass dem nicht so ist, vor allem, weil es dieses in Filmen geprägte Schwarz-Weiß-Schema nicht gibt. Bei näherer Betrachtung lässt sich herausfinden, warum ein Böser so geworden ist und es lassen sich auch den Guten dunkle Seiten entdecken. Es startete ein sehr philosophisches Gespräch mit der einen oder anderen neuen Erkenntnis für die Beteiligten. Ich erinnerte mich währenddessen an den Sci-Fi-Film „Das fünfte Element“, in dem der Sieg des Guten durch die Liebe propagiert wird. Eine sehr eindrückliche Szene ist jene, in der das Böse in Form einer Feuerwolke auf die Erde zurast und die Militärs natürlich nur die Lösung kennen, mit allem., was sie haben, hineinzuballern. Der Effekt ist erschreckend, mit jedem Schuss vergrößert sich die Feuerwolke. Letztendlich wird die Welt durch ein aus Liebe gebrachtes Opfer gerettet. Ein Motiv, das wir auch als Grundlage der christlichen Religionen kennen. Die zweite Diskussion war weniger erbaulich, es ging um die Geburtstagsgeschenke der Jungs für ihre Mutter. Vereinbart wurde, dass jeder ein kleines Geschenk für sie von seinem Taschengeld kauft. Unser Mittlerer entschied sich im letzten Moment aber zu einem Alleingang, er kaufte nichts, er malte ein sehr schönes Porträt. Die Crux dabei: die beiden anderen ärgerten sich, weil er als einziger kein Geld eingesetzt hatte. Er schaltete auf stur, es ließ sich keine Lösung finden, sie wurde vertagt. Sein Missverständnis war, dass er meinte, sein Bild sei weniger wert – und das fand er berechtigterweise unfair. Aber es ging um etwas anderes, nämlich, dass er die Vereinbarung einfach einseitig verändert hatte. Ein Gespräch mit den anderen über seinen Änderungswunsch hätte diesen nunmehrigen Ärger sicher vermieden. Ich war an diesem Tag ein wenig unrund, fühlte mich erschöpft und sehnte ich nach Ruhe oder Freigang.Verstärkt wurde dieser Zusatd dadurch, dass der über den Online-Flohmarkt fr unsere Jungs bestellte Laptpop ein Flop war. Ich saß viele Stunden, um ihn auf den nötigen Stand zu bringen, was mir aber nicht gelang. Die Festplatte rotiertem der Arbeitsspeicher war sofort überfordert und ich hatte – ohne Spezialist zu sein – den Verdacht, dass dem Modell das Update auf die neuste Version des Betriebssystems, das der Vorbesitzer durchgeführt hatte, nicht gut bekommen hatte. Da hatten wir Geld den Gulli runtergespült. Ärgerlich, Und damit auch eine weitere Woche mit zwei Laptops für vier Benutzer vor uns. Noch ärgerlicher! Ich versuchte mich mit einer Flasche Bier zu beruhigen, was mein Unwohlsein aber nicht wirklich veränderte. Die zweite Idee, die mir kam, war Haareschneiden. Nachdem die Frisörsalons zwar Anfang Mai wieder ihre Pforten öffnen dürfen, Kund*innen und Angestellte aber sich und einander mit Gesichtsmasken bzw. Plexiglasvisier schützen müssen, hatte ich meine diesbezüglichen Pläne schnell abgeblasen, Zudem war der Friseurladen meines Vertrauens am Hauptbahnhof der Bundeshauptstadt und auch eine Zugreise mit „Maske“ war für mich nicht sonderlich attraktiv. Also bat ich meine Liebste, wie schon so oft, die Arbeit zu übernehmen, was sie mit Liebe und Genauigkeit tat. Das Ergebnis kann sich – wie immer - sehen lassen und gab mir einen Wohlfühl-Boost. Zum Auftakt schenke ich meiner Liebsten einen Haarschnitt zu ihrem Geburtstag, ich bin dabei absolut kein Profi, aber ich gebe mir jedesmal Mühe, das beste zu machen. Meine Frau hat diesbezüglich ihren eigenen Kopf und kaum eine Friseurin hat es bislang geschafft, ihren Wünschen zu entsprechen. Ich da schon eher, oder schweigt sie dazu dezent? Ich glaube eher nicht, da sie sich auch anlässlich ihres bevorstehenden Geburtstages entschieden hat, mich zu „konsultieren“. Sie ist nach der gut 30-minütigen Prozedur zufrieden, ich auch, obwohl ich schon noch etliches Verbesserungspotential erkenne, weil mir einfach so manche technische Raffinesse fehlt.
Zum Ausklang des Abends folge ich einer Empfehlung meiner Liebsten und schaue mir eine Wohlfühlkomödie mit dem Titel „Ein Geschenk der Götter“ an (Achtung: nur mehr bis 1.5.20 verfügbar!). Ein feiner Plot in einer sehr guten Inszenierung mit ausgezeichneten schauspielerischen Leistungen. Eine Gruppe Arbeitssuchender soll von einer ebenfalls arbeitssuchenden Schauspielerin in einem Kurs der Arbeitsagentur mittels Schauspielunterrichts zur erfolgreichen Jobsuche animiert werden. Es wird ein Kurs in Selbst- und Lebenserfahrung für alle Beteiligten und am Schluss wird das dazu herangezogene Stück „Antigone“ von Sophokles sogar im Stadttheater aufgeführt und zum großen Erfolg für alle Beteiligten. Da kamen bei mir auch Erinnerungen hoch an zwei Ereignisse: Zum einen hatte ich vor vielen Jahren einmal einen Auftrag in Krems, Mitarbeiter*innen einer soeben geschlossenen und nach Laos verlegten Spanplattenfirma im Rahmen einer Stiftungsmaßnahme des AMS Niederösterreich auf ihr „neues“ Leben vorzubereiten; da sich zu wenige aus der soeben verlegten Fabrik dazu anmeldeten, blieben mir statt der zuerst vereinbarten sechs nur vier Wochen Zeit. Ich lief trotz anfänglicher Unsicherheit zu Höchstform auf und alle Teilnehmer*innen konnte bei der abschließenden Präsentation der Berufsprojekte vor dem vom Land Niederösterreich entsandten Bürokraten überzeugend performen. Ich war stolz auf die Damen und Herren. Besondere Freude hatte ich mit zwei Männern und einer Frau. Der eine fand eine Anstellung als Staplerfahrer im Weingut der Firma Spar in Fels (und war richtig stolz), der andere konnte sich dem widmen, was er aus gesundheitlichen Gründen viele Jahre zuvor aufgeben hatte müssen. Da war er nämlich als Maurer für die Kirchensanierung in der Wachau zuständig gewesen, ein wahrer Ästhet. Und dann landete er wegen eines kaputten Rückens in der Spanplattenfabrik, um sein Dasein zu fristen und seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Und nun fand er eine Anstellung in einem Schloßgut an der Donau, wo er die Aufsicht über die Gebäudeerhaltung und -sanierung übernehmen sollte. Ein Traumjob. Keine körperliche Arbeit, aber er konnte seine ästhetische Ader wieder einsetzen. Die junge Dame, die in der Verwaltung der geschlossenen Firma gearbeitet hatte, schlug ihren Weg in Richtung Energiearbeit ein. Ich war zuerst skeptisch (nicht, was sie, sondern was die dazu benötigte Förderung durch das Land NÖ betraf), aber sie überzeugte die verantwortlichen Herren eindrucksvoll. Möglich gemacht hatte diese mutigen und beeindruckenden Auftritte eine wunder-volle Methode, nämlich eine Biographiearbeit: Es galt den eigenen Lebensweg zu veranschaulichen und die guten und die schlechten Ereignisse einzuzeichnen; weiters war es nötig, sich klar zu machen, welche Eigenschaften und Stärken und Talente zum Erfolg geführt hatten (natürlich nicht nur im Beruflichen) und welche in Krisen geholfen hatten bzw. welche Menschen als Unterstützung zur Verfügung gestanden sind. Zum anderen hatte ich vor einigen Jahren die Gelegenheit mit einer Gruppe von Schüler*innen zwischen 5 und 16 Jahren einen Theaterworkshop zu gestalten. Ich konnte also die von mir entwickelte Integrative Theaterarbeit, in der Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung im Vordergrund stehen, erstmals so richtig ausprobieren. Und auch dieses Projekt war ein voller Erfolg, wie der kräftige Applaus bei der Abschlussaufführung und danach folgenden Gratulationen aus dem Publikum bezeugten. Ich erinnere mich noch an die vom Team entwickelten „Hamlet-Dialoge“, den „Erlkönig-Rap“ und ein selbstgestaltetes Minitheaterstück um einen Supermarkt-Überfall, dessen Titel mir schon entfallen ist. Auch hier war ich ganz in meinem Element, diesen jungen Menschen, die Möglichkeit zur Selbsterfahrung, -darstellung und -reflexion zu geben – und dabei selber noch eine Menge für und über mich zu lernen. Der Geburtstag meiner Liebsten dann von Anfang an logistisch sehr herausfordernd. Um halb acht weckte mich mein Jüngster, weil wir vereinbart hatte, frühmorgens zum Greißler zu fahren, um Mittagsgetränke und „süßen“ Tischschmuck zu kaufen. Bei uns ist es Tradition, dass das Geburtstagskind erstens den Platz am Kopfende des Esstischs bekommt und zweitens ein Tischset, das von Süßigkeiten „umrandet“ ist. Also ging es gleich mal ohne Frühstück an die Einkäufe. Danach dann kümmerte sich Sohn Nr. 3 um die Deko und ich machte meiner Liebsten den Frühkaffee und brachte ihn ihr ans Bett. Heute hatte sie sozusagen dienstfrei. Kurz danach schoss es mir plötzlich ein, dass es keinen Geburtstagskuchen und auch keine Blumen gab (da Sohn Nr. 2 seinen ursprünglichen Geschenkplan kurzfristig verändert hatte). Ich hatte keinen gebacken, also musst einer her – und natürlich auch ein schöner Blumenstrauß. Ich schwang mich nochmals aufs Rad und fuhr diesmal in den Supermarkt, um einen Kuchen zu besorgen, machte auch gleich einen Abstecher in den Drogeriemarkt, um Katzenstreu einzukaufen. Für Mittag waren Speisen aus der örtlichen Pizzeria geplant, diese galt es um 11 Uhr zu bestellen, damit wir rechtzeitig speisen konnten. Es war ein Balanceakt, da das Studium der Speisekarte für jedes Familienmitglied eine geraume Zeit in Anspruch nehmen würde, vor allem unserer Ältester und meine Liebste wollten sich ausreichend Zeit nehmen, um Neues zu entdecken und auszuprobieren. Sohn Nr. 2 war zudem noch mit Online-Schulstunden beschäftigt. Mein Jüngster richtete einstweilen Tisch und Kerzen für den Kuchen her, ich nahm äußerlich geduldig aber innerlich ungeduldig die Bestellungen aller entgegen. Für mich war klar, dass es die geklappte Calzone sein musste, sie hatte ich schon bei unserem ersten Besuch am Tag der Besichtigung unseres damals noch nicht gemieteten Hauses in unserem neuen Heimatdorf mit Genuss verspeist. Ein wichtiges Entscheidungskriterium im Hinblick auf unsere neue Bleibe war die Tatsache gewesen (zumindest für unseren Jüngsten – und daher natürlich auch für uns als liebevolle Eltern), dass jenes Lokal den Namen des Lieblingsstofftieres, eines Esels mit italienischen Wurzeln, trug. Was für ein Zufall. Ich konnte pünktlich bestellen, Ich konnte pünktlich abholen, zudem war ja noch ein Gutschrift für eine Pizza offen, weil uns bei der Hauszustellung zum Geburtstag unseres Ältesten vor knapp einem Monat zu viel verrechnet wurde. Auch das klappte, der Chef persönlich brachte die Speisen, kassierte und wünschte meiner Frau mit einer Flasche Rosé auf seine Weise alles Gute zu ihrem Ehrentag, alles ohne Maske natürlich, was mir an diesem Tag sehr sympathisch war, hatte ich doch bereits zwei Einkaufstouren mit Maske rauf – Maske runter Maske und Hände waschen – Maske rauf – Maske runter – Hände und Maske waschen hinter mir. Das Essen mundete, die Geschenke gefielen, ein Zwist unter den Brüdern diesbezüglich wurde auf den nächsten Tag verschoben. Ein Nachtrag zu einem der beiden Einkäufe: In jenem Supermarkt im Gewerbepark, in dem wir derzeit unseren großen Wocheneinkauf machen, wurde eine Mitarbeiterin abgestellt um den Kund*innen mit Desinfektionsmittel besprühte Küchentücher in die Hand zu drücken und sie darüber zu informieren, dass „Sie das Einkaufswagerl bitte selber desinfizieren“ (sic!). Im Eingangsbereich fiel mir dann ein Schild erstmals ins Auge, dass sicher schon länger dort angebracht ist. Es informierte mich, dass ich den Markt nur betreten dürfe, wenn ich Maske trage, den Abstand halte und keine CoVid 19-Symptome hätte. Letzteres irritierte mich, denn was sind das nun für Symptome, auf die ich zu achten hätte, bei einer Erkrankung, die so oft asymptomatisch verläuft? Ach ja: Am Vormittag brachte der Postler für Herrn Michael den nächsten blauen Brief aus Linz. Ich hatte intuitiv damit gerechnet, dass er just am Geburtstag meiner Frau kommen würde, ich vergrub ihn unter anderen Notizen an meinem Schreibtisch, um die Stimmung nicht zu zerstören, verlor meiner Liebsten gegenüber kein Wort und werde ihn dort liegen lassen, bis ich die Angst vor dem Öffnen verliere, denn Angst ist kein guter Ratgeber für jene Fälle, in denen ein klarer Verstand gefordert ist. Wahrscheinlich handelte es sich ohnehin nur um die Antragsformulare für die Verfahrenshilfe, die ich angefordert hatte und eventuell aktuelle Nachweise über den Studienfortschritt meines mich auf Unterhalt klagenden verlorenen Sohnes. Und noch ein Nachtrag zu diesem so ereignisreichen Vormittag: Auf meiner Fahrt in den Supermarkt fuhr ich an zwei Arbeiterinnen vorbei, die die Beete am Straßenrand pflegten, sie waren braungebrannt, und arbeiteten mit Freude, bedächtig und miteinander plaudernd. Bei meiner Rückfahrt saßen sie dann nebeneinander am Gehsteig (in gebührendem Abstand) und hielten ihre Gesichter in die Sonne. Ein wunderbarer, beruhigender Anblick in Zeiten wie diesen. Die Mittagspause cancelte ich, da ich keine Ruhe fand. Ich kümmerte mich um eine katersichere Umzäunung für unser Gemüsebeet, da unser jüngster Familienzuwachs die Sache für ein großes Katzenklo zu halten schien. Dann übersiedelte ich unser Insektenhotel, das hinter dem rasant wachsenden Hollerbusch verschwunden war an einen sonnigen, windgeschützten Platz. Zudem schmiedete ich mit meinem Jüngsten Pläne, sein Fußballspiel mit sich selbst attraktiver zu machen. Wir kamen zu dem Schluss, Holzmanderln mit zwei Beinen und einer Latte als Körper auf einem guten Sockel zu zimmern, die er dann auf seinem Xspielfeld aufstellen könnte. Knapp vor dem auf 17 Uhr vorverlegten Abendessen (an diesem Abend hatte auch meine Frau ihren ersten Online-Sprachkurs für die Volkshochschule und unsere Jungs mussten sich alleine beschäftigen, wir wollten aber noch gemeinsam essen), bekam ich eine E-Mail vom Niederösterreichischen Fußballverband, in dem mir die erfolgreiche Absolvierung meines Kindertrainer-Kurses bestätigt wurde. Ich wurde darin auch gebeten, ein Foto für die Trainercard hochzuladen. Da ich wusste, dass das derzeit hochgeladene Foto nicht den erforderlichen Kriterien entsprach, durfte mein Jüngster noch ein paar Schnappschüsse machen, ich warf mich dazu in mein Traineroutfit. Beim Hochladen brauchte ich drei Versuche, und eben soviele Bearbeitungen, bis alles passte. Und dann musste ich diese Neuigkeit natürlich umgehend meiner Facebook-Community zur Kenntnis bringen, was auch eine Fülle an positiven Reaktionen hervorrief, was mich wiederum sehr freute, war ich doch sowohl in der Ausbildungswoche im September des Vorjahres, als auch beim Erstellen der schriftlichen Trainingsdokumentation durch eine harte Schule gegangen. Dazwischen hatte es noch einen Putschversuch seitens eines Großvaters (und ehemaligen Kindertrainer und Jugendleiter, dem meine neuartigen Trainingsmethoden nicht schmeckten) gegeben, der meinen Co-Trainer und den Jugendleiter fast über den Tisch gezogen hätte. Ich hatte auch hier jede Menge Zeit und Energie verwendet, um diese Ungerechtigkeit erfolgreich abzuwenden, alle Eltern auf meine Seite gebracht, den Jugendleiter überzeugt, den Großvater ruhig gestellt und meinen Co-Trainer gewechselt. Ja, so war dieses Diplom also wirklich mehr als verdient und ich entsprechend stolz – obwohl es ja nach der erfolgreichen Prüfung am Ende des Lehrganges im Herbst eigentlich nur noch Formsache war. Ich war also um 17.59 startklar für meine Teilnehmer*innen im Vorbereitungskurs auf die Deutschmatura. Ach ja, noch eines: der Chef der Pizzeria, dessen Haus im Vorjahr bei einem Kellerbrand stark beschädigt wurde, fragte ich noch um einen Maurer, der ihm seine Fassade machen könnte. Auch das leitete ich noch in die Wege. Geht noch mehr an einem Lebenstag? Es geht immer noch ein bisschen mehr … aber ist das nicht die verquere Sicht eines Menschen, der trotz aller Erkenntnis vom kapitalistischen Gesellschafts- und Wirtschaftssystem geprägt ist? Ein Dankanstoß für mich selbst also zum Abschluss von Tag Nr. 60 in meinem 55. Lebensjahr. Den Tag wollte ich mit einem waschechten US-Politthriller beginnen, hatte ich schon lange nicht mehr gemacht. Denn zufällig hatte ich bei meiner Recherche auf den diversen Mediatheken auf Servus-TV „State of the play – Der Stand der Dinge mit Ben Affleck als republikanischem Politiker und Russel Crowe als Journalisten einer großen Washingtoner Tageszeitung entdeckt. Beide sind seit Jugendtagen befreundet und beide kämpfen derzeit an ihren Fronten. Der Politiker will die Auslagerung von Aufgaben des Verteidigungsministeriums an private Security-Firmen stoppen, der Pressemann kämpft gegen die auch im eigenen Haus wachsende Konkurrenz der Onlinejournalisten, die aus seiner Sicht sehr oberflächlich berichte, da sie unter enomem Zeitdruck stehen. Anfangs kommt die Assistentin des Politikers bei einem Unfall in der U-Bahn ums Leben, der schnell als Selbstmord aus Liebe (sie hat ein Verhältnis mit dem verheirateten Abgeordneten gehabt) in der Presse landet. Doch der Journalist beginnt zu recherchieren und kommt einem Komplott auf die Spur, der die junge Frau zum Opfer gefallen ist, um dem Politiker zu schaden. Eine wirklich spannende und gut inszenierte Story. Doch plötzlich unterbricht der Stream und als ich die Seite neu lade wird mir mitgeteilt, dass der Stream nicht mehr verfügbar ist. Ärgerlich. In der Servus-Mediathek ist es offensichtlch wirklich so, dass ein Stream genau 7 Tage nach der Beginnzeit der Erstausstrahlung endet.
So versäume ich mehr als die Hälfte des Films und widme mich Gegenwärtigem. Da kommt mir über Facebook ein Video des Wiener Psychiaters Raphael Bonelli, der sich derzeit als Corona-Panikjäger betätigt, unter. Ambivalent, in der Sache fundiert, in der Art der Präsentation mich weniger ansprechend. Ich recherchiere zum Herrn Doktor und erfahre dabei, dass er ein sehr konservativer Katholik ist, was mein komisches Gefühl bestätigt. Ich bin ein Mensch, der gelernt hat, Vorurteile zu evaluieren und auch zu revidieren. Hier nehme ich eben die oben beschriebene Zweischneidigkeit wahr. Aber, macht euch selbst ein Bild, Nachts diskutieren meine Liebste noch kurz und heftig die weitere Entwicklung der Corona-Situation. Sie vertritt eher die Meinung, dass durch die bevorstehenden Erleichterungen der Infektionskoeffizient wieder auf ein Maß ansteigen wird, dass einen neuerlichen Shutdown provoziert, ich vertrete eher die Position, dass wir es schon in den letzten Wochen mit den Vorsichtsmaßnahmen nicht so übertreiben hätten müssen. Sie will wetten, ich nicht. Ich bringe noch meine ehrlichen Bedenken im Hinblick auf die geplanten Schulöffnungen, zur Sprache, hier gibt es in meinem Kopfkino nur Dystopien, wie auch immer ich es drehe und wende. Kurz‘ „social distancing“ und Kogler‘s „physical distancing“ (gemeint ist aber ein und dasselbe) sowie beider Maskenpflicht s cheinen mir mit dem kindlichen Bedürfnis nach Bewegung und sozialem Kontakt (auch körperlich) unvereinbar, die Schulen würden auf diese Weise einen weiteren Schrecken dazubekommen und die Lehrer*innen mit ihren Kontrollaufgaben überfordert und am Unterrichte gehindert. So verbleiben wir in erster Sache uneins, in zweiter auf einer Linie – aber jedenfalls in Liebe. Der Tag-Tag (also die Tagesstunden meines Lebenstages) verlaufen ruhig, zuerst Tagebuchschreiben, dann Rasenmähen (erstmals in diesem Jahr), dann eine Recherche zum geplanten Schulstreik in Deutschland (ich erinnere mich an meine gestern Abend gedachten Dystopien) und denke an das Distance Learning als „neue Normalität“. Die Sonne scheint den ganzen Tag vom Himmel, es ist zwar kühl, doch verstärken das Zentrum unserer Galaxie und der weiterhin heftige Wind die enorme Trockenheit. Wir sollten endlich unseren Blick von Maskenpflicht und physischer Distanzierung hin zu den Ursachen wenden – und erkennen, dass Klimaschutz eben auch eine gute Basis für das Besiegen bzw. das Verunmöglichen von Pandemien wie dieser sind. Stattdessen denken die Politiker*innen, vor allem die der größere Regierungspartei, an nichts anderes als an nötige Sparmaßnahmen nach der überstandenen Krise und ans Canceln von nicht finanzierbaren Projekten. Außerdem gibt es ja seit kurzem wieder den Trend zum Individualverkehr, das eigen Auto als sicherstes Fortbewegungsmittel in diesen und den nächsten Zeiten. Es ist auch für mich nicht wirklich attraktiv, mich über ein, zwei Stunden mit Maske in die Öffis zu setzen und dazu noch über einen so langen Zeitraum so vielen Menschen auf engstem Raum ausgesetzt zu sein. Auch da habe ich nur dystopische Vorstellungen ... Am Anfang dieses Lebenstages steht ein gemeinsamer „Fernseh“-Abend mit meiner Liebsten draußen auf unserem roten Sofa II in der Einfahrt. Ich wickle mich in meinen Schlafsack, es ist recht kühl. Wir geben uns Ulrich Noethen als (Gerichts-)Psychiater Joe Jessen in der Serie „Neben der Spur“. Im Lauf der Folgen wurde aus dem einst toughen Typen ein Mensch, der völlig von der Rolle durch das Leben kugelt, war wahrscheinlich schon so angelegt wie der Titel sagt. Allerdings hätte dieser auch auf seine Patienten gemünzt sein können, wer weiß. Am Ende blieb ein feiner Abend zu zweit, der Plot eher irrelevant, die Inszenierung ein wenig reißerisch und das Gefühl, dass möglicherweise Psychiater auch nicht davor gefeit sind, Psychopathen zu sein.
Noch ein Exkurs zum „Fernsehen“ mittels Stream: Vor kurzem bekam meine Frau einen Anruf, in dem die Dame am anderen Ende der Leitung wissen wollte, ob wir denn kein Fernsehgerät besitzen, da wir die entsprechenden GIS-Gebühren nicht bezahlten. Sie wollte trotz aller Beteuerungen, dass wir nur streamen und Radiohören (und dafür natürlich die Gebühren zahlen), nicht locker lassen, fragte nach, ob wir irgendwelche Fernsehpakete besäßen, die auch unser Computerfernsehen gebührenpflichtig machten. Schließlich gab sie auf. Ein verblüffender Kontakt in Zeiten wie diesen. Aber demnächst ruft uns vielleicht ein Versicherungsvertreter an, um uns eine Begräbniskostenversicherung zu verkaufen (wie es ein Bekannter, der in einem solchen Job arbeitet, seit kurzem tun soll). Gerade in Zeiten wie diesen. Manchen Unternehmen ist eben nichts zu blöd. Morgens fragte ich mich, seit wann es denn Ostwind gäbe, wieder gäbe. Ich erinnere mich an meine Kindheit, da wehte in unseren Breiten entweder West- oder eben Ostwind. Ersterer brachte wärmeres, niederschlagsreicheres, letzterer kühleres, aber trockenes Wetter. Seit einigen Jahren (vielleicht auch schon Jahrzehnten?) wechseln die Winde meiner Wahrnehmung nach zwischen Nordwest- und Südost, hie und da, auch mal ein Westwind. Aber Ostwind? Nun: vielleicht ist auch dieses Phänomen der aktuellen Lage geschuldet, ich weiß aber nicht, ob deren Auswirkungen aber so schnell spürbar sein können. Wäre unter positiv zu vermerken. Wiewohl auch dieser Ostwind so kräftig weht, dass er die ohnehin schon staubtrockene Landschaft noch trockener macht. Am Vormittag machen meinen Jüngster und ich uns auf eine kleine Radtour mit Einkäufen, fahren in die Apotheke, in ein Einkaufszentrum in der Bezirkshauptstadt und in jenen Großmarkt, in dem Familieneinkäufe verboten sind. Mir fällt dort erstmals auf, dass die „Maskenpflicht“ dazu führt, dass Abstände nicht mehr eingehalten werden. Zudem merke ich, dass sich meine Baumwollmaske schnell durchfeuchtet, womit sie ja nicht mehr sicher ist. Nach unserer Rückkehr fällt mir ein Artikel aus dem STANDARD vom Vortag zu, der mir erklärt, dass es das Einhalten von 12 Regeln braucht (die neuen 10 Gebote), um durch die Maske „geschützt“ zu sein. Das veranlasst mich zu folgendem Facebook-Posting: Von der Unmöglichkeit, eine Mund-Nasen-Schutzmaske richtg zu tragen: 1.) frage ich mich, was diese Maßnahme bringt, wenn mensch diese 12 (!) Regeln nicht einhält bzw. einhalten kann 2.) frage ich mich, wie unter diesen Umständen ein Schulbetrieb möglich sein soll 3.) frage ich mich, warum eine solche Maßnahme, die die eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer offensichtlich gefährden kann bzw. gefährdet zum Standard erhoben wird 4.) erlebe ich seit der Einführung der "Maskenpflicht" bei meinem wöchentlichen Einkauf eine wachsende Rücksichtslosigkeit im Hinblick auf die so genannten Hygieneregeln (v.a. Distanzhalten und "Niesetikette") 5.) stellt die Schutzmaske vor allem für junge Menschen lt. "Experten" (hier differieren deren Altersangaben: die einen meinen, dass keine Maske getragen werden soll bis mensch 2 ist, die anderen bis mensch 6 ist, wieder andere raten sogar bis zum 12. Geburtstag davon ab) eine Gefährdung dar, weil sie die Atmung, also den Austausch von CO2 und Sauerstoff behindert. Mittags dann Pause und John le Carré, nachmittags ein wenig Gartenarbeit, ich pflanze die beim Vormittagseinkauf erworbene Heidelbeere, fassoniere den Brombeerstrauch und gieße mal wieder, um den staubigen Gartenboden ein wenig zu verwöhnen. Zum Abschluss startet mein Jüngster ein kleines Tischtennisturnier, wir können meine Liebste dazu gewinnen, mitzumachen, sie muss sich uns beiden geschlagen geben und ich mich im Finale meinem Sohn, ein gewohntes Bild – nur dass ich diesmal nicht alleine auf der Verliererstraße bin. Danach ist Sohn Nr. 3 sehr unrund, ich bleibe cool, obwohl es mich doch nervt. Aber die Ruhe lohnt sich, beim Schlafengehen ist alles wieder im Lot. Zum Auftakt ein wunderbares Kapitel aus Nöstlingers „Der Hund kommt“. Unter der Überschrift „Der Hund in der Schule“ wird eine Vision für jene Institution entwickelt, die ich ja grundsätzlich in Frage stelle, zumindest in ihrer derzeitigen Verfassung oder besser gesagt, zu der ich Alternativen fordere, für jene, die in der Lage sind, den eigenen, individuellen Bildungsweg zu gestalten. Zum Inhalt: Der Hund wird durch Zufall Lehrer, er macht seine Sache so gut, dass ihn weder Kinder, noch deren Eltern, aber auch nicht der Direktor der Schule so einfach weiter ziehen lassen wollen. Er macht täglich Lehrausgänge, er ermöglicht seinen Schüler*innen ein Lernen in der Welt (nicht über die Welt), alles wird implizit erfahren (das Lesen, das Schreiben, das Rechnen und noch viel mehr). Alle g‘scheiten Menschen, also die, die über den Tellerrand sehen können wie Künstler*innen aller Arten, denken genau an diese Möglichkeiten. Ich erweitere sie in meiner Vision noch um die notwendige Individualisierung. Zurück zum Plot: Der Schulinspektor kommt, deckt den „Schwindel“ auf und der Lehrer muss fliehen. Der Direktor, ein Bär, geht gleich mit ihm mit. Was die zurückgelassenen Schüler*innen betrifft, erfährt man als Leser*in nichts. Aber, was soll schon passieren: es wird wohl wieder der graue Schulalltag einkehren und alle Beteiligten werden trotz aller Bedenken kuschen, so lange bis sie bedingungslose Ja-Sager geworden sind.
Meine Frau pflanzt in einem kurzen Zwiegespräch „Permakultur“ in meine Gedanken. Noch so ein Projekt, das sich zu verwirklichen lohnte, ich war schon vor Jahren damit in Kontakt gekommen und hatte es für gut befunden. Wie schon erwähnt: An Beschäftigung fehlte es mir nicht, aber an der finanziellen Grundlage, diesen Beschäftigungen ohne Erwerbsarbeitseinkommen nachzugehen. Die Welt wäre eine andere, könnten ich und die vielen anderen, denen solches und vieles andere am Herzen legt, ihren Visionen zum Wohl der Gesellschaft und der ganzen Mutter Erde folgen. Das wäre doch eine Bezahlung wert, also ein bedingungsloses Grundeinkommen. Der aktuelle „Tatort“ findet in Frankfurt statt und reflektiert unter dem Titel „Die Guten und die Bösen“ über die Polizeiarbeit. Die Selbstjustiz eines Polizisten am Vergewaltiger seiner Frau, die ihn nach der Tat verlassen hat und inzwischen Selbstmord begangen hat, steht inhaltlich im Mittelpunkt. In einem Nebenstrang werden die Beamten des Kommissariats im Rahmen eines Coachings dazu „genötigt“, sich Gedanken über ihre Werte und den Sinn ihrer Arbeit zu machen. Am Ende steht – wie es nicht anders zu erwarten war – das Stereotyp von den guten Bullen, die das Böse, so sie es nicht verhindern konnten, zur Rechenschaft ziehen. No na. Aber ist das wirklich das einzige Ziel, gäbe es nicht auch hier völlig andere Zugänge im Hinblick auf Prozesse, Verurteilung und Strafvollzug? Ich meine ja. Im Idealfall stünde am Ende eines Erneuerungsprozesses eine gefängnislose Gesellschaft, denn die Einrichtungen dieser Art machen aus einem „Bösen“ sicher keinen „Guten“, sondern meist sogar einen „Noch-Böseren“. Und ihr Abschreckungscharakter erschöpft sich auch in einer bloßen Worthülse, einem Versprechen, das es nie und nimmer halten kann. Ein Verbrechen ist wahrscheinlich nur in den wenigsten Fällen, wenn überhaupt, durch die Androhung einer Haftstrafe verhindert worden. Ich schlafe schecht – und zu kurz. Um 6.30 wecken mich die Nachrichten auf Radio Niederösterreich, ist doch der Rauchfangkehrer für diesen Vormittag angekündigt – und ich will mich ab 7 Uhr dafür bereit halten. Er, nein besser sie kommt um 11 Uhr. Ich bin zu diesem Zeitpunkt bereits todmüde, gereizt und nimmermehr ich selbst. Die Zeit bis dahin habe ich mir mit Putzen (es ist der wöchentliche Putztag) vertrieben, ich hatte drei große Bereiche zu bearbeiten, das Bad, das Wohnbüro und das Zimmer meines Jüngsten (in Kooperation mit ihm). Nachher – und noch vor dem Mittagessen – stelle ich mich unter die Dusche. In der Mittagspause widme ich mich John le Carré und seinem Roman „Geheime Melodie“ (als Hörbuch). Die Sprache ist eine völlig andere als jene der nordischen Autoren, die ich zuletzt gelesen bzw. gehört habe: feiner, geschliffener und britisch eben, gewürzt mit einer oder zwei Prisen des jenem Volk zugeschriebenen schwarzen Humors. Ich penne beim Hören dennoch ein. Als ich auf meiner Campingliege im Garten wach werde, ist es bereits drei Uhr nachmittags. Ich besinne mich eines Auftrags für unseren Ältesten, es gilt für ihn „google classroom“ einzurichten. Ich erledige diesen Auftrag innerhalb von zwanzig Minuten, dann ist meine Liebste dran, mit ihrem Sohn die Aufgabenstellungen für diese Woche durchzugehen. Ich ziehe mich ins Schlafzimmer zurück und reflektiere mit meinem Supervisor telefonisch die letzten beiden Wochen. Er hat die eine oder andere brauchbare und gute Idee, ich fühle mich nach 45 Minuten an seiner Seite gestärkt für den Alltag. Ab sofort wird ein Tagebuch geführt, in dem alle Ereignisse und Erfahrungen mit unseren beiden Ältesten und unser liebevoller Umgang damit dokumentiert werden – nur als Gedankenstütze für den Fall, dass der Kindesvater einmal mehr Alarm bei den Behörden zu schlagen gedenkt und uns mit der einen oder anderen Nebelgranate wieder die nötige Klarheit raubt. Wir können in diesem Fall dann unsere Aufzeichnungen zur Hand nehmen und nachlesen. Am Ende dieses Lebenstages steht noch zweierlei: Zum einen montiere ich auf unserer zukünftigen Terrasse - und in der Hoffnung, dass unsere Vermieter endlich mal Zeit und Lust haben, die geplanten Bodenfliesen zu verlegen (was in Corona-Zeiten wohl eher noch länger als eh schon dauern wird) – eine provisiorische Beleuchtung, zum anderen widme ich mich zwei Beiträgen von Thomas Mohrs, dem Gedicht „Wiesen“, in dem er einst die Erfahrungen mit seinen Töchtern und wie sie ihm die Welt zeigen niedergeschrieben hat und einem Lied von Konstantin Wecker in einer Interpretation von Sarah Straub namens „Das ganze schrecklich schöne Leben“. Beides packend, berührend und so wahr! Der neue Lebenstag begann mit einem abendlichen Regenschauer. Endlich. Doch überraschend, denn laute Wetterbericht, war er erst für die zweite Nachthälfte zu erwarten. Eigentlich wollte an meinem Blog weiterschreiben, aber ich änderte kurzfristig das Programm. Es galt die gesamte Aufmerksamkeit dem lebensspendenden Nass zu widmen, mich mit allen Sinnen dem Niederschlag hinzugeben. Pathetische Worte, aber nach der langen Dürre jedenfalls angebracht. Der Genuss währte nur kurz, zu kurz. Kater Dario pennt einstweilen, ich erinnere mich an unsere Mizzi-Katze, die auch bei Regen draußen war, aber ihre Schritte anders setze als bei Trockenheit. Immer wieder schüttelte sie zwischendurch ihre Vorderpfoten aus, ließ sich aber vom Regen aber nicht davon abhalten, ihrer Wege zu gehen. Auch an jenen letzten Tagen vor Ihrem Verschwinden ging sie im Regen nach draußen.
Als der Regen vorbei ist, verbringe ich den Rest des Abends drinnen, zuerst mit einem feinen Video mit einem Vortrag von Thomas Mohrs über die „Zuvielisationsdämmerung“, sehr eindrücklich, sehr motivierend. Und das abschließende Zitat von Bert Brecht „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat bereits verloren“ wirkt intensiv nach. Dann lade ich mir das nächste Hörbuch aus der AK-Bibliothek herunter, Mankell‘s „Treibsand – wofür es sich zu leben lohnt“. Ich schlafe mit der Panik des Autors wegen seiner gerade beginnenden Krebserkrankung, an deren Folgen er später auch sterben sollte, ein. Ich träume heftig, am Morgen lösche ich das Hörbuch, ich habe derzeit nicht die Nerven dafür. Am Morgen ist es bewölkt, doch es hat die ganze Nacht über keinen einzigen weiteren Tropfen geregnet. Früh schon beginne ich mit den Vorbereitungen für ein ausführliches Mittagessen. Ich heize den Celus Küchenherd ein, ich setze die Erdäpfel auf, ich bereite alles fürs Panieren von Hühnernuggets und Champignons vor. Dabei denke ich, dass ich ständig beschäftigt bin, dass mir diese Beschäftigungen auch jede Menge Spaß machen, dass ich aber davon nicht existieren, also leben, und nur knapp überleben kann. Unser Wirtschaftssystem ist jedenfalls ein un-menschliches, weil es die Menschen ihres Lebens oder der besten Jahre ihres Lebens beraubt und dazu noch alles andere kurz und klein schlägt, was man eventuell nach der Zeit der Erwerbsarbeit genießen hätte wollen. Aber es gibt ja eine wunderbare Ersatzdroge, den Konsum. Damit bleibt man schön in der Abhängigkeit eines kranken Systems. Wohl bekomm‘s. (Sarkasmus off) Dario bleibt drinnen und spielt mit einem Stöpsel. Sein Namensvetter aus Frischmuths „Donna und Dario“ liebt Badewannenstöpsel, unser Dario mag – wie es sich für einen in einem Weinort lebenden Kater gehört – am liebsten Weinkorken. Mit ihnen spielt er intensiv und ausdauernd, so auch in diesen Indoor-Stunden. Irgendwann setzte dann doch intensiver Regen ein, er dauert aber dann doch wieder zu kurz, viel zu kurz. Die Freude darüber währt also nicht lange. Das Mittagessen mundet ausgezeichnet, wir essen mehr als üblich, aber dadurch bleibt auch nichts übrig außer zwei Brösellaibchen. Die mache ich – wie meine Oma und meine Mutter – mit den Resten der Panierzutaten. Mehl, Milch, Ei und Brösel werden gemischt, zu einem Laberl geformt und in heißem Fett herausgebraten. Nach einem ausgiebigen Mittagsschlaf dann unser Sonntagsnachmittagszirkus. Wir schauen das Jubiläumsprogramm des Circus Pikard aus dem Vorjahr, köstlich, unterhaltsam und liebevoll, vor allem der junge Zirkusdirektor Alexander Schneller hat seine ganze Liebe in den Zirkus und das Programm gesteckt – und das merkt man bei jeder Nummer. Für den nächsten Sonntag kündigt er dann abschließend einen weiteren Stream an – mit einer Überraschung. Wir werden sehen. Es ist mittlerweile fast Sonntag-Mittag und vor kurzem hat ein leichter Landregen eingesetzt – möge er sich intensivieren oder zumindest lange anhalten. Kater Dario hat seine Gartenrunde für heute schon nach einer knappen halben Stunde beendet und liegt nun dösend am Schaukelstuhl. Der Küchenherd bollert, das Brot ist gebacken (erstmals mit Trockenhefe, deren letzte Packungen ich bei meinem gestrigen Bier-Einkauf ergattert habe), die Kartoffeln weichgekocht und die Hühnernuggets bzw. gebackenen Champignons in Vorbereitung. Parallel werde ich Tag 55 in meinem 55. Lebensjahr zusammenzufassen versuchen. Ebenso kann ich meinen Blick nicht wirklich vom nun kräftig fallenden Regen abwenden, ich glaube, ich muss auch noch eine Runde im Garten verbringen, um das wunderbare Nass mit allen Sinnen zu erfahren.Viel zu tun also in der nächsten Stunde. … Die Stunde verging viel zu schnell, ebenso wie der Regen. Es ist schon Nachmittag und ich schreibe weiter, ehe ich mich mit meinem jüngsten Sohn noch einmal virtuell in den Circus Pikard begebe. Das Mittagessen war jedenfalls herrlich und es wurde trotz der großen Menge alles weggeputzt.
Noch einmal „Dérapages“, drei Folgen und rund drei Stunden lang. Ein Plot mit zahlreichen Wendungen, spannend, unterhaltsam, hintergründig. Doch am Ende, tja, da wurde aus meiner Sicht zu dick aufgetragen. Der nach knapp zwei Jahren Untersuchungshaft im Prozess auf Bewährung bestrafte Protagonist, dessen Schicksal Medien und Presse beeindruckte und dessen Tat in der Bevölkerung breites Verständnis hervorrief stellt sich als ambivalente Persönlichkeit heraus, der mit seinem Vorgehen nach einem selbstgefassten Plan, seinen Auftraggeber um 22 Millionen Schwarzgeld erleichtert und dieses dann am Schluss auch noch ins Trockene bringt, da er eine weitere Erpressung lanciert, bei der er aber die Liebe seiner Frau (die ihn verlässt) und seiner Töchter (die ihn ob seiner Vorgangsweise, bei der er sie ausnützt) verachten und seinen besten Freund (durch Selbstmord) verliert. In der Schlussszene verlässt er mit einer Pistole im Aktenkoffer seine Wohnung, um das Geld – wie er aus dem Off „denkt“ – sauber zu waschen und seine Familie zurückzugewinnen. Riecht nach einer zweiten Staffel, die, wie ich hoffe, nicht kommt. Für mich reicht‘s so. Und der schale Beigeschmack des Endes verdarb mir die Freude am Rest und schon jetzt die Lust auf eine Fortsetzung. Nach dem Frühstück an diesem Samstag, surfe ich ein wenig durchs Internet. Ich stoße auf einen Artikel in der Augsburger Allgemeinen, ein Interview mit dem italienischen Professor für Botanik und Neurobiologie, Stefano Mancuso, der sich sehr kritisch zu unserem Lebensstil als Menschen äußert. Unter anderem sagt er bezogen auf die aktuelle Situation: „Es ist ein bisschen wie mit der Mafia. Beim ersten Mal warnt sie dich und macht ein bisschen was kaputt. Beim nächsten Mal legt sie eine Bombe und dann bringt sie dich um“ und empfiehlt uns, uns an den Pflanzen zu orientieren: „Der wichtigste Faktor der Evolution ist nicht der Wettbewerb. Unser Gehirn kann uns dabei helfen, den nächsten Schritt zu gehen. Der wäre, uns nicht über die anderen Lebewesen zu erheben, sondern eine Lebensform wie die der Pflanzen zu verstehen und einzusehen, dass Kooperation viel erfolgreicher ist als Konkurrenz. Kooperation ist für das Überleben der Spezies wesentlich aussichtsreicher.“ Ich recherchiere im Anschluss über ihn und finde sein Buch aus 2015 in der AK-Bibliothek. Darin schreibt er von neueren technischen Errungenschaften, auf die es aufzubauen gilt, dem Greenternet, den Plantoiden und dem unconventional computing. Ich denke, dass hier viel Potential für das Überleben unserer Spezies liegt und fühle mich motiviert, meinen Beitrag dazu zu leisten, vor allem in der Bewusstseins-Bildung bei den Verantwortlichen. Ich bleibe mit Thomas Mohrs von der PH OÖ bezüglich des von ihm geprägten Begriffes Zuvielisation im Austausch, wir sind verwandte Seelen, es gilt unsere Netzwerke auszubauen und zu nutzen, um Menschen zur Metanoia zu bewegen. Dann gilt es noch Bier und Schokolade zu organisieren, meine Liebst begleitet mich. Die Mittagsglocke der kleinen Kapelle am Ortsrand läutet mich vom Einkauf heim. Totenglocke. Whom the bell does beat. Memento mori. Nach dem Essen gebe ich mir die letzten beiden Stunden des entliehenen Hörbuchs von Hakan Nesser „Am Abend des Mordes“, auch hier eine Fülle an Wendungen – aber mit einem absolut guten Ende, wie es mir gefällt. Nachmittags dann Chillen im viel zu warmen und völlig trockenen Garten, Dario chillt nicht, sondern ist höchst aktiv. Weil ich aber immer auch Beschäftigung brauche, lege ich im Garten dann auf 6m² dann noch eine Blumenwiese an. Angesichts der Unwetterwarnung für Oberösterreich muss ich meinem Jüngsten seine zweite Zeltnacht vermiesen, er hat nämlich im Anschluss an das vom ihm organisierte Sommerfest am Vortag im dafür aufgestellten „Iglu“ übernachtet, ein wenig unruhig zwar, aber mit Begeisterung. Für mich war das überraschenderweise eine „Loslass-Erfahrung“ … Nun aber bauten wir das Zelt ab und aßen anschließend noch im Garten zu Abend. Der Regen möge kommen und Segen bringen ... s ist Sonntag Vormittag und es hätte über Nacht ergiebig regnen sollen, vor allem in der zweiten Nachthälfte. Was gestern Abend gegen 20 Uhr so vielversprechend mit einem kräftigen Regenguss aus dem wolkenverhangenen Himmel begonnen hatte, mündete in einige schwache und kaum ergiebige Regenschauer, die mich an das Kehren des Holzbodens in unserer Pfadfinderblockhütte erinnerten, die wir in meiner Kindheit über viele Jahre von den Bundesforsten gepachtet hatten (heute sind sie geschliffen und was ursprünglich den „Holzknechten“ zur Einkehr und später uns für Sommer- und Winterfreizeiten diente, musste schon vor Jhren der Jagd weichen, die sehr einträglich ist, vor allem für die sterbenden Gemeinden in dieser Gegend). Bevor wir mit den Reisigbesen ans Werk gingen, mussten wir mit Wasser kräftig aufspritzen, um das Staubaufwirbeln zu verhindern. Und so sieht‘s auch in unserem Garten aus, als wäre gerade aufg‘spritzt worden. Winzerfreude aus dem Weinviertel haben gerade auf Facebook ein Video mit einem kräftigen Landregen gepostet, ich hoffe, er bleibt ihnen den ganzen Tag erhalten. Wir erleben hier leider – wegen der aktuellen Situation um den „mächtigen“, alles verschlingenden Virus keinerlei Wahrnehmung dafür, dass wir gerade eine der größten Dürreperioden seit es Wetteraufzeichnungen gibt, erleben. Wir sind also in einer multiplen Krise gelandet und kriegen gerade eine Watschen nach der anderen. Oder wie es mein Professor-Freund aus Linz passend ausdrückte: „Zuvielisationsdämmerung. Unsere Hybris beginnt uns um die Ohren zu fliegen.“
Den neuen Lebenstag begann ich an diesem Donnerstagabend nach der „Be-Lehrung“ meiner StudentInnengruppe mit drei von sechs Folgen einer Miniserie auf ARTE, deren Hauptdarsteller der ehemalige Fußballstar Éric Cantona ist. Sie trägt auf Deutsch den Titel „Aus der Spur“, im französischen Original heißt sie „Dérapage“, was soviel wie „Entgleisung“ im metaphorischen Sinn, also sinnbildlich, bedeutet. Und tatsächlich entgleist im Lauf der ersten Hälfte der Serie eine von einer großen Technikfirma zur Führungskräfteauswahl inszenierte Geiselnahme. Um die „Befragung“ der Kandidat*innen durch die Geiselnehmer dem Zweck entsprechend zu gestalten, ist deren Anführer über Kopfhörer mit einem von zwei Personalrecruitern verbunden. Auch die beiden liefern sich einen Konkurrenzkampf, denn nur dem, der die erfolgreichen Fragen stellt, ist ein Job in eben jener Firm in Aussicht gestellt. Der eine, dargestellt vom Ex-Fußballprofi Cantona, ist ein ehemaliger Personalchef eines mittelständischen Unternehmens, der vor sechs Jahren aufgrund seines Alters gekündigt wurde und sich seither mit zum Teil demütigenden Gelegenheitsjobs durchkämpft. Und als er knapp vor der inszenierten Geiselnahme erfährt, dass er in dem Wettkampf um den Job als Recruiter nur eine Alibiperson ist, weil der nämlich seiner Konkurrentin bereits versprochen ist, nutzt er die gespielte Geiselnahme für seine Zwecke – und macht daraus eine echte. Am Ende von Teil 3 lässt er sich dann vom Sonderkommando der Polizei überwältigen. Was also wird noch geschehen in den drei restlichen Teilen? Ich bin schon gespannt. Für den nächsten Tag hat mein jüngster Sohn ab 11 Uhr ein „Sommerfest“ in der fiktiven „Ki&Co-Arena“ (Ki&Co ist ein Sporartikelhersteller und ein Verlag, der Name stammt natürlich vom Gründer Kimi - also Ki) im fiktiven „Mizland“ (gegründet von und für unsere verschwundene Glückskatze Maria Mizzi-Kaze) anberaumt, an dessen Vorbereitung er schon seit Tagen intensiv gearbeitet hat. Davor allerdings galt es noch den wöchentlichen Großeinkauf im Supermarkt im Gewerbepark zu machen. Meine Liebste hatte meine Idee aufgegriffen und sich über den virtuellen Flohmarkt einen Sommerhut im Westernlook zugelegt, um Mund und Nase band sie sich mein „Piratentüchel“, echt kess. Ich nahm jene „Maske“ in den Farben unseres Fußballvereins (blau-weiß) im Geschirrtuchdesign, an den ich mich schon gewöhnt hatte. Die Suche nach einem Cowboyhut war bei mir bislang erfolglos verlaufen, aber ich werde weiter dran bleiben, wird uns ja – hinter vorgehaltener Hand – von einer Dauer der Maßnahmen für mindestens zehn, wenn nicht sogar 18 Monate gedroht. Daher ist es immens wichtig, den Aufenthalt in diesen Einkaufsbuden so kurz wie möglich zu halten und bezüglich aller möglichen Waren auf Hauszustellung (idealerweise mit Fahrrad) direkt vom Hersteller (bzw. Ab-Hof-Verkauf) umzusteigen. Da habe ich gerade eine Rechercheaktion gestartet. Mal schauen, wie erfolgreich sie verläuft und was möglich ist bzw. dadurch möglich gemacht wird. Während meine Liebste nachmittags ihre nächste Sprachkurskundin liebevoll online im Finnischen weiterführte, machte ich mich auf den Weg in die Apotheke, um die nötigen Medikamente für unseren Kater Dario zu besorgen, die ihm beim Zahnwechsel unterstützen sollen. Nach meiner Rückkehr startete ich dann ins Sommerfest in Mizland. In Mizland sind die Maßnahmen bezüglich der weltweiten Pandemie schon gelockert, es gilt noch einen Meter Abstand zu halten und tunlichst in die Armbeuge zu niesen und zu husten. Das ist bei rund 35 Einwohner*innen auch leichter möglich als anderswo. Auch Veranstaltungen wie eben jenes Sommerfest sind daher möglich und die Fußballer*innen sind die modernen Gladiator*innen, die sich halt der Ansteckungsgefahr aussetzen, weil sie sich natürlich näher kommen. Aber bei 35 Einwohner*innen – alles kein wirkliches Problem, so mein Sohn. Am Anfang stieg die meisterschaftsentscheidende Begegnung zwichen FC Ki&Co Mumintal und FC Dosenöffner, die nach langem harten Kampf umentschieden endete, was beiden Teams nicht zum Titel verhalf, den FC Tiger mit einem Punkt Vorsprung ergatterte. Die Stimmung war dadurch getrübt, ich machte mich aber dennoch auf den Weg durch die Stationen, spielte eine Runde Tischfußball, holte mir Autogramme, spielte Tennis gegen die Wand, führte ein Interview mit dem Kapitän des FC Mumintal, lernte bei Kroki, dem Krokodil, ein Ultra zu sein und matchte mich abschließend gegen Superstart Tom Muminski, verlor nur knapp in drei Sätzen. Ich war stolz und erschöpft. Da ich an diesem Tag auch für den Kimi-Abend-Dienst zuständig war, die Bücher aus der Bibliothek (zuletzt de sehr witzige Kästner-Geschichte „Der kleine Mann und die kleine Miss“) aber schon alle ausgelesen waren, machte ich mich in der virtuellen AK-Bibliothek, die ich vor kurzem entdeckt und in die ich mich eingeschrieben hatte, auf die Suche und fand eine mir unbekannte Nöstlinger aus 1987 mit dem Titel „Der Hund kommt!. Beim Vorlesen mussten wir beide – und auch meine Frau, die von ihrem Schreibtisch aus mit einem Ohr zuhörte – sehr viel lachen. Ein Hund geht in die Welt und begegnet urigen tierischen und menschlichen Gesellen. Lesenswert, auch für Erwachsene. Nun war es endlich so weit. Der „Zauberer von Oz“ konnte mittels Beamer an unsere Wohnzimmerwand gestrahlt werden, perfektes Patschenkino in bequemen Sesseln. Mein Jüngster und ich schauten diesmal alleine, meine Liebste hatte, als sie auf der DVD-Hülle „Musical“ las, die Flucht ergriffen. Schade, denn die Inszenierung aus 1939 mit Judy Garland und dem Hit „Somewhere over the rainbow“ ist wirklich absolut sehenswert. Mein Sohn war ebenso hin- und hergerissen zwischen Spannung und Lachen.
Nach dem Filmabend arbeitete ich noch ein wenig in die Nacht hinein, meine Radiosendung vom Vortag wollte ins Online-Archiv gestellt werden, mein Interviewpartner wartete auf das versprochene MP3 unseres Gesprächs und auch die Sendungsseite auf Facebook wollte befüllt werden. Beim Durchscrollen meiner Timeline stieß ich auf eine Sendung von Markus Lanz, in der neben einem Virologen und einer Ethikerin auch der Philosoph Richard David Precht zu Gast war. Ich nahm mir also auch noch diese 75 Minuten Zeit, eine durchaus interessante Sendung, allerdings ohne wirkliche Perspektiven geben zu können. Aber wer kann bzw. wer traut sich das in Zeiten wie diesen denn schon. Bei meinem ersten Internetkontakt am Morgen stieß ich auf einen Beitrag in der Wiener Zeitung, die meine Wahrnehmung bezüglich der Behandlung mit dem vielsagenden Titel „Härtefallfonds – an der Realität vorbei geregelt“ leider vollinhaltlich bestätigte. Auf mein letztes E-Mail an Vizekanzler und Gesundheitsminister hatte ich auch noch keine Antwort bekommen, auch das ein sehr, sehr schlechtes Zeichen. Ich müsste wohl noch einmal nachstoßen. Ja, in vielen Fällen braucht es einfach diese Ausdauer, die im normalen Leben so schwierig zu erreichen ist, ist man doch an allen Ecken und Enden mit dem Alltäglichen gefordert. Und auch in den „Ausnahmezeiten“ wie derzeit ist es wichtiger, den Familienalltag zu regeln als sich ständig auf die Hinterhaxen zu stellen. Aber, da muss ich mich selber an der Nase nehmen, ich habe in meiner Radiosendung tags zuvor die Eltern im Einklang mit meinem Gesprächspartner Thomas Mohrs nachdrücklich dazu aufgefordert, sich die Zustände im Schulsystem nicht länger bieten zu lassen und laut „NEIN!“ zu sagen und zu protestieren. Denn nachhaltige Änderungen, also nicht nur Reformen sondern ein tatsächlicher Wandel kommen wimmer nur von „unten“. Und jede Reform, sei sie auch noch so gut gemeint, verstärkt und manifestiert – systemtheoretisch gesehen – das Bestehende. Also rein ins E-Mail-Postfach und nachgehakt. Vormittags dann Spinat zubereiten, ich kochte Cremespinat nach einem ausgezeichneten Rezept, unsere Jungs aßen zwar nur die Fischstäbchen (die es alle heiligen Zeiten einmal auch bei uns gibt) und die Kartoffel, meiner Frau und mir mundete das grüne Gemüse aber ausgezeichnet. Während des Essens dann philosophische Gespräche über Walking Dead (den vom Vater unseres Ältesten - gegen unseren erfolglosen Widerstand – eingeführten Comic über den Kampf zwischen Zombies und Menschen in Comicform), Gut und Böse und die Möglichkeit, das Gehirn eines Menschen so zu manipulieren, dass er der Ansicht ist, er würde frei und gemäß seines Willens entscheiden. Danach machte ich nach langer Zeit mal wieder einen ausgiebigen Mittagsschlaf indoor, um für den Abend und meinen Unterricht in der Vorbereitungsgruppe auf die Berufsreifeprüfung Deutsch fit zu sein. Der Nachmittag war denn auch den in dieser Sache noch zu erledigenden Aufgaben gewidmet, so dass ich zum Abschluss dieses Lebenstages mit fünf von neun Teilnehmer*innen zum Leserbief, zum Konjunktiv, zur indirekten Rede und zu literarischen und journalistischen Textsorten loslegen konnte. Als Beispiele für epische Werke wählte ich Ilse Aichingers „Fenstertheater“ (Kurzgeschichte), Franz Kafkas „Vor dem Gesetz“ (Parabel) und die vom Lehrbuch vorgeschlagene Fabel Aesops „Von den zwei Fröschen“. Im Hinblick auf Märchen durften die Teilnehmenden selbst kreativ sein, da ich annahm, dass jede*r von ihnen zumindest eines kannte. Ein Abend in Schweden. Hörbuch von Hakan Nesser, die dritte. Spannend entspannend.
Am nächsten Vormittag dann die Umsetzung einer über Nacht gekommenen Idee. Der Laptop meiner Frau, dessen Bildschirm ja vor einigen Tagen den Geist ausgehaucht hatte, barg noch eine erkleckliche Anzahl nicht extern gesicherter Dateien. Ich schloss ihn an meinen Beamer an und konnte so auf den Desktop zugreifen und die Files auf einem USB-Stick speichern. Eine Arbeit von einer knappen Stunde. Dadurch verpasste ich den Beginn der Pressekonferenz der Sportministers, hatte aber offensichtlich nicht viel versäumt, als ich zehn Minuten später in den Livestream einstieg. Die erwarteten News. Und eine interessante Information: laut der vom Minister zitierten Experten (da er nicht genderte gehe ich davon aus, dass es sich tatsächlich nur um Männer handelt) müsse sich der Abstand zwischen Menschen bei höherer Geschwindigkeit vergrößern, als – seinen Worten nach – beim schnellen Gehen auf fünf und beim Laufen auf zehn Meter. Ist für mich auf‘s erste Hören noch nicht nachvollziehbar, wenn ich Zeit und Lust habe, werde ich dazu noch recherchieren. Gegen Mittag kamen dann die seit zwei Wochen heiß erwarteten DVDs, der „Zauberer von Oz“ aus 1939 und die Verfilmung der „Unendlichen (sic!) Geschichte“, einem Patschenkinoabend stand also nichts im Wege – oder doch, wie sich erst später herausstellen sollte. In meinem E-Mail-Postfach befanden sich auch gute Neuigkeiten, meine Kurse am Institut für Kindergarten- und Hortpädagogik in Wien werden für die Zeit der „Maßnahmen“ online durchgeführt, wenn sie alle zustande kommen (was noch von der Zustimmung der Teilnehmer*innen bzw. dem Zustandekommen aufgrund einer Mindestteilnehmer*innenanzehl abhängt), habe ich zumindest zwei Drittel meines Einkommens von vor der Krise gesichert. Der Härtefallfonds Phase zwei ist zwar beschlossen, die Antragstellung aber lässt noch weiter auf sich warten, sie wurde soeben vom 16. auf den 20.4. verschoben. Aber da selbst meine Steuerberaterin nicht genau weiß, wie meine Einkommen zu bewerten sind, da die Kriterien äußerst komplex sind, bin ich mir nicht sicher, ob ich dann zum Zug komme. Ich bleibe dran wie der eine Frosch aus Aesops Fabel von den zwei Fröschen. Während meine Liebste einen ihrer Online-Sprachkurse gab, machten sich mein Jüngster und ich auf den Weg in den Gewerbepark um die erste Tranche der Wocheneinkäufe zu erledigen. Dabei „belohnte“ ich den jungen Mann für seine tatkräftige Unterstützung mit einem Eis. Gleich nach unserer Rückkehr heizte ich eine Sauna an – und diesmal blieben wir nicht zu dritt, denn unser junger Kater gesellte sich zu uns und machte es sich unter dem Schaukelstuhl von Sohn Nr. 3 gemütlich. Währenddessen werkte unser Ältester an einer Deutschaufgabe, die er eigentlich schon vor Ostern hätte abgeben müssen, es galt eine Inhaltsangabe eines Klassikers, nämlich der Kurzgeschichte „Die Küchenuhr“ von Wolfgang Borchert zu verfassen. Trotz aller Unterstützung durch mich, kam er keinen Schritt weiter, es fehlte ihm nicht am Können, sondern ganz eindeutig an der Motivation. So entstand ein Drama, das allerdings nicht in einer Tragödie sondern in eine Tragikomödie mündete. Humor ist bekanntlich, wenn man trotzdem lacht. Hier in aller Kürze zum Mitlachen: Aufgrund seines langen „Arbeitens“ verabsäumte er es, seine Vater anzurufen, augenscheinlich hatte er hier ein Telefonat ausgemacht. Sein Versäumnis führte dazu, dass es eine Flut von SMS seitens des Vaters auf meine Liebste niederregnete, in deren Worten auch ich ordentlich Fett abkriegte. Es waren die uns schon seit Jahren bekannten Vorwürfe, die immer mit Begriffen umschrieben waren, die in Richtung Kreditschädigung, ja strenggenommen in Richtung „Üble Nachrede“ gingen. Am Schluss stand dann das auch schon gewohnte „Dann sehe ich mich gezwungen, die Behörden einzuschalten“. Es galt also im Gespräch mit unserem Ältesten, die Dinge wieder auf den Boden der Realität zu bringen, und ihm einmal mehr klar zu machen, was ein Maulen über sein so beschwerliches Leben bei seinem Vater bewirkte - und damit für uns als liebevoll sorgende Bezugspersonen. Ich erinnerte mich an den Bericht eines Teilnehmers im gestrigen Fußballmeeting, der von seinem gleichaltrigen Sohn und den von ihm gesetzten Maßnahmen im Hinblick auf sein Lernverhalten erzählte. Da können wir nicht mithalten, wollen es auch gar nicht, werden aber dennoch immer wieder ausführlich beschuldigt. Nun, der junge Mann war einsichtig, noch dazu hatte ich ihm vorher auch noch eine Inhaltsangabe der von ihm zusammenzufassenden Geschichte aus dem Internet runtergeladen, als Basis für seine eigenen Ausführungen – und damit schaffte er es dann doch noch. Wir konnten alle erleichtert aufatmen – nur unser Jüngster war sauer, verzögerte sich doch der geplante Filmabend um eine knappe halbe Stunde. Unser Leben schreibt bezüglich der Söhne meine Frau, unserer Jungs, die seltsamsten Geschichten und immer wieder sind wir diejenigen, die kalmieren, berichten und erklären müssen, obwohl wir ein so vorbildliches Familienleben aufgezogen haben, dass sich eigentlich alle, auch unsere beiden Älteren, sauwohl fühlen müssten. Auch hier gilt es Aesop zu folgen. Die Butter aber ist noch nicht hart genug. Abends zum Auftakt des neuen Lebenstages zwei Stunden Hörbuch-Hören. Fein.
Und morgens dann nach dem Frühstück läutet es und die Post bringt den neuen Laptop für meine Frau, ein Lenovo Thinkpad R61, massiv, funktionell, in alle Bestandteile zerlegbar. Ich bin gleich einmal eineinhalb Stunden beschäftigt, um den Desktop für meine Liebste einzurichten, und das neben einem Putzvormittag und dem Mittagessenkochen. Nicht so ganz stressfrei, aber ich laufe in diesem Modus zu Höchstleistungen, bin ganz in meinem Element, aber nicht sicher, ob mir das wirklich gut tut oder ob es nur eine angelernte Verhaltensweise ist, um allem und allen zu entsprechen. Ich fürchte letzteres und sehne mich danach, in solchen Situationen bei mir zu bleiben und nicht in den „Notfallmodus“ zu wechseln. Pünktlich zur Mittagszeit ist immerhin alles erledigt. Ach ja, zusätzlich gab es noch Aufregung um Kater Dario. Er blieb für eine knappe Stunde verschwunden, ich suchte den Garten ab, seine gewohnten Plätze, ich rief, meine Frau unterstützte mich – und da hörte sie ein leises Miauen. Ich öffnete die Abstellraumtüre und er lief – etwas verstaubt - in Windeseile nach draußen. Hätten wir gleich daran denken können, er dürfte da flink wie er ist, mit jemandem, der die Frühstückssachen in den Kühlschrank gebracht hatte, mit hinein geschlüpft sein. Mein Herzklopfen klang nur langsam ab, doch die Sorge war völlig unberechtigt gewesen. Mit ein bisschen mehr Ruhe und dem dadurch klareren Verstand hätte ich ziemlich bald auf diese Idee kommen können. Na gut, beim nächsten Mal wird diese Option gleich mal herangezogen. In der "Mittagspause" dann schnell meine Radiosendung für den nächsten Tag zusammengestellt. Puh, auch das war geschafft. Am Nachmittag kam dann ein „Ostersackerl“ einer lieben Freundin mit dem versprochenen Buch vom Zauberer von Oz, einem Sakko für unseren Jüngsten (das früher ihr Sohn getragen hatte) und 5 Schokoosterhäschen. Wir hatten große Freude und ich bedankte mich gleich via whatsapp. Abends dann eine ausführliche Besprechung im Fußballverein (virtuell), die aktuelle Situation im Hinblick auf Meisterschafts- und Trainingsbetrieb sowie die finanzielle Situation musste geklärt werden. Es war aber noch viel mehr als das, wir tauschten uns auch über unsere persönliche Situation aus, wir übten uns in Humor und stießen (auch virtuell) mit einer Flasche Bier an. Auch der von mir verfasste Beitrag über die Vereinsgeschichte für die heuer im Herbst erscheinende Chronik unseres Dorfes wurde „abgesegnet“. Für den nächsten Vormittag war ja eine Pressekonferenz des Sportministers angekündigt, in der Vorgaben für den Breiten- und Spitzensport erfolgen sollten. Wir gingen davon aus (was sich dann auch als richtig erwies), dass die Meisterschaft in der Landesliga abgebrochen werden würde, dass ein Trainingsbetrieb nur unter Auflagen wieder aufgenommen werden könnte (was noch nicht klar ist und erst vom zuständigen Landesverband bestimmt werden wird) und der Kinder- und Jugendfußball voraussichtlich auf Eis gelegt werden würde (was noch nicht endgültig entschieden ist). Es war trotz der „unheimlichen“ Atmosphäre ein durchaus gelungener Abend im Kreise alter Kameraden. Einer von ihnen, der bei der Bank arbeitet, überraschte uns mit der Aussage, dass das Wertpapiergeschäft in den letzten Wochen mehr Volumen hatte als im ganzen Vorjahr, auch die Gold- und Silberkäufe seien ins Unermessliche gestiegen, es könnten derzeit gar nicht genug Münzen geprägt werden. Tja, so ist die Menschheit. Ob mein anfangs spürbarer Optimismus bezüglich nachhaltiger Änderungen nach der Krise sich bewahrheiten wird, steht also mehr denn je in den Sternen. Und noch eines: Der deutsche Sportartikelriese erhält mit Unterstützung der deutschen Bundesregierung eines Förderkredit zur Bewältigung der wirtschaftlichen Situation aufgrund der aktuellen Krise. Verblüffend. Zumal die Herren im Vorstand sich vor kurzem nicht zu blöd waren, die Mieten für ihre Läden aussetzen zu wollen. Lobbying ist alles. Und: Grundeinkommen geht gar nicht. Ist ja keine Lobby da, sind ja lauter Einzelfälle. Sarkasmus off. Über Facebook war ich auf die virtuelle Bibliothek der Arbeiterkammer Niederösterreich gestoßen. Ich wurde kostenlos und pfeilschnell Leser und entschied mich nach kurzer Suche, zur Schonung meiner Augen, die vom vielen Arbeiten am Computer schon recht müde waren, für ein Hörbuch. Einer meiner zahlreichen Lieblingsautoren ist Hakan Nesser, ich wählte den Titel „Am Abend des Mordes“ und stellte bald fest, dass ich dieser Werk schon gelesen hatte. In der Darbietung von Dietmar Bär, der den Kommissar Freddy Schenk im Tatort Köln spielt war es aber wunderbar anzuhören.
Die Nacht war wohl auch wegen der Story unruhig, am morgen überfiel mich, unserem Kater Dario gleich, ein leichtes Unwohlsein, das meine Stimmung erheblich trübte. Eine Mischung aus Nervosität, Angst und Bauchgrimmen hielt den ganzen Tag über an. Da ich kein Mann bin, der sich deswegen ins Bett legt – und die Fülle meines Lebens eine solche Auszeit auch nur im äußersten Notfall ermöglicht – ging ich meinem Tagwerk nach. Eine wesentliche Aufgabe war es, meinem Jüngsten die Möglichkeit zu geben, sein selbstgestecktes Ziel zu erreichen, nämlich das kleine Einmaleins einmal vollständig durchgearbeitet zu haben. Und er schaffte die Sache noch vormittags, womit er sich seine Belohnung, die neuen Tischtennisschläger, sichern konnte. Und dann ging‘s gleich ans erste Match, das ich diesmal in 3 hart umkämpften Sätzen gewann. Ich war begeistert von den neuen Spielgeräten, da sie mir Schläge ermöglichten, die ich schon lange nicht mehr geschafft hatte. Aber auch mein Junior konnte den einen oder anderen Superschlag landen und mich damit überraschen. Aufgrund unserer Begeisterung kamen wir verspätet zum Mittagessen, was meiner Liebsten ziemlich auf dem Magen schlug. Zudem kritisierte Sohn Nr. 3, dass die „Bärenbutternudeln“ diesmal mit Bröseln ohne Sardellen auskommen mussten, obwohl sie gekauft worden waren. Grund war auch diesmal unser Mittlerer, der Feinspitz, der sich lieber Pesto über die Nudeln leerte, als geröstete Semmelbrösel. Und auch ich trug meinen Teil zur deswegen kurz danach und während des Essen auftretenden Auseinandersetzung bei, hatte ich doch moniert, dass rund ein Viertel der „Sardellenbrösel“ regelmäßig übrig bliebe, weil nicht alle mitäßen. Es wurde eine fruchtbringende Streiterei, da auch andere Essensthemen auf den Tisch kamen und Neuregelungen für die Speiseplanerstellung und die Einkaufsliste sowie besondere Essensbedürfnisse beschlossen wurden. Der Praxistest in der kommenden Woche wird zeigen, wie tragfähig diese sind. Der von den Meteorologen angekündigte Regen setzte nachmittags nur spärlich ein – und wurde entgegen den Vorhersagen auch zum Abend hin bzw. über Nacht nicht stärker, sondern ebbte schon am späten Nachmittag vollkommen ab. Die Trockenheit nimmt damit leider schon sehr früh im Jahr erhebliche und lebensfeindliche Ausmaße an. Vor dem Abendessen nahm ich mir noch ein fünfzehnminütiges Timeout im kühlen und feuchten Garten, sog die vom Regen duftende Luft tief in die Lungen und machte eine Runde durch unser kleines, feines Grün, um zu entdecken, was uns die Natur dennoch schon beschert hatte: ein wahres Wunderwerk, das wir Menschen tagtäglich mit Füßen treten und uns damit selber „das Wasser abgraben“ (auch im wahrsten Sinne des Wortes.) Es ist schon Mittwochabend (der Beginn des 53. Tages in meinem 55. Lebensjahr) und erst heute habe ich wieder die nötige Ruhe, um meinen Blog zu Papier zu bringen. Eine Fülle von Notizen habe ich gesammelt, eine Fülle von Erlebnissen gehabt und eine Fülle von Notwendigkeiten zu erfüllen gehabt, so dass mir fast der Atem weggeblieben ist und ich ziemlich unter Strom stand. Gerade eben hat es sich auch Kater Dario, der in den letzten Tagen auch eines meiner Sorgenkinder war, laut schnurrend auf meinem Schoß bequem gemacht, ich sitze an meinem Schreibtisch, es ist schon fast zehn Uhr nachts und ich beginne meine Gedanken in Worte zu fassen. Mal sehen, wie viele Tage ich beschreiben mag.
Der Karsamstagabend war also nicht den Feierlichkeiten zur Osternacht gewidmet, auch das ins Auge gefasste Osterfeuer im Feuerkorb im Garten fand nicht statt, mein Jüngster und ich widmeten uns dem Musical „Cats“. Ich muss gestehen, dass es eines jener Bühnenstücke war und ist, die mich nicht sonderlich vom Hocker reißen. Meinem Sohn ging es genauso, dennoch hielten wir bis zum Ende durch. Und am Morgen begannen dann die Sorgen mit unserem Familienzuwachs. Kater Dario hatte keine Lust u fressen, er wirkte auch schlapper als in den letzten Wochen, suchte im Garten Plätze auf, an denen er ungestört ausruhen konnte, knabberte mittags bloß an ein paar „Fransen“ vom herrlichen Osterschinken und ließ den ganzen Tag über seine ansonsten gute Laune vermissen. Am Nachmittag dann kam ich nach Internetrecherche zur richtigen Diagnose. Der junge „Mann“ nagte am gerade ausbrechenden Zahnwechsel. Schnell hatte ich die passenden homöopathischen Arzneien zur Hand und – ich nehme es vorweg – am übernächsten Tag war er stimmungsmäßig wieder der alte. Der Ostersonntag sollte jedenfalls gebührend gefeiert werden – und er wurde es. Vor dem reichlichen, diesmal gemeinsamen Familienfrühstück, wurden alle auf Ostereiersuche im Garten geschickt, die sehr erfolgreich verlief. Danach gab es die tags zuvor gekauften Köstlichkeiten. Ich stellte mich an den Küchenherd und bereitete Osterschinken und Kartoffelpüree zu, es mundete fast allen. Sohn Nummer zwei hatte Extrawünsche und bereitete sich statt des stattlichen Schinkens Extrawürste, also Frankfurter. Den Osterschinken aß er dann überraschenderweise abends kalt, obwohl er ihn mittags im warmen Zustand heftig abgelehnt hatte. Am Nachmittag stand einmal mehr ein virtueller Besuch im Circus Pikard am Programm, wir sahen jene Show aus 2018, die wir damals auch live gesehen hatten. Knapp vor dem Abendessen versorgte uns ein lieber Freund mit einem großen Sack frisch geerntetem Spinat aus seinem Garten. Und wir warteten vergeblich auf unseren Ältesten, der dem Küchendienstplan gemäß das Abendessen hätte bereiten sollen. Er kam wie schon vor einer Woche um knappe 30 Minuten zu spät heim – und da führte zu einer heftigen Diskussion mit einem – wie ich meine - guten Ausgang. Nachdem er im Lauf des Streitgesprächs seine Mutter heftig beleidigt hatte und ich ihm verbal und laut den Kopf gewaschen hatte, kamen wir doch noch zu einer gütlichen Einigung. Der Grund für sein Zuspätkommen war ein Telefonat mit seinem Vater gewesen, dass er auf seinem Spaziergang geführt hatte – und zwar just in jener Zeit, in der er seinen familiären Verpflichtungen hätte nachkommen sollen, obwohl er doch den ganzen Sonntag über dafür Zeit gehabt hätte. Die Einigung sah mehrere Optionen für den kommenden Sonntag vor, aus denen Junior Nr. 1 wählen kann. Das half aber letztlich nicht weiter, denn – und auch das nehme ich schon vorweg – führte wenige Tage später zu einer dieser Herausforderungen, die mich am Schreiben hinderten: Meine Liebste bekam eine der zahllosen SMS seines Vaters mit dem Inhalt, sie möge doch dem armen Buben keinen Hausarrest verpassen und ihn daran hindern, mit seinem Vater zu telefonieren. Hier möchte ich ein wenig ausholen, um mir die nötige Luft zu verschaffen: Jener Mann ist nämlich (ich deutete es vor kurzem hier schon an) ein ähnlich schwieriger Charakter als jene Frau, die mein Leben zu beschweren suchte. Jener Mann ist nämlich, nachdem sich meine Liebste vor mehr als zehn Jahren endlich aus seiner Umklammerung befreien hatte können, damals nach Berlin aufgebrochen, um sich als Künstler, genauer gesagt als Musiker, noch genauer beschrieben als Saxophonist zu verwirklichen. Er ließ sich geraume Zeit bei seinen Söhnen nicht blicken. Er beschloss, sein Leben so einzurichten, dass es ihm nicht möglich war, Unterhalt für seine Söhne zu bezahlen (was er bis heute nicht tut). Und er fasste den Plan, das Leben seiner Söhne – nachdem er wieder aufgetaucht war – unter Kontrolle zu bringen – und damit auch uns. Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, aber es war und ist eine enorme Herausforderung für uns alle, insbesondere seine Söhne, unsere Jungs, mit diesen Anforderungen umzugehen. Ein sieben Jahre lange dauerndes Besuchsrechtsverfahren wurde erst im Vorjahr abgeschlossen. In ihm wurde festgehalten, was ohnehin über all die Jahre state of the art war und es wurde von der zuständigen Richterin auch – trotz zahlreicher Interventionen des Kindesvaters, u.a. unter Einschaltung des Jugendamtes sowie der Verunglimpfung von uns als Rabeneltern – festgestellt, dass die alleinige Obsorge bei der Mutter verbleibt. Kurz nach diesem Beschluss, der noch in Wien gefasst wurde, obwohl wir schon eineinhalb Jahre am Land lebten, wurde vom Kindesvater neuerlich ein Antrag bei Gericht gestellt, diesmal auf alleinige Obsorge durch seine Person. Und das ganze Werkel ging von neuem los, inklusive Jugendamtsbesuchen. Hier stoße ich mit meiner Fantasie an meine Grenzen. In einer Familie wie unserer, wo die Kinder an der ersten Stelle stehen, wurde aufgrund falscher Behauptungen und Anschuldigungen ein neues Verfahren eröffnet, obwohl wir – und das sage ich deswegen, weil uns das die von uns zur Unterstützung herangezogenen BegleiterInnen aus Pädagogik und Psychologie sowie Therapie attestieren – alles zum Wohl unserer Jungs tun. Dennoch läuft das neuerliche Verfahren und das Ziel des Vaters ist es, sein Jungs nach Berlin zu sich zu holen – obwohl er keinerlei Perspektiven für Schul- und Berufsausbildung vorlegen kann und auch seine finanzielle Situation sowie seine pädagogische Kompetenz absolut dagegen sprechen. Eine harte Nuss und eine Persönlichkeit, die zu überzeugen weiß. Zumindest so lange, bis der Lack abbröckelt und seine aggressive Note zum Vorschein kommt. Aber auch mit letzterer konnte er bei den verantwortlichen Damen (und es waren und sind ausschließlich weibliche Personen, die hier ihre Expertise abgeben) den nötigen Nachdruck erzeugen. Tja, wir haben‘s nicht leicht. Aber noch schwerer haben‘s seine Söhne, unsere Jungs. Ich träume noch immer davon, dass er das einmal begreifen möge – und alles gut wird. Das Abendessen stand also unter dem Eindruck dieses Konflikts zwischen unserem Ältesten und uns – und wir waren alle ziemlich geschafft, aber in diesem Moment auch stolz, eine Lösung gefunden zu haben und Junior 1 Perspektiven und Grundlagen für einen eigenen Vorschlag gegeben zu haben. s ist der Morgen des Ostermontag, ich habe mich früher als alle anderen aus dem Bett geschlichen, sitze an meinem Computer und möchte die beiden vergangenen Tage für meinen Blog Revue passieren lassen. In mir ein Wunsch, ermüdet vom Ausnahmezustand, verängstigt von dem, was mein Leben prägt, auf so vielen Ebenen. Der Wunsch, noch einmal in einen Urzustand zurückkehren zu können, in jene Phasen meiner Kindheit, in denen das Leben jeden Tag mit der Zuversicht füllte, dass einmal alles besser sein würde., in denen ich an eine Zukunft glaubte, an der ich in jedem Moment, mit jedem Atemzug bauen konnte, um sie zu verwirklichen. Doch in meine Kindheit möchte ich nicht wirklich zurückkehren, hatte sie doch viele Tage, die mir auch schwer zusetzten und mich in Hoffnungslosigkeit gefangen hielten. Aber es gab eben jene Momenten, in denen alles so klar war und das ganze Leben noch vor mir lag. Heute rechne ich wieder einmal, rechne ab, verfluche meine Fehler, die bis heute nachwirken und mein Leben mit Herausforderungen beschweren, die es schwerer machen, die gegenwärtigen Herausforderungen zu bewältigen. Ein sinnloses Unterfangen. Der Sinn liegt genau darin, dass es so ist. Und die Zufriedenheit und das Glück finde ich nur, wenn ich mich genau jenem Leben stelle, das gerade jetzt gelebt werden will. Kater Dario jedenfalls hat mich gleich nach dem Aufstehen herzlich begrüßt, er nimmt auf meinem Schoß Platz und schnurrt mir beruhigend zu. Ein Segen.
Am Beginn meines neuen Lebenstages, dem Karfreitagabend, stand das Schreiben am Plan, es war mir auch wichtig, von einer dunklen Phase meines Lebens zu berichten, die mich immer wieder einholt. Positiv gesprochen war sie und ist sie noch sehr lehrreich. Aber wer will schon gerne belehrt werden. Ich saß fast zwei Stunden an der Reflexion von zwei Lebenstagen und nicht immer fand ich die passenden Worte. Dennoch war ich erleichtert, als alles aufs „Computerpapier“ gebracht worden war. Ich schrieb abends erstmals draußen, Kater Dario kuschelte sich einstweilen drinnen in sein Körbchen. Als ich dann nach einem kurzen Plausch mit meiner Liebsten endlich ins Bett fiel, kam Kater Dario sofort angelaufen und legte sich mit einem Satz in mein Schlafgemach zu meinen Füßen. Dem Einschlafen war dadurch ein einfacher Weg bereitet. Der Karsamstag bot anfänglich Alltägliches, es mussten noch einige kleinere Einkäufe erledigt werden und ich musste dabei endgültig zur Kenntnis nehmen, dass ich an diesem Osterfest mangels Germ weder Pinze noch Brot selber backen konnte. Meine Liebste ergatterte aber ein tolles Exemplar und noch dazu ein Sandkuchen-Osterlamm. Mein Jüngster war an diesem Tag sehr motiviert, er wiederholte an diesem Vormittag mit mir gemeinsam die Malreihen von zwei bis fünf und war auch schon ziemlich sattelfest. Seine Belohnung, die neuen Tischtennisschläger und -bälle, die schon vor einigen Tagen per Post eingetroffen waren, für unsere zukünftigen Fights am Gartenesstisch trugen nicht unwesentlich dazu bei. Für den Nachmittag hatten wir den Plan gefasst, endlich den uns schon vor Wochen angebotenen Kirschbaum aus dem Garten einer Freundin abzuholen. Bewaffnet mit Spaten und Radanhänger sowie in Arbeitsmontur machten sich meine Frau, unser Jüngster und ich also auf den Weg. Es waren feine zwei Stunden mal woanders als auf unserem Hof, der Baum, rund zwei Meter hoch gewachsen, war schon ziemlich fest verwurzelt und es brauchte daher seine Zeit in auszugraben. Der Boden vor Ort schöne Lösserde, locker und daher leicht wegzuschaufeln. Bei uns im Garten haben wir ganz schweren Lehmboden, was das Graben unerhört schwer macht, wie ich zuletzt beim Einsetzen unserer Tanne und davor schon beim Pflanzen des Apfelbaumes und dem Anlegen unseres Minibiotops feststellen hatte müssen. Die Hausherrin ließ uns im der aktuellen Situation gebührenden Abstand ein und ließ uns dann auch ungestört unsere Arbeit verrichten. Vor dem Heimfahren ergab sich dann noch ein anregendes Gespräch über Aktuelles, Bildung und die Chancen der Krise, deren Gefahren noch immer das Hauptthema der Berichterstattung waren. Wor bleibt die Perspektive, wo sind die ambitionierten Verantwortlichen, die nicht nur managen sondern uns auch eine Zukunft vor Augen führen können, die (wieder) lebenswert ist. Ich vermisse sie schmerzlich – und erinnerte mich an mein Telefonat mit Thomas Mohrs vom Donnerstag, in dem er mir auch mitteilte, dass er den jetzigen Gesundheits- und Sozialminister aus der Zeit, als der noch Landesrat in Oberösterreich gewesen war, kenne und sich Sorgen mache, wie lange er es noch durchhalten würde, den „Regierungssprech“, die soe genannte message control, beizubehalten, sei er doch ein grundehrlicher und authentischer Mann. Mit diesen Worten bestätigte er meine Wahrnehmung, dass sich der kleine grüne Regierungspartner viel zu oft, ja fast durchgehend vor den Karren des großen schwarzen (nun auf türkis schöngefärbt) Partners spannen lässt. Wieder daheim galt es dem Herzkirschenbaum sofort ein neues Heim zu geben, in dem er sich gut verwurzeln konnte. Darauf war ich zwar nicht vorbereitet gewesen, hatte aber nach dem Ausgraben schon fest damit gerechnet. Diesmal gab ich dem schweren Boden unseres Gartens immer wieder Wasser, um leichter und entsprechend tief in relativ kurzer Zeit (immerhin war schon Abendessenszeit) graben zu können. Das Vorhaben gelang mit tatkräftiger Unterstützung meiner Liebsten und unseres Sohnes, wir wünschen uns nun innig, dass unser Zuzügler seinen Platz einnehmen wird, um uns in Zukunft mit Blüten und Früchten zu erfreuen. Das gemeinsame, einfache Abendessen mundete vorzüglich und auch der selbstgemischte Radler tat seine Dienst und trug wesentlich zu einer schnellen Entspannung bei. Die Osternacht stand vor der Tür und einen Moment lang überlegte ich, einen der vielen Livestreams mit den katholischen Feierlichkeiten zu verfolgen oder in Feuerkorb ein kleines Osterfeuer für die Familie zu entzünden, aber es fehlte mir am nötigen Animo. Ich erinnerte mich an jene Osternacht in der Pufferzone nächst Famagusta in Zypern (von der ich in diesem Blog schon erzählt habe), an die vielen Auferstehungsfeiern am Nachmittag des Karsamstags in meiner zweiten Heimat in der Steiermark, die zwar sehr konventionell, aber durchaus stimmungsvoll waren, ebenso an jene Nächte, später als (junger) Erwachsener mit der Caritasgemeide in Wien, die sehr eindrucksvoll und berührend waren, und an eine Feier, die in den frühen Morgenstunden des Ostersonntag von der Nacht in den Morgen führte, in einer Pfarre in jener Stadt, in der ich die letzten sieben Jahren meines Lebens vor dem großen Umbruch vor zehn Jahren verbracht hatte. Der dortige Pfarrer war ein wenig jünger als ich (und ist heute und das schon seit Jahren Weihbischof in der Bundeshauptstadt), ich hatte damals, herausgefordert von der Lebensgemeinschaft mit jener Frau und ihrem, damals schon meinem Sohn, Unterstützung gesucht, spirituelle Kräftigung, um durchzustehen, was nicht durchzustehen war. Damals war ich auch in eine Ausbildung zum Diakon gestartet, hatte jene Frau deswegen sogar kirchlich geheiratet (aber niemals standesamtlich, was eigentlich nicht möglich ist, aber ich hatte in jener Zeit eine bedenkliche Meisterschaft erreicht, auch das Unmögliche verwirklichen zu können) und wurde dann von ihr schamlos im Stich gelassen, als es darum ging, mich auf diesem Weg zu unterstützen, worauf meine Ausbildung kirchlicherseits gecancelt wurde. Damals brach eine Welt zusammen, heute bin ich dankbar, nicht Diener dieser Kirche sein zu müssen, die ich letztlich vor zehn Jahren verlassen habe. In jener Zeit war ich auch als Begräbnisleiter aktiv, gefördert vom Vater jener Frau, der als katholischer Priester in einer kleinen Pfarrei am östlichen Stadtrand von Wien werkte, einem Ort, an dem ich auf meinen Fahrten nach und von Wien mit dem Zug regelmäßig vorbeikomme und den auch mein Vater für seine Pfadfinderevents noch lange vorher entdeckt hatte und der mir deswegen schon lange vertraut ist. Die siebenjährige (!) Zeit in jener Bezirkshauptstadt südlich von Wien war auch eine sehr lehrreiche und sie führte schließlich zum ernsten Knacks mit jener Gemeinschaft, die mich in den mehr als vier Lebensjahrzehnten nachhaltig geprägt hatte. Zuerst durch die Sozialisation meiner Eltern, vornehmlich meiner Mutter und ihrem ver-rückten Gottesbild von einem Wesen, dass alles sieht (und nicht eines, das auf uns – im positiven Sinn – schaut). Dann im Gymnasium die Konfrontation mit den Sichtweisen des Mystikers Teilhard de Chardin, die ich nicht fassen konnte, danach meine Mitwirkung in drei Pfarren in Wien, in jener meines priesterlichen Schwiegervaters sogar als Pfarrsekretär, dann meine Konfrontation mit meinem Kindheitsglauben im Rahmen der Ausbildung zum Religionslehrer, um mit tiefenpsychologischer Bibeldeutung und Symboldidaktik das von meiner Mutter geprägte Gottesbild endlich über Bord werfen zu können und den befreienden Charakter eines liebenden Gottes erfahren zu dürfen, dessen Willen ich mich aber weiterhin gerne widersetzte. Wenn ich hier vom Willen Gottes spreche, so möchte ich ihn heute eher als die Anforderungen meines Lebens oder meines Schicksals (aber bitte nicht im fatalistischen Sinn) bezeichnen. Da ist mir ein Schlüsselerlebnis ganz besonders in Erinnerung: Ich stand in der Vorhalle jener Pfarre in jener Bezirkshauptstadt, wartete (worauf eigentlich?), zwischen Pfarrsaal und Kapelle. Da hörte ich meinen Namen rufen. Eine männliche Stimme in mir, die mir vertraut, aber nicht bekannt war, rief mich, mehrmals. Ich machte mich sogar auf die Suche nach dem, dem sie gehörte, ich fand ihn nicht. Schon einige Zeit später wurde mir bewusst, dass diese Stimme nicht aus dem Inneren des Pfarrhauses gekommen war, sondern von draußen. Ich war also aus der Kirche herausgerufen worden. Mein Weg war nicht der, den ich unbedingt gewollt hatte – und das begriff ich erst, als ich meine heutige Frau kennen gelernt hatte. So sind die Osternächte, so ist Ostern für mich ganz im ursprünglich jüdischen Sinne des das Osterfest begründeten Pessachfestes, ein Fest der Befreiung geworden, ein Tag des Bewusst-Seins, dass ich auch gegen meinen ursprünglichen Willen auf meinen Weg und zu meinem wahren Willen gebracht worden bin. Und für diese, meine damit errungene Freiheit gilt es einzustehen, was nicht immer so leicht ist, wie ich mir das wünsche. Die Tage werden spürbar länger, die Temperatur gleicht jener an finnischen Sommertagen. Wie wohl ich gestehen muss, dass während unserer letzten Finnlandaufenthalte im Sommer „indian summer“ herrschte. Auch wir hatten mitten im Wald, mitten am Land in der Nähe eines großen Sees etliche Nächte, in denen wir über 20 Grad Celsius maßen. Sauna war dennoch Pflicht, leistet sie doch einen wesentlichen Beitrag zur körperlichen und seelischen Gesundheit.
Mein Jüngster hatte Lust auf Fußballschauen, wir entschieden uns für einen deutschen Schlager und zwar für das Cupfinale aus 2012 zwischen dem BVB und den Bayern. Lewandowski stürmte damals noch für die Dortmunder, Alaba spielte schon für die Bayern, ein gewisser Jürgen Klopp coachte die Männer aus dem Ruhrpott und – ein weiterer wesentlicher Unterschied zu heute – die Schwarz-Gelben zerlegten die Mannschaft aus München mit 5:2 und holten damit in diesem Jahr sogar das Double. Im Anschluss begab ich mich ob des warmen Abends nach draußen und rauchte eine Selbstgedrehte. Bei unserer Fahrt zur Apotheke am Nachmittag waren meine Liebste und ich auch an der Trafik vorbeigekommen und ich hatte Lust, mir eine Packung Tabak zu kaufen. Es war die erste Zigarette seit über einem Jahr und sie schmeckte vorzüglich. Ich bin Genussraucher und aus diesem Grund bin ich mir sicher, dass der von mir gewählte Virginia ohne Zusatzstoffe irgendwann vertrocknen wird, noch bevor alles verraucht ist. Um den Genuss noch zu erhöhen genehmigte ich mir ein Achtel Rotwein von unserem Lieblingswinzer und kurze Zeit später gesellte sich auch meine Liebste zu mir und wir plauderten über dies und das, das Leben halt. Zum Schluss zerdepperten wir noch eine fast volle Flasche Rotwein, aber Scherben bringen bekanntlich Glück und so trugen wir‘s mit Fassung. Ein gelungener Abend. Nach dem Frühstück stand der wöchentliche Großeinkauf am Programm, zudem war eine Replik auf den blauen Brief vom Vortag zur Post zu bringen und Bargeld zu besorgen, um die nächste Lieferung vom Winzer bezahlen zu können und die Taschengeldschulden bei unseren Jungs zu begleichen (wir hatten nämlich aufgrund unserer geringeren Einkünfte durch die aktuelle Situation die Auszahlung reduziert). Während der Fahrt auf dem Rad zum Gewerbepark mit meiner Mund-Nasen-Bedeckung um den Hals hatte ich eine Vision. Ich könnte doch, so meine Gedanken, endlich meinen Kindheitstraum wahrmachen, und mich als Cowoboy durch die staubigen Straßen und in den Stores bewegen. Mein „Piratentüchl“ vor Nase und Mund und auf dem Kopf einen Cowboyhut vom Feinsten. Letzteren müsste ich allerdings noch besorgen. Auf diese Weise könnte der Humor das schlechte Gefühl des Gezwungen-Werdens besiegen, bin ich doch ein erklärter Gegner der „Maskenpflicht“, halte mich aber aus gelebter Solidarität (und nicht aus Gruppenzwang) daran, in der Hoffnung, dass sich die Sinnhaftigkeit der Maßnahme möglichst früher als später ad absurdum führt. Fürs Mittagessen bereitete ich gebundene Gemüsesuppe nach Omas Rezept und Milchreis mit Äpfeln zu. Es mundete der ganzen Familie, was mich freute. Kater Dario hat die Angewohnheit, wenn wir ans Tischdecken gehen (ob indoor oder outdoor), sofort zur Stelle zu sein, um durch eindrucksvolles Maunzen seinen Anspruch auf Verpflegung geltend zu machen. Aufgrund unseres Einkaufs hatte er erst am späten Vormittag mit seinem täglichen „Freigang“ begonnen, er verbrachte auch die Mittagszeit im Garten, fetzte durch die Gegend und jagte alles, was sich bewegte. Irgendwann gegen 16 Uhr schlief er dann erstmals tief und fest, geschützt zwischen den Wäscheständern, draußen ein. Da Germ momentan und weiterhin Mangelware ist, war ich gezwungen unseren Osterstriezel nicht selber zu machen, sondern zu kaufen. Junior Nr.1, unser Ältester, der verträumte Dichter und verwirrte Professor, packte diesen – wie ich, als ich das Brot fürs Abendessen schnitt, bemerken musste – in unseren Brotsack und stopfte obendrauf noch Brot und Toast, so dass sich der Striezel in Mitte gefaltet hatte und völlig außer Form geriet. Ich war verärgert. Es war an unserem Ältesten, hier einen Lösungsvorschlag zu entwickeln. Wir einigten uns schließlich darauf, dass er durch eine Einzahlung von seinem Taschengeld in die Haushaltskasse das Backwerk zu seiner Verwendung erwarb, und am nächsten Tag von uns Eltern ein neuer für die Familie gekauft würde, der auch so ansehnlich war, dass er einen gebührenden Platz am Feiertagstisch verdiente. Kater Dario hatte an diesem Tag auch ein Missgeschick zu vermelden. Wir hatten einen Teil des Holzstreus in unseren Brennholzkorb geleert, da wir seine „Außentoilette“ wegen fortwährender Nichtbenützung aufgelassen hatten und im Kastekisterl indoor noch kein Nachschub notwendig war. In seiner Freude über eine vermeintlich zweite Toilette, benutzte er diese auch. Allerdings hinterließ sein Geschäft eine Lacke unter dem Korb. Wir waren gnädig, ärgerten uns nur über uns selber, hatten wir das Missverständnis doch erst hervorgerufen. Der Nachmittag im Garten endete mit einem Abendessen im Freien und meiner Vorfreude auf einen weiteren Abend im Grünen. Ein Film in bester Besetzung mit ebenso guter Kritik fand zum Start des neuen Lebenstages bei mir keinen Anklang. Ich schlief früher ein als sonst.
Und am nächsten Morgen ging es recht früh schon ans Vorbereiten des Mittagessens, der Ofen musste angeheizt werden und die Kartoffel geschält, denn es gab Erdäpfelgulasch nach Art meines Vaters, allerdings weniger scharf, also familienkompatibel. Alles war rechtzeitig fertig und ich war mit dem Ergebnis der knapp zweistündigen Arbeit aufs Höchste zufrieden. Der Nachmittag dann eine Hochschaubahn der Gefühle. Zuerst ging ich unvoreingenommen zum Postkasten in Erwartung der beiden von mir bestellten Filme (Ich schrieb davon: Der Zauberer von Oz und Die unendliche Geschichte). Drin aber lag bloß ein blauer Brief. Bloß? Zuerst einmal war ich verblüfft, dass nun selbst blaue Briefe einfach ohne Empfangsbestätigung zugestellt werden, wahrscheinlich eine Regelung auf Basis der aktuellen Notfallsmaßnahmen. Mir fehlte die Motivation, mich hier schlau zu machen. Der Inhalt des Briefes ein seit geraumer Zeit erwarteter Beschluss des Bezirksgerichtes Linz, man habe nun einen Sachverständigen eingesetzt, um meine Einkommens- und Vermögenslage abschließend beurteilen zu können. Der Grund? Eine lange Geschichte, die ich hier in kurzen Worte erstmals einer größeren Öffentlichkeit preisgeben werde, ein Coming-Out der besonderen Art also. Begonnen hatte das ganze Schlamassel im Herbst 1994. Es war eine Zeit des Lebensumbruches, ich war ein halbes Jahr lang in einem zu jener Zeit sogenannten vegetativen Erschöfpungszustand verharrt und machte gerade die ersten Schritte in mein neues Berufsleben. Als seit sieben Jahren verheirateter Mann und Vater von zwei Töchtern galt es behutsam vorzugehen. Aber das Leben will es manchmal stürmisch – und wenn eines wohlerzogenen Menschen manipulierter Geist auf Wanderschaft geht, Herz und Seele befreit, dann brechen Dämme. Ich traf dazumals an meinem ersten Abend auf der Religionspädagogischen Akademie, an der ich sechs Jahre lang berufsbegleitend zum Religionslehrer für den gesamten Pflichtschulbereich (Volks-, Mittel- und Polytechnische Schule) ausgebildet wurde, jene Frau, die mir mein Leben ungemein schwer machen sollte, weil ich es viel zu lange zuließ. Eine junge Frau, im sechsten Monat schwanger mit einem Sohn, dessen Vater nichts davon erfahren sollte und dessen „geplanter“ Vater sich der Aufgabe nicht stellen wollte, Tochter eines katholischen Priesters (wie sich erst später herausstellen sollte), ein höchst ambivalentes Wesen aus einer Mischung aus Hilfsbedürftigkeit und Grenzenlosigkeit. Ich roch die Freiheit, ich fühlte mich in meiner Rolle als Frauenversteher und -retter angesprochen (was ich übrigens meiner Mutter zu verdanken habe, aber das ist eine andere lange Geschichte, die ich hier – noch - nicht explizieren will). Wir verloren uns dann für knapp ein Jahr aus den Augen, da sie sich vom Studium karenzieren ließ, aber, das was ich durch die Begegnung mit ihr geschnuppert hatte, war so aufregend und anziehend, dass in den Jahren danach kein Stein auf dem anderen blieb. Das Studium beendete ich zwar im Jahr 2000 mit meiner Diplomprüfung, ich übernahm auch schon ab 1997 Lehrverpflichtungen als Religionslehrer in Wiener Schulen, aber ich verlor meine Frau und wurde zu einem unzuverlässigen Vater für meine Töchter, obwohl ich sie weiterhin zweimal unter der Woche und alle zwei Wochenenden betreute. Meine Seele aber war nicht wirklich bei ihnen. Und im ersten Jahr des neuen Jahrtausends bezog ich mit jener Frau und ihrem Sohn eine gemeinsame Wohnung. Der Junge war mir sehr ans Herz gewachsen, auch seine Situation mit dem nunmehr dritten Vater seines jungen Lebens, der nun wieder verschwunden war, rührte mein Mitgefühl und meinen Retterinstinkt. Aus einer Wohngemeinschaft wurde eine Beziehung, aus dem jungen Mann wurde mein Sohn, da ich ihn durch Eintrag in die Geburtsurkunde als meine leiblichen Sohn anerkannte. Ich war wie ferngesteuert in all den Jahren, ich lief geradewegs in mein Unglück. Ich war das Opfer vieler Manipulationen, man, also jene Frau, suggerierte mir, dass ich das Problem sei, was ich bereitwillig glaubte, obwohl ich mich durch ihre Lebensart immer tiefer ins Schlamassel ritt, persönlich und finanziell, Als ich dann vor rund zehn Jahren weder ein noch aus wusste, begegnete ich meiner Liebsten, der Allerliebsten. Zuerst auf Facebook, dann im realen Leben. Was ich damals um keine Preis wollte, war eine neue Beziehung anzufangen. Was das Leben mit mir vorhatte, war, mich brutal aus meinem Zickzackkurs herauszureißen und mir Kalt-Warm zu geben. Meine Liebste und ich trafen uns, verliebten uns, liebten uns. Und noch an jenem Abend gab ich der einen zu verstehen, dass es aus sei und entschloss mich, mein Leben in einer neuen Beziehung, die sich für mich wie das ersehnte Zuhause anfühlte, weiterzuführen. Doch es war ganz und gar nicht so einfach. Jene Frau entzog mir ihren Sohn. Alle Kontaktversuche schlugen fehl. Ich wurde auf Unterhalt verklagt, wogegen ich mich zuerst sträubte, dann aber einsehen musste, dass ich mit der Übernahme der Vaterschaft (die auch nicht wieder rückgängig gemacht werden konnte) auch Alimente zu leisten hatte. Ich tat dies bis zur Volljährigkeit des Jungen, ich erhielt aber weiterhin keine Antwort auf meine Briefe an ihn. Ich verlor die von mir gegründete Schule, ich musste mich beruflich neu orientieren, ich heiratete meine Liebste und wurde sozialer Vater ihrer beiden Söhne. Und ich wurde wütend über meinen Sohn und schrieb ihm zu seinem achtzehnten Geburtstag, dass er sich nun entscheiden solle, ob er mich treffen und mich als Vater akzeptieren würde oder ob er sich lieber an seinen leiblichen Vater halten wolle. Ich erhielt keine Antwort. Ich verlor in dieser Zeit auch den Kontakt zu meinen mittlerweile erwachsenen Töchtern, die jüngere (von der ich schon erzählt habe, weil sie zum Auftakt dieses Lebensjahres bei meinem Geburtstagsfest da war) hatte zwar rund vier Jahre bei mir und jener Frau gelebt, es war aber eine durchaus schwierige Zeit für sie. Die Jahre vergingen, rasend schnell und geprägt von all dem, was ich mit meiner Ex und auch meine Allerliebste mit ihrem Ex auszufechten hatten (und noch immer haben). Wir hatten in unseren vorherigen Beziehungen offenbar genau den gleichen Menschentyp zu unseren Partnern gemacht, Wesen, die mit ihrer Persönlichkeit wie die Faust aufs Auge zu unserem Persönlichkeitstypus passten. Nun, die Jahre vergingen also, und wir waren aufs Land gezogen, lebten in unserer neuen Heimat schon mehr als ein halbes Jahr als plötzlich jener erste blaue Brief aus Linz kam, in dem ich von meinem mittlerweile 24-jährigen Sohn auf Unterhalt geklagt wurde – und zwar rückwirkend auf 3 Jahre, weil es das Gesetz ermöglicht. Ich ließ mich beraten und erfuhr, dass das nicht so einfach möglich sei. Der zuständige Rechtspfleger aber hatte eine andere Rechtsauffassung. Der Versuch eines Vergleichs schlug fehl, weil ich zu der Auffassung gelangt war, dass das aktuelle Studium des jungen Herrn, der sich trotz meiner alljährlichen Geburtstagswünsche nie bei mir gemeldet hatte, Liebhaberei sei und keine Berufsausbildung bzw. seine Berufsaussichten keineswegs verbessere. Nach einer abgeschlossenen Ausbildung zum Freizeitpädagogen hatte er einige Jahre später – ohne jemals erwerbstätig geworden zu sein und offenbar von seiner Mutter erhalten – ein Bachelorstudium zum Tanzpädagogen inskribiert. Da seine Mutter nun nicht mehr zahlen wollte, sah er sich genötigt, mich zu verklagen – ohne vorher den Versuch zu unternehmen, mit mir zu reden. Ich war fassungslos. Ich bin es bis heute. Und jener blaue Brief, von dem ich einleitend sprach, ist nun der nächste Schritt eines mittlerweile fast zweijährigen Verfahrens. Mein Ziel ist es, den jungen Mann zu einem Gespräch zu bringen, wobei dies aussichtslos scheint. Daher wird es jetzt hart auf hart gehen, denn unter den gegebenen Umständen bin ich keineswegs bereit, auch nur einen Cent zu zahlen. Wer mich kennt, weiß, dass man von mir alles haben kann. Aber dann darf man mir bitte nicht so blöd kommen. Es bleibt also spannend und so war ich froh, dass mein Interview mit Thomas Mohrs stattfinden konnte, es war ein sehr bewegendes Gespräch über Bildung und Schule in Zeiten von Corona und ohne bzw. danach oder mit. Ein Wermutstropfen war allerdings auch hier dabei. Thomas teilte mir die Einschätzung eines seiner Kollegen mit, der in einer „Corona-Kommission“ mitwirkt. Und der geht davon aus, dass die „Maßnahmen“ wohl mindestens bis zum Jahresende, wenn nicht sogar noch bis zu 18 Monate dauern könnten. Das Ziel sein nämlich die Entwicklung eines Impfstoffes oder eines Medikaments. Ach du liebe Güte. Ich brauchte Bewegung und so begleitete ich meine Liebste auf ihrem Weg zur Apotheke, die glücklicherweise rund 4 Kilometer entfernt liegt. Also rauf aufs Rad und nichts wie hin und wieder zurück, wobei wir auf dem Rückweg noch beim örtlichen Greisler Station machten, Osterschinken und Ostersüßigkeiten für unsere Junges kauften und ich eine Literflasche Almdudler aus Glas entdeckte und erwarb. An solchen finnischen Sommertagen Anfang April tut ein Radler nach dem Radeln richtig gut. Und mit ihm lässt sich auch die Dankbarkeit feiern, dass ich nun an die Richtige geraten war, die, mit der ich mir auch das gemeinsame Altwerden vorstellen kann. Da ich diese Zeilen schreibe, sitze ich an diesem Abend erstmals im Garten. Es ist Karfreitag. Gerade vorhin habe ich Ratschen gehört. In unserem Dorf wurden die Kinder vom Pfarrer aufgefordert, weil sie nicht ratschen gehen können, zu einer verabredeten Zeit im Garten zu ratschen und zu rufen. Dieser Brauch ist mir schon seit Kindertagen vertraut, ich habe ihn immer in meinem Osterurlaub in der Steiermark live erlebt, dann viele Jahre nicht mehr und erst seit zwei Jahren, seit wir am Land leben, wieder.
Es war ein wunderbarer Auftakt in den neuen Lebenstag. Mein lieber Interviewpartner für meine nächste Radiosendung, der als Hochschulprofessor an der PH OÖ in Linz wirkt, schickte mir einen Kurzfilmtipp: Room on the broom. Kannte ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Ein Fehler. Ich empfehle ihn hiermit jedem/jeder Leser*in meines Blogs. Und kurze Zeit später, es war schon nachts, lieferte er mir „Alike“, ein ganz, ganz wichtiger Kurzfilm für alle, die mit Schule zu tun haben, um zu erkennen, was sie in der aktuellen Form anrichtet. Ich schlief erfüllt in den Namenstag meines Vaters. Es gibt Daten, die vergesse ich nie. In meiner Familie hatten Namenstage eine ähnlich Bedeutung wie Geburtstage, sie wurden mit Geschenken gefeiert. Und die „Feiertage“ meines Vaters die durfte niemand vergessen, auch wenn er sie manchmal vergaß und nicht, so wie erwartet abends nach seinem Dienst beim Bundesheer heimkam, sondern mit seinen Kameraden feierte, oft bis spät in die Nacht, immer wieder auch durch die Nacht. Wir sahen ihn dann erst am drauffolgenden Abend, was unsere Feierlaune erheblich trübte. Tja, Eltern sind eben auch nicht perfekt, selbst wenn sie es von ihren Kindern erwarten. Das ist die beruhigend beunruhigende Botschaft dieser Erlebnisse. Durch das Vertikutieren war „Mahd“ entstanden, die ich in der Sonne trocknete. Der Duft dieses Heus und der Duft des sonnenbestrahlten Holzzauns katapultierten mich neuerlich in die Urlaubstage meiner Kindheit im grünen Herz Österreichs. Sie brachten mich aber auch in die Sommerferienzeit der letzten Jahre in Finnland, wo wir einige Wochen im Mökki verbrachten, das mitten im Wald liegt, unweit von einem schönen, großen.kühlen See. Ich liebe diese Gegend im hohen Norden auch deswegen so, weil sie mir seit Kindertagen quasi vertraut ist. Die finnischen Ebenen sind klimatisch und vom Gefühl her mit jenen Gegenden vergleichbar, die ich als Kind mehrmals im Jahr bereiste. Ein Glücksgefühl. Junior Nr. 3 und ich machten uns nachmittags maskiert zum Supermarkt auf. Davor wünschte sich mein Junge noch einen Spaziergang im Auwald. Mir war schon aufgefallen, dass ihm trotz Gartens und des einen oder anderen Sportangebots, die nötige Bewegung langsam abzugehen begann, immerhin hatte er seit knap vier Wochen auf sein zweimaliges Fußballtraining verzichten müssen. Also willigte ich ein. Der Spaziergang glich einem Marsch in der Hitze eines Sommertages, die Bäume im Auwald trugen noch kaum Blätter, die Sonne strahlte heiß vom wolkenlosen Himmel und der Boden staubte bei jedem Schritt unter unseren Füßen. Uns verging sehr schnell die Lust. Beim Einkaufen dann schwitzten wir weiter unter unserer Mund-Nasen-Bedeckung. Meine Motivation, mich von nun an bei jedem Einkauf maskieren zu müssen, drohte unter diesen Bedingungen gänzlich zu verschwinden, zähle ich doch zu jenen Menschen, die diese Maßnahme für kontraproduktiv halten, weil sie erstens die Maske zu „Sondermüll“ macht, in der die Keime fröhliche Urständ‘ feiern und zum zweiten die anderen Regeln wie Abstandhalten und Sich-Nicht-ins-Gesicht-Fassen konterkariert. Aus Solidarität bin ich natürlich bereit, mich dieser „Maßnahme“ zu beugen, aber es schmerzt. Zuhause angekommen tobten wir uns im wesentlich kühleren und schon schattigen Garten bei mehreren Partien Tischtennis aus und konnten auf diese Weise auch die eine oder andere Emotion loswerden. Können wir nach Ostern endlich Auferstehung feiern, wie es unser Messias Sebastian vor wenigen Tagen verkündet hatte, wenn wir uns brav verhalten? Fußball! Mein Jüngster hatte tags zuvor, als er Tom Turbo anschaute, auf der ORF TV-Thek entdeckt, dass es zwei Fußballspiele aus der Vergangenheit in voller Länge zum Wiedersehen gab. Wir entschieden uns für die Begegnung zwischen Austria Salzburg (noch ohne rotem Stier, aber auch sehr erfolgreich) und Austria Wien aus dem Jahr 1995. Für meinen Sohn war es deutlich zu sehen, wie sich er Fußball in diesen 25 Jahren verändert hatte, das Spiel war langsamer, aber wesentlich körperbetonter, um es einmal milde auszudrücken. Das Reinsteigen nahm enorme Ausmaße an, die Spieler schenkten sich nichts, die Schiedsrichter sahen meist von drastischen Sanktionen ab, es gab etliche Freistöße und die eine oder andere gelbe Karte. Interessant fand ich auch, Adi Hütter, den jetzigen Frankfurt-Trainer und Wolfgang Feiersinger, den Vater der ÖFB-Fußballerin Laura Feiersinger beim Spielen zuzuschauen, an der Seitenlinie bei Salzburg wirkte Otto Baris, gewohnt emotional. Bei den Wienern coachte ein gewisser Egon Cordes, der dadurch auffiel, dass er gegen Ende des Spieles, nachdem die Seinen bereits uneinholbar 0:3 zurücklagen, einen Spieler in die Kabine schickte, mit dessen Leistung er nicht zufrieden war und, da das Austauschkontingent schon ausgeschöpft war, sein Team das Match zu zehnt zu Ende spielen ließ.
Am nächsten Morgen stand Gartenarbeit am Programm, ich vertikutierte die Spielwiese meines Sohnes in mehreren Etappen, es staubte gehörig, die Folgen eines niederschlagsarmen Winters. Gleich danach machte ich das Wasser für den Garten startklar, der Wetterbericht hatte für die nächsten Tage keinen Nachtfrost mehr verkündet. Am Vormittag wurde jenes Kabel geliefert, das mir für das Interview mit Thomas Mohrs fehlte, zu Mittag landeten unsere Mund-Nasenmasken aus Baumwolle, die wir eine Woche zuvor bei einem österreichischen Unternehmen online bestellt hatten, im Postkasten. Am Vormittag noch ein Notruf meiner Frau, der Bildschirm ihres Laptops zeigte viele Farben, aber kein Bild. Ich richtete also auf dem meinen einen Arbeitsplatz für sie ein, hatte sie doch an diesem und den folgenden Tagen einige Skypekurse mit ihren Sprachkurskund*innen zu absolvieren. Gleichzeitig begannen wir via Onlie-Flohmarkt, ein günstiges Ersatzgerät zu suchen. Dabei ging mehr Zeit drauf als gewollt, die Zubereitung des Mittagessens konnte daher nicht pünktlich von statten gehen und nach einem kleinen Donnerwetter meinerseits half die ganze Familie mit, Erdäpfelauflauf zu machen. Vor allem das Kartoffelschälen, das überhaupt nicht meine Lieblingsbeschäftigung ist, wurde unter allen aufgeteilt und mit 45 Minuten Verspätung stand dann ein gschmackiges Mahl auf dem Tisch. Nach der Mittagspause, die ich diesmal windfrei draußen verbrachte, inspizierten mein Jüngster und ich den Dachboden, fanden nichts, was ihn interessierte, fanden aber Fliesen, die ich gut zum befestigen des Saunazeltes verwenden konnte und die ich daher über die steile Holzstiege sicher nach unten brachte und gleich „installierte“. Kleinere Arbeiten im Garten vollendeten den Nachmittag, wir konnten an diesem Tag sogar draußen zu Abend essen. Danach gaben sich Junior und ich Spiel Nummer 2 aus der ORF-TV-Thek: Salzburg (schon mit Bullen) gegen Rapid aus 2008. Fußball wie wir ihn heute noch kennen, allerdings nicht von Rapid. Denn die Grün-Weißen führten nach einer Viertelstunde bereits 4:0 – und das auswärts – und gingen nach 90 Minuten als 7:0-Sieger vom Platz, so dass es auch dem damaligen Salzburgtrainer Giovanni Trappatoni die Sprache verschlug bzw. er ob seiner Emotion beim Interview nach dem Spiel einen Dolmetscher brauchte. Diesmal war die Flasche allerdings nicht leer, er hatte noch nicht fertig, spielte die Saison zu Ende, verlor den Meistertitel aber an Rapid (übrigens der letzte Sieg des Rekordmeisters), konnte aber immerhin den Cup gewinnen. Wir sahen jedenfalls Fußball vom Feinsten, ein spannendes und trefferreiches Spiel. Der Tag endete wie er begonnen hatte: mit Fußball! Den Tag beginne ich mit dem Schreiben meines Blogs und mit Kästner-Lesen. Die Nacht dennoch traumreich, der Vollmond naht. Am Morgen nach dem Frühstück startet der wöchentliche Putztag, unser Kater Dario hat sich schon einigermaßen an seinen Intimfeind den Staubsauger gewöhnt, noch dazu, wo er die Zeit ja auch schon im Garten verbringen kann.
Der Tag hat einen großen Wermutstropfen. Meine Vereinbarung mit meinem Jüngsten in Bezug auf Handyzeit hält nicht. Das heißt, es fällt ihm von Mal zu Mal schwerer, die vereinbarte Zeit einzuhalten. Vor einigen Wochen ist er ja auf die Idee gekommen, sich ein Fußballspiel runterzuladen, dann ein zweites. Ich beobachtete, bin ich doch aus Theorie und Praxis kein Fan des Gamings, auch nicht beim schulischen Lernen (so es denn sein muss – und vor der Externistenprüfung muss es doch öfter sein, als es meinem Sohn – aber auch mir – lieb ist). Ich habe reichlich Erfahrung in der Suchtprävention, bin ein Vertreter des Freispiels und des spielerischen, immanenten und differentiellen Lernens. Nun habe ich zur Motivation für das Mathematiklernen meinen Jüngsten öfter an meinem Laptop Lernspiele machen lassen, ebenso die Lernapp Anton auf seinem Handy (meinem alten Smartphone) installiert. Für das Spielen waren 20 Minuten pro Tag vereinbart. Mit eben jener Wirkung, die ich gerade beschrieben habe. Also galt es ein ernstes Wort mit dem jungen Mann zu reden, und ihn um seine Vorschläge zu bitten. Unter Tränen gab er den Verzicht auf das Handy für eine Woche bekannt, nur um es mittags wieder in die Mittagspause mitzunehmen. In solchen Situationen pflege ich in der Ruhe zu bleiben. Ich bat ihn also, als ich es bemerkt hatte, mir sein Handy auf den Schreibtisch zu legen. Seine Frage „Wieso?“ beantwortete ich mit „Weil ich weiß, dass du es bei dir hast und das gegen unsere Anmachung verstößt.“ Er lieferte, ohne Gesichtsverlust. Auch ich verlor dabei weder meine Contenance noch mein Gesicht und ließ das Mobiltelefon in den Tiefen meines Aktenschrankes verschwinden. Von da an starteten wir die altbekannte Methode des Malreihenlernens face to face. Ungewohnt, aber effektiv. Diese Zeit braucht es – und ich investiere sie auf diese Weise lieber als in Machtkämpfen um ein elektronisches Irrsinnsding. Ich bin aber auch froh, dass ich den Versuch auf diese Weise gewagt haben, weil ich meinem Sohn so auch ganz klar Erfahrungswerte liefern kann, die alles theoretische Wissen praktisch bestätigen und mich darin bestärken, dass ein Smartphone in den Händen eines Juniors nichts verloren hat. Während des Putzvormittags erweiterte Dario sein Revier um den Dachboden und mein Jüngster nutzte das Hochbeet (das noch auf seinen Inhalt wartet) als Spielobjekt zum Verstecken, an diesem Tag verbrachte er sogar seine Mittagspause (nach dem Smartphoneeklat) auf einer Matratze hinter dem Bretterwall. Apropos Mittagspause. Der kräftige Wind machte das Draußenliegen sehr unangenehm. Er erinnerte mich in Kombination mit der strahlenden Sonne und dem blauen Himmel an meine Aufenthalte am Meer. Das von ihm gebeutelte Saunazelt wurde im Dahindämmern zum Schlagen der Segel und mir war, als könnte ich den Duft des Ozeans riechen. Im Süden war ich öfter als im Norden – noch, denn da ich mit meiner finnischen Frau zusammen bin, wird die Ostsee im Lauf der Zeit wohl den Sieg über die Adria davontragen. Und bei Sommertemperaturen wie diesen, ist es auch die mir liebere Destination. So wir irgendwann wieder frei reisen können … Im Schatten des Wochenendes. So formulierte ich früher jene Stimmung, die mich erfasste, wenn am Freitag alles getan war, wenn der Postler seiner Wege gezogen ist und ein Gefühl der Entspannung einkehrte. Nun sind wir seit drei Wochen zwangsweise in einem langen, ganz, ganz langen Wochenende, das sich nicht wirklich wie ein Wochenende anfühlt. Der Schatten des echten Wochenendes war ein positiver, angenehmer, er vermittelte Freiheit und Selbstbestimmung, er ließ mich im Eindruck, mich in Sicherheit zu befinden. Jener Schatten, der nun über der Welt liegt, vermittelt vielen, nicht nur mir, das Gegenteil davon. Aber wie sagt ein Werbespot, der uns – so wir noch – Radio hören, mehrmals täglich zu Gehör gebracht wird : „Durchhalten!“
Und nun bin ich schon bei meinem Satireabend, mit dem ich dieses Wochenende eingeleitet habe. Zuerst gab es eine Dreiviertelstunde lang Christian Ehring und seinen Wochenrückblick auf ARD, danach schaute ich noch die Dienstag-Sendung von „Willkommen Österreich“. Nicht alles sprach mich an, aber das tut Satire selten, weil sie mir manchmal zu platt ist, das eine oder andere Mal auch zu weit geht. Aber immer wieder sind sehr treffende Pointen dabei, die mich zum Lachen bringen und mich mit dem Humor versorgen, der überlebenswichtig ist, gerade in Zeiten wie diesen. Der Samstag dann ein Tag voller Schmerzen. Mein Rücken gab mir zu verstehen, dass ihm die Bewegungslosigkeit schon sehr zugesetzt hatte und das ständige Wechseln vom Sofa zum Schreibtisch und von dort in den Liegestuhl und wieder zurück auf Dauer und in dieser Menge nicht das Wahre ist. Ich aktivierte mich, nahm den Bau des Hochbeets in Angriff, das Material dafür hatte ich ja – wie beim Zaunbau – am Stadelboden in Hülle und Fülle gefunden. Da meine Stichsäge vor geraumer Zeit den Geist aufgegeben hatte, waren Fuchsschwanz und Körperkraft gefragt. Mit Unterstützung meines Jüngsten gelang es am Vormittag, alle Bretter und Pfosten dafür in die richtige Länge zu bringen. Nach der Mittagspause in der Horizontalen fühlte ich mich um keinen Deut besser, eher schlechter. Es galt zu handeln. Also bereitete ich eine Sauna vor. Dann schwang ich mich auf‘s Rad, um Biernachschub zu holen (den ich schon am Vortag leider erfolglos, weil auf mein Lieblingsbier fixiert, aufzufüllen versucht hatte), diesmal mit dem Vorsatz, keine besonderen Präferenzen zu haben, nicht einmal beim Preis. War ich noch tags zuvor ohne Mundschutz ausgerückt und dabei im Supermarkt auf ausschließlich Maskierte getroffen und hatte von ihnen den einen oder anderen Blick geerntet, so wollte ich mich diesmal konform verhalten. Kurzer Exkurs: Zum Thema Mundschutz gibt es ja verschiedene Auffassungen, so ist etwa die WHO dagegen, andere Mediziner sind dafür und der Biologe Clemens G. Arvay fühlt sich ob seiner diesbezüglich kritischen Sichtweise in seiner Meinungsfreiheit eingeschränkt, wie er, neben den sachlichen Gründen, in einem auf Youtube und über Facebook verbreiteten Video verlautet. Wie auch immer ihr diese Maßnahme bewertet, wichtig ist jedenfalls, dass auch in Zeiten wie diesen keinesfalls die persönliche Meinung unterdrückt werden darf, vielmehr sind auch – wie ich schon früher in diesem Blog geschrieben hab – gerade jetzt verschiedene Sichtweisen und ein anhaltender Diskurs wichtig, um richtige Entscheidungen zu treffen bzw. Entscheidungen richtig stellen zu können, die aus der Not heraus schnell getroffen worden sind. Da die von mir bereits am Montag für die Familie bestellten wiederverwendbaren Stoffschutzmasken noch nicht eingetroffen waren, setzte ich auf mein schwarz-weiß gemustertes Halstuch. Bevor ich losfuhr machte ich vor dem Spiegel noch eine kleine Probemaskierung, ich erinnerte mich an meine Zeit als Cowboy in meinen Kindertagen. Gesichtsmaskierung war noch nie so meines. Zuletzt trug ich eine medizinische Maske bei der Geburt meines Jüngsten vor knapp 9 Jahren. Im Vorraum des Supermarktes befestigte ich das Tuch also vor Mund und Nase und trat – gefühlt wie einer, der gleich zum Überfall schreitet – in den Verkaufsraum. Und siehe da: Niemand war maskiert. Ich eilte zum Bierregal, fand sogar drei Kisten meines Lieblingsbieres, von denen ich eine mitnahm, eilte weiter zur Kassa und traf dort auf eine Kassierin, die weder Handschuhe noch Mundschutz trug. Auch diesmal trafen mich „Blicke“. Woraus für mich zu erkennen war, dass ich wohl daran zu arbeiten habe, diese „Blicke“ auszuhalten, also ein „Anderssein“. Zurück zuhause war die Sauna fertig und ich genoss die nächste Stunde im Beisein meiner Liebsten und unseres Jüngsten. Danach schauten mein Sohn und ich die Verfilmung von Petterson und Findus mit Ulrich Noethen in der Rolle des Hausherrn, die ich als durchaus gelungen empfand, wie wohl ich gestehen muss, dass mich die Bilderbücher und auch die Zeichentrickserie (mit den Originalzeichnungen aus dem Buch) wesentlich mehr ansprechen. Der Samstagabend war diesmal zwei ARD-Dokus gewidmet. Zuerst schaute ich 90 Minuten lang zum Thema Energiewende, gelungen, aufrüttelnd und hoffentlich auch jene erreichend, die politische Verantwortung tragen, wiewohl – so der Tenor – die besagte Wende nicht „top down“ sondern „buttom up“ vollzogen wird, womit es also auf uns ankommt. Meiner Liebsten, die ja seit kurzem Gemeinderätin bei uns im Dorf ist, habe ich danach sofort den „Floh“ von einer energieautarken Heimatgemeinde ins Ohr gesetzt. Ich bin gerne bereit, meinen Beitrag zu leisten. Danach folgte ich den Spuren eines der ersten Wolfsrudel in Deutschland. Auch hier die klare Botschaft, dass erst der Mensch die Tiere zu jenen Problemfällen macht, die er dann „aus der Natur entnehmen“ muss, damit sie keinen weiteren Schaden anrichten. Die Nacht unruhig, die Schmerzen quälten. Der Sonntagvormittag dann einerseits Dario und seinem nächsten Aufenthalt im Garten gewidmet (in dem er sich schon sehr sicher bewegt) und dem Pizza- sowie Brotbacken. Für die Familienpizza nach Art des Hauses griff ich diesmal – nach der erfolglosen Suche nach einem einfachen und guten Rezept für einen Vollkornpizzateig – auf Eigenkreation und war erfolgreich. Der bunte Belag und unser CELUS-Küchenherd taten ihr Übriges und es blieb kein Krümel auf den Tellern. Die Mittagspause dann wieder im Garten – und auch Dario blieb in dieser Zeit draußen, fand aber trotz mehrmaliger Versuche – auf mir, zu meinen Füßen, an verschiedenen Stellen unter meiner Liege – nicht die nötige Ruhe und trabte schließlich gegen Viertel nach drei müde an einen seiner Lieblingsplätze im Haus, wo er bis zum Abendessen um halb sieben tief und fest schlief. Ich stellte gemeinsam mit meine Jüngsten das Hochbeet fertig, berechnete die Menge an Erde, die wir benötigten, checkte mit meiner Frau Möglichkeiten, in Zeiten wie diesen, an diese Erde zu kommen, plante mit ihr unsere Aussaat, füllte noch vier Blumenkisten als Vorbeete, besserte noch die Kellertüre aus, damit Dario zukünftig auch gefahrlos den Abstellraum erforschen könnte, und spielte mit meinem Sohn noch eine Runde „Taxifahrer unterwegs“, eines der Lieblingsspiele meiner Kindheit. Und damit war das Wochenende auch schon fast wieder vorbei – und mit ihm der Großteil meiner Schmerzen, die sicher auch deswegen aufgetreten waren, weil die Anspannung der letzten Wochen durch die Ankündigung einer Lockerung der von der Regierung befohlenen Maßnahmen nachließ, eine klassische Wochenendgrippe meiner Muskeln offenbar. |
Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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