Im Schatten des Wochenendes. So formulierte ich früher jene Stimmung, die mich erfasste, wenn am Freitag alles getan war, wenn der Postler seiner Wege gezogen ist und ein Gefühl der Entspannung einkehrte. Nun sind wir seit drei Wochen zwangsweise in einem langen, ganz, ganz langen Wochenende, das sich nicht wirklich wie ein Wochenende anfühlt. Der Schatten des echten Wochenendes war ein positiver, angenehmer, er vermittelte Freiheit und Selbstbestimmung, er ließ mich im Eindruck, mich in Sicherheit zu befinden. Jener Schatten, der nun über der Welt liegt, vermittelt vielen, nicht nur mir, das Gegenteil davon. Aber wie sagt ein Werbespot, der uns – so wir noch – Radio hören, mehrmals täglich zu Gehör gebracht wird : „Durchhalten!“
Und nun bin ich schon bei meinem Satireabend, mit dem ich dieses Wochenende eingeleitet habe. Zuerst gab es eine Dreiviertelstunde lang Christian Ehring und seinen Wochenrückblick auf ARD, danach schaute ich noch die Dienstag-Sendung von „Willkommen Österreich“. Nicht alles sprach mich an, aber das tut Satire selten, weil sie mir manchmal zu platt ist, das eine oder andere Mal auch zu weit geht. Aber immer wieder sind sehr treffende Pointen dabei, die mich zum Lachen bringen und mich mit dem Humor versorgen, der überlebenswichtig ist, gerade in Zeiten wie diesen. Der Samstag dann ein Tag voller Schmerzen. Mein Rücken gab mir zu verstehen, dass ihm die Bewegungslosigkeit schon sehr zugesetzt hatte und das ständige Wechseln vom Sofa zum Schreibtisch und von dort in den Liegestuhl und wieder zurück auf Dauer und in dieser Menge nicht das Wahre ist. Ich aktivierte mich, nahm den Bau des Hochbeets in Angriff, das Material dafür hatte ich ja – wie beim Zaunbau – am Stadelboden in Hülle und Fülle gefunden. Da meine Stichsäge vor geraumer Zeit den Geist aufgegeben hatte, waren Fuchsschwanz und Körperkraft gefragt. Mit Unterstützung meines Jüngsten gelang es am Vormittag, alle Bretter und Pfosten dafür in die richtige Länge zu bringen. Nach der Mittagspause in der Horizontalen fühlte ich mich um keinen Deut besser, eher schlechter. Es galt zu handeln. Also bereitete ich eine Sauna vor. Dann schwang ich mich auf‘s Rad, um Biernachschub zu holen (den ich schon am Vortag leider erfolglos, weil auf mein Lieblingsbier fixiert, aufzufüllen versucht hatte), diesmal mit dem Vorsatz, keine besonderen Präferenzen zu haben, nicht einmal beim Preis. War ich noch tags zuvor ohne Mundschutz ausgerückt und dabei im Supermarkt auf ausschließlich Maskierte getroffen und hatte von ihnen den einen oder anderen Blick geerntet, so wollte ich mich diesmal konform verhalten. Kurzer Exkurs: Zum Thema Mundschutz gibt es ja verschiedene Auffassungen, so ist etwa die WHO dagegen, andere Mediziner sind dafür und der Biologe Clemens G. Arvay fühlt sich ob seiner diesbezüglich kritischen Sichtweise in seiner Meinungsfreiheit eingeschränkt, wie er, neben den sachlichen Gründen, in einem auf Youtube und über Facebook verbreiteten Video verlautet. Wie auch immer ihr diese Maßnahme bewertet, wichtig ist jedenfalls, dass auch in Zeiten wie diesen keinesfalls die persönliche Meinung unterdrückt werden darf, vielmehr sind auch – wie ich schon früher in diesem Blog geschrieben hab – gerade jetzt verschiedene Sichtweisen und ein anhaltender Diskurs wichtig, um richtige Entscheidungen zu treffen bzw. Entscheidungen richtig stellen zu können, die aus der Not heraus schnell getroffen worden sind. Da die von mir bereits am Montag für die Familie bestellten wiederverwendbaren Stoffschutzmasken noch nicht eingetroffen waren, setzte ich auf mein schwarz-weiß gemustertes Halstuch. Bevor ich losfuhr machte ich vor dem Spiegel noch eine kleine Probemaskierung, ich erinnerte mich an meine Zeit als Cowboy in meinen Kindertagen. Gesichtsmaskierung war noch nie so meines. Zuletzt trug ich eine medizinische Maske bei der Geburt meines Jüngsten vor knapp 9 Jahren. Im Vorraum des Supermarktes befestigte ich das Tuch also vor Mund und Nase und trat – gefühlt wie einer, der gleich zum Überfall schreitet – in den Verkaufsraum. Und siehe da: Niemand war maskiert. Ich eilte zum Bierregal, fand sogar drei Kisten meines Lieblingsbieres, von denen ich eine mitnahm, eilte weiter zur Kassa und traf dort auf eine Kassierin, die weder Handschuhe noch Mundschutz trug. Auch diesmal trafen mich „Blicke“. Woraus für mich zu erkennen war, dass ich wohl daran zu arbeiten habe, diese „Blicke“ auszuhalten, also ein „Anderssein“. Zurück zuhause war die Sauna fertig und ich genoss die nächste Stunde im Beisein meiner Liebsten und unseres Jüngsten. Danach schauten mein Sohn und ich die Verfilmung von Petterson und Findus mit Ulrich Noethen in der Rolle des Hausherrn, die ich als durchaus gelungen empfand, wie wohl ich gestehen muss, dass mich die Bilderbücher und auch die Zeichentrickserie (mit den Originalzeichnungen aus dem Buch) wesentlich mehr ansprechen. Der Samstagabend war diesmal zwei ARD-Dokus gewidmet. Zuerst schaute ich 90 Minuten lang zum Thema Energiewende, gelungen, aufrüttelnd und hoffentlich auch jene erreichend, die politische Verantwortung tragen, wiewohl – so der Tenor – die besagte Wende nicht „top down“ sondern „buttom up“ vollzogen wird, womit es also auf uns ankommt. Meiner Liebsten, die ja seit kurzem Gemeinderätin bei uns im Dorf ist, habe ich danach sofort den „Floh“ von einer energieautarken Heimatgemeinde ins Ohr gesetzt. Ich bin gerne bereit, meinen Beitrag zu leisten. Danach folgte ich den Spuren eines der ersten Wolfsrudel in Deutschland. Auch hier die klare Botschaft, dass erst der Mensch die Tiere zu jenen Problemfällen macht, die er dann „aus der Natur entnehmen“ muss, damit sie keinen weiteren Schaden anrichten. Die Nacht unruhig, die Schmerzen quälten. Der Sonntagvormittag dann einerseits Dario und seinem nächsten Aufenthalt im Garten gewidmet (in dem er sich schon sehr sicher bewegt) und dem Pizza- sowie Brotbacken. Für die Familienpizza nach Art des Hauses griff ich diesmal – nach der erfolglosen Suche nach einem einfachen und guten Rezept für einen Vollkornpizzateig – auf Eigenkreation und war erfolgreich. Der bunte Belag und unser CELUS-Küchenherd taten ihr Übriges und es blieb kein Krümel auf den Tellern. Die Mittagspause dann wieder im Garten – und auch Dario blieb in dieser Zeit draußen, fand aber trotz mehrmaliger Versuche – auf mir, zu meinen Füßen, an verschiedenen Stellen unter meiner Liege – nicht die nötige Ruhe und trabte schließlich gegen Viertel nach drei müde an einen seiner Lieblingsplätze im Haus, wo er bis zum Abendessen um halb sieben tief und fest schlief. Ich stellte gemeinsam mit meine Jüngsten das Hochbeet fertig, berechnete die Menge an Erde, die wir benötigten, checkte mit meiner Frau Möglichkeiten, in Zeiten wie diesen, an diese Erde zu kommen, plante mit ihr unsere Aussaat, füllte noch vier Blumenkisten als Vorbeete, besserte noch die Kellertüre aus, damit Dario zukünftig auch gefahrlos den Abstellraum erforschen könnte, und spielte mit meinem Sohn noch eine Runde „Taxifahrer unterwegs“, eines der Lieblingsspiele meiner Kindheit. Und damit war das Wochenende auch schon fast wieder vorbei – und mit ihm der Großteil meiner Schmerzen, die sicher auch deswegen aufgetreten waren, weil die Anspannung der letzten Wochen durch die Ankündigung einer Lockerung der von der Regierung befohlenen Maßnahmen nachließ, eine klassische Wochenendgrippe meiner Muskeln offenbar.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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