In jenen Nachtstunden, in denen ich großteils schlaflos war, dämmerten mir zu meinem derzeit akuten Ausnahmezustand folgende Erkenntnisse:
Ich könnte mich wieder zum Funktionieren bringen, eine Übung, die ich nur all zu gut beherrsche, ich müsste nichts ändern, nur meine Wahrnehmung bzw. Einstellung; tatsächlich bringt mich aber genau dieses Muster in genau jene Situationen, wie die aktuelle. Ich könnte dieses Leben durch die Hintertüre verlassen, es also fliehen … Das Problem dabei ist bloß, dass ich mich dabei mitnehmen würde, wo auch immer ich mich in Zukunft aufhalten würde. Zudem würde ich einen immensen nicht mehr gutzumachenden „Kollateralschaden“ anrichten, bei all jenen, die mir wichtig und wertvoll sind. Ein No Go. Ich könnte mich meinen herausfordernden und mich immer wieder überfordernden Lebenssituationen mit Vertrauen, Zuversicht, Mut und Gelassenheit stellen, ich könnte Authentizität und Souveränität an den Tag legen (und mich nicht immer an die äußeren Umstände anpassen und mich dabei schlecht fühlen), also Rückgrat zeigen und damit Freiheit erlangen. Dafür bräuchte es aber Selbstdisziplin und Seelenstärkung. Dieser Ansatz reizte mich am meisten, er spürte sich ganz einfach heilsam und gut an; noch aber wusste ich nicht wie – und woher ich die nötige Unterstützung erlangen sollte. Der Morgen nach einem kurzen Schlaf wieder von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung geprägt; mein Körper schmerzte, meine Gedanken rotierten: blauer Brief, Unterhaltsverfahren, Externistenprüfung für meinen Jüngsten, Bildungsraumgründung, Familie versorgen, mich mit der aktuellen Situation arrangieren, … Kein guter Start. Ich schleppte mich aus dem Bett – und traf eine wichtige Entscheidung. Ich ging nach langer Zeit erstmals wieder alleine in den Wald, ging zurück zu jenem Ort, an dem ich im Juli 2018 den ersten blauen Brief des BG Linz geöffnet hatte, mit dem das Unterhaltsverfahren eröffnet wurde, das mein mittlerweile 25-jähriger Sohn (ich berichtete) gegen mich angestrengt hatte. Ich versuchte die schlechten Gefühle los zu werden. Während dieses Versuches stieg eine Idee aus den tiefe meiner Seele auf, eine Person, die mich auch vor rund zehn Jahren intensiv und liebevoll bei meinem großen Lebensumbruch begleitet hatte. Ich kontaktierte sie und sie war sofort bereit, mich wieder zu unterstützen. Ich erinnerte mich plötzlich an all das, was ich von ihr gelernt hatte. Ich trug die Werkzeuge, die ich so verzweifelt gesucht hatte, in mir. Ich musste sie bloß entstauben und in Schuss bringen. Apropos Schuss: Der Startschuss in die Bewältigung meiner momentanen Krise war damit gefallen. In eine leichte Panik verfiel ich mittags beim Lesen zweier Nachrichten auf Facebook: Zum einen war einem Elternpaar erstmals in der Rechtsgeschichte vom OGH, also in letzter Instanz, das Sorgerecht für ihr schulpflichtiges Kind entzogen worden, weil es (das Kind nämlich) nicht in die Schule gehen wollte. Die Begründung lag in der Annahme, dass es dadurch gegenüber anderen jungen Menschen wesentlich schlechetre Berufsaussichten hätte, obwohl dem Gericht Expertise vorlag, dass dies nicht so sein müsse und obwohl das zuständige Jugendamt keinerlei Kindeswohlgefährdung sah. Wenn ich wieder in meiner Kraft bin, werde ich mir die Sache noch genauer anschauen. Und für mich – nach kurzem Schaudern – ein Impuls, meine Idee bzgl. Bildungsräumen nun endlich in die Tat umzusetzen. Zum anderen erfuhr ich, dass der Sportminister für den Amateur, Kinder- und Jugendfußball zwar das Training mit dem Ball ab 15.5. wieder zu erlauben gedachte, an Trainingsspiele oder gar Matches sei aber nicht vor der Möglichkeit zur Impfung zu denken. Wozu sollen junge Menschen oder auch Trainer sich das antun? Auch die Vision einer Impfpflicht, wenn man Fußball spielen wollte, schreckte mich. Zumal der Impfstoff in einem verkürzten Verfahren von bloß 18 Monaten (statt wie üblich von 5-6 Jahren) zugelassen werden soll (Hiezu empfehle ich ein informatives Video des Biologen Clemens G. Arvay, der weder Impfgegener noch Verschwörungstheoretiker ist). Außerdem erinnerte mich an einen Beitrag über eine Zwangsimpfung gegen Vogelgrippe in Schweden, die bei einem überproportional hohen Prozentsatz der Geimpften (vor allem bei Kindern und Jugendlichen) schwere Schäden hervorgerufen hatte. Das war meiner Information nach auch so ein Schnellschuss gewesen. Für mich ist so etwas keine Perspektive, es führt mich in ein Schreckensszenario, bei dem ich in den Untergrund gehen müsste … Nach einer intensiven Mittagspause im Liegestuhl im Garten, die mich ein wenig erholter zurückließ, fand ich zwei weitere unsägliche Meldungen auf orf.at: Da wurde ich davon in Kenntnis gesetzt, dass es im Rahmen der sogenannten Ausgangsbeschränkungen niemals verboten war, private Treffen mit Familie und Freunde abzuhalten. Es wurde aber immer anders kommuniziert. Ergänzend dazu wurden Infos geleakt, in denen die Task Force zur Bewältigung der Krise unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers entschied, bewusst Schreckensszenarien in die Welt zu setzen, um die Menschen zu disziplinieren. Weiters berichtete der STANDARD von sieben No-Gos grüner Regierungspolitik, was mich zu der Prognose veranlasste, die von mir unterstützte Partei als Steigbügelhalter für eine absolute Mehrheit der ÖVP bei den nächsten (möglicherweise sogar vorgezogenen) Wahlen zu sehen. Aus dieser Rolle, müsste sich die kleine Regierungspartei sofort befreien und ihre Akzente setzen. Am späten Nachmittag machte ich eine zweite Waldrunde, herrlich, belebend. Als ich heimkam saßen Sohn Nr. 2 und 3 beim Schachspiel am Esstisch. Wunderbar. Die aktuelle Lage hat uns endlich in ein normales Familienleben katapultiert, das wir ja auch so viele Jahre hatten (eine Reihe an Fotos, die in einer Schachtel der Mitte unseres Esstisches aufgehoben sind, zeugt davon; von Zeit zu Zeit zieht einer von uns ein Foto aus dem Stoß und dann erinnern wir uns gemeinsam) bis uns das Dauerfeuer aus Berlin an den Rande des Zusammenbruchs brachte. Ich war stolz auf uns, auf uns alle! Und auch auf mich, der ich trotz aller „Zusammenbrüche“ immer an diese Möglichkeit geglaubt habe. Somit endete ein Lebenstag, der in Verzweiflung begonnen hatte, sehr versöhnlich und mit Perspektiven für eine bewältigbare Zukunft.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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