Am Anfang dieses Lebenstages steht ein gemeinsamer „Fernseh“-Abend mit meiner Liebsten draußen auf unserem roten Sofa II in der Einfahrt. Ich wickle mich in meinen Schlafsack, es ist recht kühl. Wir geben uns Ulrich Noethen als (Gerichts-)Psychiater Joe Jessen in der Serie „Neben der Spur“. Im Lauf der Folgen wurde aus dem einst toughen Typen ein Mensch, der völlig von der Rolle durch das Leben kugelt, war wahrscheinlich schon so angelegt wie der Titel sagt. Allerdings hätte dieser auch auf seine Patienten gemünzt sein können, wer weiß. Am Ende blieb ein feiner Abend zu zweit, der Plot eher irrelevant, die Inszenierung ein wenig reißerisch und das Gefühl, dass möglicherweise Psychiater auch nicht davor gefeit sind, Psychopathen zu sein.
Noch ein Exkurs zum „Fernsehen“ mittels Stream: Vor kurzem bekam meine Frau einen Anruf, in dem die Dame am anderen Ende der Leitung wissen wollte, ob wir denn kein Fernsehgerät besitzen, da wir die entsprechenden GIS-Gebühren nicht bezahlten. Sie wollte trotz aller Beteuerungen, dass wir nur streamen und Radiohören (und dafür natürlich die Gebühren zahlen), nicht locker lassen, fragte nach, ob wir irgendwelche Fernsehpakete besäßen, die auch unser Computerfernsehen gebührenpflichtig machten. Schließlich gab sie auf. Ein verblüffender Kontakt in Zeiten wie diesen. Aber demnächst ruft uns vielleicht ein Versicherungsvertreter an, um uns eine Begräbniskostenversicherung zu verkaufen (wie es ein Bekannter, der in einem solchen Job arbeitet, seit kurzem tun soll). Gerade in Zeiten wie diesen. Manchen Unternehmen ist eben nichts zu blöd. Morgens fragte ich mich, seit wann es denn Ostwind gäbe, wieder gäbe. Ich erinnere mich an meine Kindheit, da wehte in unseren Breiten entweder West- oder eben Ostwind. Ersterer brachte wärmeres, niederschlagsreicheres, letzterer kühleres, aber trockenes Wetter. Seit einigen Jahren (vielleicht auch schon Jahrzehnten?) wechseln die Winde meiner Wahrnehmung nach zwischen Nordwest- und Südost, hie und da, auch mal ein Westwind. Aber Ostwind? Nun: vielleicht ist auch dieses Phänomen der aktuellen Lage geschuldet, ich weiß aber nicht, ob deren Auswirkungen aber so schnell spürbar sein können. Wäre unter positiv zu vermerken. Wiewohl auch dieser Ostwind so kräftig weht, dass er die ohnehin schon staubtrockene Landschaft noch trockener macht. Am Vormittag machen meinen Jüngster und ich uns auf eine kleine Radtour mit Einkäufen, fahren in die Apotheke, in ein Einkaufszentrum in der Bezirkshauptstadt und in jenen Großmarkt, in dem Familieneinkäufe verboten sind. Mir fällt dort erstmals auf, dass die „Maskenpflicht“ dazu führt, dass Abstände nicht mehr eingehalten werden. Zudem merke ich, dass sich meine Baumwollmaske schnell durchfeuchtet, womit sie ja nicht mehr sicher ist. Nach unserer Rückkehr fällt mir ein Artikel aus dem STANDARD vom Vortag zu, der mir erklärt, dass es das Einhalten von 12 Regeln braucht (die neuen 10 Gebote), um durch die Maske „geschützt“ zu sein. Das veranlasst mich zu folgendem Facebook-Posting: Von der Unmöglichkeit, eine Mund-Nasen-Schutzmaske richtg zu tragen: 1.) frage ich mich, was diese Maßnahme bringt, wenn mensch diese 12 (!) Regeln nicht einhält bzw. einhalten kann 2.) frage ich mich, wie unter diesen Umständen ein Schulbetrieb möglich sein soll 3.) frage ich mich, warum eine solche Maßnahme, die die eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer offensichtlich gefährden kann bzw. gefährdet zum Standard erhoben wird 4.) erlebe ich seit der Einführung der "Maskenpflicht" bei meinem wöchentlichen Einkauf eine wachsende Rücksichtslosigkeit im Hinblick auf die so genannten Hygieneregeln (v.a. Distanzhalten und "Niesetikette") 5.) stellt die Schutzmaske vor allem für junge Menschen lt. "Experten" (hier differieren deren Altersangaben: die einen meinen, dass keine Maske getragen werden soll bis mensch 2 ist, die anderen bis mensch 6 ist, wieder andere raten sogar bis zum 12. Geburtstag davon ab) eine Gefährdung dar, weil sie die Atmung, also den Austausch von CO2 und Sauerstoff behindert. Mittags dann Pause und John le Carré, nachmittags ein wenig Gartenarbeit, ich pflanze die beim Vormittagseinkauf erworbene Heidelbeere, fassoniere den Brombeerstrauch und gieße mal wieder, um den staubigen Gartenboden ein wenig zu verwöhnen. Zum Abschluss startet mein Jüngster ein kleines Tischtennisturnier, wir können meine Liebste dazu gewinnen, mitzumachen, sie muss sich uns beiden geschlagen geben und ich mich im Finale meinem Sohn, ein gewohntes Bild – nur dass ich diesmal nicht alleine auf der Verliererstraße bin. Danach ist Sohn Nr. 3 sehr unrund, ich bleibe cool, obwohl es mich doch nervt. Aber die Ruhe lohnt sich, beim Schlafengehen ist alles wieder im Lot.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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