Zum Ausklang eines Kalendertages und zum Beginn eines neuen Lebenstages schaute ich mir diesmal einen französischen Film mit dem Titel „Nur Fliegen ist schöner“ an. Bei Filmen aus diesem Land schätzte ich als junger Mensch vor allem die Politthriller oder die Klassiker des Film noir, aber auch die Liebesschnulze La Boum – kein Wunder, wenn man 16 und schwer verliebt ist. Das ändert aber nichts an meinem ambivalenten Verhältnis zum französischen Film. An diesem Abend aber wagte ich es wieder einmal – und wurde nicht enttäuscht, auch wenn mich die Inszenierung nicht unbedingt vom Sessel riss. Der Plot und seine Aussage aber waren ansprechend und so ging ich dann recht vergnügt ins Bett.
Ein kurzer Exkurs zu den Solo-(Film-)Abenden und wie sie entstanden sind: Meine Liebste und ich haben die Abende, an denen wir gemeinsam zuhause waren, von Anfang an immer gemeinsam verbracht, mit Quatschen, mit Filmschauen, mit Einander-Vorlesen. Sommers saßen wir dann in unserer ersten gemeinsamen Wiener Wohnung mitten im Achten gegenüber des Polizeianhaltezentrums immer am offenen Küchenfenster, das in den Hinterhof schaute, zuerst war da noch ein Baum, der wurde eines Tages gefällt und nicht mehr ersetzt, es blieb nur noch Grau-in-Grau. Schon bald zogen wir mit unseren drei Jungs in eine zwar wesentlich kleinere Wohnung am westlichen Stadtrand der Bundeshauptstadt, aber dafür (fast) mitten im Grünen. Dort nannten wir eine Loggia unser eigen – und die wurde daraufhin sommers wie winters zu unserem „Feierabend-Quartier“. Meine Liebste, die Finnin ist, liebte diesen Ort auch in den kältesten Nächten, ich war lange Zeit solidarisch, doch eines lieben Tages ging ich dann abends nach einer bestimmten Zeit meine eigenen Wege. Wir trafen uns von da an immer wieder auch mal draußen, mal drinnen, quatschten, tauschten unsere Erkenntnisse zu den verschiedenen Filmen, Satireshows, Sportveranstaltungen, etc. aus. Im Sommer aber da gab es sie wieder, die gemeinsamen Abende auf der Loggia. Und so halten wir es bis heute. Meine Lieblingstemperatur für draußen liegt bei um die 20 Grad, da fühle ich mich sauwohl. Bis es soweit ist, müssen wir heuer noch ein wenig warten. Aber ich freue mich schon auf diese Abend-Outdoor-Saison. Abendmeditation. Morgenmeditation. Und weiter geht‘s. Meine Liebste und ich holen Bier, holen Würstel, holen Kartoffel, immerhin gilt es Vappu zu feiern, eines von drei großen finnischen Festen (neben Juhannus/Mittsommer und Weihnachten). Wir wollen standesgemäß am 1. Mai Würstchen mit Kartoffelsalat und zum Nachtisch Tippaleipä (Tropfenbrot) essen. Und das Mittagessen an diesem Tag braucht auch seine Zeit. Also mache ich mich gleich nach unserer Rückkehr aus dem Supermarkt ans Werk. 15 Palatschinken, 4 davon werden zu Topfenpalatschinken nach einem herrlichen Rezept verarbeitet. Dazu gilt es Schnee zu schlagen, Butter, Zucker und Eidotter cremig zu rühren und dann Rosinen, den Topfen und den Eischnee unterzuheben. Die damit gefüllten Palatschinken kommen in eine Auflaufform, dann gilt es noch eine Milch-Ei-Zuckersauce drüberzugeben – und ab damit für 30 Minuten in den guten, alten Celus-Küchenofen. Ein Genuss. Am Nachmittag dann Lernstunde mit dem Jüngsten. Wir beide sind vom schulischen Lernen wenig begeistert, dennoch stimmt die Motivation und alles klappt gut. Vor dem Abendessen hat sich eine Schwalbe in unser Haus verirrt, mit meiner Hilfe, also in dem ich alle Fenster und Türen öffne, findet sie den Weg zurück in ihre Freiheit. Ich deute es als Glücksbringer und erinnere mich an den Film „Unter der Sonne der Toskana“, in dem die Protagonistin zu dem von ihr gewünschten Haus kommt, weil sich eine Taube drinnen verirrt und ihr vor der Eigentümerin auch noch auf die Schulter macht. Diese schreit daraufhin „Il signo!“ und perfekt ist der Deal, der vorher mehr als ungewiss war. Zum Abschluss knapp vor dem Abendessen noch eine Runde im Internet und ein kritischer Kommentar bezüglich des Krisenmanagements der Bundesregierung, insbesondere des Kanzlers, im STANDARD. Für mich stellt sich derzeit – auch im Gespräch mit meiner Liebsten – die Gretchenfrage, ob es wirklich menschlich ist, einem Gesundheitsabsolutismus zu frönen und der allgemeinen Gesundheit alles, aber wirklich alles unterzuordnen. Aber dazu ein anderes Mal mehr.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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