Da ich diese Zeilen schreibe, sitze ich an diesem Abend erstmals im Garten. Es ist Karfreitag. Gerade vorhin habe ich Ratschen gehört. In unserem Dorf wurden die Kinder vom Pfarrer aufgefordert, weil sie nicht ratschen gehen können, zu einer verabredeten Zeit im Garten zu ratschen und zu rufen. Dieser Brauch ist mir schon seit Kindertagen vertraut, ich habe ihn immer in meinem Osterurlaub in der Steiermark live erlebt, dann viele Jahre nicht mehr und erst seit zwei Jahren, seit wir am Land leben, wieder.
Es war ein wunderbarer Auftakt in den neuen Lebenstag. Mein lieber Interviewpartner für meine nächste Radiosendung, der als Hochschulprofessor an der PH OÖ in Linz wirkt, schickte mir einen Kurzfilmtipp: Room on the broom. Kannte ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Ein Fehler. Ich empfehle ihn hiermit jedem/jeder Leser*in meines Blogs. Und kurze Zeit später, es war schon nachts, lieferte er mir „Alike“, ein ganz, ganz wichtiger Kurzfilm für alle, die mit Schule zu tun haben, um zu erkennen, was sie in der aktuellen Form anrichtet. Ich schlief erfüllt in den Namenstag meines Vaters. Es gibt Daten, die vergesse ich nie. In meiner Familie hatten Namenstage eine ähnlich Bedeutung wie Geburtstage, sie wurden mit Geschenken gefeiert. Und die „Feiertage“ meines Vaters die durfte niemand vergessen, auch wenn er sie manchmal vergaß und nicht, so wie erwartet abends nach seinem Dienst beim Bundesheer heimkam, sondern mit seinen Kameraden feierte, oft bis spät in die Nacht, immer wieder auch durch die Nacht. Wir sahen ihn dann erst am drauffolgenden Abend, was unsere Feierlaune erheblich trübte. Tja, Eltern sind eben auch nicht perfekt, selbst wenn sie es von ihren Kindern erwarten. Das ist die beruhigend beunruhigende Botschaft dieser Erlebnisse. Durch das Vertikutieren war „Mahd“ entstanden, die ich in der Sonne trocknete. Der Duft dieses Heus und der Duft des sonnenbestrahlten Holzzauns katapultierten mich neuerlich in die Urlaubstage meiner Kindheit im grünen Herz Österreichs. Sie brachten mich aber auch in die Sommerferienzeit der letzten Jahre in Finnland, wo wir einige Wochen im Mökki verbrachten, das mitten im Wald liegt, unweit von einem schönen, großen.kühlen See. Ich liebe diese Gegend im hohen Norden auch deswegen so, weil sie mir seit Kindertagen quasi vertraut ist. Die finnischen Ebenen sind klimatisch und vom Gefühl her mit jenen Gegenden vergleichbar, die ich als Kind mehrmals im Jahr bereiste. Ein Glücksgefühl. Junior Nr. 3 und ich machten uns nachmittags maskiert zum Supermarkt auf. Davor wünschte sich mein Junge noch einen Spaziergang im Auwald. Mir war schon aufgefallen, dass ihm trotz Gartens und des einen oder anderen Sportangebots, die nötige Bewegung langsam abzugehen begann, immerhin hatte er seit knap vier Wochen auf sein zweimaliges Fußballtraining verzichten müssen. Also willigte ich ein. Der Spaziergang glich einem Marsch in der Hitze eines Sommertages, die Bäume im Auwald trugen noch kaum Blätter, die Sonne strahlte heiß vom wolkenlosen Himmel und der Boden staubte bei jedem Schritt unter unseren Füßen. Uns verging sehr schnell die Lust. Beim Einkaufen dann schwitzten wir weiter unter unserer Mund-Nasen-Bedeckung. Meine Motivation, mich von nun an bei jedem Einkauf maskieren zu müssen, drohte unter diesen Bedingungen gänzlich zu verschwinden, zähle ich doch zu jenen Menschen, die diese Maßnahme für kontraproduktiv halten, weil sie erstens die Maske zu „Sondermüll“ macht, in der die Keime fröhliche Urständ‘ feiern und zum zweiten die anderen Regeln wie Abstandhalten und Sich-Nicht-ins-Gesicht-Fassen konterkariert. Aus Solidarität bin ich natürlich bereit, mich dieser „Maßnahme“ zu beugen, aber es schmerzt. Zuhause angekommen tobten wir uns im wesentlich kühleren und schon schattigen Garten bei mehreren Partien Tischtennis aus und konnten auf diese Weise auch die eine oder andere Emotion loswerden. Können wir nach Ostern endlich Auferstehung feiern, wie es unser Messias Sebastian vor wenigen Tagen verkündet hatte, wenn wir uns brav verhalten?
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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