Die Piefke-Saga, Teil 4. Schon bei ihrem Erscheinen war die Episode stark umstritten, der ORF strahlte sie über Jahrzehnte bei Wiederholungen von Mitterers Werk nicht aus. Ich fand sie damals utopisch – und diesmal, drei Jahrzehnte später, fuhr sie mir durch Mark und Bein: dystopisch und nicht mehr unrealistisch, sondern durchaus vorstellbar. Freiheitsbeschränkungen, Generalstreiks, Bürgerkrieg … So oft ist mir das Lachen selten im Hals stecken geblieben, aber: Humor ist wenn man trotzdem lacht, denn Humor hilft heilen.
So ließen wir die Familie Sattmann mit ihrem in einen echten Tiroler umgewandelten Familienoberhaupt Karl-Friedrich (vulgo Sepp Unterwurzacher) zurück in Lahnenberg, das auf Müll gebaut nur noch aus Robotern und Plastiklandschaft bestand. Nur Tochter Sabine ging zurück nach Deutschland. Wie würde diese Welt denn heute aussehen? Blade Runner? 5th Element? Oder Horx‘sche Utopien? Ich schlief schlecht und musste mich selbst daran erinnern, dass Angst kein guter Ratgeber ist. Unser Jüngster borgte sich in letzter Zeit öfter eine meiner Uhren aus. Und da erinnerte ich mich, dass es in meiner Uhrenkiste auch noch meine alte Kinderuhr geben musste. Die hatte ich damals von meinem Opa (dem Vater meiner Mutter, mit dem ich – wie schon berichtet – immer Fußball spielte) zur Erstkommunion bekommen. Und tatsächlich fand ich die Fleurier Watch (Incabloc 17) in einer kleinen Schachtel in jener Kiste. Der Goldbelag war an vielen Stellen schon abgeblättert, das Uhrband fehlte. Letzteres aber ließ sich leicht beheben, hatte mein Sohn doch vor einigen Jahren, als er sich erstmals für Uhren zu interessieren begonnen hatte, eine Kinderuhr bekommen, deren Uhrband noch in Takt war. Und es passte auf Anhieb, ebenso ließ sich der Zeitmesser mit ein paar Drehungen an der Krone leicht in Gang setzen, ja der Zufall wollte es sogar, das am Datumsfeld die 31 aufschien, das Datum dieses Tages. Es ist wunderbar, wenn heutzutage Dinge aus der Vergangenheit funktionieren und wieder zum Einsatz kommen dürfen, immerhin ist diese Uhr schon fast 50 Jahre alt. Der weitere Tag verlief häuslich bzw. hausmännisch. Mit dem Jüngsten machte ich am frühen Nachmittag einen weiteren wichtigen Einkauf – noch ohne Gesichtsmasken, deren Tragen im Supermarkt, wie unser Herr BK pädagogisch dozierte, uns auf eine generelle Maskenpflicht vorbereiten soll. Die WHO zweifelt an der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme, die meisten um ihre Expertise gefragten Mediziner in Österreich befürworten sie. Jedenfalls ist es mir trotz aller Recherche nicht möglich gewesen, hier eine klare Antwort zu erhakten, auf deren Basis ich meine Entscheidung treffen könnte. Beim Rauchen hat man ja immerhin noch die Möglichkeit, ihm Freien oder den eigenen vier Wänden nachzugehen, obwohl man erwiesenermaßen auch die Passivraucher gefährdet. Im Fall C. ist hier derzeit keine Entscheidungsfreiheit gewährleistet. Und das nervt mich. Wenn ich doch bloß transparent alle Informationen bekommen würde, dann täte ich mir mit solchen von oben diktierten Maßnahmen unseres schulmeisternden Regierungschefs um vieles leichter. Aber so viel Intelligenz traut man uns Bürger*innen nicht zu. Ist für mich bei einem Bildungssystem wie unserem, bei dem man aufs Funktionieren sowie Konsumieren und nicht aufs Selbständig-Denken vorbereitet wird, wahrscheinlich auch besser. Am späten Nachmittag dann drei Saunagänge zur Erhaltung von Gesundheit und Wohlbefinden – und schon ging dieser Lebenstag, der so dystopisch begonnen hatte, doch noch mit guter Energie zu Ende.
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DJ Bambi Mercury made my evening. Das war eine lange Dancing-Night. Der Morgen begann – auch der Sommerzeit geschuldet – erst gegen 10 h. Erstmals nehme ich mir sehr, sehr viel Zeit, um mich mit der aktuellen Situation auseinanderzusetzen. Wir haben unseren Jungs angekündigt, dass wir sobald die Regierung die nächsten Schritte bekannt gegeben hat, ein wenig an unserem Alltag schrauben werden. Da leider nichts anderes verlautbart wurde als: „Das ist die Ruhe vor dem Sturm“ (BK Kurz) und „Maskenpflicht im Supermarkt“ (BM Anschober) tunten wir nur die Putzdienste ein wenig. Und ich blieb am Thema dran, weil mich die Vorgrangsweise des Herrn Bundeskanzlers zu nerven beginnt, ebenso wie die Hörigkeit des grünen Koalitionspartners. Haben die nicht Transparenz versprochen? Nun hört man manipulierende Propaganda, auch vom öffentliche-rechtlichen Rundfunk, den dessen Generaldirektor Alexander Wrabetz tags zuvor in einer einstündigen Pressestunde noch in den Himmel heben durfte. Ich möchte als mündiger Bürger authentische Informationen, um mir selbst ein Bild zu machen. So studierte ich also tagsüber zwischen den Alltäglichkeiten wie Kochen, Einkaufen und Putzen (es war ja der wöchentliche Putztag angebrochen) immer wieder mal im Netz und förderte Interessantes zu Tage: So etwa einen Beitrag des Philosophen Bertrand Stern, den ich im Zusammenhang mit Schule vor mittlerweile 5 Jahren kennenlernen durfte. Ich las auf dem Facebook-Profil des Ö1-Journalisten Günter Kaindlstorfer, dass die Regierung sich bis Ostermontag etwas überlegen müsse, weil es sonst krachen würde. Ganz meine – auch hier in diesem Blog publizierte – Einschätzung. Vor allem, wenn es auch andere Wege der Bewältigung der aktuellen Situation gibt, wie etwa in Schweden oder Japan. Dabei kam mir noch eine Dokumentation auf Servus-TV mit dem Titel „Sind Zweifel erlaubt?“ unter und ein Artikel im PROFIL („Freiheitsentzug und Überwachung: Dürfen die das?“), der mich zu folgendem Posting auf Facebook brachte: „Angst ist kein guter Ratgeber, sie vernebelt noch dazu das Denken. Nun aber braucht es Vernunft, Mut und Zuversicht. Daher: 1) "Freiheitsentzug und Überwachung: Dürfen wir das?" Nein, dürfen "wir" nicht. 2) "Wir müssen wieder anfangen, die Politik zu hinterfragen. Sonst wird das Virus auf allen Ebenen gewinnen." Ja, müssen wir. 3) "Für die Zeit danach bietet Finanzminister Gernot Blümel indes keine erfreuliche Perspektive an: Nach der Pandemie müsse mehrere Jahre lang gespart werden, ließ er wissen." Darf nicht kommen, ist volkswirtschaftlicher Wahnsinn. 4) "Aber wir tun derzeit so, als könnten wir den Tod als solches abschaffen, wenn es uns nur gelänge, mit dieser Mikrobe aufzuräumen." Intellektuelle Einengung auf Corona in der Berichterstattung muss schleunigst aufgehoben werden, es gibt auch noch anderes im Leben.“ Abends stieß ich dann auch noch auf einen Beitrag von Thomas Mohrs, Professor an der Pädagogischen Hochschule in Linz, der mich vor einem Jahr zu den von ihm veranstalteten Tagen der Persönlichkeitsbildung für oberösterreichische LehrerInnen eingeladen hatte. Damals bot ich einen Workshop zum Thema Spielzeugfreies Spielen an, der bei den Teilnehmenden sehr gut ankam. Diesmal postete er einen Artikel mit dem Titel „Mehr Philosophieren wagen!“. Darin rechnet er mit dem Schulsystem ab. Ich lud ihn umgehend zu einem ausführlichen Telefoninterview für die nächste Ausgabe meiner Sendereihe „Nie mehr Schule“ ein. Er lieferte mir via E-Mail noch eine zweiten Beitrag, den er vor kurzem verfasst hatte: Der Tag klang also gesellschaftskritisch aus und ich fühlte die Motivation den Herren Kogler und Anschober und auch unserem Herrn Bundespräsidenten nochmal etwas aus der Realität des Normalsterblichen zu berichten, die ihnen offenbar völlig unbekannt zu sein scheint, und meine Forderung nach einem (vorläufig befristeten) bedingungslosen Grundeinkommen zu übermitteln. Dieses würde viele Menschen (neue Selbständige, Kurzarbeitende, Erwerbsarbeitslose) schnell und ausreichend unterstützen und den Kollateralschaden (Insolvenzen, Privatkonkurse, vernichtende Existenzen), der erst nach Ende der Krise kommen wird, bestmöglich vorbeugen. Zum Auftakt erneut nach Deutschland und Kroatien, in die Zeiten des Balkankrieges. „Der Schneegänger“, sehenswert, aber nicht unbedingt das Richtige für diesen Abend, ich halte dennoch bis zum Ende durch. Danach aber muss ich mich bewegen. Ich setze mich an mein virtuelles Mischpult und mische mir zwei Stunden lang die Hits der letzten 25 Jahre, schöpfe aus den MP3s, die ich für die Geburtstagsfeier der Grünen Rohrendorf und für meinen Jahreswechsel zusammengestellt habe, probiere den einen oder anderen Effekt und shake mit. Tut gut. Es ist nach eins als ich ins Bett zu meiner Liebsten falle.
Morgens Träume. Ich werde von einem grauhaarigen, sehr blassen Mann verfolgt, egal welche Finte ich anwende, er ist immer gleich wieder hinter mir her. Im Erwachen dünkt mich, ich wäre dem Tod begegnet, der mich – und uns alle ein Leben lang verfolgt, dem wir niemals entkommen können. Daher hat das Davonrennen weder im Traum noch in der Wirklichkeit Sinn. Besser, sich ihm stellen, im „memento mori“ existieren ohne Angst und dem eigenen Leben nichts schuldig bleiben. Dieser Gedanke bewegt mich, bin ich doch immer wieder ganz aus dem Nichts von schlechtem Gewissen geplagt. Nun scheint der Schluss naheliegend, dass es sich hier nicht um etwas Äußeres sondern etwas Inneres, mir selbst gegenüber handelt. In dieser Nacht ist uns – wie alljährlich am letzten Sonntag im März – eine Stunde gestohlen worden, die wir erst Ende Oktober wieder zurückkriegen werden. In dieser Diskussion vertrete ich eindeutig die Position, diese Umstellung ein für alle Mal bleiben zu lassen, ich bin zwar eher für Normalzeit, aber jederzeit bereit, dieses Optimum zugunsten des Beibehaltens einer Zeit zu opfern. Zum Mittagessen zaubern meine Liebste und ich Burger auf den Tisch, sie hat ein neues Rezept für vegetarische Laibchen mit Käferbohnen ausgegraben, allen mundet es hervorragend. Eigentlich möchte ich Mittagspause machen, die kurze Nacht und der Morgentraum stecken mir noch in den Gliedern, doch gilt es endlich die Doku für meine Kinderfußballltrainerausbildung und den Zaun fertigzustellen, also mache ich mich nach Kaffee und Keksen gleich an die Arbeit. Es gelingt, beides abzuschließen, damit ist der Garten katersicher, zumindest für die ersten Ausflüge. Sobald unser Klettermaxl (Kater Dario übt derzeit schon kräftig im Haus) dann den Zaun erklimmen kann, werden wir womöglich noch eine andere Lösung finden müssen, so dass er jederzeit aus dem Garten in die Freiheit und wieder zurückkehren kann. Aber bis dahin ist noch ein wenig Zeit und am kommenden Donnerstag, wenn der nächste Kälteeinbruch (mit prognostiziertem Schneefall bis in Tallagen) wieder überstanden ist, wir er seinen ersten Freigang machen dürfen. Um 16 Uhr besuchen wir wie in der Vorwoche via Livestream den Zirkus Pikard und schauen uns gemeinsam das Programm aus 2016 an, zwei Stunden gelungener Unterhaltung. Nach dem Abendessen und zum Übergang in den nächsten Lebenstag besuche ich den Club „Schwuz“ in Berlin und lausche den DJanes Trust.The.Girl, Mermaid Mudi und Marsmaedchen. #dancethelife #dontletcoronagetyoudown und meinem Leben und mir nix schuldig bleiben! Von Tirol ging‘s nach Deutschland sowie Mexico und zum heißen Thema Waffenexporte. ARD wiederholte den 2015 gesendeten 1. Teil des Filmes „Meister des Todes“, dessen Sequel am 1.4. samt anschließender Studiodiskussion ausgestrahlt wird. Starkes Thema, starke Schauspieler und der Versuch einer Lösung, die keine ist. Bin schon gespannt wie es am kommenden Mittwoch weitergeht.
Mal lange geschlafen und nicht der erste wach. Daher gab‘s Frühstück für mich und Junior hat schon den Geburtstagsplatz für den Ältesten, der an diesem Tag 16 wurde, gedeckt. Eine Mischung aus Lach- und Sportgummi, ästhetisch rundum auf einer Serviette platziert. Danach Rettungsversuch für die von mir am Vortag für den Ältesten gebackene Schokotorte. Eine Torte wie das Leben und die Tiroler Alpen. Ein Auf und ein Ab, Spalten und Risse, da und dort ein wenig angekohlt, aber mit ein paar kosmetischen Korrekturen mit dem Messer und einer Menge Staubzucker drauf, konnte ich das Schlimmste wieder gut machen. Ärgerlich, aber der CELUS und ich hatten tags zuvor eine unserer seltenen Kooperationsschwierigkeiten. Das Mittagessen heute von unserer örtlichen Pizzeria liefern lassen, köstlich, ein kleiner Rechenfehler bei der Zeche, aber wir werden nächstes Mal dafür eine Gutschrift geltend machen, sollte kein Problem sein. Mezzo Mix für die Jungs, Erinnerungen als ich Cola und Fanta inspiriert von den Urlauben in unserem Stammgasthof im Mariazellerland zu Spezi mixte. Damals sehnte ich mich, kaum abgefahren, schon wieder nach dem Landleben und der Weite und der Freiheit. Die Dreizimmerwohnung mitten im Fünften trotz ihres Komforts immer zu klein. Und nun: Landleben rund um die Uhr. Ach geht‘s mir gut! Dann: Geschenke für das Geburtstagskind. Ein Wahnsinn wie geduldig und cool das Auspacken von statten geht, die Ruhe weg. Schön, entspannend, eine Qualität, die in dieser bis vor kurzem noch bestandenen Welt keine Cent gezählt hat. Mal sehen, was dann sein wird, wenn die sogenannte Krise überwunden ist. Mittagspause diesmal mit Sonnenbad und intensiver Vitamin D3-Zufuhr. Dann der Impuls mal auf den „Stadelboden“ zu klettern, und mich nach passenden Holz für den Zaunbau umzuschauen. Ich werde fündig, und spontan geht‘s gleich mit tatkräftiger Unterstützung meines Jüngsten los. Ein paar Klippen sind zu überwinden, das richtige Werkzeug will gefunden werden, die eine oder andere kleinere Verletzung überwunden werden - ich bin eindeutig aus der Übung – aber bis um 5 sind alle Bretter montiert, nur der Abschluss nach oben ist noch offen und will bedacht werden. Danach chillen und spielen im Garten, obwohl es sich nach einem warmem Tag mit 20 Grad Celsius einzutrüben beginnt. Und gleich nach dem Abendessen nochmal auf nach Tirol: Die Piefke-Saga Teil 3; in all dem Mittererschen Humor schwingt so viel Traurigkeit mit. Eine geniale Mischung. Einfach ein Meisterwerk. Nach einem erfolgreichen aber auch erschöpfenden Online-Abend mit meinen Maturaschüler*innen noch die letzten beiden Folgen der Serie Hackerville auf ARD geschaut, dann hundemüde ins Bett.
Gleich am Morgen um 9 das nächste Online-Meeting zum Härtefallfonds für Selbständige. Die grüne Nationalratsabgeordnete Elisabeth Götze stellt sich den rund 20 Teilnehmenden und kann nur eine erste Zusage für eine Einmalzahlung in der Höhe von 500-1000,- Euro machen, die allerdings an bestimmte Kriterien gebunden, also nicht bedingungslos ist. Die ÖVP ist ihren Aussagen zu Folge hier sehr, sehr zurückhaltend.Ich werde wohl ein weiteres E-Mail an Sozialminister Anschober und Vizekanzler Kogler verfassen müssen, die ja – laut ihrem Mitarbeiter – keinen zurücklassen wollten. Die Ergebnisse, die ich jetzt erfahren habe, sprechen eine deutlich andere Sprache. Über weitere Maßnahmen wird bis 16.4. weiterverhandelt. Auch gibt es noch keine Neuigkeiten bzgl. der für heute angekündigten Evaluation der Wirksamkeit der Ausgangsbeschränkungen und Schul- sowie Betriebsschließungen, sie wurde auf Montag verschoben, eher kein gutes Zeichen. Zudem wird auf orf.at eine weitere Grafik präsentiert, die uns zeigt, dass es nur dann zu einer Bewältigung der Krise kommen wird, wenn wir die Maßnahmen noch einige Monate weiterführen bzw. maximal die Arbeitsstätten nach Ostern wieder öffnen. Sollten jedoch ab 4. Mai die Schulen zusätzlich geöffnet werden, so geht die Kurve der Infektionen wieder exponentiell nach oben. Der Grund dafür wird auch im Text nicht erklärt, für mich ist diese Modellrechnung mit den Infos, die ich habe, nicht nachvollziehbar. Werde mal nachforschen. Am Montag werden wir vielleicht mehr wissen. Knapp vor dem Aufbruch zum Familieneinkaufstag im Gewerbepark formiert sich Widerstand. Sohn Nr. 2, der am Tag davor sogar dern von ihm in einem Zornausbruch beschädigten Türstock repariert hat, möchte in seinem Zimmer bleiben. Mir gelingt es, einen tragfähigen Kompromiss vorzuschlagen: er darf nicht im Zimmer bleiben, sondern muss während unseres Einkaufs seine Runde draußen drehen, frische Luft tut ihm sicher gut, noch dazu wo heute so schön die Sonne scheint. Nun pocht unsere Jüngster auch auf eine Ausnahmeregelung, die wir wie folgt festlegen: An jedem Einkaufstag hat einer aus der Familie das Recht auf eine Outdoor-Runde statt mit zum Einkauf zu gehen. Wir haben zwar mit den Verhandlungen eine knappe halbe Stunde Zeit verloren, aber immerhin ist die Zufriedenheit wieder hergestellt. Meine Liebste kocht mittags ihre köstliche Bolognese, die wir mit Vollkornspirelli schmausen. In der Mittagspause lese ich einen STANDARD-Beitrag über Edward Snowdens Gedanken zu geplanten oder bereits am Laufen befindlichen Überwachungsmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie: "Regierungen mit Überwachungsinstrumenten würden dazu tendieren, neue Gefahren als Begründung für eine weitere Verwendung zu nennen – etwa terroristische Gruppierungen. 'Sie wissen schon, was du im Netz machst. Sie wissen, ob sich dein Handy bewegt. Sie wissen bald vielleicht, wie unser Herzschlag und Puls ist. Was passiert, wenn sie diese Informationen mischen und auch noch künstliche Intelligenz nutzen?', fragt Snowden offen. Gerade die Verwendung von künstlicher Intelligenz in Kombination mit Überwachung macht dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter Sorgen." Nach der Mittagspause steht eine Zirkusvorführung am Programm, die unser Jüngster in seinem Zimmer für uns vorbereitet hat, das zwanzigminütige Programm hat echt Spaß gemacht. Danach eine Sauna und nach dem Abendessen geht es ab nach Lahneberg in Tirol. Die Piefke-Saga, Teil 2 ist angesagt. Die neuen Lebenstage brechen derzeit noch immer erst nach Sonnenuntergang an. Davor hatte ich die Idee – inspiriert von den kritischen Berichten über das Corona-Sperrgebiet Tirol – wieder einmal einen Familien-Filmabend zu veranstalten. Wir hatten zwar nichts mehr zu knabbern zu hause, aber unser Jüngster teilte die noch vorhandene Schokolade sowie die Schoko-Doppelkekse für alle auf. Sohn Nr. 2 (der Mittlere) verabschiedete sich nach dem Abendessen sofort in die Dusche und danach in sein Zimmer; er hatte keine Lust auf Felix Mitterers Piefke-Saga Teil 1. Die anderen vier schon. Und wir hatten unseren Spaß mit einem tollen Plot und einem nicht minder tollen Ensemble. Und alle bekommen sie ihr Fett ab in ihrem Extremismus, in ihrer Scheinheiligkeit, in ihrer Profitgier bzw. Anerkennungssucht um jeden Preis. Ein feiner Fast-Ganze-Familie-Abend.
Danach beschäftigte ich mich noch mit dem Videokonferenz-Tool ZOOM, mit dem ich von nun an meine Online-Learning-Angebote begleiten will. Ich probierte gleich mal die eine oder andere Probesession, fand die Tools übersichtlich, einfach und für meine Verhältnisse sehr brauchbar. Der Morgen startete mit dem Einheizen des Ofens und mit dem Zustellen der Suppe. Torstai. Donnerstag. Zeit mal wieder einer finnischen Tradition zu Tribut zu zollen und Erbsensuppe und Pfannkuchen zu kochen. Erstere braucht, wenn sie richtig sämig werden soll, Zeit. Daher soll sie ihre Zeit bekommen. Nach dem Frühstück eine Videokonferenz der Grünen Wirtschaft, auf die meine Frau und ich von einer lieben Freundin aufmerksam gemacht worden waren, im Hinblick auf die von der Regierung geplanten finanziellen Unterstützungsmaßnahmen für Einpersonenunternehmen. Bloß: man konnte mir noch keine konkreten Aktionen nennen, da die Verhandlungen noch im Gange waren und deren Ergebnis erst in einer Pressekonferenz am frühen Nachmittag präsentiert werden sollten. Jedenfalls versuchte der Landessprecher der Grünen Wirtschaft gute Stimmung zu verbreiten und uns zu versichern, dass in einem ersten Schritt Geld ganz unbürokratisch fließen solle. Ein paar Sager in der Konferenz blieben bei mir hängen, so etwa ein Zitat, das aus Verhandlerkreisen kolportiert wurde und so lautete: „Wer es nicht schafft, 14 Tage ohne Einkommen über die Runden zu kommen, der war vor der Krise schon ein Problemfall.“ Oder jene Aussage: „Es soll a jeder schnell a Geld kriegen, a Taschengeld mit dem ma dann ab Montag spielen kann.“ Von welchem Planeten stammen diese Menschen? Hier wird jedenfalls die Situation der Betroffenen nicht richtig wahrgenommen, um es mal freundlich zu sagen. Man vertröstete uns auf den nächsten Morgen und lud zu einer weiteren Videokonferenz. Abends dann kam die Hiobsbotschaft meiner Steuerberaterin, die zwar Unterstützung beim Antrag versprach, ihre Ausführungen hinsichtlich der Durchführungsbestimmungen sprachen eine andere Sprache: zum einen fließt das Geld nicht bürokratielos und ohne Bedingungen, zum anderen sind die Bedingungen so gestaltet, dass ich als sogenannter „Hybrid-Selbständiger“, der eben auch Geld aus freien Dienstverträgen verdient, eher nicht zum Zug kommen werde. Daher auch mein Vorschlag in der Vorwoche an Anschober und Kogler, doch ein befristetes bedingungsloses Grundeinkommen für diese Notsituation auszuzahlen. Noch ein Detail am Rande: Für die Selbständigen wird 1 Milliarde Euro in die Hand genommen, für den Rest der sogenannten Wirtschaft 38 Milliarden. Da siehste ganz klar, wer systemrelevant ist und wer nicht. Ein Trauerspiel. Danach ging‘s ans Fertigstellen der Erbsensuppe und ans Zubereiten des Pfannkuchens. Im Küchenofen wird der immer ganz besonders lecker, so auch diesmal. Es gab ein herrliches Mittagessen und nach einem kurzen Powernap machte ich mich an die Vorbereitung meines heutigen Online-Kursabends für den von mir geleiteten Vorbereitungslehrgang für die Berufsreifeprüfung Deutsch, diesmal via Zoom und mit einem dichten Programm (Zusammenfassung, Konjunktiv 1, indirekte Rede, Leserbrief). Dazwischen bin ich noch über zwei Beiträge zur aktuellen Situation gestolpert, die ich hier gerne zur Lesen mitgeben möchte. Im ersten meldet sich der deutsche Philosoph Markus Gabriel zu Wort und spricht von der Notwendigkeit einer metaphysischen Pandemie: „Nach der virologischen Pandemie brauchen wir eine metaphysische Pan-Demie, eine Versammlung aller Völker unter dem uns alle umfassenden Dach des Himmels, dem wir niemals entrinnen werden. Wir sind und bleiben auf der Erde, wir sind und bleiben sterblich und fragil. Werden wir also Erdenbürger, Kosmopoliten einer metaphysischen Pandemie. Alles andere wird uns vernichten und kein Virologe wird uns retten.“ Im anderen beschreibt der Journalist Christian Stichler in der Wochenzeitung „Die Zeit“ den eigenwilligen Weg der Schweden: „Doch in Schweden laufen die Liftanlagen weiter. Schließlich steht Ostern an. Da ist für viele der Urlaub in den Bergen fester Bestandteil. Nach den ersten Coronafällen im Wintersportort Åre stand nun aber auch ein vorzeitiges Saisonende in Schweden zur Diskussion. Aber so weit wollte die Gesundheitsbehörde dann doch nicht gehen. Gondelbahnen werden geschlossen. Die Skifahrer sollen beim Anstehen am Lift Abstand halten. In Restaurants und Hütten darf nur am Tisch gegessen oder getrunken werden. Aber ansonsten könne der Betrieb über Ostern weiterlaufen. Die Schweden gehen also weiter ihren eigenen Weg.“ We‘ll see! Ich schreibe an Route 55, dazu höre ich den Livestream aus dem Berliner Club Else X Wilde Renate. Bis 22 h habe ich Zeit, dann möchte ich in die Grimme-Preis-gekrönte Serie Hackerville reinschauen. Ich bleibe alle drei Folgen live dran. Das Tempo ist gemächlich, dadurch ist mehr Tiefgang möglich. Die Story nichts Neues, aber es ist eben nicht nur eine Geschichte, die erzählt wird. Rumänien und Deutschland, da sind noch Rechnungen offen. Die Schauplätze gut gewählt, stimmungsvoll. Alles in einer Welt, in der persönliche Begegnung noch offiziell ermöglicht war. Nun ist sie zwar auch möglich, aber nur aus der Distanz des Anstands zu anderen, mit Hilfe virtueller Medien, zwischen denen, die unter einem Dach leben und illegal. Der Innenminister ließ uns ja vor einigen Tagen wissen, dass bei Verstößen gegen die derzeit geltenden Ausgangsbeschränkungen hart durchgegriffen und gestraft werde („Ein paar tausend Euro“). Strafandrohungen sind aus meiner Erfahrung meist das letzte Mittel, mit der die eigene Ohnmacht bewältigt werden soll. Hat die Todesstrafe jemals einen Mord verhindert? Wir erleben in diesen krisenhaften Zeiten auch die Bankrotterklärung einer Gesellschaft, die un-gebildet, ge- und verführt nicht weiß, was sinn-voll und not-wendig ist. Daher muss hier mit martialischen Mitteln das Nötige erzwungen werden, was zum Scheitern verurteilt sein wird. Wenn ein Mensch sich nicht mehr spürt, hat er kein Gespür mehr für das, was angezeigt ist. Was hat unser sogenanntes „Bildungssystem“ nur aus uns für Menschen gemacht?
Wo ist nur unser Gewissen, unsere Seins-Gewissheit geblieben? Viktor Frankl hat darüber wie folgt sinniert: „In Euch wohnt ein ‚Sinn-Organ’ namens Gewissen! Säubert es vom Gestrüpp sämtlicher Fremdeinfl&u! uml;sse und Indoktrinationen und lauscht ihm in Ruhe, Einsamkeit und absoluter Ehrlichkeit! Es wird Euch, einem inneren Navigationsgerät gleich, stets die Richtung weisen. Die eine, die gerade jetzt und exakt für Euch stimmig ist. Es lässt Euch nicht im Stich. Folgt Eurem Gewissen und blickt mutig in die Zukunft! Die Welt ist nicht heil, aber heil-bar. Sie braucht Euch, sie wartet auf Euch und Euer Engagement. Sie ist die Spielwiese und zugleich der Prüfstein des menschlichen Geistes ...“ Ich schlafe unruhig und traumreich. Der Tag danach bringt viel Alltägliches, aber das ist auch ein gutes Zeichen für den Einzug der „Normalität“ in einer Zeit der Turbulenzen und Unsicherheit. Da die Zukunft völlig offen ist, haben wir grob gesagt zwei Möglichkeiten: die Angst und die Verzweiflung oder das bedingungslose Leben im Augenblick, aus dem die neue Zukunft entsteht, der wir uns erst gewiss werden, wenn sie sich im gegenwärtigen Moment verwirklicht. Eine dieser Alltäglichkeiten sind SMS-Nachrichten vom Vater unserer beiden Ältesten, die meine Liebste regelmäßig erhält. Tenor: Er macht sich Sorgen, ob es seinen Söhnen gut gehe. Und das, obwohl er doch täglich mit Ihnen via Chat und Telefon in Kontakt ist. Nun kenne ich Sorgen dieser Art sehr gut, ich musste sie viele Jahrzehnte bis ins Erwachsenendasein hinein erleben. Sie machen unfrei. Sie bewirken Abhängigkeit und das Gegenteil von dem, was möglicherweise sogar gut gemeint ist. Wir können vor allem den Ältesten aus dieser Verstrickung nicht befreien, er hat seit Jahr und Tag therapeutische Unterstützung (wie der Jüngere übrigens auch), wir halten regelmäßig begleitete Familienkonferenzen und dennoch wirkt diese „große Sorge“ massiv in das Leben der beiden und damit auch in unseren Familienalltag hinein. Der Befreiungswunsch der beiden ist sonnenklar: Auf zum Vater nach Berlin. Dann muss er sich keine Sorgen mehr machen. Und: Die beiden wissen, dass wir uns solche Sorgen wie ihr Vater um sie nicht machen würden. Doch Berlin ist nicht die Lösung. Denn Berlin gibt keine Garantie, dass die väterliche „Sorge“ dann ein Ende hätte. Ich schreibe an Route 55, Tag 28 und 29. Dieweil turnt Kater Dario am Schreibtisch, legt sich dann auf meine Unterlagen, macht sich an meinem Laptop zu schaffen, es gelingt ihm, durch eine flinke Tastenkombination mit seinen Tasten mein Virenprogramm dazu zu bringen, mir vorzuschlagen, Dateien für immer zu schreddern. Nun ist es aber genug. Wusste bislang gar nicht, dass mein Virenschutz auch das darf hat, was andere zur mechanischen Vernichtung bringen müssen und danach blöd ausschauen. Nun also ist es aber genug. Dario wird von der Tastatur verbannt, er erntet ein paar ernste Worte. Worauf er sich auf erneut auf meine Unterlagen legt und dabei binnen Sekunden tief und fest einschläft. Ich ziehe ihm noch zwei Seiten unter seinem Bauch weg, da ich sie zum Weiterschreiben brauche, er lässt sich davon nicht stören. Den Nachmittag über hat er schon mit all seinem Lieblingszeugs ausgiebig gespielt. Dazu zählen zwei Wollknäuel (Nr.1), ein Weinkorken (Nr.2) und zwei verbeulte Tischtennisbälle (weit abgeschlagen Nr.3 in seiner persönlichen Hitliste). Sein Namensvetter aus dem Roman Donna und Dario von Barbara Frischmuth hält es mit Badewannenstöpsel, die ihm auch zweimal zum Verhängnis werden: am Anfang fällt er deswegen aus dem Fenster (wird aber von der Krähe Flitzschwinge gerettet und landet mit ihr auf einem alten Sofa auf einem gerade vorbeifahrenden Sperrmüllwagen), ein wenig später fällt er deswegen zwei Gaunern in die Hände, die mit ihm das große Geld machen wollen. In unserem Haushalt hätten wir nur einen echten Gummistöpsel zu bieten, das ist jener bei der Küchenabwasch. Daran ist unser Dario aber bereits mehrmals auf seinen Inspektionsgängen durch die und auf der Küche achtlos vorbeigegangen. Ist offenbar nicht so seins, vielleicht auch noch nicht.
Ich schreibe also weiter und veröffentliche die beiden Blogbeiträge. Danach mache ich mich auf die Suche nach der weiteren Gestaltung meines Abends und stoße beim Durchforsten der Mediatheken von ZDF, ARD und ARTE auf die tolle Initiative „United We Stream“. Unter diesem Titel wird seit 18.3. täglich ab 19 Uhr für ca. 5 Stunden aus jeweils einem anderen Berliner Club ein Musikprogramm, das von DJs gestaltet wird, live übertragen. Ich geb‘ mir zwei Stunden im Ipse-Club mit den DJanes Tereza und Sarah Farina und tanze auf dem Wohnzimmerteppich, zum Teil mit Kater Dario am Arm, dem das Schwingen mit mir sehr behagt. Weder hätte ich jemals zu dieser Art von Musik getanzt, noch wäre ich jemals in diesem Berliner Club gelandet. Corona sei Dank! (Während ich diesen Beitrag hier schreibe höre ich grade im Hintergrund das heutige Musikprogramm aus dem Club Else X Wilde Renate, derzeit legt DJ Roman Flügel auf. Auch nicht so wirklich meine Musik, aber ich finde diese Initiative wirklich gut und wichtig – und freue mich über diese virtuellen Ausflüge und Begegnungen mit und in der Berliner Clubszene.) Ich schlafe unruhig, aber womöglich war die Musik doch zu „stressig“. Morgens weckt mich Dario, weil er zu uns ins Bett springt, um unsere Decke zu attackieren. Ja, meine Liebste und ich stecken seit zehn Jahren auch im wahrsten Sinn des Wortes – zumindest nachts - unter einer Decke. Ich stehe auf und bereite mich auf den Tag vor. Das heißt, dass ich neben der Zubereitung meines Frühstücks und des Morgenkaffees für meine Frau, den ich ihr gelegentlich ans Bett bringe, schon mal den Küchenherd anheize, um die Minestrone fürs Mittagessen vorzubereiten, so dass wir am Vormittag getrost und in aller Ruhe unseren wöchentlichen Einkauf im Großmarkt machen können. Bevor wir losfahren, erreicht mich noch ein Kommentar einer lieben Freundin zu einem meiner letzten Blogbeiträge, die von der Vorsehung benachteiligt gerade jenen Namen trägt, den dieses Sturmtief im deutschsprachigen Raum erhalten hat, der mit dem Verschwinden der unsere Mizzi-Katz verbunden ist. Sie muss getröstet werden. Und es muss ihr gesagt werden, was dieser Schicksalsschlag auch Gutes gebracht hat: die Idee zur Geschichte von der Glückskatze (siehe weiter unten) und einen Platz für den im Weinviertel ausgesetzten schwarzen Kater, der vor knapp zwei Wochen bei uns Wohnung im Waldviertel genommen hat. Beim Großmarkt empfängt uns ein großes Schild, geteilt in einen grünen und einen roten Bereich. Im grünen zeigt uns ein Piktogramm einen Einkaufswagen und einen Menschen, der ihn führt („Richtig“), im roten („Falsch“) werden uns zwei Erwachsene, wovon einer den Einkaufswagen schiebt, und zwei Kinder in ihrer Mitte vor Augen geführt. Darunter ist zu lesen: Ein Einkauf ist kein Familienausflug. Ich krieg gleich einmal mein schlechtes Gewissen, fasse dann aber den Mut, mich davon nicht einschüchtern zu lassen. Erstens sind wir fünf (schwaches Argument), zweitens sind wir eine Patchworkfamilie aus zwei Teilen (nicht minder schlechtes Argument) und drittens brauchen wir zu fünft bei guter Arbeitsteilung sicher nicht mehr als zehn Minuten, um alle Einkäufe im Wagen zu haben (ganz starkes Argument, da uns ja von Kontakten mit anderen von über 15 Minuten dringend abgeraten wurde). Wir kommen nach einer Viertelstunde heil raus – ohne des Marktes verwiesen zu werden und düsen auf unseren Rädern direkt nachhause, wo schon die Minestrone und ein hungriger, kleiner schwarzer Kater auf uns warten. Mittagspause im Liegestuhl in der Sonne. Danach verfasse ich den Anfang meiner Erzählung von der Glückskatze. Hier ein erster Einblick: Die Glückskatze für Maria Mizzi-Kaze, für alle, die Sabine heißen und nichts dafür können, dass ein Sturmtief nach ihnen benannt ist für all jene, deren Katze eines Tages nicht mehr heimgekommen ist Eines Tage war sie plötzlich da, eines anderen Tages war sie plötzlich wieder weg. Sie kam und ging. Sie kam und ging, so wie das echte, wilde, freie Katzen tun, die von den Menschen nicht zu falschen, handzahmen und versklavten Stubenhockern gemacht worden sind. Ich erinnere mich noch gut, als mir Timi zum ersten Mal von ihr erzählte. Er war damals von seinen Eltern angehalten worden, bei mir vor Beginn des neuen Schuljahres täglich eine Stunde Mathematiknachhilfe zu nehmen. Nun war Mathematik nicht gerade mein Lieblingsfach – und ich hatte es auch in meiner Zeit als Lehrer niemals unterrichtet – aber das Grundschulwissen bereitete mir keine Probleme. Auch Timi hatte damit eigentlich kaum große Schwierigkeiten, er beherrschte das kleine Einmaleins im Schlaf. Auch Addieren und Subtrahieren konnte er im Kopf, bloß das Dividieren war tatsächlich nicht seine große Stärke. Daran also arbeiteten wir hauptsächlich. Und noch etwas beschäftigte uns während unserer Trainingsstunden: Das war die Situation, in der Timi und nicht nur er, sondern seine ganze Familie steckten. Es gab bei ihnen nämlich jede Menge Zank und Hader und kein Tag verging, an dem nicht irgendjemand, meistens die Erwachsenen oder die älteren Brüder meines Schützlings, einander laut anschrien. Der Eine also schrie, der andere schrie dann nicht weniger laut, meist sogar noch lauter zurück. Das ging wie beim Ping-Pong einige Male hin und her, bis dann auch noch die Türen knallten. Von da an aber war immer gespenstische Ruhe. Und ich kann die Erzählungen von Timi gewissenhaft bezeugen, lebe ich doch in direkter Nachbarschaft zu seiner Familie, den Winters, Garten an Garten, Haus an Haus. Nun kam also Timi an jenem Augusttag im vorvorigen Jahr ganz aufgeregt zu unserer Stunde. Er rannte ohne zu klingeln oder zu klopfen, wie es sonst seine Art war, laut meinen Namen rufend durch die unversperrte Haustüre. Ich saß gerade noch bei meinem Nachmittagskaffee, weil ich mit ihm erst zehn Minuten später gerechnet hatte, ließ aber, als ich ihn so schreien hörte, alles liegen und stehen und ging ihm entgegen. Als wir am Hintereingang meines Hauses, der in den Garten führt, zusammentrafen, erschreckten wir uns beide sehr. Nach dieser kurzen Schrecksekunde brach es aus Timi heraus: „Mikko, Mikko (so nannte er mich liebevoll nach seinem schon verstorbenen Großvater), wir haben eine Katze!“ „Das ist ja wunderbar“, erwiderte ich und danach umarmte er mich und hielt mich eine ganze Zeit lang fest. „Sie ist eine Glückskatze, weißt du“, sagte er, „sie hat nämlich ein dreifarbiges Fell. Am Kopf ist weiß und braun und schwarz, da erinnert sie mich an den Gugelhupf von Oma, am Bauch ist sie ganz weiß bis auf einen kleinen hellbraunen Fleck, am Rücken ist die hauptsächlich braun und ihr Schwanz ist getigert.“ „Das ist ja wunderbar“, wiederholte ich, schloss kurz die Augen, um mir die soeben beschriebene Katze vorzustellen und fragte den Jungen, wie das denn nun gekommen sei. Mitten im Schreiben werde ich von einem Anruf einer Mitarbeiterin der SVS (Sozialversicherung der Selbständigen) unterbrochen, die mit mir – aufgrund meines E-Mails aus der Vorwoche – die weitere Vorgangsweise bezüglich meiner Pflichtversicherung bespricht. Wir einigen uns auf eine Herabsetzung meines Beitrags auf die Mindestbeitragsgrundlage und eine zinsenlose Beitragsstundung bis Ende Juni dieses Jahres. Das ist aus meiner Sicht die absolute Notlösung, denn die bis dahin nicht bezahlten Beiträge hängen mir ja nachher dann im G‘nack. Vielleicht gelingt es mir ja, zumindest mal den monatlichen Mindestbeitrag einzuzahlen. Denn die heute und in der nächsten Zeit verlorenen Geschäfte sind auch danach nicht wieder aufzuholen. Und angesichts von weit mehr als 100.000 neuen Arbeitslosen in den letzten 8 Tagen und vielen einkommenslosen Einpersonenunternehmer*innen und Selbständigen mit Klein- bzw. Kleinstbetrieben wird sich die Regierung dann doch eine Art Grundauskommen für die Betroffenen überlegen müssen, wie ich es in meinem Schreiben an Vizekanzler Kogler und Sozialminister Anschober vorgeschlagen habe. Am Nachmittagsprogramm stehen dann noch eine Partie Boccia und drei Tischtennismatches auf zwei Gewinnsätze mit meinem Jüngsten im noch sonnigen Garten, ich ziehe in gewohnter Weise den Kürzeren, was mir aber jede Menge Spaß bereitet, und drei Saunagänge mit meiner Liebsten und dem Junior. Beim Relaxen danach stoße ich auf einen Facebook-Beitrag, den zwei Freunde gepostet haben. Er verlinkt zu einem Interview mit dem Historiker René Schlott auf WDR 5, der sich Gedanken zur Gefährdung der Demokratie in Zeiten von Corona macht. Besorgt ist er vor allem darüber, dass die strengen Ausgangsbeschränkungen als alternativlos dargestellt werden, Verstöße dagegen unter Strafe gestellt werden, PolitikerInnen sich bloß sehr einseitig beraten lassen (nämlich von Virologen und nicht auch von Soziolog*innen und Psycholog*innen) und das Volk willfährig und ohne Diskussion den geforderten Maßnahmen entspricht (in Deutschland stimmen diesen 80 % der Befragten zu). Auch in Österreich versucht Bundeskanzler Kurz das Volk erwartungsgemäß auf eine lange Phase des Nicht-Normalzustandes einzustimmen – und meiner weiteren Erwartung nach ist das nur ein Schritt auf dem Weg zur Erklärung des Notstands zum Normalzustand. Geteilt wird die Gesellschaft – wie Historiker Schlott anmerkt – in systemrelevante Bereiche und Menschen und solche, die entbehrlich sind. Entbehrlich sind demnach Kunst, Kultur, Bildung, unentbehrlich der Konsum. Das Maßnahmenpaket soll vor allem die Wirtschaft stärken, von Menschen ist erst in zweiter Linie die Rede. Ich postete den WDR-Beitrag mit folgenden Worten auf Facebook: „Ein wichtiger Beitrag in bewegten Zeiten. Die Entmündigung des Einzelnen kann á la longue nicht im Sinne einer gesunden Gesellschaft und eines gesunden Menschen sein. Vielmehr geht es aus meiner Sicht darum, mündige Menschen zu ‚bilden‘, die in Notsitautionen die angemessenen Entscheidungen treffen - für sich selbst und das Wohl der Gemeinschaft. Eine lohnende Aufgabe, aber natürlich komplexer und komplizierter als einem überaus starken Führer zu folgen.“ Eine weitere brennende Frage stellt sich für mich seit der heutigen Pressekonferenz von Bundeskanzler Kurz, der wieder von Vizekanzler Kogler, Gesundheits- und Sozialminister Anschober und Innenminister Nehammer flankiert wurde, diesmal aber ohne Verteidigungsministerin Danner auftrat (die vor kurzem für Mai die Einberufung der Miliz angekündigt hatte): Was tut die Regierung, wenn das für kommenden Freitag angekündigte „valide Datenmaterial“ die Wirksamkeit der Maßnahmen in Zweifel zieht? Noch ein Schäuferl nachlegen und Ausgangssperren verhängen? Was tut das Volk, wenn es diese Zahlen erfährt? Kuschen oder Aufbegehren? Und: Was tut die Regierung, wenn aufbegehrt wird? Der Mittlere bockt – und das hält den ganzen Tag an. Die Türen fliegen, der Holztürstock in unserem alten Haus bezahlt den Zorn mit einem Sprung. Da heißt es Ruhe bewahren trotz dieser und vieler weiterer Provokationen. Ich denke, meine Liebste und ich haben es trotz so mancher heißen Szene gut gemanagt. Was wir nicht geschafft haben, ihn zu Ruhe und Vernunft zu bringen. Aber hier heißt es aus Erfahrung Zeit vergehen zu lassen. Immerhin hat er dann doch bis zum Abend seine Putzaufgaben erledigt.
Denn an diesem Tag fand der samstäglich, in dieser Woche aber um zwei Tage verschobene Familienputztag statt. Wir schrubbten, was das Zeug hielt. Ich kümmerte mich insbesondere um den CELUS-Küchenherd, den ich zu altem Glanz verhalf, ebenso wurde mein rotes, schon die Jahre gekommenes Ledersofa mit bestem griechischen Olivenöl eingerieben. Zu Mittag eine schnelle „Carbonara a la Mafia“ aus Janosch‘s Tiger- und Bärkochbuch, dann trotz der Kälte ab in die Sonne und bevor der Putztag weiterging – vor allem das Zimmer des Jüngsten musste auf Vordermann gebracht werden – noch eine in beiden Fällen erfolgreiche Recherche wegen eines Ersatzhandys für meine Liebste (natürlich ein NOKIA) und eines neuen Ofenrohrs für unsere Zeltsauna. Wir muten unserem finnischen Savotta-Saunazelt ja extremes zu, ist es doch für einen mobilen Einsatz gedacht und nicht so wie bei uns für eine Daueraufstellung im Garten – und das seit mehr als 18 Monaten, mit Ausnahme einiger Orkantage zu Beginn dieses Jahres. Diese Anforderung (ja eigentlich Überforderung) wirkt sich natürlich auf das Material aus. Den neuen Schornstein werde ich jedenfalls vor seinem Einsatz entsprechend lackieren, so dass die Korrosion ihm nicht wieder so schnell und so intensiv zusetzen kann. Ab halb fünf dann chillen am strahlenden Sofa mit Dario und dem Jüngsten, wir spielen Uno, Dario liegt in der Hängematte (das ist meine weiße Sofadecke, die sich mein Junior über die Beine legt, die er am Sofatisch auflegt, dann kommt Dario hinein, die Beine werden leicht gespreizt und die Decke rutscht mit Darion zwischen den Beinen nach unten und bildet eine herrliche Kuschelhöhle für den Kater). Wir kommen auf das Thema „Vollpfosten“ zu sprechen und ich erinnere mich an die Heute-Show und deren alljährliche Vergabe der Goldenen Vollpfosten, wir finden auf Youtube einen Beitrag vom Ende des Vorjahres mit der Vergabe eines solchen Prunkstücks an H.C Strache, der Schmäh ist derb, nun habe ich mich halt schon mal drauf eingelassen, also muss ich mit interessiertem Sohnemann an meiner Seite durch – und er, mit seinen achteinhalb Jahren lacht mit. Auch dort, wo mir nicht danach zu Mute ist. Und dann gibt‘s Käsetoast a la Liebste mit Preiselbeeren. So darf ein Tag zu Ende gehen. Die kleinen oder größeren Provokationen unseres Mittleren nehmen wir dann noch mit links. Ich nehme mir Zeit, die Impulse meiner Tochter zu studieren und wirken zu lassen. Es sind ganz wunderbare Gedaken dabei und es durchströmt mich eine Ruhe, die ich schon lange nicht mehr verspürt habe. Neben der Ruhe erfahre ich auch Gelassenheit und Zuversicht. Ein wunderbarer Triplepack – um es im Fußballjargon auszudrücken.
Die Sätze, die mich inspiriert haben, sind: Gelassenheit in allen Lebenslagen, egal wie schwierig sie auch sein mögen. Stärkung unserer Intuition, wir sollen uns nicht nur auf unseren Intellekt verlassen. Mein schwerer Kopf an einem der vergangenen Abende fällt mir ein. Auch die bekannte Weisheiten „Viel denken macht Kopfweh“ oder „Mach dir doch keinen Kopf“ oder „Mit dem Kopf durch die Wand“. Und dann auch mein intuitives Wesen, das mir als Kind schnell aberzogen wurde – und das ich als Erwachsener so oft schon wiederentdeckt und „erfolgreich“ eingesetzt habe. Aber im Chaos der Gedankenkrise zerstören die Zweifel und die ihnen folgende Schwarzmalerei jegliches Bauchgefühl. Siegen bedeutet nicht, andere zu besiegen oder in die Knie zu zwingen. Es kann bedeuten, unangenehme Eigenschaften in uns besiegt und überwunden zu haben. Möglicherweise haben wir jahrelang an einem Problem gearbeitet und trotz vieler Rückschläge unser Ziel nun erreicht. Gerade jetzt, denke ich. Gerade in dieser bzw. durch diese Herausforderung(en). Es ist manchmal erforderlich, abseits gewohnter oder gesellschaftlicher Normen Entscheidungen zu treffen, die unkonventionell sind. Mut ist auch erforderlich, um Entscheidungen zu fällen, bei denen der Ausgang einer Situation nicht vorhersehbar ist. Geduld und Beharrlichkeit zu erlernen ist eine der größten Lernaufgaben, die uns vom Leben gestellt werden. Meine unkonventionellen Entscheidungen habe ich nie bereut. Ich habe zwar nach diesen Entscheidungen nicht immer den richtigen Weg eingeschlagen, die Richtung hat aber immer gestimmt und die Umwege waren lehrreich. Und: Ungeduld und Aufgeben waren oft die Begleiter auf diesen Umwegen, was mehr geschadet als genutzt hat. Gnade ist ein Geschenk, das wir uns nicht erarbeiten oder verdienen können. In Situationen, in denen alles zum Stillstand gekommen ist, in denen alles hoffnungslos und festgefahren scheint, kann allein die Gnade uns weiterhelfen. Manchmal ist es Gnade, eine bestimmte Erkenntnis zu erlangen oder eine tiefgreifende Veränderung zu erfahren. Mit dem Begriff Gnade ringe ich ein Leben lang, auf etwas außerhalb meines Wollens angewiesen zu sein, ist ein No-Go. Geben und nehmen, ja. Aber bekommen? Geschenkt bekommen? Gratis, ganz ohne Leistung? Und aus meiner röm.-kath. Sozialisation: Was erwartet Gott von mir als Gegenleistung? Doch habe ich nicht gerade eben diese „gnadenreiche“ Erfahrung einer wesentlichen Selbsterkenntnis gemacht? Begnadet vom Leben. Begnadigt … Ein Begnadeter – so wie jeder Mensch – mit Talenten, Begabungen, Fähigkeiten, einem einzigartigen Charakter, mir innewohnendem Sinn. Innere Weisheit erlangen. Dieses Geschenk wahrnehmen, daran zu glauben, es besser zu nutzen. Plötzlich Lösungsmöglichkeiten im Kopf haben, die uns vorher nicht im Traum eingefallen wären oder wir auf einmal zukünftige Situationen wahrnehmen, die sich im Nachhinein als richtig herausstellen. Wenn ich die innere Weisheit angeschlossen bin, geht vieles im Leben leichter. Gute Schlussfolgerung. Guter Arbeitsauftrag. Ich werde ihm folgen. Beschwingt von der Leichtigkeit meines plötzlichen Selbstvertrauens wage ich mich noch nach Berlin. In einem gut gemachten „Tel-Aviv-Krimi“ aus 2016 erlebe ich das Leben in seiner ganzen Vielschichtigkeit und seinem ganzen Potential. Ich gehe beruhigt ins Bett. Sonntagvormittag. Es ist weiterhin eiskalt, aber die Sonne scheint bei den Fenstern herein und ich mache mich voller Mut an die Abschlussarbeiten für die Steuer. Zu Mittag Hot Dogs nach Art des Hauses, zubereitet von meiner Liebsten – und auch Dario isst mit. Und nach der verkürzten Mittagspause eine feine Sauna und danach geht‘s via Facebook zum Livestream des Circus Pikard, gegeben wird eine alte Vorstellung aus 2015, die sich sehen lassen kann. Die Clownerie von Baguti ist sehr unterhaltsam, wir müssen jede Menge lachen, und auch die Jonglage von Zirkusdirektor Alexander Schneller beeindruckend. Den Zirkus haben wir zuletzt in St. Pölten und Krems live besucht. Ich habe ihn in meiner Zeit in Baden zum ersten Mal kennen gelernt – und war begeistert. Ein kleiner Familienzirkus mit einem großen Programm, das sich seit nicht mehr Mama Schneller die „Peitsche“ schwingt ein wenig in Richtung Revue geändert hat. Und auch Schwiegersohn Balasz Guti (jetzt eben Baguti) ist nicht mehr der Akrobat an Strapaten und Tüchern. Und das schöne dabei: Am kommenden Sonntag steht der nächste kostenlose Zirkusbesuch bei Pikard an. Eine dieser vielen tollen Initiativen, die uns die aktuelle Situation bescheren – und plötzlich zählt mehr als Geld. Ich beschließe am österreichweiten Vorlesetag am kommenden Donnerstag, 26.3.20 eine Lesung via Livestream auf Youtube oder Facebook zu machen. Ich begebe mich nach Oz. In einer unserer Erzählungen, in denen wir uns ausdachten, wohin unsere Glückskatze vor knapp sechs Wochen während des Sturmtiefs Sabine verschwunden sein könnte, ließ sie mit dem Orkan in jenes Land fliegen, das Frank L. Baum in seinem ersten Buch von einem schrecklichen Zauberer beherrschen ließ. Das Mädchen Dorothy rettete es mit Hilfe seiner Freunde, einer Vogelscheuche, einem Blechmann, einem Kürbiskopf und einem feigen Löwen. Vielleicht ist wieder Rettung angesagt und die Mizzi-Katz muss gute Taten tun, so wie sie sie eineinhalb Jahre für uns getan hat.
Ich begebe mich also nach Oz, finde die Verfilmung mit Judy Garland nicht als Stream, stöbere eine Stummfilmfassung des Buches auf und entdecke einen weiteren Oz-Film, der 1985 von Disney produziert wurde und vertiefe mich – mit Dario an meiner Seite am roten Sofa – in die neuerliche Reise von Dorothy in jenes Land, das nunmehr von einem Zwergenkönig regiert wird. Der Streifen mit dem Titel „Die fantastische Welt von Oz“ ist alles andere als ein Kinderfilm. Anfangs lässt er sich recht gut an, Dorothys Onkel baut in seiner Heimat Kansas gerade ein neues Haus, ihre Tante macht sich zunehmend Sorgen um den Gesundheitszustand ihrer Nichte und organisiert einen Psychiater, der das Mädchen mit Hilfe einer Stromtherapie (Elektrizität ist um 1900 gerade die neueste Errungenschaft der Menschheit und als Allheilmittel gepriesen) heilen soll. Und dann wird‘s nicht nur spannend, sondern durchaus „horrible“. Ich machte zwischendurch zwei Pausen, um ein wenig Luft zu schnappen, und hielt dann die knapp mehr als 100 Minuten bis zum Ende durch. Meinem Jüngsten werde ich das Werk nicht zeigen. Da lese ich ihm lieber – wie noch vor meinem Patschenkinoabend – Erich Kästner vor. Vor einer Woche haben wir uns am letztmöglichen Tag noch mit Büchern aus der Kremser Stadtbücherei eingedeckt, dazu gehören auch drei des deutschen Autors, der am gleichen Tag wie ich Geburtstag hat, aber 67 Jahre früher geboren worden war. Gerade eben lese wir „Der 35. Mai“, eine kolossal fantastische Geschichte mit viel Humor und auch ein bisschen Science Fiction. Das 1932 veröffentlichte Wer bietet in einem Kapitel die Vision eines guten Lebens, in dem Menschen ohne Erwerbsdruck arbeiten, was ihnen Spaß macht und in dem für alles gesorgt ist, was für die Existenz notwendig ist. Wir hatten sehr viel Spaß mit dem sprechenden, rollschuhfahrenden Zirkuspferd Negro Kaballo, mit Konrad und seinem Onkel Ringelhuth. Ich schlafe trotz meines Aufenthalts in Oz recht gut. Am Programm des Samstagvormittags steht unser Familieneinkauf im Drogerie- und im Supermarkt im örtlichen Gewerbepark. Zuvor gibt noch das Handy meiner Frau zum zweiten Mal innerhalb eines Monats den Geist auf. Beim ersten Mal war es ein Softwarefehler, nun schaut es – aufgrund der Symptome – nach genau demselben Problem aus. Und das in diesen Zeiten. Unser Jüngster erklärt sich bereit, das alte Handy, das er durch den Neukauf eben jenes Montagsmodells zu seinem machen konnte, zur Verfügung zu stellen- mit der Bedingung, dass er seine täglich 20-Minuten-Handyzeit weiter nützen dürfe. Das OK dazu fällt uns nicht schwer. Während wir unterwegs sind, hütete Kater Dario das Haus, er hat es gut, drinnen bollert unser CELUS-Küchenherd und wärmt die Bude. Ich bin froh nach dem Wettersturz, der uns heute Früh und auch den ganzen Tag nur 8 Grad Celsius (nach 20 Grad am Vortag) beschert, wieder heimzukommen und mache mich gleich ans Mittagessenkochen: Linsen mit Knödel. Danach ein kurzes Mittagsschläfchen, es ist einfach herrlich. In der Zwischenzeit arbeitet meine jüngere Tochter aus der Ferne mit meinen Antworten auf ihre Fragen und liefert mir über whatsapp Ideen zur persönlichen Weiterentwicklung. Es ist so schön zu erleben, dass sie – wie auch ihre ältere Schwester – ihren Weg gemacht hat. Und gerade bei ihr ist es immer schon spürbar gewesen, dass wir eine besondere Verbindung haben, auch in all den Jahren in denen uns das Leben auseinander gebracht hatte. Dafür war das Wiedersehen vor wenigen Monaten nach so langer Zeit ein ganz besonderer Moment, ebenso ihr Hiersein an meinem Geburtstag, an dem ich auf Route 55 aufgebrochen bin - und Schritt für Schritt finden wir nun auf ganz neue Weise zueinander. Apropos Geburtstag: Mein lieber, langjähriger Freund Franz, mit dem mich – wie meine Leser*innen noch in Erinnerung haben – zuletzt am Donnerstag der Vorwoche (Tag 18) getroffen hatte und von dem ich bei dieser Gelegenheit zum Essen eingeladen worden war, feiert heute seinen Siebziger. Ein SMS mit Wünschen ist das Mindeste, er antwortet via E-Mail. Wir haben Freude miteinander. Es gab so Vieles, was wir miteinander erleben durften, die Zeit bei den Pfadfindern, als er noch ein guter Kumpel meines Vaters war und wir noch keinen freundschaftlichen Kontakt pflegten und unser Zusammenwachsen, bei dem wir nach und nach unsere Seelenverwandtschaft entdeckten. Er ging mit mir durch dick und dünn, war auch in den Tiefpunkten meines Lebens stets an meiner Seite, erlebte mit mir auch mein Ankommen bei und mein Heimkommen zu meiner Aller-Liebsten vor zehn Jahren, nachdem ich durchaus ausdauernd in zwei vorgehenden Beziehungen trotz aller Wirr- und Widernisse, die mir schon früher zu denken geben hätten sollen, aus- und durchgehalten hatte, in der einen zehn und in der anderen gar sechzehn Jahre. Die erste hat mir zwei wunderbare Töchter beschert, wofür ich sehr, sehr dankbar bin. Die andere einen angenommenen Sohn, der mir - wie seine Mutter - auch heute noch mein Leben schwer zu machen versucht, allerdings mit schwindendem Erfolg, denn einmal muss Schluss sein. Auch mit dem schlechten Gewissen, dass - so sagen objektive Beobachter der Szenerie, wie eben mein guter Freund Franz - keinesfalls berechtigt ist, bei all dem, was ich für die beiden in meiner unermesslichen Fürsorge und Hilfsbereitschaft in all den vielen Jahren getan habe. Dazu vielleicht ein anderes Mal mehr. Gerne erinnere ich mich noch an meinen Besuch bei Franz in Zypern, und zwar im türkischen Teil in Famagusta. Franz war dort als UNO-Soldat stationiert und in den Osterferien des Jahres 2000 war ich bei ihm zu Gast und durfte dort seinen 50er mit ihm feiern. Er lud mich auf eine Zigarre, die ersten und bislang einzige meines Lebens ein. Dann chauffierte er uns (meine damalige Lebensgefährtin, ihren damals noch alleinigen Sohn und mich) durch die Städte, ich kam mit dem orthodoxen Christentum und dem Islam hautnah in Kontakt, badete am Strand von Varosha, der Hotel-Ruinen-Stadt, durchstreifte die geteilte Hauptstadt Nikosia und erlebte eine Osternachtfeier in der Pufferzone, ein sehr ambivalentes Erlebnis. Zum einen ringsum die Wachtürme der verfeindeten Armeen und die Gefahr von Minen, zum anderen eine wunderbare Naturkulisse, in der der Mensch kaum noch eine Rolle spielte. Nie zuvor waren Karfreitag und Ostersonntag für mich so nachvollziehbar. Der Tag klang mit jener Tätigkeit aus, die dieser Tage zu erledigen ist: Den vorletzten Arbeiten für die Einkommenssteuererklärung von 2018. Ich tat, was zu tun war. Und ich freue mich schon, wenn die Sache am Montag bei der Steuerberaterin landet. Und wie jedes Jahr so nehme ich mir auch heuer vor, damit nicht wie bisher bis zum letzten Moment zu warten. Ändern kann ich das Ergebnis eh nicht. Das Kolloquium mit meinen SchülerInnen im Vorbereitungslehrgang für die Berufsreifeprüfung Deutsch verlief insgesamt sehr fein. Wir beschäftigten uns neben Sprachlichem (s-Schreibung bzw. das/dass) mit der Zusammenfassung eines Textes von Heiko Girnth zum Thema Sprache und Politik. Es war auch für mich eine willkommene Abwechslung außerhalb von Familie, Haus, Haushalt und Einkauf, da ja sonstige soziale Kontakte derzeit auf Null gesetzt sind. Zudem ermöglicht die Fortsetzung des Kurses auf E-Learning-Basis ein Grundeinkommen, auf das ich – trotz aller Maßnahmen der Regierung - nur ungern verzichtet hätte. Der Flow nach dem VHS-Online-Abend klang aber rasch ab und die Müdigkeit brachte mich auf schlechte Gedanken, also ging ich rasch zu Bett.
Gegen halb sieben dann drangen aus dem traumreichen Schlaf die ersten Gedanken an die aktuelle Wirklichkeit in mein Erwachen. Ich fühlte die Möglichkeit, diesem Denken eine andere Dynamik zu geben, mich nicht in einen Abwärtssog hineinziehen zu lassen. Ich stemmte so Manches dagegen – und es gelang. Als ich um halb neun mein Schlafgemach verließ, war ich voller Freude auf einen Frühlingstag im Garten. Diesen wollte ich nutzen, sollte doch am Wochenende der Winter – spät, aber doch noch – unserem Land einen Besuch abstatten. Und da fand ich in meinem E-Mail-Postfach den aktuellen Newsletter des Viktor-Frankl-Zentrums und spürte schon beim Öffnen eine heilsame Vorfreude. Sartre musste sich hinten anstellen. Diesmal war Frankl mein Favorit. Und er wirkte, bewirkte: „Jeder von uns hat die Fähigkeit, zu entscheiden, ob er/sie hoffnungsvermehrend oder leidvermehrend leben will! Zum Glück liegt es immer in unserer Hand! Ob das, was wir in der Hand haben, tatsächlich verwirklicht wird oder nicht, liegt allein in meiner Hand!“ Na dann: Let‘s try it out! Der Vormittag: ein Schreiben im sonnigen Garten, das Vorbereiten eines kleinen, feierlichen Mittagessens mit unseren Jungs, ebenfalls im sonnigen Garten. Ich kochte Eierreis mit Sojasauce, ein Lieblingsessen der beiden Großen. Wir stießen mit Spritzern (für die Erwachsenen Wein, für die Jungs Orangensaft) in unseren 5 Sektgläsern an und feierten den Frühlingsbeginn, den Namenstag des Ältesten und des Jüngsten, die Aufnahme des Ersteren in die zweite Bewerbungsrunde für die Lehre im Buchhandel und die Zusage für einen Platz im BORG für den Mittleren. Wer von seinem Spaziergang zu spät zurückkehrte war unser Ältester. Er nahm‘s gelassen, dass wir nicht auf ihn gewartet hattet und aß mit großem Appetit. Danach allerdings musste er noch eine Belehrung durch die Erwachsenen über sich ergehen lassen. Nun ja, er wird‘s noch lernen, zum Handy zu greifen und sein Zuspätkommen anzukündigen – oder einfach auch pünktlich zu sein. Immerhin wird er in einer Woche sechzehn. Auch wir übten uns in Gelassenheit. Mittagspause im Garten, im Halbschatten, die Sonne brennt recht heiß vom Himmel. Danach ein wenig Gartenarbeit. In der Zwischenzeit auch Tag 24 und 25 gepostet und auf Facebook geteilt mit dem Hinweis, dass es Mut braucht, mich auch durch zwei abgründige Lebenstage zu begleiten. Meine jüngere Tochter Julia stellt ín ihrem Kommentar wichtige Fragen, denen ich nachgehen werde. Eine liebe Freundin schickt mir Mut, Zuversicht und eine innige Umarmung. Ein schönes Gefühl. Sportlich geht es weiter: Tischtennis und Tischfußball mit meinem Jüngsten. Ich bin chancenlos, habe aber jede Menge Spaß und Freude, vor allem daran, wie sich mein Achteinhalbjähriger beständig weiterentwickelt. Vor allem beim Tischtennis sind da schon ganz tolle Schläge dabei. Und dann – bevor laut Wetterbericht eine stürmische Zeit anbricht – noch einmal Zeltsauna im Familienkreis. Das Bier schmeckt nachher besser als sonst und ich bemerke, dass ich wieder in meinem Leben angekommen bin und mit den Energien um mich herum besser umgehen kann und sie nicht zu meinen eigenen mache. Da die Nacht meine Lebenstage nicht voneinander trennt, sondern nur der Sekundenzeiger auf der Uhr, begann der 25. Lebenstag im 55. Lebensjahr in derselben Stimmung wie der vorige geendet hatte. Die Stunden bis zum Schlafengehen waren nicht mehr zu retten. Ich dachte am Sofa nach bis mein Kopf so schwer war, dass er mich in die Seitenlage zog. Als ich durch die Stimme meiner Liebsten geweckt wurde, lag der schwarze Kater dicht an meine Brust gekuschelt neben mir. Er wärmte meine von mir selbst gequälte Seele. Ich hielt es kaum noch aus mit mir. Ein Zustand, den ich ändern sollte, aber noch nicht wollte. Die Nacht unruhig, voller Träume, die nichts Neues brachten, keine Erlösung in Sicht.
So war ich auch in meinen wachen Stunden tagsüber nicht wirklich wach. Ich bewegte mich im Halbschlaf zwischen kurz aufblitzenden Hoffnungsschimmern, denen enorme Kraft innewohnte, und lang gedehnten Abgründen, die ich lustvoll durchwanderte. Meine arme Liebste, die diesen Anblick zu ertragen hatte. Sie nahm es – aus der Erfahrung, dass meine abgründigen Phasen nie länger als wenige Tage anhielten – mit der ihr angeborenen Gelassenheit, da auch diesmal sämtliche Versuche, mich aufzuheitern oder zu ermuntern, gnadenlos scheiterten. Ich mochte die Verlorenheit des Mit-mir-Alleinseins trotz der Tatsache, dass ich mich kaum aushielt. Was ich immer noch zu lernen habe, ist eine gesunde Pflege meiner selbst und meines Selbst. Der Anstoß, mich zum Leben aufzuraffen, kam niemals noch von außen, er folgte immer bloß dem Impuls aus meiner eigenen Mitte. Einen dieser Hoffnungsschimmer ergriff ich, um unserem Sozialminister und dem Vizekanzler ein E-Mail zu schreiben, in dem ich die Idee eines befristeten Grundauskommens ansprach und dieses für die nächsten Wochen bzw. Monate vorschlug, um eine einfache unbürokratische Überlebenshilfe für alle Bürger*innen unseres Landes zu ermöglichen. Die Antwort kam recht prompt. Man wolle keine Umwälzungen, man tue aber alle, um keine*n zurückzulassen. Ich solle noch bis Montag Geduld haben, da kämen dann auch Maßnahmen, die für meine Frau und mich eine Erleichterung bringen sollten. In Erwartung meines abendlichen Kurstermins für die Teilnehmenden meines Vorbereitungskurses auf die Deutschmatura wurde ich zusehends aus mir herausgelockt. Die Nervosität, ob die von mir mit den Teilnehmer*innen ausgemachte Online-Methode funktionieren würde, hielt mich in Atem und als um 18 Uhr bloß zwei eingeloggt waren, drohte ich auch hier die Hoffnung zu verlieren. Doch innerhalb der nächsten Minuten waren dann 7 von 9 da und es startete eine neue Erfahrung. Für so etwa bin ich, als Pioniergeist, jederzeit zu haben, es belebt mich, es beschwingt mich. Zu schaffen machen mir die Mühen der Ebene, des Alltags – dafür aber habe ich mir schon eine gute Stratege zurecht gelegt, finde ich doch auch in diesen alltäglichen Momenten mittlerweile allerlei Spannendes. So war der Übergang zum nächsten Lebenstag, der mitten in den Onlinekursus fiel, ein angenehmer. Den Tag begann ich mit der Zusammenstellung der aktuellen Ausgabe meiner Sendereihe „Nie mehr Schule – das Magazin für alle, die Bildung verändern wollen“ auf Radio Orange 94.0, dem Freien Radio in Wien. Die Sendezeit wurde von der Programmkoordination diesmal auf 27 Minuten mehr als halbiert, da das tägliche Corona-Update der Freien Radios den ersten Teil meiner geplanten Sendezeit beanspruchte. Den Großteil füllte das tags zuvor geführteTelefoninterview mit Sibylle Hamann, Bildungssprecherin der Grünen, aus. Dazu gab ich noch einen Kommentar zum sozialen Lernen in der Schule mit dem Titel „Schule als Ort des asozialen Lernens“ ab. Was mich ärgert ist, dass es jenen, deren Kinder einen individuellen Bildungsweg einschlagen, immer vorgeworfen wird, dass sie die Kinder der Gemeinschaft und damit des sozialen Lernens berauben. Das stimmt so nicht. Und ebenso stimmt nicht, dass ich etwas gegen Schule habe. Ich halte sie für einen Bildungsweg unter mehreren, und ich setze mich dafür ein, dass die derzeit als illegal eingestuften Wege wissenschaftlich begleitet und regelmäßig evaluiert endlich reale Möglichkeiten des Sich-Bildens werden. Tja, und zur Schule nur so viel: In der aktuellen Form ist sie wohl wirklich längst überholt. Sie braucht dringend einen Reset, aber auch dafür gibt es schon jede Menge Ideen, auch von mir als ehemaliger Lehrer.
Um vor dem Einschlafen auf andere Gedanken zu kommen – wobei mir Fußballübertragungen zuletzt immer sehr geholfen haben – machte ich diesmal den Fehler, mir wieder einmal den „Tatort“ zu geben. Diesmal Berlin. Diesmal: „Das perfekte Verbrechen“. Diesmal – wie schon so oft in letzter Zeit: Enttäuschend. Solange es Menschen wie diese gibt, die das Rechtssystem beherrschen, brauchen wir uns um Gerechtigkeit in der Justiz keine Hoffnung machen. Aber, jede*r mache sich selbst ein Bild. Der Morgen dann ein einziges Wider: Widerstand, Widrigkeit, Widerwille, widrig – alles hausgemacht. Dennoch machte ich mich an die notwendigen Arbeiten – und ich schleuderte dem Leben ein ständiges „Warum“ um die Ohren. Sinnlos. Zwecklos. Verlorene Zeit. Aber in diesen Stunden wollt eich nicht anders als mich verloren fühlen. Dichterseele auf dem Grund. Aber auch die Erfahrung: Wenn du auf den Grund gehst, dann kommst du auf deinen Grund. Den Lebensgrund. In keiner anderen Zeit als in der Krisenzeit lernst du dich selber besser kennen und bekommst Stoff für die Weiterentwicklung. Zündstoff. Um dies auch diesmal zu begreifen, brauche ich noch Zeit. Ich schrieb der Wirtschaftskammer, ich schrieb der SVS, ich schrieb, um das finanzielle Überleben meiner Familie zu ermöglichen. Und auch meine Liebste trug ihren Teil dazu bei. Sie war erfolgreicher als ich. Doch fühlte ich mich in meinem Leid noch wohler als in der Lösung. So konnte ich Erfolge nicht als solche sehen und eine Heidenangst überkam mich und schnürte meinen Lebensatem. Der eine Tag ging und der nächste kam. Um am Morgen des ersten Tages der von der Regierung veranlassten Ausgangsbeschränkungen in Schwung und nicht auf negative Gedanken zu kommen, plane ich beim Frühstück mit unserem Jüngsten ein intensives Sportprogramm, wir aktivieren die Boccia-Kugeln, das verstaubte Tischfußballspiel von Arcofalk (Made in Italy!) und Junior verwandelt unseren Gartentisch in einen solchen, auf dem wir locker Tischtennis spielen können. Ich ziehe – wie so oft – in allen Disziplinen auch diesmal meistens den Kürzeren, aber das macht mir nichts aus, weil es einfach einen Heidenspaß macht, zu spielen und sonst an nix zu denken.
Eigentlich herrscht Ferienstimmung, wäre da nicht das Bewusstsein, dass all das doch erzwungen ist, erzwungen von einem Virus, der die politisch Verantwortlichen zu solchen Zwangsmaßnahmen angeleitet oder vielleicht auch verleitet hat. Die Kurven im Netz, die zeigen sollen, was diese Beschränkungen bringen, lassen sich auch so lesen: Sollten keine Einschränkungen passieren, wäre der Höhepunkt in Österreich mit Ende Mai und rund zwei Millionen Erkrankten überschritten, eine hohe Anzahl an Todesfällen inbegriffen. Die von der Bundesregierung ergriffenen Variante plant mit einer Verringerung der sozialen Kontakte um 25 %. Dadurch würde sich laut Modellrechnung der Peak auf Ende August verschieben, allerdings mit prognostizierten 360.000 Infizierten. Die Krise wäre demnach nach rund 400 Tagen endgültig vorbei, also in etwas mehr als einem Jahr. In Großbritannien setzt Premier Johnson auf Szenario eins und hofft auf schnelle Herdenimmunität. Wir haben also den direkten Vergleich. Am Nachmittag telefoniere ich mit der Bildungssprecherin der Grünen, Sibylle Hamann, für die nächste monatliche Ausgabe meiner Sendereihe „Nie mehr Schule – das Magazin für alle, die Bildung verändern wollen“ auf Radio Orange. Wir besprechen kurz die aktuelle Situation und dann länger, was von grüner Bildungspolitik im aktuellen Regierungsprogramm mit der ÖVP übrig geblieben ist. Zukunftsforscher Mathias Horx macht mir mit seinem Beitrag "Corona - eine Resilienz-Übung" Mut. Es gibt also Perspektiven. Dann wagen mein Jüngster und ich uns in den Gewerbepark, um nötige Einkäufe zu machen. Gespenstische Stimmung, aber dafür keine Schlangen an den Kassen. Ich entdecke in einem der dortigen Supermärkte, den ich nur selten frequentiere, eine mir bislang unbekannte österreichische Biersorte, nämlich Wurmhöringer Premium Märzen, und nehme ein paar Testflaschen mit. Für die Zeit vor dem Abendessen heize ich unsere Zeltsauna an. Wohltuend und entspannend für Leib und Seele. Und danach eine Flasche des mir noch unbekannten Biers, das mir sehr gut schmeckt.So kann ein Lebenstag zu Ende gehen. Nach der Sauna penne ich am Sofa ein, obwohl ich mich nur ein wenig ausruhen wollte. Der Jüngste weckt mich, weil er noch Zähneputzen will. Nachdem das Badezimmer nun endlich wieder frei ist, die großen Jungs geduscht und bettfertig sind, mach ich mich schlaftrunken auf den Weg ins Bad. Ich brauche eine knappe Stunde, um wieder auf Touren zu kommen, vielleicht hätte ich mich doch gleich betten sollen. Aber Finnland wartet, zumindest virtuell in „Arctic Circle“ Folgen 6-8. Kater Dario begleitet mich durch eine intensive Kuschelaktion durch den Start in meinen nächsten Lebenstag. Um 0.30 Uhr gehe ich endlich ins Bett und unser Vierbeiner widmet sich deinen nächtlichen Aktivitäten im Haus. Die Wochenendstimmung mit schalem Beigeschmack hält auch am Tag 2 der Ausgangsbeschränkungen an. Morgens komme ich schwer aus den Federn, es gibt viel zu tun und noch mehr zu befürchten. Ich bin nach außen krisenfest, im Inneren aber tobt es heftig. Diese Ambivalenz meines Daseins, macht es den anderen meist leicht und mir selbst und meiner Liebsten, die mein Innenleben bestens kennt, eher schwer. Das Wetter ist auch trüb und regnerisch, nicht unbedingt ein Stimmungsaufheller. Wie gut, dass es heute Würstchen mit Kartoffeln gibt. Und Mathias Horx, der mir mit seinem neuen Text "Die Welt nach Corona" neuerlich Mut und Perspektiven gibt. Arbeitstechnisch stehen Buchhaltungsarbeiten, ein Skype-Treffen mit einer Kollegin im Hinblick auf die Zivilcourage-Workshops für Wiener FreizeitpädagogInnen im Juli und August und die Zusammenstellung meiner Radiosendung am Programm. Meine Frau und ich holen dann unsere Wochenration Bier, diesmal nicht vom rund sechs Kilometer entfernten Großmarkt, sondern versorgen uns beim kleinen Supermarkt mit dem gestern neu entdeckten Gerstensaft. Die Jungs sind heute Abend sehr cool unterwegs, sie scheinen – nach dem ersten Schock – auf Kooperation umgestellt zu haben, sehr beruhigend. Mehr geht sich an diesem Tag nicht mehr aus – und es scheint mir ein halbes Leben weit entfernt, dass meine Frau als Gemeinderätin angelobt worden ist, obwohl das Ereignis erst eine Woche und einen Tag zurückliegt. Der nächste Tag meines neuen Lebensjahres begann mit einer langen Vorlesesession auf meinem schönen, roten Ledersofa. Tove Janssons „Mumins lange Reise“, das erste Buch der Mumin-Serie mit Originalbildern der Autorin (wir hatten es tags zuvor in einer Neuauflage in der Stadtbücherei gefunden und entliehen), entführte uns in jene Zeit, da die Mumin-Familie noch kein fixes Zuhause hatte. Auf der Reise fanden Mumin und seine Mama dann nicht nur das Mumintal sondern auch den lange vermissten Muminpapa.
Als der Jüngste im Bett war, überlegte ich, wie ich meinen Abend gestalten konnte. Ich dachte daran, mal wieder einen Film zu schauen, checkte die Mediatheken von ARD, ZDF und ARTE durch und fand so manch Interessantes. Einige Wochen vor Ausbruch des Corona-Virus in unseren Breiten, hatte das ZDF eine Serie namens „Arctic Circle“ über eine Viruspandemie, die in Finnland spielt, herausgracht. Ich stoppte das Schauen trotz des spannenden Plots nach der ersten Folge, war noch nicht bereit für ein solches Thema. Jetzt, da wir mitten drinnen sind in einem ähnlichen Schlamassel wirkt der Film harmlos gegen die Wirklichkeit. Zumindest nach Folge 2 und 3. Mal sehen, was die anderen 7 Episoden so zu bieten haben. Schön ist es, endlich wieder einmal in der Heimat meiner Frau zu sein, zumindest virtuell. Dario verbrachte einen Teil des Fernsehabends kuschelnd und schnurrend auf meinem Schoß. Der Morgen nach einer traumreichen und dementsprechend anstrengenden Nacht gedämpft und belastet von all dem, was derzeit ist: die „Ausgangssperre“, die Steuererklärung, die unsichere Einkommenssituation. Ins-Tun-Kommen ist da ein probates Mittel. Dario hilft kräftig mit, dass ich auf andere Gedanken komme. Zum Mittagessen bereite ich Burger zu – mit Karottenlaibchen und in der Semmel. Kann sich aber dennoch sehen und vor allem schmecken lassen. Draußen ist es sonnig, aber kalt. Der Jüngste spiel im Garten – Fußball, was sonst. Nach dem Essen kurze Familienkonferenz zu den aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung und den Folgen für unser (Zusammen-)Leben. Der Mittlere geht in den Widerstand. Tja, da kommt so einiges an „Schmelz“-Arbeit (im Sinne der Integrativen Gestaltarbeit) auf uns zu, Vor allem befällt ihn jetzt schon der Unmut, dass er womöglich in den Osterferien seinen Vater nicht in Berlin besuchen kann. Nach einigen Überzeugungsversuchen zur Kooperation ließen meine Frau und ich mal los. Wir sind zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, den Familienfrieden auch in den bevorstehenden Tagen sicherzustellen, auch wenn es uns eine Menge Anstrengung kosten wird. Mittags eine kurze Pause im Liegestuhl im Garten, danach Check meiner Möglichkeiten, meine VHS-Kurse online durchzuführen. Wenn die Verantwortlichen dort mitspielen, sollte es kein Problem sein. Ich bin vorbereitet und bereit. Dann ging‘s an die vorletzte Etappe der Steuererklärungen, dazwischen zum Abreagieren Gartenarbeit. Die Brombeerstaude musste in Form gebracht werden, vor allem musste ihre Wuchsrichtung vereinheitlicht werden, braucht doch der Holler seinen Platz. Er treibt schon aus, so wie auch der Apfelbaum, der Liguster und die Brennnesseln. Meine Frau schwärmte während des Tuns in unserem kleinen Paradies von der Brennnesselsuppe ihrer Kindheit – mit hartem Ei in der Mitte. Ich freue mich schon drauf, wenn sie uns eine kocht. Zeit dafür sollten wir in diesen Tagen genug haben. Beim Abendessen noch miese Stimmung beim Mittleren. Und meine Frau hat in den nächsten Tagen mit vier körperlich unausgelasteten Männern zu tun. Wobei der Jüngste sich ohnehin viel im Garten bewegen wird, ich die Gartenarbeit zu meinem Schwerpunkt gemacht habe; bleiben also noch zwei. Und die habe ich zu Indoor-Workouts und so das nicht klappt zu solchen im Garten verdonnert. Möge der Widerstand schmelzen und die Kraft der Bewegung ihre wohltuende Wirkung entfalten. Die Spannung ist weiterhin spürbar. Die Veränderungen auch. Auf Fußball müssen wir vorerst verzichten. Keine Matches im Fernsehen, keine Spiele in der Arena, keine Trainings mehr mit meinem Kinderteam. Tja, es gab auch ein Leben vor dem Fußball oder sagen wir besser zwischen Fußball und Fußball. In meiner Kindheit und Jugend war ich ein begeisterter Austria Wien-Fan. Ich gebe das ehrlich zu, obwohl ich befürchten muss, nun einige LeserInnen zu verlieren. Aber ich bin ein verträglicher Austrianer, kein Ultra, davon können zwei meiner Söhne ein Lied singen, sie sind Rapidler.
Nun ja, ich war also Austria-Fan und das, weil mein Opa (der Vater meiner Mutter) auch einer war. Mit ihm spielte ich nicht nur Fußball, sondern ging auch jeden zweiten Samstag ins Wiener Stadion, um meine Lieblingsmannschaft in der Bundesliga spielen zu sehen. Es gab gute und schlechte Phasen und der Austria gelang es mehr als genug, „in Schönheit zu sterben.“ Die Derbys gegen die Rapidler waren auch damals schon ziemlich hardcore. Es gab Knaller, es gab Randale – und mein Opa und ich kamen immer wohlbehalten heim. Der Höhepunkt war die Saison 1977/78. Im Frühjahr spielte sich die Austria ins Finale des Europacups der Meister. Bei den Heimspielen im Viertel- und Halbfinale gegen Spartak Moskau und Hajduk Split war ich mit den 75.000 anderen Zusehern samt Vater und Großvater live dabei. Stehplatz selbstverständlich. Da passte kaum ein Blatt Papier zwischen die Fans. Beide Partien gingen ins Elfmeterschießen. Beide Partien gewannen die Wiener. Das Finale, dass ich im Fernsehen verfolgte verlor mein Lieblingsteam dann aber glatt mit 0:4 gegen die damals übermächtige Mannschaft des RSC Anderlecht. Da war ich am Boden zerstört. Besonders habe ich auch die Stadthallenturniere in Erinnerung, die meine Weihnachtsferien versüßten. Und die Wiener Austria war damals sehr zu meiner Freude Seriensieger. Mein Opa kam samt Oma jeden Donnerstag zu Besuch. Am Vormittag wanderte er, der früher Brief- und dann Geldbrief-Träger war, von seinem Zuhause in Penzing zu uns nach Margareten. Am Weg erledigte er Einkäufe am Schwendermarkt und in der Marihailferstraße, danach ging er zum PAM-PAM, einem Großmarkt ganz in unserer Nähe. Manchmal durfte ich ihn begleiten. Und nach dem Einkauf nahm er beim nahen Wirten noch ein Achtel weiß – und ich bekam einen Apfelsaft. Mein Opa rauchte – um Vieles weniger als mein Vater, der es oft auf 3 Packungen pro Tag brachte – mit Genuss. Falk. Und er spielte an den Donnerstagnachmittagen Tipp Kick mit mir. Wir spielten alles Weltmeisterschaften, die es je gab, nach. Und ich gestaltete aus Jogurtbechern und Gläsern Pokale. Er spielte immer Österreich, so die Österreicher bei der WM vertreten waren. Es war eine große Freude für mich. Und in den Sommermonaten, wenn wir die Tage im Städtischen Strandbad an der Alten Donau verbrachten, spielten wir im Fußballkäfig mit echtem Rasen und bloßfüßig! Er spielte bis ins hohe Alter. Als ich mich mit 16 dann erstmals verliebte und auch andere Interessen hatte, wurde unsere gemeinsame Zeit weniger und mein Opa zunehmend trübsinning. „Der Krieg“, sagte meine Oma nur. Es gab die Geschichte, dass er sich einst mit eigener Waffe in den Arm geschossen hat, um nicht mehr an diesem Wahnsinn teilnehmen zu müssen. Dafür zahlte er auch einen hohen Preis, denn er verlor durch diese Aktion seine Fähigkeit, Geige und Schlagzeug zu spielen. Aber er rettete damit sein Leben und in der offiziellen Darstellung hatte sich ein Schuss aus der Waffe gelöst und ihn schwer verletzt. Die Wahrheit hätte ihm schon damals das Leben gekostet. Wie gut, dass ich ihn hatte, er war wirklich mein großer Vater. So schaute er auch zu, als ich in der Klassenmannschaft im Gymnasium spielte. Ich war rechter Verteidiger, Robert Sara von der Wiener Austria mein großes Vorbild. Ich war hart und kompromisslos, technisch weniger versiert, aber ein absoluter Kämpfer. Das musste ich, Leichtgewicht, das ich schon damals war, oft mit einem „Flug“ durch die Luft bezahlen. Einmal landete ich nach einem Pressball mit dem Hinterkopf auf dem Asphalt (unser Sportplatz wurde gerade von Sand auf Kunststoffbelag umgestellt), meinem Turnlehrer (nicht jenem, den ich zuletzt im Hinblick auf den Schikurs beschrieben habe) stand der Schreck noch ins Gesicht geschrieben, als er meinen Kopf untersuchte. Ich war auch damals schon ein Dickschädel und so hatte ich glücklicherweise nicht einmal eine leichte Gehirnerschütterung. Meine Sternstunde hatte ich im Halbfinale des Schulturnier, als es nach einem torlosen Remis ins Elfmeterschießen ging. Vom Kapitän meiner Mannschaft wurde ich als einer der 3 Schützen auserkoren – und ich war der einzige der traf. Mit einem satten, scharfen Schuss in halber Torhöhe nach rechts ließ ich dem Schlussmann unseres Gegners keine Chance und brachte unser Team ins Finale, wo wir gegen die Mannschaft der Parallelklasse dann aber glatt mit 0:4 verloren. Mein Opa war dennoch stolz auf mich – und ich werde diesen Elfer nie vergessen. Da bin ich doch glatt über mich hinausgewachsen. Als Vater von zwei Töchtern war Fußball dann jahrelang kein Thema, so richtig in mein Leben kam er dann erst wieder vor 10 Jahren, als meine Liebste und ich WM guckten. Ich war ganz angetan von meiner Finnin, die sich mit mir samt Bier vor den Fernseher setzte, um dem runden Leder zu folgen. Und nach der WM flachte die Fußballeuphorie wieder ab. Mit unseren Jungs aber und diversen nationalen und internationalen Übertragungen im ORF stieg der Fußballkonsum an, um nach unserer Übersiedlung in unsere neue Heimat vor mehr als zwei Jahren durch den örtlichen Fußballklub und seine tolle Arena seinen Höhepunkt zu finden. Tja, und nun Fußballpause – auf unbestimmte Zeit. Ein bisschen kriselt es schon bei mir und meinem Jüngsten, aber wir haben ja einen Garten und einen Ball, wir haben Tipp-Kick und Tischfußball und wir haben Alternativen, die wir schon lange nicht mehr ausprobiert haben, etwa Tischtennis oder Softtennis oder Boccia oder … Es wird uns nicht langweilig – und da das Wetter in den nächsten Tagen herrlich frühlingshaft werden soll, gehe ich davon aus, dass uns ein Lagerkoller erspart bleibt. Als empathisches Wesen, der schnell mit einem Gegenüber oder einer Stimmung in Resonanz geht ist die Heimfahrt in den ersten Stunden meines neuen Lebenstag eine Hochschaubahn der Gefühle. Daher habe ich in den letzten Tagen auch das Radiohören und Nachrichtenstreams-Schauen auf das Notwendigste reduziert, denn Sorgen und Ängste schwächen ja bekanntlich nicht nur die Psyche, sondern auch das Immunsystem. Es liegt etwas in der Luft, es ähnelt ein wenig der Gefühlslage knapp vor Weihnachten, einer Zeit, in der sich auch eine Menge Emotion zusammenballt und manchem das Leben schwer macht. Das frühlingshafte Wetter und die Corona-Lage – ein Paradoxon, das den Fühlenden zu schaffen macht.
Bei meiner Heimreise hatte ich im Personentunnel meines Umsteigebahnhofs in der Landeshauptstadt eine plötzliche Geruchsassoziation. Gerüche sind ja generell etwas sehr eindrückliches, ich erlebe das jedenfalls immer wieder sehr intensiv. Darum hatte ich in meinem Jahrzehnt als Lehrer in öffentlichen Pflichtschulen in Wien häufig mit dem klassischen Schulgeruch bzw. verschiedenen Schulgerüchen zu kämpfen, eine äußerst unangenehme Assoziation. In jenem Personentunnel flashte ich zu folgendem Erlebnis zurück. Schikurs in der Oberstufe, eine übermäßig besorgte Mutter daheim, die mich nicht mitfahren lassen wollte, ein Turnlehrer, der mich deswegen vor der ganzen Klasse zur Sau machte – und eine Entscheidung meinerseits mit schlechtem Gewissen, weil ich dennoch mitgefahren war. Ich wurde am 2. Tag krank, musste mich den Ängsten meiner Mutter beugen und die von ihr mitgegebenen Grippepulver schlucken (ohne dass die Lehrer etwas mitbekamen). Mein Turnlehrer hatte – als ich drei Tage später wieder einigermaßen gesund war und abschließenden „Bunten Abend“ teilnehmen konnte – auch so seine Probleme. Als er sich auf seinen Sessel setzte, sprang er sofort wieder auf und überprüfte daraufhin mit den Händen seinen Hosenboden und die Sitzfläche, so als ob er etwas Nasses wahrgenommen hätte. Armer Mensch. Wozu Schule in ihrer systemischen Gewalt in der Lage ist, zu annähernd gleichen Teilen bei Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern. Daher habe ich ja vor knapp fünf Jahren Bildung zu meinem Leib- und Magenthema gemacht, in dem ich unter anderem eine Sendereihe im freien Wiener Radio Orange 94.0 mit dem Titel „Nie mehr Schule – das Magazin für alle, die Bildung verändern wollen“ ins Leben gerufen habe. Dazu ein anderes Mal mehr. Nun aber zurück zur Geruchsassoziation im Bahnhofstunnel: Ich wurde also am Tag vor unserer Rückreise gesund und hatte Lust nach draußen zu gehen. Es war März, es war sonnig, der Schnee im Tal schmolz und es roch – nach Frühling, aber in einer besonderen Weise, die ich gut in Erinnerung behielt und die ich bislang nur dieses eine Mal wahrgenommen hatte – bis auf gerade eben. Dieses Gefühl mischte sich damals mit der Freude über das Genesen und mit einer durchaus fremdbestimmten Sehnen nach der Rückkehr ins Zuhause, ein ambivalentes Gefühl. Dennoch war es in jener Zeit für mich angenehmer, den Willen meiner Mutter zu befolgen als mich auf mein Wollen zu konzentrieren, die Enge der Wiener Wohnung hatte trotz meines pubertären Alters diesen Vorteil gegenüber der Freiheit der großen, weiten Welt. Und in jener Unterführung kam nicht nur der Geruch zurück, sondern auch jene Zweischneidigkeit meiner damaligen Gefühlslage, allerdings mit einer wesentlich anderen Einfärbung, nämlich frei sein zu wollen und das durch die geplanten Maßnahmen der Regierung mögliche „Eingesperrt-Sein“ im eigenen – diesmal ja wunderbaren Zuhause – als unzumutbare Zumutung zu empfinden. Endlich im Haus wurde ich von Kater Dario empfangen. Kuschelzeit extra intensiv. Ich wachte noch bis gegen 2 Uhr – und rollte mich schon vier Stunden später wieder aus den Federn. Catmania – und die Sorge eines der jungen Familienmitglieder könnte die Terrassen oder Haustüre offen lassen und dem Kater zu früh den Weg in seine Freiheit als potentielle Freilaufkatze ermöglichen. Ich frühstückte und setzte mich an den Schreibtisch, unterbrach meine Arbeit nur, um den neuen Mitbewohner zu beobachten bzw. seine Bedürfnisse kennenzulernen. Um neun legte ich mich noch für eine Stunde hin, um elf fuhren mein Jüngster und ich in die Stadtbücherei, um uns für die „Quarantäne“ der nächsten Tage literarisch aufzumunitionieren. Dieser Begriff drückt auch eine meiner extremen Gefühle aus: Wir sind im Krieg. Zwei Beiträge, die ich online fand, besänftigten meine übertriebenen Wahrnehmungen: Im Magazin Geo wurde beschrieben, warum bei Corona funktioniert, was bei der Klimakrise versagt und Zukunftsforscher Mathias Horx lehrte mich das Virus und seine Auswirkungen als Resizlienz-Übung mit positivem Effekt zu verstehen. Bevor wir in die Bibliothek kamen, wollte mein Sohn noch zum Friseur am Bahnhofsplatz, was eine gute Idee war, denn seine Kurzhaarfrisur war schon vor Tagen außer Form geraten. Während er wartete, holte ich noch eine 6kg-Dose mit Bio-Olivenöl von einem Bekannten ab, dessen Tauschkreiskollegin es schon vor Wochen aus ihrem Griechenlandaufenthalt mitgebracht hatte. Eine Ration, die wohl wie die vorjährige ein Jahr halten sollte. Zurück im Friseurladen mussten wir doch noch eine halbe Stunde warten und so geriet unser Zeitplan letztlich mit einer Stunde ins Hintertreffen – und unser Mittagessen fand erst gegen zwei statt. Die Mittagspause dauerte dann länger als gedacht, beschloss Dario doch, sich auf meine Oberschenkel zu legen und dort für knapp zwei Stunden tief und fest einzupennen. Ich genoss die erzwungene Pause und regenerierte mich auf diese Weise von den beiden vorhergehenden und zu kurz geratenen Nächten. Und so ging der nächste Lebenstag mit einem gemeinsamen Familienabendessen zu Ende, das gleichzeitig ein Auftakt in eine auf unbestimmte Zeit angelegte Phase des gemeinsamen Alltags in unserem Haus und Garten bildete. In dem Moment wurde mir bewusst, was es bedeuten würde, wenn ein atomarer Unfall uns auch das Nach-Draußen-Gehen verunmöglichen würde. Im Relativieren liegt manchmal ein Segen, obwohl ich es mir als Lebensphilosophie nicht aneignen möchte, hat es doch meine Kindheit und Jugend extrem geprägt. Dario hat die Herzen der Familie Dosenöffner (so heißen wir im Katzenjargon) im Sturm erobert und auch uns gelang es, ihn umgehend für uns einzunehmen. Als ich nachts heimkam, hatte er sich gerade irgendwohin zurück gezogen. Zuvor war er laut Auskunft meiner Frau hinter meinem Sofa und in der Holzlade unseres Küchenherdes gewesen. Als er unsere Stimmen hörte, stand er plötzlich neugierig in der Küche. Ich ließ ihn meine Hand beschnuppern, was er sehr vorsichtig und zurückhaltend machte, um nur wenige Sekunden später zum ersten Mal Köpfchen zu geben. Ich setzte mich zu ihm auf den Boden und dann begannen die Annäherungen heftiger zu werden. Er erwies sich zuerst als echter Schmusekater und wenig später waren wir schon in unser erstes Spiel an Wohnzimmerteppich vertieft. Die Tierärztin, die ihn gegen 18 Uhr zu uns nachhause gebracht hatte, schätzte ihn auf rund 2 Monate. Er ist ein zierliches, sehr schlankes Tier mit einer kleinen weißen Blesse auf der Brust, ansonsten durchgehend schwarz mit grünen Augen. Das eine erkrankte Sehorgan wirkt derzeit aufgrund der Hornhautverletzung durch einen Herpesvirus oder einen Kratzer seiner Katzenschwester etwas trüber, es macht aber nicht den Eindruck als ob dadurch seine Sehkraft eingeschränkt wäre. Meine Frau bestand darauf, dass wir ihm die verordneten Augentropfen möglichst bald verabreichten. Dazu nahm ich den leichten Jungen mit meinen Händen und setzte mich mit ihm aufs Sofa, wo er seine Kuschelattacken fortsetzte. Ich hielt seinen Kopf fest und zog seine Augenlider auseinander, so dass meine Liebste ihm je einen Tropfen der Flüssigkeit einträufeln konnte. Er ließ die Prozedur willig über sich ergehen und legte sich, nach einer weiteren Schmusezeit auf meinen Schoß, um eine Runde zu schlafen. Ich blieb mit ihm noch rund eineinhalb Stunden wach, gegen ein Uhr brachte ich Dario zu meiner Frau ins Bett und folgte nach ihm nach meiner abendlichen Dusche. Er lag zu ihren Füßen, als ich ins Bett kam.
Am darauffolgenden Morgen war ich schon gegen halb sechs wach. Ich stand kurze Zeit später auf, machte Kaffee für meine Frau und mich und aß mein Morgenmüsli. Natürlich machte ich mich auch gleich auf die Suche nach unserem Neuankömmling, fand ihn aber in der Morgendämmerung und ohne Licht zu machen nicht. Ich schaute in die Ofenlade und hinter bzw. unter mein Sofa: nichts. Dann wartete ich auf eben jenem Sofa mit einer Tasse Kaffee. Er kam nicht zum Vorschein. Als unsere Großen sich gegen halb sieben für ihren Aufbruch in die Schule vorbereiteten, machte ich noch einen Rundgang und fand den jungen Mann auf dem Esstischstuhl meiner Frau, dort wo auch einer der Lieblingsplätze unserer Mizzi-Katze war. So schwarz wie er ist, hob er sich kaum vom schwarzen Polster auf der Sitzfläche ab. Ich nahm zu mir aufs Sofa mit und die Kuschelei nahm ihre Fortsetzung, während das Haus gelüftet wurde. Danach bekam Dario sein Frühstück, das er im Lauf des Vormittags in drei Rationen verzehrte. Obwohl ich eigentlich hundemüde war, machte ich mich sofort an meine Arbeit. Zuerst schrieb ich an meinem Blog, dann erledigte ich einige E-Mails, um schließlich gemeinsam mit meiner Liebsten an meiner Steuererklärung zu arbeiten. Während des Vormittags tourte der Kater durch das Wohnzimmer und die Küche und entdeckte so manches, was sich zum Klettern eignete. Als ich ein schnelles Mittagessen zubereitete, bevor ich mich auf den Weg in die Hauptstadt machte, um meinen ältesten Freund zu treffen, sah er mit Interesse vom Esstischstuhl zu, auf dem er auch morgens gelegen war. Die Bahnfahrt nutzte ich zu einem Nickerchen, aus dem ich wenig erholt knapp vor dem Umsteigebahnhof in der Landeshauptstadt erwachte. Es war extrem mild für die Jahreszeit bei rund 20 Grad Celsius, was der Beseitigung meiner Müdigkeit nicht förderlich war. Im zweiten Zug machte ich mich an die Vorbereitung für die abendlichen Einheiten in meiner Vorbereitungsgruppe auf die Berufsreifeprüfung Deutsch. Neben der richtigen s-Schreibung und einer Wiederholung zum Thema Zusammenfassung nahm ich mir Argumentationstraining vor – und zwar, wie sollte es auch anders sein in Zeiten wie diesen – zum derzeit grassierenden Corona-Virus. Unter dem Titel „Corona - tödliche Gefahr oder Panikmache“ sollten die Teilnehmenden mit Hilfe eines Videos des Internisten Dr. Franz Wiesinger und einem Gastkommentar von Dr. Günther Loewit in einer großen Tageszeitung ihre Position darstellen und durch Argumente untermauern. Dabei kam ich selbst zum ersten Mal seit ihrem Ausbruch mit der Corona-Epedemie, die mittlerweile lt. WHO zur Pandemie geworden war, sowie den nun einsetzenden strengen Maßnahmen unserer Bundesregierung intensiver in Kontakt. Hygienemaßnahmen sind mir grundsätzlich nicht fremd, da ich berufsbedingt oft mit den Öffis unterwegs bin und viel mit Menschen zu tun habe.Dennoch wirkte ihre Drastik auf mich erstmals beängstigend. Auch über die whatsapp-Gruppe des Fußballvereins kamen den ganzen Tag über die neuesten Informationen zur weiteren Vorgangsweise im Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbereich. Letztendlich wurde die Entscheidung getroffen, den Trainings- und Spielbetrieb mit sofortiger Wirkung und bis auf Weiteres einzustellen. Das soziale Leben sei auf ein Minimum zu reduzieren. Im Treffen mit meinem Freund wurde der Virus zwar auch kurz zum Thema, ansonsten widmeten wir uns den Themen, die uns immer wieder bewegen: dem Fußball, der Persönlichkeitsentwicklung, der Spiritualität und der Philosophie sowie Politischem. Es war wie immer eine wundervolle Begegnung, bei der ich diesmal auch zum Essen eingeladen wurde. Ich genoss den Faschierten Braten mit Braterdäpfeln und gegrilltem Gemüse und einem Seitel Zwickel. Mit den besten Wünschen für den jeweils anderen gingen wir nach knapp zwei Stunden auseinander – in Ungewissheit, wann wir uns wieder sehen würden. Aber ist diese Unsicherheit nicht immer gegeben und wird uns nur durch die aktuelle Situation stärker bewusst? Auf der Fahrt in die VHS gönnte ich mir noch eine meiner Lieblingsmehlspeisen, nämlich einen Punschkrapfen. Ich kenne diese Leckerei mittlerweile in verschiedensten Varianten, schmeckt sie doch bei jedem Bäcker anders. Die heute gekaufte Sorte zählt absolut zu den Top 3. Als ich in der VHS ankam, erfuhr ich von den Teilnehmer*innen, dass der Unterricht ab nächster Woche auf unbestimmte Zeit ausgesetzt werden sollte, was sich durch ein E-Mail der Programmkoordinatorin auch bestätigte. Die Teilnehmenden und ich beschlossen, uns beim nächsten Mal virtuell zu treffen, um unsere Arbeit fortsetzen zu können. Über all meinen beruflichen Verpflichtungen im Trainingsbereich schwebt nun das Damoklesschwert der Absage und damit ein existenzieller Verdienstentgang. Bei meiner Liebsten dürfte es ähnlich sein, erwerbsarbeitet sie doch im gleichen Segment. Bei allen notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus sollten die Verantwortlichen aber auch dringend darauf achten, dass Menschen nicht durch solche Schritte in ihrer Existenz bedroht werden. Ein guter Zeitpunkt für die Einführung eines Grundeinkommens, finde ich, auf Basis einer Finanztransaktionssteuer. Diese könnte, laut Berechnung von Expert*innen, eine solche bedingungslose Grundsicherung finanzieren. Wobei ich in diesem Zusammenhang lieber von einem Auskommen spreche, beinhaltet Einkommen doch auch die Möglichkeit über Grundverhältnisse hinaus leben zu können. Das Auskommen aber ermöglicht es jedem individuell und an seine Lebenssituation angepasst und ohne Erwerbsdruck existieren zu können. Schöne neue Welt auf Basis eines „Nie ist zu wenig, was genügt“ (Heini Staudinger, GEA). Vielleicht ermöglichen die nun eingetretenen Ereignisse endlich jene Wendezeit, von der seit Jahrzehnten folgenlos geredet wird zum Segen für unseren Planeten und unsere Spezies, auf die die Erde auch liebend gerne verzichten könnte. Gleich am Morgen gilt es eine Entscheidung zu treffen. Sind wir bereit für eine neue Katze? Im Konkreten handelt es sich um einen jungen Kater, der mit seinen Geschwistern ausgesetzt, gefunden und bislang in der Obhut einer Tierärztin im Weinviertel war. In den letzten Tagen hatten meine Frau und sie schon intensiven whatsapp-Kontakt, es galt dieses und jenes abzuwägen und unsere Bereitschaft auszuloten. Ich war skeptisch. Unsere Mizzi-Katz war gerade mal vier Wochen verschwunden, wir haben ein sehr bewegtes Leben, es gibt die eine oder andere wesentliche Lebensfrage, die noch ungeklärt ist und …
Wir sagten zu. Die Tierärztin hatte sich bereit erklärt, den jungen Mann mit ihrem Auto gegen Ersatz des Benzingeldes gegen Abend bei uns vorbeizubringen. Der „Hornhautdefekt“, mutmaßlich hervorgerufen durch einen Herpes-Virus, hatte in den letzten Tagen gut auf die medizinische Behandlung angesprochen. Der kleine schwarze Kater war startbereit, um in sein neues Zuhause zu gelangen. Ausgegangen war die Initiative „Katze für Familie Dosenöffner“ von jener befreundeten Wein- und Obstbäuerin, die auch schon reichlich Erfahrung mit Katzen hat. Auch ihr war einer ihrer Lieblinge verschwunden und ein anderer wurde vor wenigen Monaten Opfer seines Jagdtriebes. Er und der von ihm gejagte Hase wurden von einem Auto überfahren. Sie wusste von unserer Situation und erfuhr von einer Freundin, die eine Freundin hat, die die ausgesetzten Katzen, darunter unseren zukünftigen Kater, gefunden hatte. Sie war davon ausgegangen, dass sich die Tiere in der benachbarten Bezirkshauptstadt befanden. Doch handelte es sich um einen in rund 100 km Entfernung liegenden Ort im Weinviertel. Im Zusammenspiel aller Kräfte gelang es letztlich doch, Dario zu uns zu lotsen. Als sie das erste Foto sahen, waren meiner Frau und unserem Jüngsten sofort klar, dass der schwarze Kater nur diesen Namen tragen konnte. Vor einigen Wochen hatten wir in der Stadtbücherei das Buch Donna und Dario von Barbara Frischmuth ausgeborgt, das eine Abenteuergeschichte im Tierreich am Wiener Donaukanal erzählt. Ein kleine schwarze Kater, einer der Protagonisten der Geschichte, trägt den Namen Dario. Hier meine Rezension, die ich daraufhin für den Blog des Wiener Bücherschmaus verfasst habe: Wenn die Mutter mit dem Sohne ... Die Abenteuer der Katzen Donna und Dario am Wiener Donaukanal Wie es Lew Leuwen, einem der wenigen menschlichen ProtagonistInnen von Barbara Frischmuths 1997 erschienenen Buch „Donna und Dario“ geht, kann ich momentan gut nachvollziehen, ist doch unsere Familienkatze seit einiger Zeit verschwunden. Ansonsten wimmelt es in der Geschichte von Tieren aller Art, neben der Katze Donna und ihrem Sohn Dario gibt es noch jede Mengen anderer Katzen, Mäuse, Ratten, Möwen, Hunde und Marder, aber auch eine Krähe namens Flitzschwinge spielt eine entscheidende Rolle. Wie bei den Menschen gibt es auf allen Seiten Gute und Böse. Zurück zu Flitzschwinge: sie ist es nämlich, die Dario, der ganz versessen auf Badewannenstöpsel ist, am Anfang des Buches das Leben rettet, in dem sie ihn, der in seinem Spiel- bzw. Jagdtrieb aus dem Fenster seiner Wohnung einem schwarzen Schatten nachspringt – jener Krähe nämlich – und mit ihr auf dem Sofa eines fahrenden Sperrmüllwagens landet. Von da an nimmt das Abenteuer seinen Lauf und Dario sucht von jener Mülldeponie aus, auf der ihn der LKW samt Sofa gebracht hat, seinen Weg zurück zu seinem Menschen Lew und seiner Mutter Donna. Dabei begegnet er dem weisen Kater Saroyan, der in einem Buchladen lebt, er lernt die Kanalufergesellschaft auf der einen Seite des Donaukanals kennen, die sich tierartenübergreifend so organisiert hat, dass immer genug Futter da ist, ohne einander töten zu müssen, muss sich vor der Verschleppung durch die zwei menschlichen Gauner Ras Kachl und Maritschek retten und kommt durch einen Zufall auf die andere Seite, in der wilde, räuberische Katzengangs das Sagen haben, während seine Mutter Donna einen Augenblick nutzt, um ihre Wohnung zu verlassen, um Dario zu suchen. Auch sie lernt die Kanalufergesellschaft, vor allem den findigen Kater Webster kennen, der sie bei ihrer Suche unterstützt. Und plötzlich bricht eine Bande mörderischer Marder in die bislang heile Katzenwelt am Donaukanal ein und bringt beide Seiten gehörig ins Schwitzen. Saroyan, Webster und Donna wechseln notgedrungen gemeinsam mit Hund Odo, dem Stinkenden, die Seite und schließen sich mit den wilden Katzen vom anderen Ufer zusammen, um es den Mardern zu zeigen. Dort trifft Donna endlich ihren Sohn Dario, der in der Zwischenzeit bei den Streunerkatzen Rang und Namen hat, also erwachsen geworden ist und ihres Schutzes gar nicht mehr bedarf. In einem alten Abbruchhaus kommt es dann zur entscheidenden Schlacht gegen die Marder. Für den Menschen Lew Leuwen gibt es schließlich nach dem wochenlangen Warten auf seine Katzen ein Happy End, das bei mir noch in den Sternen steht, womöglich sogar ausbleibt. Frischmuths Buch ist eine wunderbare Geschichte vom Erwachsenwerden, von einer Gesellschaft, die trotz der vielen Unterschiede ihrer Mitglieder einen gemeinsamen Weg findet und von den Vorzügen der Unabhängigkeit in einer Welt von menschengemachten Abhängigkeiten – nicht nur für Katzenfans - und mag auch für die „Warrior Cats“ von Erin Hunter, die derzeit en vogue sind, zumindest unbewusst Pate gestanden sein. Empfohlen für (junge) Menschen ab 8. Der Name kommt übrigens aus dem Spanischen, Italienischen und Kroatischen, hat aber einen altpersischen Ursprung und geht auf den Namen Darius zurück. Dario setzt sich aus den altpersischen Wörtern „daraya“, was „besitzen“ und „aufrechterhalten“ bedeutet und aus „vahu“, was „gut“ bedeutet, zusammen. Die beliebtesten Interpretationen von Dario sind daher „der Mächtige“, „der Bezwinger“ und „der das Gute Festhaltende“ sowie „Träger des Guten“. Letzeres finde ich wunderbar paradox, gilt doch ein schwarzer Kater bzw. eine Katze gemeinhin als Unglücksbringer. Die weibliche Form Daria ist auch in Finnland geläufig, dort wird sie Tarja genannt, eine prominente Vertreterin ist die ehemalige Staatspräsidentin Tarja Halonen, auch meine Frau hatte eine Schulfreundin gleichen Namens. Zudem galt es einen „Familiennamen“ für ihn zu finden, ich recherchierte im Kroatischen und Finnischen. Im ersteren heißt Kater mačak, in Finnland sind die Bezeichnungen uroskissa (männliche Katze) und kolli (Kater) üblich. Also wurde er spontan – und noch ehe er einen Fuß über unsere Schwelle gesetzt hatte – zu Dario Kolli. Bei der Übergabe am Ende des 17. Tages in meinem 55. Jahr konnte ich aus beruflichen Gründen nicht dabei sein, ich begleitete in Wien eine Gruppe elementarpädagogischer Fachkräfte zum Thema „sprachliche Bildung“, einem meiner Lieblingsthemen, da mir Sprache schon in meiner Jugend, da ich noch recht einsilbig unterwegs war und mich gerne in Geschichten und Gedichten ausdrückte, sehr wichtig geworden war. Ich freute mich schon auf die erste Begegnung mit Dario, die für nach meiner Rückkehr so gegen 23 Uhr angesetzt war. Ein All-Tag mit dem wöchentlichen Einkauf im Großmarkt, eine Radtour ohne den in unserer Gegend sehr üblichen (Gegen-)Wind.
Dabei viele Fußball-Gedanken, nicht über die „großen“ Spiele, die diese Woche in der Champions- und Europaleague anstehen, sonder über unseren Dorfklub. Dazu dann frühabends eine Besprechung im Vereinsvorstand. Es braucht Macher, Kritiker und Nörgler gibt es – wie wohl fast überall – genug. Noch einmal Unterleuten.
Am Morgen danach begann ein getakteter Tag. Zuerst Arena. Die Spuren eines Brunch, das von 9 bis 22 Uhr gedauert hatte, waren zu beseitigen, mein Jüngster und ich halfen unserem Obmann dabei. Knappe zwei Stunden später merkte man nur noch am Leerflaschen-Berg hinter der Theke, was sich da tags zuvor abgespielt hatte. Diese Ablenkung war für mich auch notwendig, musste meine Liebste sich in dieser Zeit einem weiteren Termin in einer seit Jahren schwelenden „Streiterei“ mit ihrem Ex aussetzen, der seit der Trennung vor mehr als 10 Jahren seine Söhne als Mittel zum Zweck benützt und aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur vor allem sich selbst sieht und allen anderen Beteiligten das Leben schwer macht. Dies ein Drama mit noch ungewissem Ausgang. Humor ist, wenn man trotzdem lacht bzw. das Lachen trotz allem nicht verlernt hat. Meine Frau ist über sich hinausgewachsen und hat trotz all der Unannehmlichkeiten einen wichtigen Erfolg im Sinne ihrer Söhne, unserer beiden Großen erzielt. In drei Wochen geht es weiter. Für sie stand an diesem Tag auch noch Politik am Programm. Für mich Fußballverein. Am Abend, also am Beginn folgte ihre Angelobung als Gemeinderätin, die konstituierende Sitzung der Gemeindevertretung wurde in den Veranstaltungssaal verlegt, als mein Sohn und ich knapp vor Beginn dazustießen war alles gerammelt voll. Wir fanden noch zwei Plätze nebeneinander und fielen durch unser „gestriegeltes und gesackeltes“ Äußeres sowie durch eine Strauß Tulpen – stilgerecht in grünes Seidenpapier gewickelt – auf. In der Sitzung selbst folgte eine Wahlgang auf den anderen, es waren Formalia zu erledigen, die aber unserer Demokratie die nötige Stabilität geben. Eine Überraschung gab es bei der Wahl des Bürgermeisters, der nur mit einer Stimme Vorsprung – und damit nur mit den 11 Stimmen seiner eigenen Fraktion – gewählt wurde. Die drei Oppositionsparteien hatten sich offenbar auf einen anderen Kandidaten, der aber aus der Bürgermeisterpartei stammte, geeinigt. Meine Liebste wurde danach zur geschäftsführenden Gemeinderätin und damit in den Gemeindevorstand gewählt. Die Schwierigkeiten mit der Aussprache des Namens „Karjalainen“ setzten sich hier fort. Bei der Verlesung der Wahlvorschläge stolperte der frischgebackene Bürgermeister dreimal und nannte meine Liebste „Karalaien“, wobei ich sogleich "Van der Leyen" assoziierte. Ehre, wem Ehre gebührt. Er befindet sich damit in guter Gesellschaft. Der Vizebürgermeister aus dem Lager des Bürgermeisters erhielt 20 von 21 Stimmen und damit quasi vollstes Vertrauen – auch der Opposition. Man merkte die zunehmende Verstimmung des Ortschefs, die sich dann, als das Formale vorbei war und zum Büffet geladen wurde, auch in der einen oder anderen „Kopfwäsche“ für die Oppositionsfraktionen äußerte. Zum Schluss machte ich ihn noch auf die richtige Aussprache unseres Familiennamens aufmerksam, er konnte oder wollte darauf aber nicht eingehen und verabschiedete sich mit einem Händedruck, einem Blick ins Off und einem „Ist schon gut.“ In diesem Augenblick lag sein ganzer Schmerz über die ihm bei der Wahl von der Opposition in aller Öffentlichkeit entzogene Anerkennung, deren Wiedererlangen er zuvor in einer kurzen Rede mit den Worten „Ich werde versuchen, auch das Vertrauen der anderen 10 Gemeinderäte zu gewinnen, die mich nicht gewählt haben“ angekündigt hatte. In seiner Selbstbezogenheit liegt meines Erachtens seine größte Schwäche – und die schwächt letztlich das Gemeinwesen zum Schaden der Vielen zugunsten einiger weniger Getreuer. Apropos Händedruck. Das die News der Welt beherrschende Virus zeitigte auch lokale Auswirkungen, es waren nicht alle in der Lage, diesen bislang üblichen Ausdruck zur Begrüßung und Verabschiedung anzuwenden. Dies gilt es selbstverständlich zu respektieren und neue Formen dieser Rituale zu entwickeln. Ideen kursieren bereits genug. Nun noch ein kleine Ergänzung zu den in grünes Seidenpapier gewickelten roten Tulpen für meine Frau: ich hatte das Papier mit sieben Zitaten zu den Themen Politik, Demokratie und Macht verziert. Mögen sie alle politisch Verantwortlichen zur Be-Sinnung einladen – und uns, das Volk, ermuntern, unsere Stimme nicht bei jeder Wahl tatsächlich abzugeben, sondern sie auch danach immer wieder kraftvoll einzusetzen. Immerhin besagt eine Systemtheorie, dass es „nur“ 3,5 % einer Gemeinschaft braucht, um bislang Geltendes umzustürzen. Bei 2000 Menschen in unserer Gemeinde wären das 70, auf das ganze Land hochgerechnet etwas mehr als 310.000. Eigentlich hat mit der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates schon Tag 16 begonnen, ich nehme mir aber die Freiheit, hier ein wenig Unordnung in die Struktur meiner Route 55 zu bringen. Das Leben ist manchmal eben auch so. Unsere beiden Großen verbringen das Wochenende bei ihrem Vater, der so einmal im Monat aus der deutschen Hauptstadt, in der er seit rund 10 Jahren lebt, in seine alte Heimat kommt. Unser Jüngster und ich verbringen den Tag zu zweit, meine Frau arbeitet in der Hauptstadt. Gemütlicher Vormittag mit einem netten Frühstück, danach Einkauf im Supermarkt im örtlichen Gewerbepark, das Wetter anfangs noch recht sonnig und mild bei 12 Grad, je näher der Nachmittag und unser Einsatz bei den Matches unseres Dorf-Fußballklubs rückt, desto düsterer wird es, Regenwolken hängen sich rein und am frühen Nachmittag hat es 4 Grad weniger und es folgt ein Schauer auf den nächsten. Gut, dass wir heute noch keinen Großeinsatz haben, meine Aufgabe ist es, Matchberichte für die Vereinshomepage zu erstellen. Ein Linseneintopf gibt uns die nötige Unterlage.
Am Platz dann eine mäßige, dennoch erfolgreiche und eine sehenswerte und sehr erfolgreiche Begegnung. Die Berichte gehen leicht von der Hand. Mein Sohn trifft seine liebste Freudin, mit der er einmal eine Saison in der gleichen Kindermannschaft Fußball gespielt hat – und da geht dann bis um 19 h, lange nach Spielschluss, die Post ab und ich habe Schwierigkeiten ihn loszueisen. Ich bekomme die erfreuliche Nachricht, dass meine Bemühungen, einen neuen Co-Trainer für meine U9 zu finden, erfolgreich waren. Die Zeit nach den Matches nutze ich, um in der alten Kantine am alten Platz, in der ein Holzofen bollert und alles so schön nostalgisch wirkt, zu plaudern, zu fachsimpeln und mir ein Bild über Zukunftsperspektiven für unseren Dorfklub zu machen. Ein Samstag wie er mir gefällt. Unterleuten. Das zerrissene Dorf. Eine ZDF-Produktion nach dem Roman von Juli Zeh. Der neue Lebenstag beginnt heftig, weil großartige Schauspieler*innen eine Tragödie lebendig werden lassen, die einem Shakespeare um kaum etwas nachsteht. Die Idee Windräder zu errichten, um damit eine ehemalige DDR-LPG zu retten und damit auch den Ort vor dem Ruin, also dem Aussterben zu retten, entfaltet eine destruktive Dynamik, die am Ende fast nur Verlierer kennt – und alle Geheimnisse ans Licht bringt. Beklemmend, sehenswert, zum Schluss hin kaum noch zu ertragen. Ich kenne das Original nicht, in der Verfilmung wirkte der Ausgang auf mich übertrieben. Der Morgen begann zu früh. In unserer Fußballarena stand ein Brunch auf der Programm, ich hatte meine Mithilfe zugesagt, mein Jüngster begleitete mich begeistert. Schnell lief ich warm und als die ersten Gäste kamen, war ohnehin „Dauerlauf“ angesagt. Ich mache solche Sachen wirklich gerne, bin damit aufgewachsen, als Junge bei den Pfadfindern hatten wir immer wieder mal Veranstaltungen, die uns voll forderten aber auch Geld in die Kasse brachten. Ein volles Haus in der Kantine unseres Fußballstadions, gute Stimmung, ein hervorragendes Büffet mit allem Drum und Dran, das von der Gattin unseres Vereinsobmannes und ihrem Team mustergültig vorbereitet worden war. Meine Liebste kam gegen halb elf und dann genossen auch wir Lachs, Schinken, Ei, Aufstriche, frisches Gebäck und Kaffee. Als wir gehen wollten, wurden wir noch auf eine Runde Wein eingeladen und so blieben wir mehr als eine Stunde länger als geplant. Am Nachmittag dann: Fußballberichte (siehe oben), der Abend kam schnell. Die Perspektive auf den Beginn meines 12. Lebenstages im 55. Lebensjahr hat sich schnell in Luft aufgelöst, war ich doch diesmal – zum dritten Mal in 4 Wochen – wieder mit der Tatsache konfrontiert, dass der Nightjet aus Wien nicht pünktlich abfahren wollte. Diesmal war er trotz anderslautender Anzeige zur Abahrtszeit um 21.27 h nicht einmal noch aufs Gleis geschoben worden. Anschlusszüge waren alle pünktlich, also boten sie keinen Grund für die Verspätung, der Zugteil nach Venedig wurde diesmal gar nicht mehr geführt – und dennoch, kein Zug weit und breit. Um 21.28 h wurde dann mitgeteilt, dass der Zug mit 5-10 Minuten Verspätung abfahren solle, um 21.32 h wurde eine Verspätung von 10-15 Minuten bekannt gegeben, vom Zug allerdings noch immer keine Spur, obwohl er ja vom Hauptbahnhof starten sollte.
Krisenmanagement war angesagt. Ich nahm also wieder einmal die Franz Josefs-Bahn mit der Perspektive nicht mehr in mein Heimatdorf kommen zu können, sondern bloß bis zur 6 Kilometer entfernten Bezirkshauptstadt. Obwohl ich das Fahrrad unseres Ältesten ausgeborgt und für den nun eintretenden Fall dort bereit gestellt hatte, konnte ich überhaupt keine Lust auf eine nächtliche Radtour verspüren. Ich war verzweifelt, vor allem, da ja gerade solche Tage mein Leben bestimmten und ich an solchen Tagen schnell genervt war und mit meiner Laune an solchen Tagen alle mir nahestehenden Menschen zu nerven pflege. Meine mittels whatsapp-“Notruf“ diesbezüglich behelligte Liebste war gerade in wichtigen politischen Verhandlungen, stand doch die Konstituierung des Gemeinderats, in dem sie erstmals Mitglied werden sollte, am darauffolgenden Montag am Programm. Sie hatte dennoch zwei Lösungsvorschläge parat, die ich aber partout nicht annehmen wollte. Wieder rutschten Frankl und Sartre in meine Gedanken – und ich antwortete meinem Leben, das mir diese Herausforderung auferlegte mit der sinnlosen Gegenfage „Warum?“ bzw. mit mit einem kindischen „Nein!“, obwohl es ja gar keine Entscheidungsfrage, sondern vielmehr eine offene Frage gestellt hatte. Also nervte ich meine Liebste mit dieser Gegenwehr zu ihren Vorschlägen bis sie berechtigterweise aufgab und mich meinem Schicksal (Sartre!) überließ. Aber auch dies ist ja laut Frankl nicht Schicksal sondern meine (falsche) Antwort auf diese Lebens-Frage. Aber auch Frankl nervte mich in diesem Moment bloß. Es gelang mir durch meine innere Zerrissenheit einen solchen Eindruck im Außen zu erwecken, dass sich plötzlich ein junger Mann meiner erbarmte und mir seine Hilfe anbot. Schicksal? (Ruediger Dahlke, der Meister der Krankheitsbilddeutung bezeichnet Schicksal als das geschickte Wohl – vom lat. salus- das Wohl) Und er brachte mich mit seinem Auto zum Bahnhof meins Heimatdorfes, wo mein Fahrrad auf mich wartete. Um Mitternacht war ich zuhause. Oh Wunder! Ein Engel! Schicksal! Ich haderte dennoch, auch die traumreiche, aber nicht traumhafte Nacht lang. Was mich auch am Morgen nicht in besserer Stimmung erwachen ließ. Das Schöne an der Selbständigkeit ist die Selbständigkeit, eine gewisse Autonomie, eine Art Selbstbestimmung. Du hast halt keine/n Chef*in, aber du hast Kund*innen. Und du arbeitest selbst ständig. Und was mich am meisten nervt ist die einmal jährlich abzuliefernde Steuererklärung.Für Buchhaltung habe ich nicht den geringsten Nerv. Und derzeit ist grade wieder einmal Steuererklärungszeit. Auch das noch. Nun nervt also Vieles und ich nerve Viele. Der Tag diskussions-voll und diskussionswürdig. Am Nachmittag das Training mit meiner Kinderfußballelf, von der sieben anwesend waren. Mal andere Gedanken und seltsam – für Tage wie solche – ungenervt, im Gegenteil empowerend. Für den Übergang von Tag 12 auf Tag 13 eine Multimediashow in einem örtlichen Weingut über den hohen Norden (Finnland und Island), für finnophile wie mich ein Pflichttermin; die Großen haben Vaterwochenende, meine Frau, unser Jüngster und ich machen die Reisen mit. Macht Lust und Laune! Endlich wieder. Zur Entspannung an solchen Tagen hilft mir ein Fußballspiel. Glücklicherweise bin ich ja seit kurzem Probeabonnent eines Sport-Bezahlsenders, was mir an solchen Abenden sehr entgegenkommt – wie ich am Abend dieses Tages wohltuend bemerke. An meiner Seite mein Jüngster, wir schauen also gemeinsam Eintracht Frankfurt gegen Werder Bremen und da dieses Spiel (das übrigens im Free-TV auf ARD, allerdings nur mit VPN übertragen wird) nach 60 Minuten mit 2:0 für die „Würstchen“ zulasten der „Fischlaibchen“ (O-Ton meines Sohnes) entschieden ist, wechseln wir ins Bezahl-TV zu Norwich gegen Tottenham und erleben bis spät in die Nacht einen Krimi, der erst im Elferschießen und das zugunsten der Canaries entschieden wird. Da half den Londonern auch der Startrainer Jose Mourinho nicht, sie verspielten alles durch ihre Lässigkeit, ja meiner Ansicht nach durch ihre Überheblichkeit. Hier war deutlich zu sehen, was Kampfgeist und Einsatz bewirken können – und damit kam der Tabellenletzte der englischen Premier League zu einem verdienten Erfolg.
Der Morgen brachte Knatsch und führte mich über meine Grenzen – ich musste da raus. Die Zeit danach ließ mich mit dem Philosophieren über Frankl vs. Sartre zurück. An solchen Tagen werde ich zum Existenzialisten. Sartre ist beinhart aber ehrlich, während Frankl mir da angenehm aber unrealistisch erscheint. Das in die Existenz-Geworfen-Sein ohne den Sinn der Sache zu finden drückt mich nieder und macht mich wütend. Ist auch keine Lösung. Den Sinn der ganzen Kacke, in der ich von Zeit zu Zeit stecke, kann ich – das sagt mir die Erfahrung – ohnehin erst aus der Distanz erkennen. Da gilt es mal die entsprechenden Meter zu machen und auf Abstand zu gehen. Und bei diesem und jenem, das mich immer wieder heimsucht, ist die Distanzierung noch nicht wirklich gelungen. Sonst wäre ich nicht wieder so schnell im Sumpf, wenn es wieder einmal, wenn auch in neuem Gewand, auftaucht. Meiner Liebsten ist Frankl lieber, sagt sie. Und das kann ich auch verstehen. An solchen Tagen finde ich aber bei ihm keinen Trost, da suhle ich mich lieber in Schicksalsphantasien. Aber auch solche Tagen gehen vorbei, auch wenn sie gefühlt Wochen dauern. Das zumindest weiß ich, darauf zumindest baue ich. Und die Perspektive, Tag 12 meines neuen Lebensjahres mit dem Halbfinal-Match im Österreichischen Fußballcup LASK gegen Salzburg beginnen zu können, gibt Grund zur Hoffnung. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, auch wenn die Zuversicht sich längst verabschiedet hat. |
Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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