Der neue Lebenstag begann mit einem abendlichen Regenschauer. Endlich. Doch überraschend, denn laute Wetterbericht, war er erst für die zweite Nachthälfte zu erwarten. Eigentlich wollte an meinem Blog weiterschreiben, aber ich änderte kurzfristig das Programm. Es galt die gesamte Aufmerksamkeit dem lebensspendenden Nass zu widmen, mich mit allen Sinnen dem Niederschlag hinzugeben. Pathetische Worte, aber nach der langen Dürre jedenfalls angebracht. Der Genuss währte nur kurz, zu kurz. Kater Dario pennt einstweilen, ich erinnere mich an unsere Mizzi-Katze, die auch bei Regen draußen war, aber ihre Schritte anders setze als bei Trockenheit. Immer wieder schüttelte sie zwischendurch ihre Vorderpfoten aus, ließ sich aber vom Regen aber nicht davon abhalten, ihrer Wege zu gehen. Auch an jenen letzten Tagen vor Ihrem Verschwinden ging sie im Regen nach draußen.
Als der Regen vorbei ist, verbringe ich den Rest des Abends drinnen, zuerst mit einem feinen Video mit einem Vortrag von Thomas Mohrs über die „Zuvielisationsdämmerung“, sehr eindrücklich, sehr motivierend. Und das abschließende Zitat von Bert Brecht „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat bereits verloren“ wirkt intensiv nach. Dann lade ich mir das nächste Hörbuch aus der AK-Bibliothek herunter, Mankell‘s „Treibsand – wofür es sich zu leben lohnt“. Ich schlafe mit der Panik des Autors wegen seiner gerade beginnenden Krebserkrankung, an deren Folgen er später auch sterben sollte, ein. Ich träume heftig, am Morgen lösche ich das Hörbuch, ich habe derzeit nicht die Nerven dafür. Am Morgen ist es bewölkt, doch es hat die ganze Nacht über keinen einzigen weiteren Tropfen geregnet. Früh schon beginne ich mit den Vorbereitungen für ein ausführliches Mittagessen. Ich heize den Celus Küchenherd ein, ich setze die Erdäpfel auf, ich bereite alles fürs Panieren von Hühnernuggets und Champignons vor. Dabei denke ich, dass ich ständig beschäftigt bin, dass mir diese Beschäftigungen auch jede Menge Spaß machen, dass ich aber davon nicht existieren, also leben, und nur knapp überleben kann. Unser Wirtschaftssystem ist jedenfalls ein un-menschliches, weil es die Menschen ihres Lebens oder der besten Jahre ihres Lebens beraubt und dazu noch alles andere kurz und klein schlägt, was man eventuell nach der Zeit der Erwerbsarbeit genießen hätte wollen. Aber es gibt ja eine wunderbare Ersatzdroge, den Konsum. Damit bleibt man schön in der Abhängigkeit eines kranken Systems. Wohl bekomm‘s. (Sarkasmus off) Dario bleibt drinnen und spielt mit einem Stöpsel. Sein Namensvetter aus Frischmuths „Donna und Dario“ liebt Badewannenstöpsel, unser Dario mag – wie es sich für einen in einem Weinort lebenden Kater gehört – am liebsten Weinkorken. Mit ihnen spielt er intensiv und ausdauernd, so auch in diesen Indoor-Stunden. Irgendwann setzte dann doch intensiver Regen ein, er dauert aber dann doch wieder zu kurz, viel zu kurz. Die Freude darüber währt also nicht lange. Das Mittagessen mundet ausgezeichnet, wir essen mehr als üblich, aber dadurch bleibt auch nichts übrig außer zwei Brösellaibchen. Die mache ich – wie meine Oma und meine Mutter – mit den Resten der Panierzutaten. Mehl, Milch, Ei und Brösel werden gemischt, zu einem Laberl geformt und in heißem Fett herausgebraten. Nach einem ausgiebigen Mittagsschlaf dann unser Sonntagsnachmittagszirkus. Wir schauen das Jubiläumsprogramm des Circus Pikard aus dem Vorjahr, köstlich, unterhaltsam und liebevoll, vor allem der junge Zirkusdirektor Alexander Schneller hat seine ganze Liebe in den Zirkus und das Programm gesteckt – und das merkt man bei jeder Nummer. Für den nächsten Sonntag kündigt er dann abschließend einen weiteren Stream an – mit einer Überraschung. Wir werden sehen.
0 Comments
Your comment will be posted after it is approved.
Leave a Reply. |
Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
|