Zum Auftakt ein wunderbares Kapitel aus Nöstlingers „Der Hund kommt“. Unter der Überschrift „Der Hund in der Schule“ wird eine Vision für jene Institution entwickelt, die ich ja grundsätzlich in Frage stelle, zumindest in ihrer derzeitigen Verfassung oder besser gesagt, zu der ich Alternativen fordere, für jene, die in der Lage sind, den eigenen, individuellen Bildungsweg zu gestalten. Zum Inhalt: Der Hund wird durch Zufall Lehrer, er macht seine Sache so gut, dass ihn weder Kinder, noch deren Eltern, aber auch nicht der Direktor der Schule so einfach weiter ziehen lassen wollen. Er macht täglich Lehrausgänge, er ermöglicht seinen Schüler*innen ein Lernen in der Welt (nicht über die Welt), alles wird implizit erfahren (das Lesen, das Schreiben, das Rechnen und noch viel mehr). Alle g‘scheiten Menschen, also die, die über den Tellerrand sehen können wie Künstler*innen aller Arten, denken genau an diese Möglichkeiten. Ich erweitere sie in meiner Vision noch um die notwendige Individualisierung. Zurück zum Plot: Der Schulinspektor kommt, deckt den „Schwindel“ auf und der Lehrer muss fliehen. Der Direktor, ein Bär, geht gleich mit ihm mit. Was die zurückgelassenen Schüler*innen betrifft, erfährt man als Leser*in nichts. Aber, was soll schon passieren: es wird wohl wieder der graue Schulalltag einkehren und alle Beteiligten werden trotz aller Bedenken kuschen, so lange bis sie bedingungslose Ja-Sager geworden sind.
Meine Frau pflanzt in einem kurzen Zwiegespräch „Permakultur“ in meine Gedanken. Noch so ein Projekt, das sich zu verwirklichen lohnte, ich war schon vor Jahren damit in Kontakt gekommen und hatte es für gut befunden. Wie schon erwähnt: An Beschäftigung fehlte es mir nicht, aber an der finanziellen Grundlage, diesen Beschäftigungen ohne Erwerbsarbeitseinkommen nachzugehen. Die Welt wäre eine andere, könnten ich und die vielen anderen, denen solches und vieles andere am Herzen legt, ihren Visionen zum Wohl der Gesellschaft und der ganzen Mutter Erde folgen. Das wäre doch eine Bezahlung wert, also ein bedingungsloses Grundeinkommen. Der aktuelle „Tatort“ findet in Frankfurt statt und reflektiert unter dem Titel „Die Guten und die Bösen“ über die Polizeiarbeit. Die Selbstjustiz eines Polizisten am Vergewaltiger seiner Frau, die ihn nach der Tat verlassen hat und inzwischen Selbstmord begangen hat, steht inhaltlich im Mittelpunkt. In einem Nebenstrang werden die Beamten des Kommissariats im Rahmen eines Coachings dazu „genötigt“, sich Gedanken über ihre Werte und den Sinn ihrer Arbeit zu machen. Am Ende steht – wie es nicht anders zu erwarten war – das Stereotyp von den guten Bullen, die das Böse, so sie es nicht verhindern konnten, zur Rechenschaft ziehen. No na. Aber ist das wirklich das einzige Ziel, gäbe es nicht auch hier völlig andere Zugänge im Hinblick auf Prozesse, Verurteilung und Strafvollzug? Ich meine ja. Im Idealfall stünde am Ende eines Erneuerungsprozesses eine gefängnislose Gesellschaft, denn die Einrichtungen dieser Art machen aus einem „Bösen“ sicher keinen „Guten“, sondern meist sogar einen „Noch-Böseren“. Und ihr Abschreckungscharakter erschöpft sich auch in einer bloßen Worthülse, einem Versprechen, das es nie und nimmer halten kann. Ein Verbrechen ist wahrscheinlich nur in den wenigsten Fällen, wenn überhaupt, durch die Androhung einer Haftstrafe verhindert worden. Ich schlafe schecht – und zu kurz. Um 6.30 wecken mich die Nachrichten auf Radio Niederösterreich, ist doch der Rauchfangkehrer für diesen Vormittag angekündigt – und ich will mich ab 7 Uhr dafür bereit halten. Er, nein besser sie kommt um 11 Uhr. Ich bin zu diesem Zeitpunkt bereits todmüde, gereizt und nimmermehr ich selbst. Die Zeit bis dahin habe ich mir mit Putzen (es ist der wöchentliche Putztag) vertrieben, ich hatte drei große Bereiche zu bearbeiten, das Bad, das Wohnbüro und das Zimmer meines Jüngsten (in Kooperation mit ihm). Nachher – und noch vor dem Mittagessen – stelle ich mich unter die Dusche. In der Mittagspause widme ich mich John le Carré und seinem Roman „Geheime Melodie“ (als Hörbuch). Die Sprache ist eine völlig andere als jene der nordischen Autoren, die ich zuletzt gelesen bzw. gehört habe: feiner, geschliffener und britisch eben, gewürzt mit einer oder zwei Prisen des jenem Volk zugeschriebenen schwarzen Humors. Ich penne beim Hören dennoch ein. Als ich auf meiner Campingliege im Garten wach werde, ist es bereits drei Uhr nachmittags. Ich besinne mich eines Auftrags für unseren Ältesten, es gilt für ihn „google classroom“ einzurichten. Ich erledige diesen Auftrag innerhalb von zwanzig Minuten, dann ist meine Liebste dran, mit ihrem Sohn die Aufgabenstellungen für diese Woche durchzugehen. Ich ziehe mich ins Schlafzimmer zurück und reflektiere mit meinem Supervisor telefonisch die letzten beiden Wochen. Er hat die eine oder andere brauchbare und gute Idee, ich fühle mich nach 45 Minuten an seiner Seite gestärkt für den Alltag. Ab sofort wird ein Tagebuch geführt, in dem alle Ereignisse und Erfahrungen mit unseren beiden Ältesten und unser liebevoller Umgang damit dokumentiert werden – nur als Gedankenstütze für den Fall, dass der Kindesvater einmal mehr Alarm bei den Behörden zu schlagen gedenkt und uns mit der einen oder anderen Nebelgranate wieder die nötige Klarheit raubt. Wir können in diesem Fall dann unsere Aufzeichnungen zur Hand nehmen und nachlesen. Am Ende dieses Lebenstages steht noch zweierlei: Zum einen montiere ich auf unserer zukünftigen Terrasse - und in der Hoffnung, dass unsere Vermieter endlich mal Zeit und Lust haben, die geplanten Bodenfliesen zu verlegen (was in Corona-Zeiten wohl eher noch länger als eh schon dauern wird) – eine provisiorische Beleuchtung, zum anderen widme ich mich zwei Beiträgen von Thomas Mohrs, dem Gedicht „Wiesen“, in dem er einst die Erfahrungen mit seinen Töchtern und wie sie ihm die Welt zeigen niedergeschrieben hat und einem Lied von Konstantin Wecker in einer Interpretation von Sarah Straub namens „Das ganze schrecklich schöne Leben“. Beides packend, berührend und so wahr!
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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