Die neuen Lebenstage brechen derzeit noch immer erst nach Sonnenuntergang an. Davor hatte ich die Idee – inspiriert von den kritischen Berichten über das Corona-Sperrgebiet Tirol – wieder einmal einen Familien-Filmabend zu veranstalten. Wir hatten zwar nichts mehr zu knabbern zu hause, aber unser Jüngster teilte die noch vorhandene Schokolade sowie die Schoko-Doppelkekse für alle auf. Sohn Nr. 2 (der Mittlere) verabschiedete sich nach dem Abendessen sofort in die Dusche und danach in sein Zimmer; er hatte keine Lust auf Felix Mitterers Piefke-Saga Teil 1. Die anderen vier schon. Und wir hatten unseren Spaß mit einem tollen Plot und einem nicht minder tollen Ensemble. Und alle bekommen sie ihr Fett ab in ihrem Extremismus, in ihrer Scheinheiligkeit, in ihrer Profitgier bzw. Anerkennungssucht um jeden Preis. Ein feiner Fast-Ganze-Familie-Abend.
Danach beschäftigte ich mich noch mit dem Videokonferenz-Tool ZOOM, mit dem ich von nun an meine Online-Learning-Angebote begleiten will. Ich probierte gleich mal die eine oder andere Probesession, fand die Tools übersichtlich, einfach und für meine Verhältnisse sehr brauchbar. Der Morgen startete mit dem Einheizen des Ofens und mit dem Zustellen der Suppe. Torstai. Donnerstag. Zeit mal wieder einer finnischen Tradition zu Tribut zu zollen und Erbsensuppe und Pfannkuchen zu kochen. Erstere braucht, wenn sie richtig sämig werden soll, Zeit. Daher soll sie ihre Zeit bekommen. Nach dem Frühstück eine Videokonferenz der Grünen Wirtschaft, auf die meine Frau und ich von einer lieben Freundin aufmerksam gemacht worden waren, im Hinblick auf die von der Regierung geplanten finanziellen Unterstützungsmaßnahmen für Einpersonenunternehmen. Bloß: man konnte mir noch keine konkreten Aktionen nennen, da die Verhandlungen noch im Gange waren und deren Ergebnis erst in einer Pressekonferenz am frühen Nachmittag präsentiert werden sollten. Jedenfalls versuchte der Landessprecher der Grünen Wirtschaft gute Stimmung zu verbreiten und uns zu versichern, dass in einem ersten Schritt Geld ganz unbürokratisch fließen solle. Ein paar Sager in der Konferenz blieben bei mir hängen, so etwa ein Zitat, das aus Verhandlerkreisen kolportiert wurde und so lautete: „Wer es nicht schafft, 14 Tage ohne Einkommen über die Runden zu kommen, der war vor der Krise schon ein Problemfall.“ Oder jene Aussage: „Es soll a jeder schnell a Geld kriegen, a Taschengeld mit dem ma dann ab Montag spielen kann.“ Von welchem Planeten stammen diese Menschen? Hier wird jedenfalls die Situation der Betroffenen nicht richtig wahrgenommen, um es mal freundlich zu sagen. Man vertröstete uns auf den nächsten Morgen und lud zu einer weiteren Videokonferenz. Abends dann kam die Hiobsbotschaft meiner Steuerberaterin, die zwar Unterstützung beim Antrag versprach, ihre Ausführungen hinsichtlich der Durchführungsbestimmungen sprachen eine andere Sprache: zum einen fließt das Geld nicht bürokratielos und ohne Bedingungen, zum anderen sind die Bedingungen so gestaltet, dass ich als sogenannter „Hybrid-Selbständiger“, der eben auch Geld aus freien Dienstverträgen verdient, eher nicht zum Zug kommen werde. Daher auch mein Vorschlag in der Vorwoche an Anschober und Kogler, doch ein befristetes bedingungsloses Grundeinkommen für diese Notsituation auszuzahlen. Noch ein Detail am Rande: Für die Selbständigen wird 1 Milliarde Euro in die Hand genommen, für den Rest der sogenannten Wirtschaft 38 Milliarden. Da siehste ganz klar, wer systemrelevant ist und wer nicht. Ein Trauerspiel. Danach ging‘s ans Fertigstellen der Erbsensuppe und ans Zubereiten des Pfannkuchens. Im Küchenofen wird der immer ganz besonders lecker, so auch diesmal. Es gab ein herrliches Mittagessen und nach einem kurzen Powernap machte ich mich an die Vorbereitung meines heutigen Online-Kursabends für den von mir geleiteten Vorbereitungslehrgang für die Berufsreifeprüfung Deutsch, diesmal via Zoom und mit einem dichten Programm (Zusammenfassung, Konjunktiv 1, indirekte Rede, Leserbrief). Dazwischen bin ich noch über zwei Beiträge zur aktuellen Situation gestolpert, die ich hier gerne zur Lesen mitgeben möchte. Im ersten meldet sich der deutsche Philosoph Markus Gabriel zu Wort und spricht von der Notwendigkeit einer metaphysischen Pandemie: „Nach der virologischen Pandemie brauchen wir eine metaphysische Pan-Demie, eine Versammlung aller Völker unter dem uns alle umfassenden Dach des Himmels, dem wir niemals entrinnen werden. Wir sind und bleiben auf der Erde, wir sind und bleiben sterblich und fragil. Werden wir also Erdenbürger, Kosmopoliten einer metaphysischen Pandemie. Alles andere wird uns vernichten und kein Virologe wird uns retten.“ Im anderen beschreibt der Journalist Christian Stichler in der Wochenzeitung „Die Zeit“ den eigenwilligen Weg der Schweden: „Doch in Schweden laufen die Liftanlagen weiter. Schließlich steht Ostern an. Da ist für viele der Urlaub in den Bergen fester Bestandteil. Nach den ersten Coronafällen im Wintersportort Åre stand nun aber auch ein vorzeitiges Saisonende in Schweden zur Diskussion. Aber so weit wollte die Gesundheitsbehörde dann doch nicht gehen. Gondelbahnen werden geschlossen. Die Skifahrer sollen beim Anstehen am Lift Abstand halten. In Restaurants und Hütten darf nur am Tisch gegessen oder getrunken werden. Aber ansonsten könne der Betrieb über Ostern weiterlaufen. Die Schweden gehen also weiter ihren eigenen Weg.“ We‘ll see!
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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