Gleich am Morgen gilt es eine Entscheidung zu treffen. Sind wir bereit für eine neue Katze? Im Konkreten handelt es sich um einen jungen Kater, der mit seinen Geschwistern ausgesetzt, gefunden und bislang in der Obhut einer Tierärztin im Weinviertel war. In den letzten Tagen hatten meine Frau und sie schon intensiven whatsapp-Kontakt, es galt dieses und jenes abzuwägen und unsere Bereitschaft auszuloten. Ich war skeptisch. Unsere Mizzi-Katz war gerade mal vier Wochen verschwunden, wir haben ein sehr bewegtes Leben, es gibt die eine oder andere wesentliche Lebensfrage, die noch ungeklärt ist und …
Wir sagten zu. Die Tierärztin hatte sich bereit erklärt, den jungen Mann mit ihrem Auto gegen Ersatz des Benzingeldes gegen Abend bei uns vorbeizubringen. Der „Hornhautdefekt“, mutmaßlich hervorgerufen durch einen Herpes-Virus, hatte in den letzten Tagen gut auf die medizinische Behandlung angesprochen. Der kleine schwarze Kater war startbereit, um in sein neues Zuhause zu gelangen. Ausgegangen war die Initiative „Katze für Familie Dosenöffner“ von jener befreundeten Wein- und Obstbäuerin, die auch schon reichlich Erfahrung mit Katzen hat. Auch ihr war einer ihrer Lieblinge verschwunden und ein anderer wurde vor wenigen Monaten Opfer seines Jagdtriebes. Er und der von ihm gejagte Hase wurden von einem Auto überfahren. Sie wusste von unserer Situation und erfuhr von einer Freundin, die eine Freundin hat, die die ausgesetzten Katzen, darunter unseren zukünftigen Kater, gefunden hatte. Sie war davon ausgegangen, dass sich die Tiere in der benachbarten Bezirkshauptstadt befanden. Doch handelte es sich um einen in rund 100 km Entfernung liegenden Ort im Weinviertel. Im Zusammenspiel aller Kräfte gelang es letztlich doch, Dario zu uns zu lotsen. Als sie das erste Foto sahen, waren meiner Frau und unserem Jüngsten sofort klar, dass der schwarze Kater nur diesen Namen tragen konnte. Vor einigen Wochen hatten wir in der Stadtbücherei das Buch Donna und Dario von Barbara Frischmuth ausgeborgt, das eine Abenteuergeschichte im Tierreich am Wiener Donaukanal erzählt. Ein kleine schwarze Kater, einer der Protagonisten der Geschichte, trägt den Namen Dario. Hier meine Rezension, die ich daraufhin für den Blog des Wiener Bücherschmaus verfasst habe: Wenn die Mutter mit dem Sohne ... Die Abenteuer der Katzen Donna und Dario am Wiener Donaukanal Wie es Lew Leuwen, einem der wenigen menschlichen ProtagonistInnen von Barbara Frischmuths 1997 erschienenen Buch „Donna und Dario“ geht, kann ich momentan gut nachvollziehen, ist doch unsere Familienkatze seit einiger Zeit verschwunden. Ansonsten wimmelt es in der Geschichte von Tieren aller Art, neben der Katze Donna und ihrem Sohn Dario gibt es noch jede Mengen anderer Katzen, Mäuse, Ratten, Möwen, Hunde und Marder, aber auch eine Krähe namens Flitzschwinge spielt eine entscheidende Rolle. Wie bei den Menschen gibt es auf allen Seiten Gute und Böse. Zurück zu Flitzschwinge: sie ist es nämlich, die Dario, der ganz versessen auf Badewannenstöpsel ist, am Anfang des Buches das Leben rettet, in dem sie ihn, der in seinem Spiel- bzw. Jagdtrieb aus dem Fenster seiner Wohnung einem schwarzen Schatten nachspringt – jener Krähe nämlich – und mit ihr auf dem Sofa eines fahrenden Sperrmüllwagens landet. Von da an nimmt das Abenteuer seinen Lauf und Dario sucht von jener Mülldeponie aus, auf der ihn der LKW samt Sofa gebracht hat, seinen Weg zurück zu seinem Menschen Lew und seiner Mutter Donna. Dabei begegnet er dem weisen Kater Saroyan, der in einem Buchladen lebt, er lernt die Kanalufergesellschaft auf der einen Seite des Donaukanals kennen, die sich tierartenübergreifend so organisiert hat, dass immer genug Futter da ist, ohne einander töten zu müssen, muss sich vor der Verschleppung durch die zwei menschlichen Gauner Ras Kachl und Maritschek retten und kommt durch einen Zufall auf die andere Seite, in der wilde, räuberische Katzengangs das Sagen haben, während seine Mutter Donna einen Augenblick nutzt, um ihre Wohnung zu verlassen, um Dario zu suchen. Auch sie lernt die Kanalufergesellschaft, vor allem den findigen Kater Webster kennen, der sie bei ihrer Suche unterstützt. Und plötzlich bricht eine Bande mörderischer Marder in die bislang heile Katzenwelt am Donaukanal ein und bringt beide Seiten gehörig ins Schwitzen. Saroyan, Webster und Donna wechseln notgedrungen gemeinsam mit Hund Odo, dem Stinkenden, die Seite und schließen sich mit den wilden Katzen vom anderen Ufer zusammen, um es den Mardern zu zeigen. Dort trifft Donna endlich ihren Sohn Dario, der in der Zwischenzeit bei den Streunerkatzen Rang und Namen hat, also erwachsen geworden ist und ihres Schutzes gar nicht mehr bedarf. In einem alten Abbruchhaus kommt es dann zur entscheidenden Schlacht gegen die Marder. Für den Menschen Lew Leuwen gibt es schließlich nach dem wochenlangen Warten auf seine Katzen ein Happy End, das bei mir noch in den Sternen steht, womöglich sogar ausbleibt. Frischmuths Buch ist eine wunderbare Geschichte vom Erwachsenwerden, von einer Gesellschaft, die trotz der vielen Unterschiede ihrer Mitglieder einen gemeinsamen Weg findet und von den Vorzügen der Unabhängigkeit in einer Welt von menschengemachten Abhängigkeiten – nicht nur für Katzenfans - und mag auch für die „Warrior Cats“ von Erin Hunter, die derzeit en vogue sind, zumindest unbewusst Pate gestanden sein. Empfohlen für (junge) Menschen ab 8. Der Name kommt übrigens aus dem Spanischen, Italienischen und Kroatischen, hat aber einen altpersischen Ursprung und geht auf den Namen Darius zurück. Dario setzt sich aus den altpersischen Wörtern „daraya“, was „besitzen“ und „aufrechterhalten“ bedeutet und aus „vahu“, was „gut“ bedeutet, zusammen. Die beliebtesten Interpretationen von Dario sind daher „der Mächtige“, „der Bezwinger“ und „der das Gute Festhaltende“ sowie „Träger des Guten“. Letzeres finde ich wunderbar paradox, gilt doch ein schwarzer Kater bzw. eine Katze gemeinhin als Unglücksbringer. Die weibliche Form Daria ist auch in Finnland geläufig, dort wird sie Tarja genannt, eine prominente Vertreterin ist die ehemalige Staatspräsidentin Tarja Halonen, auch meine Frau hatte eine Schulfreundin gleichen Namens. Zudem galt es einen „Familiennamen“ für ihn zu finden, ich recherchierte im Kroatischen und Finnischen. Im ersteren heißt Kater mačak, in Finnland sind die Bezeichnungen uroskissa (männliche Katze) und kolli (Kater) üblich. Also wurde er spontan – und noch ehe er einen Fuß über unsere Schwelle gesetzt hatte – zu Dario Kolli. Bei der Übergabe am Ende des 17. Tages in meinem 55. Jahr konnte ich aus beruflichen Gründen nicht dabei sein, ich begleitete in Wien eine Gruppe elementarpädagogischer Fachkräfte zum Thema „sprachliche Bildung“, einem meiner Lieblingsthemen, da mir Sprache schon in meiner Jugend, da ich noch recht einsilbig unterwegs war und mich gerne in Geschichten und Gedichten ausdrückte, sehr wichtig geworden war. Ich freute mich schon auf die erste Begegnung mit Dario, die für nach meiner Rückkehr so gegen 23 Uhr angesetzt war.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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