Die Perspektive auf den Beginn meines 12. Lebenstages im 55. Lebensjahr hat sich schnell in Luft aufgelöst, war ich doch diesmal – zum dritten Mal in 4 Wochen – wieder mit der Tatsache konfrontiert, dass der Nightjet aus Wien nicht pünktlich abfahren wollte. Diesmal war er trotz anderslautender Anzeige zur Abahrtszeit um 21.27 h nicht einmal noch aufs Gleis geschoben worden. Anschlusszüge waren alle pünktlich, also boten sie keinen Grund für die Verspätung, der Zugteil nach Venedig wurde diesmal gar nicht mehr geführt – und dennoch, kein Zug weit und breit. Um 21.28 h wurde dann mitgeteilt, dass der Zug mit 5-10 Minuten Verspätung abfahren solle, um 21.32 h wurde eine Verspätung von 10-15 Minuten bekannt gegeben, vom Zug allerdings noch immer keine Spur, obwohl er ja vom Hauptbahnhof starten sollte.
Krisenmanagement war angesagt. Ich nahm also wieder einmal die Franz Josefs-Bahn mit der Perspektive nicht mehr in mein Heimatdorf kommen zu können, sondern bloß bis zur 6 Kilometer entfernten Bezirkshauptstadt. Obwohl ich das Fahrrad unseres Ältesten ausgeborgt und für den nun eintretenden Fall dort bereit gestellt hatte, konnte ich überhaupt keine Lust auf eine nächtliche Radtour verspüren. Ich war verzweifelt, vor allem, da ja gerade solche Tage mein Leben bestimmten und ich an solchen Tagen schnell genervt war und mit meiner Laune an solchen Tagen alle mir nahestehenden Menschen zu nerven pflege. Meine mittels whatsapp-“Notruf“ diesbezüglich behelligte Liebste war gerade in wichtigen politischen Verhandlungen, stand doch die Konstituierung des Gemeinderats, in dem sie erstmals Mitglied werden sollte, am darauffolgenden Montag am Programm. Sie hatte dennoch zwei Lösungsvorschläge parat, die ich aber partout nicht annehmen wollte. Wieder rutschten Frankl und Sartre in meine Gedanken – und ich antwortete meinem Leben, das mir diese Herausforderung auferlegte mit der sinnlosen Gegenfage „Warum?“ bzw. mit mit einem kindischen „Nein!“, obwohl es ja gar keine Entscheidungsfrage, sondern vielmehr eine offene Frage gestellt hatte. Also nervte ich meine Liebste mit dieser Gegenwehr zu ihren Vorschlägen bis sie berechtigterweise aufgab und mich meinem Schicksal (Sartre!) überließ. Aber auch dies ist ja laut Frankl nicht Schicksal sondern meine (falsche) Antwort auf diese Lebens-Frage. Aber auch Frankl nervte mich in diesem Moment bloß. Es gelang mir durch meine innere Zerrissenheit einen solchen Eindruck im Außen zu erwecken, dass sich plötzlich ein junger Mann meiner erbarmte und mir seine Hilfe anbot. Schicksal? (Ruediger Dahlke, der Meister der Krankheitsbilddeutung bezeichnet Schicksal als das geschickte Wohl – vom lat. salus- das Wohl) Und er brachte mich mit seinem Auto zum Bahnhof meins Heimatdorfes, wo mein Fahrrad auf mich wartete. Um Mitternacht war ich zuhause. Oh Wunder! Ein Engel! Schicksal! Ich haderte dennoch, auch die traumreiche, aber nicht traumhafte Nacht lang. Was mich auch am Morgen nicht in besserer Stimmung erwachen ließ. Das Schöne an der Selbständigkeit ist die Selbständigkeit, eine gewisse Autonomie, eine Art Selbstbestimmung. Du hast halt keine/n Chef*in, aber du hast Kund*innen. Und du arbeitest selbst ständig. Und was mich am meisten nervt ist die einmal jährlich abzuliefernde Steuererklärung.Für Buchhaltung habe ich nicht den geringsten Nerv. Und derzeit ist grade wieder einmal Steuererklärungszeit. Auch das noch. Nun nervt also Vieles und ich nerve Viele. Der Tag diskussions-voll und diskussionswürdig. Am Nachmittag das Training mit meiner Kinderfußballelf, von der sieben anwesend waren. Mal andere Gedanken und seltsam – für Tage wie solche – ungenervt, im Gegenteil empowerend. Für den Übergang von Tag 12 auf Tag 13 eine Multimediashow in einem örtlichen Weingut über den hohen Norden (Finnland und Island), für finnophile wie mich ein Pflichttermin; die Großen haben Vaterwochenende, meine Frau, unser Jüngster und ich machen die Reisen mit. Macht Lust und Laune! Endlich wieder.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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