Der nächste Tag meines neuen Lebensjahres begann mit einer langen Vorlesesession auf meinem schönen, roten Ledersofa. Tove Janssons „Mumins lange Reise“, das erste Buch der Mumin-Serie mit Originalbildern der Autorin (wir hatten es tags zuvor in einer Neuauflage in der Stadtbücherei gefunden und entliehen), entführte uns in jene Zeit, da die Mumin-Familie noch kein fixes Zuhause hatte. Auf der Reise fanden Mumin und seine Mama dann nicht nur das Mumintal sondern auch den lange vermissten Muminpapa.
Als der Jüngste im Bett war, überlegte ich, wie ich meinen Abend gestalten konnte. Ich dachte daran, mal wieder einen Film zu schauen, checkte die Mediatheken von ARD, ZDF und ARTE durch und fand so manch Interessantes. Einige Wochen vor Ausbruch des Corona-Virus in unseren Breiten, hatte das ZDF eine Serie namens „Arctic Circle“ über eine Viruspandemie, die in Finnland spielt, herausgracht. Ich stoppte das Schauen trotz des spannenden Plots nach der ersten Folge, war noch nicht bereit für ein solches Thema. Jetzt, da wir mitten drinnen sind in einem ähnlichen Schlamassel wirkt der Film harmlos gegen die Wirklichkeit. Zumindest nach Folge 2 und 3. Mal sehen, was die anderen 7 Episoden so zu bieten haben. Schön ist es, endlich wieder einmal in der Heimat meiner Frau zu sein, zumindest virtuell. Dario verbrachte einen Teil des Fernsehabends kuschelnd und schnurrend auf meinem Schoß. Der Morgen nach einer traumreichen und dementsprechend anstrengenden Nacht gedämpft und belastet von all dem, was derzeit ist: die „Ausgangssperre“, die Steuererklärung, die unsichere Einkommenssituation. Ins-Tun-Kommen ist da ein probates Mittel. Dario hilft kräftig mit, dass ich auf andere Gedanken komme. Zum Mittagessen bereite ich Burger zu – mit Karottenlaibchen und in der Semmel. Kann sich aber dennoch sehen und vor allem schmecken lassen. Draußen ist es sonnig, aber kalt. Der Jüngste spiel im Garten – Fußball, was sonst. Nach dem Essen kurze Familienkonferenz zu den aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung und den Folgen für unser (Zusammen-)Leben. Der Mittlere geht in den Widerstand. Tja, da kommt so einiges an „Schmelz“-Arbeit (im Sinne der Integrativen Gestaltarbeit) auf uns zu, Vor allem befällt ihn jetzt schon der Unmut, dass er womöglich in den Osterferien seinen Vater nicht in Berlin besuchen kann. Nach einigen Überzeugungsversuchen zur Kooperation ließen meine Frau und ich mal los. Wir sind zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, den Familienfrieden auch in den bevorstehenden Tagen sicherzustellen, auch wenn es uns eine Menge Anstrengung kosten wird. Mittags eine kurze Pause im Liegestuhl im Garten, danach Check meiner Möglichkeiten, meine VHS-Kurse online durchzuführen. Wenn die Verantwortlichen dort mitspielen, sollte es kein Problem sein. Ich bin vorbereitet und bereit. Dann ging‘s an die vorletzte Etappe der Steuererklärungen, dazwischen zum Abreagieren Gartenarbeit. Die Brombeerstaude musste in Form gebracht werden, vor allem musste ihre Wuchsrichtung vereinheitlicht werden, braucht doch der Holler seinen Platz. Er treibt schon aus, so wie auch der Apfelbaum, der Liguster und die Brennnesseln. Meine Frau schwärmte während des Tuns in unserem kleinen Paradies von der Brennnesselsuppe ihrer Kindheit – mit hartem Ei in der Mitte. Ich freue mich schon drauf, wenn sie uns eine kocht. Zeit dafür sollten wir in diesen Tagen genug haben. Beim Abendessen noch miese Stimmung beim Mittleren. Und meine Frau hat in den nächsten Tagen mit vier körperlich unausgelasteten Männern zu tun. Wobei der Jüngste sich ohnehin viel im Garten bewegen wird, ich die Gartenarbeit zu meinem Schwerpunkt gemacht habe; bleiben also noch zwei. Und die habe ich zu Indoor-Workouts und so das nicht klappt zu solchen im Garten verdonnert. Möge der Widerstand schmelzen und die Kraft der Bewegung ihre wohltuende Wirkung entfalten.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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