Ein Jahr ist ins Land gezogen. Es ist 22 Uhr 33 an diesem 22.2.2021. Vor einem Jahr – einem Samstag – saß ich im Kreis von lieben Freund*innen und meiner Familie (Frau, jüngster Sohn und jüngere Tochter), um den Auftakt ins 55. Lebensjahr zu feiern. Um 23 Uhr (MEZ) stießen wir erstmals auf diesen neuen Lebensabschnitt an, denn zu dieser Stunde wechselt in Finnland (OEZ) bereits der Tag. Und eine Stunde später hoben wir nochmals die Gläser, um meinen Geburtstag auch in Österreich zu beginnen. Meine Geburtsstunde liegt ja nochmals 19 Stunden und 21 Minuten von Mitternacht entfernt, sie ist meist eine stille Stunde (außer das Fest fällt auf einen Wochenendtag und kann in Gemeinschaft gefeiert werden, so wie im Jahr zuvor).
Für den Vorabend meines Jahrestages hatte ich nach all den Tagen und Wochen, in denen ich mich hauptsächlich mit Diskussions- und Informationsstreams oder Sachbüchern und natürlich Fußball beschäftigt hatte (genauer gesagt seit dem 25. Dezember des Vorjahres mit Ausnahme von „Bruder Sonne, Schwester Mond“, „Ghostbusters“, „Christopher Robin“ und einer wirklich sehenswerten weil zeitgemäßen Folge von „Wilsberg“ mit dem Titel „Überwachen und belohnen“, einer Anlehnung an Foucaults „Überwachen und bestrafen“) Lust auf einen richtig feinen Film, bei dem es auch etwas zu lachen gibt. Zur Wahl standen eine der ersten Folgen von „Kottan“ (am besten Teil 2 „Der Geburtstag“ und dem immer wiederkehrenden „Inspektor gibts kan“) oder die Sommerepisode von „Polt“ (mit Ludwig Hirsch als weinseligem Lehrer und meinem Lieblingszitat „Es ist Herbst mitten im Sommer“) oder Mamma mia – das Abbamusical (mit den singenden Pierce Brosnan, Meryl Streep, Colin Firth und Stellan Skarsgård und meinen Lieblingssongs „Slipping through my fingers“ und „Our last summer“) oder „Unter der Sonne der Toscana“ (mit Diane Lane und Sandra Oh sowie einer wunderbaren Besetzung bis in die kleinsten Nebenrollen und einem Zitat, das mir doch tatsächlich erst heute aufgefallen ist, das aber so passend für mein Leben ist: „Lass dich von der Vergangenheit niemals zum Krüppel machen“). Da mein Sohn auch Lust auf Kino hatte, er „Mamma mia“ schon kannte, Polt und Kottan aus meiner Sicht nicht so kindertauglich sind, fiel die Wahl auf einen Ausflug nach Italien. Wow! Die Tränen flossen nur so – vor Lachen und vor Weinen, so wie das Leben eben ist. Und trotzdem hatte alle Schwere ihre Leichtigkeit, weil sie der Lebendigkeit geschuldet ist. Ich brauchte jede Menge Taschentücher und nachher einen heißen Tee, um von meinem „Bramasole“ (Die Sehnsucht nach der Sonne) zu träumen. Es ist sicherlich schon da und wartet bloß auf mein Entdecken. Um Mitternacht werde ich mit meiner Liebsten noch mit einem Achtel Zweigelt Barrique vom Schlüsselhof, den mir meine dort ansässigen Lieblingswinzer zum Geburtstag geschenkt haben, anstoßen, bevor ich in den Morgen hineinschlafe und erst aufstehe, wenn mich die den Frühling feiernden Vögel (am liebsten der Gesang der Amsel, womöglich sogar jener, die ich vor geraumer Zeit aus dem Nachbarsschuppen, in dem sie gefangen war, befreit hatte) oder die ersten Sonnenstrahlen, die laut Wetterprognose den ganzen morgigen Tag nach all dem Nebel der letzten Woche begleiten sollen. Zwischen 9 und 11 am Vormittag wird dann unser vor kurzem erworbener Festnetzanschluss freigeschaltet, danach gibt es Pizza vom Giovanni und der Nachmittagskaffee wird mich im durch die Dachbauarbeiten immer noch verwüsteten Garten finden. Mein Blick geht in die Zukunft. Und in einer Regnose werde ich das nächste Jahr von meinem 56. Geburtstag aus zurückerleben. Für Prognosen fehlt mir mittlerweile der Nerv, sind sie doch meist von den Unmöglichkeiten, Sorgen und Ängsten überlagert, die – ja – zu nichts führen, als dass man das Jahr schon abhakt bevor es begonnen hat. Mit der Vision, wie ich in einem Jahr wieder im Garten sitze (in welchem auch immer) und auf das vergangene zurückblicke, lässt es sich besser in das Unbekannte starten. It’s an adventure. That’s all! Zu meiner Geburtsstunde fröne ich diesmal der Erwerbsarbeit, wie wohl ich zwischen 19.20 und 19.30 Uhr eine Pause einlegen werde, um ein weiteres Mal anzustoßen. Und nach getaner Arbeit geht es mit ziemlicher Sicherheit mit meinem Sohn zur Champions League auf DAZN. Auch so lässt sich feiern, wenn einem virus-hysterische Politiker das Leben und die Lebendigkeit absprechen wollen. Und ich bin sicher: Wenn ich in einem Jahr wieder kaffeetrinkend im Garten sitze, wird mich mit Vorfreude ein großes Fest zum 56er in meinem Haus mit Freund*innen und Bekannten erwarten. So viel Leben muss sein! #b_spring
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Noch eine Woche bis zu meinem 55. Geburtstag. All das, was mich derzeit bewegt, was mich hin und her reißt, habe ich in dieser Bestandsaufnahme zum Tag zusammenzufassen versucht. Daraus ist dieser Blogeintrag entstanden, dessen Perspektiven sich nach einer gemeinsamen Einleitung verweigen, nämlich in einen dystopischen und einen utopischen Blick auf meinen Geburtstag. Ich habe bewusst die Dystopie vor die Utopie gestellt, weil sie mir von meinem Wesen her erstens näher ist und weil - zweitens - damit der Utopie das "gute Ende" dieses Beitrags überlassen ist - das ich nach wie vor ersehne. Lässt sich eine Bahnfahrt in Zeiten wie diesen überhaupt noch genießen? Selbst auf der Fahrt in die Hauptstadt bin ich streng genommen knappe 90 Minuten unterwegs (in Zügen und auf Bahnsteigen). Nach spätestens 70 Minuten sollte ich eine 30-minütige FFP-2-Maskenpause einlegen. Ich werde also die Fahrt in 2 Abschnitte aufteilen, jenen von meinem Heimatbahnhof in die Landeshauptstadt, dort eine fahrplanbedingt rund einstündige Öffi-Pause einlegen und danach weiter in das politiche Zentrum unseres Landes. Das sind dann 55 Minuten und dann noch rund 30 weitere. Bingo! Reisen wie früher. Dahin die männlichen Geschwindigkeitsfantasien. Möchte ich mich noch weiter von zuhause fortwagen, muss ich entsprechend weitläufig planen. Ich nehme jetzt mal Salzburg als Ziel einer beruflichen Reise; die Etappen lauten hier: Zuhause-Landeshauptstadt (51 Minuten), Pause (35 Minuten), Landeshauptstadt-Linz (60 Minuten), Pause (75 Minuten), Linz-Salzburg (66 Minuten). Die Fahrtzeit verlängert sich dadurch von 2 Stunden 48 Minuten auf 4 Stunden und 47 Minuten. Reisen wie damals also! Das westlichste Bundesland zu erreichen, wenn es denn nach Aufheben der Blockade Tirols wieder einmal erreichbar sein sollte, wird zur Tagesreise. Das waren noch Zeiten als man solches als „normal“ bezeichnet hatte. Als ich vor einem knappen Jahr die Reise in mein 55. Lebensjahr angetreten habe, lag es fern jeder Vorstellung, dass ich meinen halbrunden Geburtstag nur in kleinster familiärer Runde feiern werde können. Vorbei die Partys zu zehnt, zu zwanzigst, die mich so bewegt und belebt haben. Stattdessen kann ich viele kleine Feste feiern, legalerweise jeden Abend einen anderen Haushalt in mein Zuhause einladen, rund zwei Wochen lang. Auch nicht schlecht, spannende Dynamik. Gespannt bin ich, wer sich auf dieses Abenteuer, das Ende der Route 55 zu feiern, mit mir einlässt. Das führt mich noch zu einer anderen Überlegung, nämlich jener, warum es überhaupt so weit gekommen ist. Wir neigen ja, geschult durch die uns durch die Bildungsinstitutionen indoktrinierte verengte Wahrnehmung, dazu, uns den Symptomen zu widmen und nicht den Ursachen. Eindrücklich schildert das eine kleine metaphorische Geschichte: Am Ufer eines Flusses steht ein Mensch und genießt die Ruhe eines Sonntagnachmittags in der Natur. Da hört er plötzlich Hilferufe. Menschenfreund, der er ist, blickt er um sich und sieht einen anderen Menschen im Fluss treiben. Sofort springt er ins kalte Wasser und zieht den Hilfesuchenden ans rettende Ufer. Kaum ist der eine an Land, hört er den nächsten Hilferuf. Wieder hüpft er todesmutig ins kalte Nass und rettet auf diese Weise den nächsten. Das geht so lange weiter, bis der altruistische Mensch erschöpft m Ufer zusammenbricht und alle weiteren Hilfesuchenden nicht mehr aus dem Wasser ziehen kann. Auf die Idee, nachzuforschen, warum denn all die Menschen ins Wasser gefallen sind, kommt er nicht. Und genau da stehen die meisten von uns heutzutage. Die von uns durch demokratische Wahlen verantwortlich Gemachten bekämpfen mit ihren zum Teil unsäglichen Maßnahmen bloß die Symptome. Warum es so weit gekommen ist, dass Viren auch eine todbringende Gefahr darstellen können (wobei es nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen noch umstritten ist, dass das für SARS-CoV-2 und seine Mutationen auf die gleiche Weise zutrifft wie auf Ebola oder anfänglich auf AIDS), interessiert die wenigsten. Alle wollen möglichst schnell zurück zur Normalität. Doch die wird es nie mehr geben. Entweder werden wir die nächsten hundert Jahre oder sogar bis in alle Ewigkeit (also so lange es unser Spezies noch geben wird) mit Masken herumlaufen, uns Testungen und Impfungen unterziehen müssen – oder wir werden eine andere Lebensweise finden müssen, die uns den uns zustehenden Platz als Teil der Natur und nicht als deren Beherrscher zuweist.
Jetzt hat das, was ich nicht beachten wollte, dem ich keine weitere Aufmerksamkeit zu widmen vorhatte, das ich durch Ausblenden bewältigen wollte, dass ich hinter meinem Rücken bzw. weiter unten an mir vorbeigehen zu lassen beabsichtigte, eine Dimension erreicht, die auch mich herausfordert, etwas zu tun. Für und nicht gegen. Für Freiheit, Gleichheit, Solidarität und Volkssouveränität.
Die Karotte, die uns Regierende seit vielen Monaten vor die Nase halten, ist unerreichbar. In Deutschland ist man so ehrlich, dass man bereits von „Zero-Covid“ spricht, man ist dort – je nach Bundesland mehr oder weniger – „brutaler“ bei der Überwachung der Einhaltung von Maßnahmen, inklusive zahlreicher Versammlungsverbote. In Österreich beruhigt uns ein als Gesundheits- und Sozial(!)minister getarnter Volksschullehrer mit sonorer Stimme und einfältigen Argumenten und verheißt uns zum x-ten Mal die Rückkehr zu Freiheit. Gleichzeitig koppeln er oder seine Regierungskollegen von der ÖVP diese Rückkehr an die Zahlen positiv Getesteter. Bis dahin müsse man nun neben einem mittlerweile auf 2 Meter ausgedehnten Sicherheitsabstand nunmehr auch FFP2-Masken tragen und dies und das und sonst noch was befolgen. Die Karotte baumelt immer noch vor unser aller Nasenspitze, aber wir kriegen sie einfach nicht zu fassen. Und das ist unfassbar, es ist einfach nicht zu fassen. Bevor ich mich im Detail verliere, möchte ich an dieser Stelle bekunden, dass ich in den letzten Wochen in den Widerstand getreten bin. Das Modell der Gütekraft (M.K. Gandhi, Martin Luther Kind, u.v.a.) ist meine Basis. Konsequent in der Kritik und im Willen, Veränderungen zu bewirken, dennoch kooperativ und gesprächsbereit. Es geht in erster Linie darum, dass jene, die sich verantwortlich fühlen nunmehr endlich erkennen, dass sie nicht unsere Herrscher~innen sind sondern unsere „Diener*innen“, die Diener*innen des Demos, des Volkes. So sagt es auch ihre Amtsbezeichnung, nämlich Minister (lat. Diener). So geht Demokratie. Zu diesem Zweck habe ich auch die Website b-spring.eu gegründet, die mit dem Hashtag #b_spring arbeitet, um alle und alles zu vernetzen, was Frühling & Freiheit will. Ich habe schon zahlreiche E-Mails verschickt, um auf Unhaltbares, Untragbares und Unerhörtes aufmerksam zu machen. Ich habe die eine oder andere Reaktion erhalten, aber noch keine Kooperationsbereitschaft. Was zu erwarten war. Was mich bestärken will. Was mich hineinzieht in etwas, wo ich mich herausziehen wollte. Und ich befinde mich plötzlich in einem wilden Gestrüpp von Vorurteilen, Zuschreibungen, Manipulationsversuchen, Propaganda, Verharmlosung und Panikmache. Es ist zum Schreien. Dazu kam nun gestern eine Abschiebung von drei Minderjährigen, die verhindert hätte werden können. Auch und gerade von den in der Regierung befindlichen Grünen. Sie taten es nicht. Sie verurteilen den Akt, aber sie sehen sich an die Rechtslage gebunden. Sind sie aber nicht. Es gibt Möglichkeiten. Oben drauf habe ich heute auch noch davon erfahren, dass in Wiener Seniorenheimen mittlerweile Securitys auf die Bewohner*innen angesetzt sind, um darauf zu achten, dass von ihnen alle Maßnahmen dieser unsäglichen Covid19-Verordnungen eingehalten werden. Diese Wachpersonen sollen umherirrende Demente wieder auf ihre Zimmer begleiten, weil versperren dürfe man diese ja nicht, so ein Verantwortlicher. Es handelt sich hier nicht um Schutzmaßnahmen sondern um eine Vorgangsweise wie im Gefängnis. Auch ist den Betroffenen nur einmal pro Woche von einer Person Besuch gestattet und es sind dabei 2 Meter Abstand zueinander zu halten und FFP-2-Masken zu tragen. So stelle ich mir mein Lebensende nicht vor. Das werde ich zu verhindern wissen. All diese Ereignisse schmälern meine Freude am Gewinn des Schreibwettbewerbs der Kremser Stadtbücherei 2020, der mir gestern mitgeteilt wurde. In meiner Kurzgeschichte mit dem Titel „Was vom Hasen übrig blieb“ zum Motto des Bewerbs „Schreiben in Zeiten der Cholera“ habe ich im August des Vorjahres zu den herrschenden Bedingungen reflektiert. Sie war trotz aller Düsternis noch otimistischer als ich sie heute schreiben würde. Die Preisvergabe wird trotz laufender Verschiebungen seit September aufgrund der aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung dennoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen, ersatzweise wird es ein Video von der Lesung meines Beitrages geben und eine Lesung vor Publikum für den Herbst in Aussicht gestellt. So es die Maßnahmen zulassen und dafür dann nicht von allen Beteiligten neben Abstand- und Maskenpflicht auch ein negativer PCR-Test sowie der Nachweis einer Impfung verlangt sein wird. Wir haben es da mit einer Zusammenballung einer Verwirklichung aller dystopischen Fantasien von „1984“ über „Fahrenheit 451“, das „5. Element“ bis zu Julie Zehs „Corpus Delicti“ zu tun. Gemeinsam haben sie neben all dem Sicherheits- und Kontrollwahn auch die völlige Entmenschlichung des Menschen. Ich will nicht mehr in die „alte Normalität“ zurück, nach der sich so viele sehnen und die man uns allgegenwärtig verspricht. Ich möchte in keine normiertes Dasein zurückfallen, ich möchte in einer menschlichen Welt leben, endlich … das wäre der aus dieser Krise (wenn man sie als Chance begreift) not-wendende Quantensprung den unser Dasein dringend braucht. Aber dazu ist jede*r Einzelne gefragt, an dieser neuen Welt mitzuwirken. Auch ich. Die Sonne scheint von einem fast wolkenlosen Himmel, es zieht mich hinaus – und dennoch entscheide ich mich, diesem Drang später nachzugehen, dann, wenn das, was ich niederschreiben möchte, getan ist. Es gilt zuerst eine Standortbestimmung vorzunehmen, die Weihnachtszeit ist vergangen, das neue Jahr schon fast zehn Tage alt – und am kommenden Tag beginnt da draußen in dieser Wirklichkeit unserer Gesellschaft das „normale“ Leben, zumindest kalendarisch kehren alle aus den Feiertagen in den Alltag ihrer Mühen und Arbeiten zurück. Ich möchte mich dem diesmal nicht anschließen.
Hier sitze ich also nun an meinem Laptop. Ich schaue in eine andere Richtung als bei meinen Einträgen im vorigen Kalenderjahr. Für einen Blick in den Garten muss ich mich nach links drehen. Vor mir eine Reihe von Büchern, mein Bachelordiplom, mein Diplom als Kinderfußballtrainer, der Abdruck einer Hand meines Sohnes, den ich einst zum Vatertag bekommen habe. Rechts an dieses neue Schreib-Tischchen (gebastelt aus den Beinen eines alten Schreibtisches und einer Bauplatte, die von den Dachdeckern übergelassen wurde) gelehnt meine Gitarre, daneben am Boden zwei meiner Malereien aus 1999, als ich an einem Mal-Workshop mit jener Künstlerin teilgenommen habe, die die Bilder für das damals neu gestaltete Religionsbuch für die Volksschule gestaltet hat. Es war eine wilde, frei Zeit, die dennoch voller Zwänge war, das vorläufige Ende eines ersten schwerwiegenden Lebensumbruches, der zu Weihnachten mit 27 mit einem vegetativen Erschöpfungssysndrom (heute wohl Burnout genannt) seinen Ausgangspunkt genommen hatte. Nun, weitere 27 Jahre später (die Schamanen sprechen, wie mir der Roman“Wolfssteig“ des Waldviertler Autors David Bröderbauer, den ich in der Bücherei in unserer Bezirkshauptstadt gefunden habe, - zwar auf ironisch-sarkastische Weise - nachgebracht hat von 5 Zyklen zu 27 Jahren – Werdezeiten genannt -, die ein Menschenleben idealerweise zu durchlaufen hat: „ ‚In der ersten Werdezeit versucht man, sich selbst zu verstehen. In der zweiten Werdezeit will man die Welt verstehen und seinen Platz darin finden … in der dritten Werdezeit …‘“ versucht man zu verstehen, wie man der Welt helfen kann. So wäre ich demnach gerade an der Schwelle zu dieser letztgenannten dritten Werdezeit. Es ist also Wendezeit. Und genau das habe ich auch vor Weihnachten in Verbindung mit der Wintersonnenwende sehr deutlich zu spüren bekommen, unvorbereitet, gefangen in den Turbulenzen meines Lebens, jenen aus der Kindheit und vor allem jenen aus meinem letzten Lebensjahrzehnt (ich habe berichtet). Es galt Erneuerung zu finden und da tat sich eine „alte“ Geschichte auf, die zur Heilung beiträgt. Wie ich selbst immer wieder betone, liegt in jeder Verwicklung die Wurzel für die Entwicklung – und so musste und muss ich, um mein Leben zu retten, genau auf diese Weise – innerlich - zu Grunde gehen, um von jenem Tag an das zu entwickeln, was verwickelt ist. In den zwölf Nächten nach Weihnachten habe ich mich intensiv vom alten Jahr verabschiedet und das neue Jahr in den Blick genommen. Es wird mir viele Herausforderungen bieten (wem nicht, also bin ich in bester Gesellschaft), im Innen wie im Außen, es wird wesentlich zur Entwicklung beitragen – und dafür galt es eine Basis zu schaffen. Für mich wurde in diesen Nächten deutlich, dass meine Ent-Wicklung vornehmlich durch die Entfaltung des Meinen stattfinden wird und nicht durch einen ständigen Blick zurück in erlittenes und begangenes Leid und Verletzungen. Ein wesentlicher Faktor dabei ist Vergebung und zwar in beiderlei Hinsicht: zu vergeben und Vergebung zu erbitten, ein wahrhaft spirituelles Geschehen, das mir nicht fern ist, war ich doch über viele Jahre meines Berufslebens als Religionslehrer und engagiertes Mitglied in röm.-kath. Kitrchengemeinden aktiv. Ein weiterer Lebensumbruch vor fast genau elf Jahren und die dadurch bewusst erlebte Enge der Institution waren es die mich aus dieser kirchlichen Gemeinschaft heraus führten, mich aber auch „ent-wurzelten“. Doch nur wer Wurzeln hat, kann sich zum Himmel ausstrecken. Ich hatte ja schon in diesen „katholischen“ Jahren auch andere spirituelle Wege kennengelernt (das Spezialthema meiner Religionsmatura war „Buddhismus“), mich aber noch nirgendwo anders beheimatet gefühlt. Ich werde mich auch wohl nie mehr einer kirchlichen Gemeinschaft anschließen und so wie ich mich auch als Weltbürger und als Mensch verstehe (und nicht als Europäer oder gar als Österreicher) auch meinen Platz als Lebender und Lebendiger finden, der vom Leben getragen ist und das ihm Innewohnende zum Wohle der Menschheit einsetzen wird – und damit auch das eigene Wohl erfahren wird. Wendezeit zur dritten Werdezeit also. Und genau dieses Bewusstsein hat sich in diesen Tagen nach Weihnachten (der Menschwerdung des Göttlichen – nicht nur in Jesus wohlgemerkt sondern in jeder*m von uns, jede*r folge der eigenen Beruf-ung) manifestiert. Es gibt schon ganz konkrete Schritte, die die Gestaltung meiner Lebenstage, meine beruflichen Aktivitäten und mein gesellschaftliches Engagement sowie mein Wirken als Dichter und Denker stark verändert haben und weiter verändern. Ent-Wicklung durch Entfaltung eben. In diesem Sinn werde ich mich auch weiterhin von Zeit zu Zeit melden, hier in diesem Blog noch bis zum 22.2., dem Ende meiner Route 55 und an anderer Stelle auf dieser Dichterseite hier und auf Facebook, meinem Telegram-, Parler- und meinem Dailymotion-Kanal und auch in anderen Medien. Stay tuned! Vier Wochen für die es viele Worte bräuchte – die ich hier nicht finden werde. Vielmehr werde ich in meinem nächsten Eintrag (Tag #322) eine Standortbestimmung vornehmen und damit indirekt eine (Rück-)Blick auf das Geschehen dieser 27 Tage in meinem 55. Lebensjahr geben. Auch bleibe ich dabei der digitalen Niederschrift treu, die mich bis auf zwei Ausnahmen, die in einem Anflug von Retrophilie entstanden sind (und zu diesem Zeitpunkt auch ihre Berechtigung hatten und zukünftig aus bestimmten Anlässen wieder ihre Berechtigung finden werden), in den Beschreibungen dieser Lebensspanne begleitet hat.
Es ist Vormittag an diesem Neumondtag und Zeit das eine abzuschließen, um das nächste beginnen zu können. Wird diese Übung gelingen? Derzeit halte ich so viele lose Fäden in den Händen, es laufen parallel so viele Aufgaben, die kaum noch zu überblicken sind. Eine Sache aber – so scheint es zumindest - geht gerade vor meinen Augen (ich sitze während ich schreibe wie meist an meinem Schreibtisch mit Blick in den Garten) in die letzte Phase. Die Dachdecker sind nach mehreren Wochen Pause wieder da, die Paneele fürs Terrassendach und die Dachziegel im Gepäck, mit ihnen diesmal sogar der Firmenchef persönlich, der uns vor einer Woche mit einem abendlichen Besuch und der Ankündigung, dass die Arbeiten noch in „dieser Woche“ (das war die vorige) erledigt sein würden. Das Wetter machte dieser Ansage einen Strich durch die Rechnung, zuerst regnete es, dann lag Schnee und es war eisig. Aber heute also sind sie endlich da und zur Feier dieses Tages schaut sogar die Sonne hie und da durch die Wolken. Es ward Licht nach all den auch wettermäßig trüben und düsteren Tagen. Ein Zeichen?
Es fällt mir schwer, all das, was im Außen und in meinem Inneren in diesen zehn Tagen passiert ist, in Worte zu fassen. Es tobte ein Sturm, der unsere Leben noch weiter durcheinanderwirbelte als es durch die vorangegangenen Ereignisse schon geschehen war. Aber wo anfangen? Gestern Nachmittag begleitete ich meine Frau in Universitätsklinikum der Hauptstadt eines benachbarten Bezirkes. Währenddessen durfte unser Jüngster bei einer lieben Freundin Weihnachts-kekse backen. Diese liebe Freundin war es auch, die uns in der vergangenen Woche in einer großen Notsituation unterstützt hatte. Sie half bei der Suche nach unserem Ältesten, der eines Abends nicht von seinem Waldspaziergang nach Hause gekommen war. Er war an diesem Nachmittag offenbar in einen psychischen Ausnahmezustand geraten, dann verwirrt durch unseren Ort geirrt und von einem Autofahrer zur Polizeiwache unserer Bezirkshauptstadt gebracht worden. Von dort wurde er dann von meiner Frau und dieser Freundin zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht und anschließend in eben jenes Spital überbracht, zu dem wir fuhren. Dort werden weitere Checks gemacht, um abzuklären, was dazu geführt hat. Doch die Seele ist ein weites Land, wie schon Arthur Schnitzler in Anlehnung an Sigmund Freud wusste. Jedenfalls muss er nun unbesucht seine Tage fristen, da es aktuell keinerlei Möglichkeit zum Besuch gibt. Erschreckend war dann die Vorgangsweise im Krankenhaus, dort herrscht Ausnahmezustand. Portiere verstecken sich hinter dicken Glasscheiben, Krankenpfleger*innen laufen mit Gesichtsmasken und Handschuhen herum, alles hektisch, als wollte man vor irgendetwas fliehen. Auf der Rückreise mussten wir zweimal 30 Minuten pausieren, da die Anschlusszüge eben jene Wartezeit erforderte. Die beiden Orte ausgestorben, kein Adventzauber, kein Ort, an dem man glücklich und sinnvoll pausieren konnte, ein Hin und Her auf den düsteren Straßen dieser beiden Städte. Die Sache will’s. Doch ist es die Sache auch wert, so viel darin zu investieren? Berechtigte Zweifel kommen auf, nicht an der Erkrankung selbst, die zum Verursacher der aktuellen Situation gestempelt wird, sondern am Umgang damit. Es laufen derzeit Massentests, die genau betrachtet täglich wiederholt werden müssten, weil sie ja nur Momentaufnahmen sind. Diese Tests sind so genannte Schnelltests, die ein Protein nachweisen, das auch im C-Virus vorhanden ist. Bei einem positiven Testergebnis werden die Betroffenen dann zu einem PCR-Test geschickt, der wiederum Fragmente einer Gensequenz eben dieses Virus nachweist. Über das tatsächliche Vorhandensein des Covid-19 auslösenden C-Virus gibt er aber keine Auskunft, ebensowenig über die Infektiosität der Betroffenen (siehe Infos auf der Plattform respekt.plus, die die Situation differenziert und evidenzbasiert analysiert). Auf den Beiüackzetteln beider Produkte ist auch eindeutig zu lesen, dass sie nicht für die Testung Gesunder anzuwenden sind, sondern als zusätzliches Diagnosemittel bei verdächtigen Symptomen. Dennoch sollen nunmehr regelmäßig solche Testungen durchgeführt werden, die nächste Runde sogar mit einem „Anreizsystem“, das jedem und jeder Testwilligen einen 50€-Gutschein verspricht – wofür auch immer. Und viele laufen mit ohne nachzudenken und unser alles Geld wird für solche Maßnahmen ausgegeben anstatt es dafür zu verwenden, die Ursachen für die Verbreitung von Zoonosen zu eliminieren. Wir laufen nun wirklich in die „Sicherheits-Falle“, die uns durch diktatorische Maßnahmen aller Art verheißt, virenfrei und gesund ewig leben zu können. Doch wie ist dieses „ewige“ Leben: Die einen fallen zurück in die Babyphase und werden zu bewindelten Pflegefällen in Einrichtungen, in die sie abgeschoben werden, weil die Anverwandten sich diesen Aufwand nicht antun können oder wollen; die anderen werden in der Vision von Elon Musk & Co. zu Chipträger*innen, die nur noch virtuell und „körperlos“ aber immerhin heftig konsumierend leben werden. Beides sind Prognosen, die mir nicht entsprechen – und ich hoffe, auch vielen anderen nicht. Dennoch sind diese Dystopien mittlerweile so etwas wie mögliche Zukunftsaussichten geworden und das ist sehr, sehr erschreckend. Ich werde hier nicht mitspielen, auch wenn die Aussichten für Menschen wie mich, wenn es so weiter geht, irgendwann die Frage aufkommen lassen: „Bin ich bereit, für meine Sichtweise auch die Konsequenzen tragen zu wollen?“ Noch aber bin ich auch von anderem herausgefordert. Ein Lebensereignis aus meinen frühen Jahren quält mich, es war mir just an jenem Tag erstmals ins Bewusstsein gekommen, als meiner Frau von ihrem Anwalt mitgeteilt wurde, dass unsere beiden Großen – trotz der vielen offen Fragen - nun nach Berlin zu ihrem Vater übersiedeln dürfen. In dieser Sache habe ich übrigens einen persönlichen Brief an die Richterin geschrieben und ihr eben jene vielen Fragen gestellt. Diese Entscheidung hat ja auch keineswegs Euphorie bei den beiden – obwohl sie sich das angeblich ja so gewünscht haben – ausgelöst sondern eben jene Reaktionen, die ich schon beschrieben habe: der eine wurde gewalttätig, der andere hat sich in einen psychischen Ausnahmezustand begeben und muss nun klinisch behandelt werden. Und auch diese plötzlich aufgeflammte Bewusstheit einer Begebenheit in meiner Kindheit hat mich in den letzten beiden Wochen immer wieder an den Rand eines solchen Ausnahmezustandes gebracht, ich zweifle an der Richtigkeit und dann plötzlich erfahre ich es als tatsächlich geschehen, spüre alle diese negative Kraft, im nächsten Moment übersteigt allein die Möglichkeit eines solchen Vorfalles wieder meine gesamte Vorstellungskraft. In den nächsten Tagen werde ich mit Hilfe eines Therapeuten dieser Sache auf den Grund gehen, auch wenn mich auch die Angst plagt, dass mich das Bewusstwerden möglicherweise nachhaltig lähmen wird und ich doch funktionstüchtig sein muss, um diese schwierigen Situationen zu meistern – auch um Geld zu verdienen, damit wir unser Leben weiter gut bestreiten können. Aber ist dieses Ereignis vielleicht auch der Grund, warum mein bisheriges Leben genau so und oft gehemmt von dramatischen Ereignissen verlaufen ist? Kann es nicht auch der Grund sein dafür, dass ich genau jene Entscheidungen getroffen habe – oftmals gegen mich und meine Intuition -, die mich in diese Situationen gebracht haben, die mein Leben oftmals so schwer machen? Ich werde mich dem wohl stellen, auch wenn ich mir echt in die Hosen scheiße und mein Leben womöglich nie mehr so sein wird wie vorher. Aber ist nicht genau das auch positiv und lebenswichtig? Es wird wohl – und das lässt sich auch jetzt schon nicht leugnen – wohl auch Zeit brauchen. Zeit, die ich nicht habe, weil das Leben mich weiterhin täglich mit Neuem und Aktuellem herausfordert. Da gilt es wohl dem Grundsatz „Wichtiges vor Dringlichem“ zu folgen, der groß auf meiner Schreibunterlage mit den Plänen für das nun in wenigen Tagen zu Ende gehende Kalenderjahr geschrieben steht. In Dilemmata gilt es laut Viktor Frankl das zu tun, was die Situation erfordert. Dies gilt es aufzuspüren, auch wenn ich mich im Moment vollkommen überfordert sehe. Eine wichtige Unterstützung in all den Tagen war mir auch mein bester, väterlicher Freund, den ich aufgrund dieser unseligen Maßnahme unserer Bundesregierung schon wochenlang nicht mehr persönlich treffen konnte. Für diese Woche aber ist eine Begegnung bei ihm zuhause geplant. Ich hoffe, dass sie stattfinden wird. Neben all dem gelang es uns, den Alltag für unseren Jüngsten und unseren aufgrund der Bauarbeiten zum Zimmerkater mutierten Haus- und Hofkater Dario aufrecht zu erhalten, unseren Erwerbsarbeiten nachzukommen und jeden Tag frisch zu kochen. Auch habe ich weitere Umbaumaßnahmen in meinem Wohn- und Arbeitsbereich geschaffen, um mein Wohlbefinden zu erhöhen, für meine Frau habe ich ein Büro für ihre Arbeit für die Grünen unseres Ortes eingerichtet, in dem in Zukunft auch Bürger*innensprechstunden und Begegnungen und Besprechungen aller Art stattfinden werden. Auch einen Kleiderkasten für unser Schlafzimmer habe ich angefertigt, neben der einen oder anderen kleinen Reparaturarbeit in Hof und Garten. Die Frage dieser Tage ist: Wie geht es weiter? Im Großen, da draußen in der „C-Krise“, im Kleinen mit unserer Familie und im Persönlichen mit der Arbeit an dem Lebensereignis aus der Kindheit, das es zu klären und im Fall zu integrieren gilt. Es kann sein, dass ich mich nun länger nicht melden werde, weil all das Zeit und Energie braucht und das Schreiben und Beschreiben vielleicht nicht möglich sein wird – auch weil es Worte braucht, die ich nicht so schnell finden werde. Ich danke schon jetzt für die vielen guten und unterstützenden Gedanken aller, die uns und mir wohlgesonnen sind. Die Hoffnung auf ein gutes Ende stirbt zuletzt, auch wenn die Zuversicht schon lange ordentlich ins Wanken geraten ist. Anm.: Auch für diesen Beitrag habe ich aus Zeit- und Bequemlichkeitsgründen entgegen meiner analogen Intention die digitale Form gewählt. Man möge mir meine Inkonsequenz vergeben. Nach einem fast einstündigen Telefonat mit meiner jüngeren Tochter, die in der Bundeshauptstadt als Lehrerin in einer Volksschule arbeitet, in dem wir über die aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung, ihre Arbeit mit ihren Schüler*innen im Lockdown und ihre herausfordernden Elterngespräche sowie über Aktuelles aus meinem Leben wie den Abschied von den Söhnen meiner Frau gesprochen haben, kam ich gerade rechtzeitig zum Mittagessen. Da ich mit ihr während eines Spaziergangs durch den Auwald telefoniert hatte, bemerkte ich die in unserem Haus aktuell herrschende sehr, sehr angespannte Stimmung deutlicher als zuvor.
In der vorvorletzten Stunde dieses Lebenstages sollte sie sich dann gewaltsam entladen. Nach dem Abendessen, dass an diesem Tag schon eine Stunde früher stattfand, da ich ab 18 Uhr einen Online-Workshop zum Thema „‘Schwierige’ Kinder sind Kinder in Schwierigkeiten“ mit Kindergartenpädagog*innen und Kindergruppenbetreuungspersonen zu leiten hatte, entspann sich aus dem Nichts ein folgenreicher Konflikt. Es ging darum, dass der jüngere, fast 15-jährige Sohn meiner Frau in die Dusche gehen wollte, aber noch alle Fenster und die Eingangstüre – so wie jeden Abend - zum Stoßlüften offen waren. Da wir noch aßen, forderte ich ihn auf, schon mal die Fenster zu schließen. Im Zimmer unseres Jüngsten musste ob seiner plötzlichen Wut, das Katzengitter dran glauben, da er das dortige Fenster mit großer Aggression zuschlagen wollte und es an der oberhalb des Fensters montierten Sicherung hängenblieb und diese aus der Verankerung gerissen wurde. Daraufhin stellte er kam er zornig an den Esstisch zurück und fragte neuerlich, ob er nun endlich duschen gehen könne. Ich verneinte verärgert und forderte ihn erneut auf, zuerst die Fenster zu schließen und das Katzengitter in Ordnung zu bringen. Nachdem er dieser Aufforderung nicht folgte sondern sich schimpfend in sein Zimmer zurückzog ohne die Türe zu schließen, folgte ich ihm. Als er das bemerkte, drehte sich um und begann mir aus Leibeskräften entgegen zu brüllen: „Ihr (gemeint waren augenscheinlich seine Mutter und ich) seid die größten Arschlöcher!“ Nachdem wir einen solchen Vorfall vor wenigen Wochen bereits mit seinem älteren Bruder erlebt hatten (der nur mich als solches und seine Mutter als „die dümmste Frau der Welt“ bezeichnet hatte), haben wir eine Vereinbarung geschlossen, dass diese Worte so nicht mehr fallen dürfen. Ich wies ihn zunächst darauf hin – und machte dann in meiner Emotion den folgenschweren „Fehler“ ihm zu sagen, dass er sich wohl woanders umschauen müsse, wenn er ein Arschloch finden wolle. Immerhin habe sein Vater seit einer Woche das Aufenthaltsbestimmungs- und nunmehr auch ein geteiltes Sorgerecht und habe sich offensichtlich noch nicht bei ihm gemeldet, um zu sagen, wann er denn nun nach Berlin abdampfen könne. Daraufhin am er auf mich zu und versetzte mir einen Faustschlag ins Gesicht, meine Oberlippe platzte innen auf und die beiden Vorderzähne waren danach locker. Zum Glück hatte ich mit dem Kopf eine schnelle Ausweichbewegung nach hinten gemacht und so ging die Sache noch harmloser aus, als möglich. Sein nun auch vom Esstisch herbeigeeilter, knapp 17-jähriger Bruder baute sich danach vor mir auf – während meine Frau sich um ihren gerade ausgerasteten kümmerte – und sagte zu mir, dass er mir, wenn ich seinem Bruder noch Weiteres antun würde, auch noch eine reinhauen würde. Während ich das schreibe, fällt mir ein, dass von ihm vor vielen Monaten schon einmal eine ähnliche Aussage gekommen war, damals hatte er mir mitgeteilt, dass sein Vater mir gerne eine reinhauen würde, damit ich endlich meinen Mund hielte. In den nächsten 36 Stunden ging ich durch die Hölle. Und ich war nahe daran auch vor die Hunde zu gehen. Es war ein ständiger Kampf in mir, diesen jungen Mann für seine Tat auf dem juristischen Weg zur Rechenschaft zu ziehen, andererseits fühlte ich mich total beschämt und gedemütigt – und geißelte mich wegen meiner unbedachten Worte. Nach zwei fast durchwachten Nächte, machte ich mich am heutigen Vormittag auf einen ausgedehnten Spaziergang durch die Winterlandschaft unseres Ortes, es hatte über Nacht rund 5 cm geschneit. Währenddessen – und in der klaren Luft dieses Wintertages, fasste ich Mut, eine Entscheidung zu treffen, und das Ereignis als Teil meines Lebens zu integrieren. Ich werde den jungen Mann nicht anzeigen, genauso wenig wie seinen Bruder, der mich schon Wochen davor der Manipulation seiner Mutter, meiner Frau, zu seinem Schaden bezichtigt hatte. Ich hatte ihm damals das Buch des österreichischen Aggressionsforschers Friedrich Hacker mit dem Titel „Freiheit, die sie meinen“ zum Lesen gegeben, das ich um 50 Cent in der Stadtbibliothek erworben hatte und in dem über den freien Willen berichtet wird, der durch Manipulation zu verbogen werden kann, dass er sich für alle, auch die Betroffenen, als frei darstellt, es aber letzten Endes nicht ist. Er und sein Bruder sind nämlich seit einem knappen Jahrzehnt mutmaßlich solchen Manipulationen ihres Vaters ausgesetzt gewesen – so wie es meine Frau in ihrer Beziehung mit dem Kindesvater auch über knapp 16 Jahre gewesen war. Diese Gehirnwäsche, dieser Kreuzzug bzw. Dschihad, dieser unheilige Krieg gegen meine Frau und vor allem mich, hatte dazu geführt, dass ich in all den Jahren trotz aller Bemühungen, um das Wohlergehen der beiden zum Sündenbock gestempelt wurde. Eine Rolle, die mir auch aus anderen Bereichen bekannt ist, da ich gerne in gutem Glauben und nach bestem Wissen und Gewissen Verantwortung übernehme, weil ich im Herzen ein Macher bin. Mit diesem Schlag ins Gesicht ist mir diese Rolle nochmals eindrücklich vor Augen geführt worden. In all den Jahren haben meine Frau und ich zahlreiche Unterstützung und auch Bestätigung durch Familienberatung und Therapie erhalten, wofür wir dankbar sind – gegenüber und von den offiziellen Stellen aber wurden wir immer nur auf unsere Fehler (die wir natürlich auch begangen haben) aufmerksam gemacht, während der Kindesvater, der uns über die Jahre mit zahllosen Vorwürfen und Anzeigen überschüttet hat, die sich letztlich allesamt in zahlreichen Überprüfungen durch Behörden und Sachverständige als unwahr herausgestellt haben, immer und das bis zuletzt außen vor blieb. Seine wortgewaltigen Anschuldigungen, seine laufenden Drohungen gegenüber meiner Frau und mir haben zwar von Amtswegen keine Bedeutung erlangt – die Übersiedlung nach Berlin erfolgt laut Beschluss ausschließlich aufgrund des Wunsches der mündig minderjährigen Kinder – in seinen Söhnen allerdings haben sie offenbar die Wirkung hinterlassen, dass gewaltvolles Vorgehen ein probates Mittel ist, um Ziele zu erreichen. Das zeigt sich auch darin, dass der Vater am Tag nach dem Übergriff seines Sohnes auf mich, plötzlich mit einem E-Mail an meine Frau zur Stelle war und sich damit erstmals nach seiner „Machtübernahme“ bezüglich seiner Söhne zu Wort meldete. Darin wurde meine Liebste aufgefordert, den „Täter“ umgehend zu einem Freund in die Hauptstadt zu schicken, wo er die Zeit bis zu seiner Abholung am Tag vor Weihnachten verbringen solle. Er wurde also aus dem Verkehr gezogen und eine Klärung mit ihm war mir damit nicht mehr möglich, der Versuch meiner Frau, alles mit ihm nochmals zu besprechen, scheiterte an seinem aktuell (noch) fehlenden Unrechtsbewusstsein. Der Ältere aber muss diese knapp 3 Wochen bis zur Übersiedlung auf Geheiß seines Vaters überraschenderweise noch bei uns verbringen. Nach meinem heutigen Spaziergang fasste ich also den Beschluss, dieses Kapitel in mein Leben zu integrieren, es damit und mit diesen offenen Worten, die ich auch der zuständigen Richterin und den beiden Burschen zur Verfügung stellen werde, aber auch abzuschließen. Ich werde keine weiteren juristischen Schritte einleiten, ich werde mir aber auch keineswegs den Mund verbieten lassen, dieses Ereignis auch in der Öffentlichkeit zu schildern – trotz meiner Scham und meines Schuldgefühls, die ich, wie so viele Opfer, paradoxerweise dabei empfinde. Ich werde mein weiteres Leben also nicht dafür hingeben, ich habe eine wunderbare Frau, die ich liebe und die mich liebt, einen mit ihr gemeinsamen selbstbewussten 9-jährigen Sohn, aus meiner ersten Ehe zwei tolle Töchter, von denen die ältere auch schon 2 Burschen in die Welt gesetzt hat, deren Großvater ich bin, während die jüngere im nächsten Jahr ihren langjährigen Lebensgefährten heiraten will. Und ich werde mich auch beruflich nicht davon abhalten lassen, weiterhin bei jeder Gelegenheit ein Plädoyer für das Wohlergehen von jungen Menschen zu ergreifen und die Erwachsenen dazu auffordern, sich mit den ihnen anvertrauten Kindern angemessen und intensiv auseinanderzusetzen. Ich selbst bin bei den Söhnen meiner Frau als männliche Bezugsperson, die sich sehr intensiv um sie bemüht hat an deren mutmaßlicher „Vatervergiftung“ und ihren Projektionen letztlich vorerst gescheitert. Aber vielleicht gelingt es den beiden – oder einem von ihnen – zu einem späteren Zeitpunkt, meine Sichtweise zu respektieren und die von mir ausgestreckte Hand zur Versöhnung zu ergreifen. Anm.: Ich habe mich entschieden, diesen Eintrag ausnahmsweise wieder digital zu verfassen, da ich noch während des Schreibens um die richtigen Worte ringen musste, um einerseits nichts schön zu reden und andererseits von meiner Seite kein weiteres Porzellan zu zerschlagen. Hier nun mein erster Analog-Eintrag auf der Olivetti Studio 44, mit deren Hilfe die Eltern meiner Frau ihrer journalistischen Tätigkeit nachgegeangen sind:
Drei Viertel des Wegs auf meiner Route 55 sind vergangen und es war – wie eigentlich jedes Lebensjahr – eine wild bewegte Zeit. Verstärkt wird der Effekt der Rückschau auf 54 Lebensjahre durch die aktuelle Situation, die uns und damit auch mich in einem Höllentempo in eine Lage gebracht hat, die noch vor wenigen Monate niemand für möglich gehalten hätte. Wir erleben gerade den Beginn einer von der deutschen Schriftstellerin und Verfassungsrichterin Julie Zeh in Ihrem Roman „Corpus Delicti“ im Jahr 2009 für die Mitte des 21. Jahrhunderts fantasierten Gesundheitsdiktatur. Wichtigstes Merkmal: Die Gesellschaft muss vor Krankheiten geschützt werden, jeder Einzelne daher die Maßnahmen der Regierung bei sonstiger Exekution (im Buch durch Einfrieren) auf Punkt und Beistrich umsetzen- zum Schutz der Gemeinschaft natürlich. Konformität statt Individualität sowie
In den letzten Wochen hatte ich mich intensiv mit den aktuellen Umständen beschäftigt, hatte versucht, mir ein Gesamtbild zu machen, an alle nötigen Informationen zu kommen, um eine Basis zu haben, eigenständige Entscheidungen für mich und gemeinsam mit der Familie zu treffen, hatte mir die Positionen der verschiedenen Lager reingezogen, um mit der Rückführung sämtlicher Sichtweisen auf das eine unausweichliche Fixum im Leben, nämlich den Tod, und unsere kollektive Angst davor zu gegenseitigem Respekt beizutragen – und war damit fürs Erste gescheitert und persönlich sehr, sehr erschöpft und voller Panik. Ich zog daher die Notbremse und setzte mich auf C-Diät – und die Wirkung entfaltete sich nach und nach. Ich war nicht mehr außer mir, ich schaffte es Schritt für Schritt wieder zu mir zu kommen. Was mir in diesen Tagen sehr gut half, war eine intensive Auseinandersetzung mit Sterblichkeit, Endlichkeit und Tod im Rahmen meines Blogs „Morituri T. Salutant“. Ebenso beschloss ich, mich täglich eine Stunde in die Natur zu begeben, nahm eine liebe Gewohnheit aus meiner Anfangszeit vor 3 Jahren hier am Lande auf und machte mich alleine oder in Begleitung meiner Liebsten und unseres Jüngsten daran, tatsächlich Schritte zu gehen. Das Rad blieb in der Hofeinfahrt, um das Erleben intensiver zu machen. Die Gedanken verloren sich auf Schritt und Tritt und die Wahrnehmung eines Einklangs mit allem trat an deren Stelle. Am Wochenende gönnte ich mit danach eine gute Bio-Speckjause mit einer Flasche dunklem Bier, ein wunder-volles Erlebnis. Auch der Garten wurde vor den ersten Frostnächten noch winterfit gemacht, die Rosen geschnitten und das Wasser abgedreht. Auf meinem Schreibtisch steht seit kurzem meine von einem guten Freund meines Vaters geerbte NIKON Analog-Kamera mit einem tollen Zoom-Objektiv (28-400). Eine für den halbautomatischen Betrieb notwendige Batterie habe ich bei einem österreichischen Online-Elektronik-Händler bestellt, das Produkt ist seit Freitag mittels Paketdienst aus Bremen (!) unterwegs. Es gibt wohl immer noch einen Haken, wenn man nachhaltig und ressourcenschonend einkaufen will. Dennoch freue ich mich auf die ersten Fotos, drei 36er-S/W-Filme warten darauf, Aufnahmen zu sammeln. Einen Händler für die Entwicklung zu finden, wird wohl auch noch die eine oder andere Herausforderung bringen, mein Ziel ist es, wenn ich tatsächlich am S/W-Fotografieren dran bleibe, mir die Ausstattung zu organisieren, die ich benötige, um diesen Schritt zukünftig selbst machen zu können. An den Abenden beschäftigte ich mich mit der ARTE-Miniserie „Kampf um den Halbmond“ (der Originaltitel „No Man’s Land“ gefällt mir wesentlich besser). Der Krieg in Syrien im Jahr 2014 und die Schicksale von Franzosen und Einheimischen ist Inhalt der acht 45-minütigen Folgen. Bewegend und bedrückend die geschilderten Ereignisse, die Menschen wie dich und mich in den Strudel der sinnlosen Auseinandersetzungen ziehen und auch eine Darstellung nicht nur der Schrecken sondern auch der Faszination des Kampfes für eine Ideologie, die einen zu tiefst betroffen macht. Am Samstag während des Putztages richtete ich meinen Bereich neu ein, um ihm mehr Gemütlichkeit und Abgeschiedenheit zu den sonstigen Familienaktivitäten zu geben. Dabei aktivierte ich auch die Stereoanlage, die nun viele Monate lang im Donröschenschlaf gelegen hatte und gab mir zuerst Ludwig Hirschs „Gottlieb“, einen Liveauftritt aus dem Volkstheater (die CD hatte ich irgendwann verschenkt und nun antiquarisch wieder erworben), brach dieses Vorhaben aber bald wieder ab, da es depressionsfördernd wirkte, was in Zeiten wie diesen kontraproduktiv ist. Ich fand bei der Suche nach einem Buch von Ivan Illich („Entschulung der Gesellschaft“) noch andere, längst in Vergessenheit geratene Bücher meine Lebens, so Harvey Cox’ „Das Fest der Narren“, das einzige Buch, dass ich mir (von meinem Religionspädagogik-Professor in meinem Lehramtsstudium für meine Diplomprüfung) geborgt und niemals zurück gegeben habe (ich plane derzeit schuldbewusst eine Rückgabe und eine antiquarische Bestellung des Werkes), Ivan Illichs „In den Flüssen nördlich der Zukunft“ (mit einem tiefgreifenden Einblick in die Mühlen eines missratenen Gesundheitssystems), Gombrichs „Eine kurze Weltgeschichte für junge Leser“ und Willigis Jägers „Kontemplation“. Sonntags erreichte mich eine E-Mail meines ehemaligen homöopathischen Arztes aus der Wiener Zeit mit erbaulichem Inhalt. Seine die allgemeine Panik dämpfende, sachlich fundierte Analyse der aktuellen Situation und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen und nötigen Handlungen stellen eine gute Grundlage für weitere Recherchen und Aktionen für mich und meine Familie dar. Eine Sauna eröffnete die neue Woche und leitete den ersten „My-day“ ein, an dem ich mich ausschließlich dem Meinen widme und für die Meinen out of service bin. Der Tag begann mit Unwohlsein. Ich war in den ersten Stunden meines 266. Lebenstages im 55. Lebensjahr sowas von platt, dass ich auf mein Feierabendbier verzichtete und lieber Schwarztee mit Zitrone und Honig zu mir nahm. Die letzten Wochen – und die Post des Tages mit Nachrichten aus Linz (ich habe schon weiter oben ausführlich über das Unterhaltsverfahren, das der von mir angenommene Sohn meiner langjährigen Lebensgefährtin gegen mich am dortigen BG vor mehr als zwei Jahren angestrengt hat, berichtet) - hatten durchaus an meinen Kräften gezehrt, sowohl körperlich, aber vor allem mental. Eine große Unlust überkam mich, verbunden mit dem, was wir alle so gut wie möglich und meist erfolgreich zu verdrängen suchen, nämlich der Todesangst. Ich fand kein gutes Rezept in diesen Stunden, las mich in Hakan Nessers ersten Roman „Der Choreograph“ aus 1988, der erst seit heuer in deutscher Übersetzung vorliegt, nahm dabei noch eine Erkenntnis mit - nämlich „Nicht berechnetet Zeit, so bezeichnete ich sie immer. Da mir nichts wirklich zufriedenstellend garantieren konnte, dass ich tatsächlich meinen Ruhestand im Herbst des Lebens würde genießen können, was war da klüger und natürlicher, als zu versuchen, sich diese Belohnung bereits zu holen, solange noch Zeit dafür da war? Und ich gewöhnte mir an, dass der einunddreißigste Tag im Monat mr gehörte, die vierundzwanzigste Stunde am Tag, ein paar Sekunden jeder Minute - und fiel irgendwann nach Mitternacht in einen unruhigen Schlaf.
Am kommenden Morgen, war mir klar, dass ich täglich eine Stunde für mich zur körperlichen, geistigen und psychischen Ertüchtigung einplanen würde – und zwar in der Mittagspause, die regelmäßig zwischen 13 und 15 Uhr stattfindet. Ich schrieb 13.30-14.30 in meinen Kalender. Ebenso wollte ich zukünftig monatlich an meinem Geburtstag einen Tag ganz für mich einplanen. Und zumindest einmal pro Stunde zehnmal durchatmen. Der Vormittag verlief dann ein wenig stressig, nahm ich mir vor, die Umrandung des Komposthaufens zu erweitern. Parallel dazu sollte Kater Dario seinen ersten Freigang seit Wochen im von mir am Wochenende vermeintlich katzensicher gemachten Garten bekommen. Das gelang nur in Ansätzen, da bei unserem schwarzen Haus- und Hoftiger sofort das Interesse geweckt war, auf der Holzkonstruktion des abgedeckten Terrassendaches möglichst weit nach oben zu kommen. Ich hatte zwar jede Menge Sperren eingebaut, verlor aber beim Anblick der geschickten Versuche, diese zu überwinden (was ihm ohnedies nicht gelang) die Nerven und schickte ihn nach einer Stunde zurück in die gute Stube. Zudem interessierte er sich natürlich für die gefährlichen Orte wie den Schutthaufen auf der Wiese, auf dem auch alte Dachbretter mit Nägeln drin liegen. Ein Abtransport dieser ist leider frühestens nächste Woche zu erwarten, das neue Terrassendach wohl noch viel später. Unzufrieden verzog er sich nach drinnen – und schmollt seither bzw. Versucht jede Gelegenheit zu nützen, wieder ins Freie zu kommen. Da habe ich wohl einen Fehler gemacht und so werde ich zeitnah an weiteren Verbesserungen arbeiten, um ihm möglichst bald einen sichereren Freigang zu ermöglichen. Dann stand Kochen am Programm, aufgrund der Tatsache, dass wir wegen der aktuellen Maßnahmen nunmehr zu fünft zu Hause sind, haben wir einen Dienstplan für Kochen, Tischwischen und Abwasch ein Zweierteams erstellt. Mein Jüngster und ich hatten an diesem Tag den Küchendienst und kochten Saumaisen mit Kartoffeln, nutzten die dabei die geselchte Suppe als Vorspeise und bereiteten noch eine Einlage aus gerösteten Toastscheiben mit Käse. Nach einem kurzen Mittagsschlaf nutzte ich die erste meiner Eigen-Stunden, um mich mit Schwarz-Weißfilmen für meine Analogkamera zu versorgen und ein paar Einkäufe beim Großmarkt zu machen, die nur dort zu erledigen sind. Dabei kaufte ich mehr als ich geplant hatte und aus der Stunde für mich selbst wurde eine Stunde für die Familieneinkäufe, die gleich nach meiner Rückkehr gemeinsam mit meiner Frau fortgesetzt wurden, um alles für die kommende Woche in Kästen und Kühlschrank zu haben. Trotzdem fühlte ich mich angenehme belebt und konnte einigermaßen energievoll in einen Abend für meine Erwerbsarbeit als Trainer gehen – online diesmal und ohne in die Hauptstadt fahren zu müssen. 4 Wochen, also 28 Tage seit dem letzten Eintrag – und es war eine ereignisreiche Zeit, die mir wie ein Jahr vorkommt. Am Vorabend des 2. Lockdowns binnen 8 Monaten halte ich inne, um Wesentliches festzuhalten.
Der Freitag vor dem 1. Lockdwon im März der am Montag, 16.3. startete fiel auf einen 13., auch jener Freitag vor dem am kommenden Tag startenden 2. Shutdown fiel auf das gleiche Datum. Ein Fest für alle Abergläubischen. Ich begehe diese besonderen Freitage in Solidarität mit einer Aktion der Wiener Boulevardzeitung „AUGUSTIN“ und trage schwarz, also genauer gesagt ein weinrotes T-Shirt mit einer schwarzen Katze (einem schwarzen Kater) und dem Schriftzug F13. Und das mit dem Lockdown, der von einigen als Verschwörungstheoretiker bezeichneten Menschen (hierzu möchte ich anmerken, dass ich mich laufend mit den verschiedensten Sichtweisen auf die aktuelle Situation auseinandersetze, weil ich versöhnen möchte – dazu habe ich am 15.11. auch meinen Blog Motituri T. Salutant gestartet, denn es gilt uns allen wieder in die Bewusstheit über unsere Sterblichkeit zu führen und die Todesangst als die Angst aller Ängste begreifbar zu machen, die uns alle verbindet) bereits Ende September für den Beginn oder das Ende der Herbstferien angekündigt worden war - was ja dann tatsächlich eingetroffen ist (zuerst „light“ und jetzt „hart“ – O-Ton BK Kurz) – ist so eine Sache, die eine wesentlich differenziertere Betrachtung bräuchte als sie von den offiziellen Stellen betrieben wird. Mir fehlen die Evidenzen, die solche Maßnahmen rechtfertigen – ich bin also ein Maßnahmen-Skeptiker und werde deswegen wohl von so manchem oder so mancher zum Corona-Leugner oder Covidioten (welch abscheuliche und menschenverachtende Begrifflichkeiten) abgestempelt. Das werde ich aber mit Fassung tragen, denn man hat mich Zeit meines Lebens schon immer in Schubladen zu packen versucht und es bis dato noch niemals geschafft, mich in einer dieser Laden unterzubringen. Das, was mich am meisten stört an diesem in wenigen Stunden beginnenden Lockdown Two ist die Tatsache, dass unsere Dachdecker wohl auch eine Zwangspause einlegen werden. Der Dachausbau ginge in die 5. Woche und nicht einmal die Spenglerarbeiten sind schon abgeschlossen. Wir rechnen mit einem Ende der Dachrenovierung frühestens am Anfang nächsten Jahres. Ich habe das Wochenende dazu genutzt, mal ein wenig Ordnung in Hof und Garten zu bringen, habe Ziegelpaletten verschoben und eine Palette mit 18 Stück 40kg-Mauerputzsäcken von einem Ort zum anderen transferiert – in Handarbeit versteht sich. Auch der Abstellraum wollte wieder eingerichtet werden und der Garten wurde nun katzensicher gemacht, so dass unser Haus- und Hofkater Dario nach 4 Wochen mal wieder die Freiheit des Gartens erleben kann. Er war sehr, sehr geduldig, hat aber nie aufgegeben, mehrmals täglich nach Freigang zu maunzen. Am morgigen Tag ist es nun endlich so weit. Ende Oktober kam mitten in den Dacharbeiten der Rauchfangkehrer pünktlich zum Kehrtermin, ich stieg mit ihm über die noch nicht fixierte neue Holztreppe auf’s Dach und wir kamen – wie immer – ins Plaudern. Dabei bekam ich ein wunderbares Kompliment für unsere Familie, die er als „bodenständig“ bezeichnete. Ich habe heute noch eine große Freude über diese Worte, die deswegen so besonders guttun, weil wir doch immer wieder Anfeindungen von außen bezüglich unseres Familienlebens ausgesetzt waren und sind (ich habe berichtet). Am Montag vor einer Woche (9.11.20) konnte ich mit meinem Jüngsten die von mir Anfang Oktober initiierte Petition „Für Amateurfußballspiele in NÖ auch bei Coronaampelfarbe Orange“ an den für Sport zuständigen Landesrat Jochen Danninger überbringen, der in unserem rund zehnminütigen Gespräch für weitere gemeinsame Bemühungen zur Eindämmung der Pandemie plädierte und die nun mehr wirksam werdenden weiteren Verschärfungen bereits ankündigte. Für das Anliegen selbst zeigte er zwar Verständnis, wollte aber auch für die Zukunft keine Veränderungen ankündigen. Ich bat ihn, evidenzbasiert vorzugehen und aus den Erfahrungen zu lernen, um angemessene Maßnahmen zu setzen. Durch die vor zwei Wochen in Kraft getretenen Schritte zum Lockdown light wurde auch der Kinder- und Jugendfußball in ganz Österreich zwei Wochen vor Saisonende still gelegt, zum letzten Training meiner U10 am 2. November herrschte Frühlingswetter und so belohnten wir uns mit dem letzten Eis aus der Tiefkühltruhe unserer Arena. Nun fristen die Jungen auf unbestimmte Zeit ein bewegungsloses Leben, was wohl den einen oder anderen sogenannten Kollateralschaden hervorrufen wird. Diese Unterbrechung des Trainings- und Matchbetriebs bedeutet auch einen Bruch in der Weiterentwicklung der einzelnen Spieler und unseres Teams, das zuletzt wichtige Schritte gemacht hatte. Das Saunazelt hatten wir glücklicherweise vor dem Start der Dachsanierung ja nicht abgebaut, sondern an eine andere Stelle im Garten verlegt – und so konnten wir unser Immunsystem alle paar Tage mithilfe einiger Saunagänge und wohltuender Aufgüsse unterstützen. Heute habe ich mir in der Bücherei, die ja nun auch zumindest bis 6.12. schließen muss, noch Lesestoff und einen Film besorgt: Fahrenheit 451 mit Oskar Werner und Julie Christie in der Regie von Francois Truffaut, ebenso Bradburys Literaturvorlage und zwei Krimis von Hakan Nesser, die ich noch nicht kenne. Auch unser Jüngster und meine Liebste haben sich noch entsprechend eingedeckt, um gut durch diese Lebensphase zu kommen. Ich bin also für die nächste Zeit gut aufgestellt, meine Workshoptermine sind allesamt auf Online umgestellt, ich arbeite also von Zuhause aus und erspare mir damit jede Menge „maskierte“ Bahnfahrten in die und von der Hauptstadt. Auch der Profifußball wird uns streamingmäßig begleiten, gerade ist Nations League, dann wieder Europa- und Championsleague sowie deutsche und italienische Liga. Als Fan von Miniserien hatte ich es auch gut: Auf ARTE lief „The Pleasure Principle“ von Dariusz Jablonski, auf ARD drei Teile des „Usedoms-Krimis“, wiederum auf ARTE der wunderbarer Spielfilm „The Bookshop“ nach einem gleichnamigen Roman und als nächstes – ebenfalls im französisch-deutschen „Kultursender“ der Mehrteiler „The Slap“, der davon handelt, welche Folgen eine Ohrfeige in einer australischen Kleinstadt auslöst. Auch einen Tatort habe ich in guter Erinnerung, mit dem das neue Schweizer Team vorgestellt wurde: „Züri brennt“ – ich habe schon davon geschrieben. Darin fiel der Satz „Die Ungewissheit ist ein Monster.“ Dazu fiel mir ein, dass wir eine absolute Gewissheit haben – die uns aber nicht besonders schmeckt – nämlich den Tod. Und so ist die Angst vor eben jener Gewissheit, die uns alle immer wieder bewusst oder unbewusst befällt, und die wir mit einer Fülle an Aktivitäten zu unterdrücken suchen, paradoxerweise auch die Kraft, die wahres Leben verhindert. Nur in der Versöhnung mit der Todesangst, also besser gesagt mit dem Tod, werden wir das Dasein in Fülle gewinnen und mit ihr den Augenblick, der frei ist von Vergangenheit und Zukunft und der der einzige Moment ist, in dem das Leben tatsächlich stattfindet. Wir warten. Seit 7.00 Uhr. Unsere Vermieterin hat für heute den Startschuss zur Dachrenovierung angekündigt. Sie und ihr Mann wollten zur angegebenen Stunde da sein und jene Vorarbeiten leisten, die den Beginn der Sanierung durch die Fachfirmen ab dem kommenden Tag ermöglichen. Der Himmel ist bewölkt. Die Dämmerung hält länger an und es wird Zeit für die „Normalzeit“, die am nächsten Sonntag wiederkehren wird. Das bringt dem Morgen eine Stunde früher Licht, der Abend allerdings wird länger. Die Geister scheiden sich, zweimal im Jahr. Dann aber ist die Sommerzeit für heuer tatsächlich zu Ende auch wenn uns die Wetterfrösche für die Wochenmitte mit föhnigem Südwind bis zu 24 Grad Tageshöchstwerte prophezeien. Morgendämmerung kommt in meinem Leben kaum noch vor, weil ich mich ja eher nachmittags und abends um den Broterwerb kümmere. So ist auch im Haus heute eine besondere Stimmung, die Großen sind schon an ihre Ausbildungsstätten abgedampft, meine Frau hat sie wie wochentags immer mit einem guten Frühstück in ihre Welt hinausgeschickt. Unser Jüngster sitzt auch schon beim Frühstückstisch, er wärmt sich mit einem guten Tee mit Honig und Zitrone. Und ich ordne die Gedanken, die mich in den letzten Tagen beschäftigt haben. Mittlerweile ist es 7.45 Uhr. Und wir warten immer noch.
Feuer. Fire walk with me. Feuerpferd. Der Erzengel mit dem Flammenschwert. Fegefeuer. Höllenfeuer. Freudenfeuer. Feuerwerk. Moloch. Die gleichnamige Serie auf ARTE hat das Thema „Feuer“ in mein Leben zurückgebracht. Fasziniert davon war ich – wie wahrscheinlich jeder (junge) Mensch - von jeher, wuchs ich doch einerseits mit Öfen (in meinem Zuhause der ersten 5 Lebensjahre, bei meinen Großeltern, in den Osterurlauben im Mariazellerland und den Pfadfinderlagern auf der gepachteten Holzfällerhütte) andererseits mit Lagerfeuern (bei den Pfadfindern) auf. Als die Funken stoben, als die Flammen züngelten - rot, orange, gelb und blau – war ich von Anfang an in meinem Element. Es ist 8.18 Uhr und gerade fährt ein Bagger an meinem Fenster zum Garten vorbei. Der Mann der Vermieterin sitzt am Steuer und kurvt gekonnt zwischen Apfel- und Kirschenbaum sowie unserer jungen knapp 25 Zentimeter großen Tanne quer durch unsere Bienenwiese durch, um zum Dach über unserer zukünftigen Terrasse zu kommen. Offenbar sollen in der Schaufel des Gefährts die alten Dachziegel Platz finden, die den neuen weichen müssen. Und dieser Vorgang des Vor- und Zurückschiebens wird wohl noch den Tag über anhalten. Auch die Fußballwiese unseres Jüngsten wird wohl darunter zu leiden haben, befindet sie sich doch genau vor jenem Überdach. Ich muss meine feurigen Gedankenflüge unterbrechen, bemerke auch, dass ich hungrig bin und noch kein Frühstück im Bauch habe. Aber irgendwie ist mir ein wenig flau zu Mute. Auch hier gilt das Sprichwort „Wo gehobelt wird, fliegen Späne!“ Ich hoffe, dass der Preis für das von uns ersehnte neue Dach nicht einen hohen Preis, nämlich einen verwüsteten Garten, hat. Ich muss etwas essen. * * * Vierundzwanzig Stunden später sitze ich wieder an meinem Schreibtisch mit Gartenblick. Ich bin um viele Erfahrungen reicher und unser Kater steht derzeit – mit noch offenem Ende – unter Hausarrest. Unsere Blumenwiese ist flachgedrückt, die Fußballwiese unseres Jüngsten besteht zur Hälfte nur noch aus schlammigen Baggerreifenspuren. Das Gefährt, das diese Übeltat verrichtet hat, steht in unserer Hofeinfahrt und wartet auf seinen nächsten Einsatz, der wohl heute erfolgen wird. Die Dächer sind abgedeckt, der Dachstuhl fast zur Gänze entfernt. Gestern Nacht war ich mit meinem Jüngsten noch auf unserer durch die Renovierung kurzzeitig verfügbaren „Dachterrasse“ Sternderlschauen. Ich versuche nun, meine feurigen Gedanken wieder aufzugreifen und niederzuschreiben. Meine Faszination für, aber ebenso die Furcht vor Feuer aller Arten wurde mir erst durch meine Liebste bewusst, die mir die chinesische Astrologie näher brachte. Ich erinnere mich noch an jenen Samstagvormittag, als wir gemeinsam in einer großen Wiener Buchhandlung ein Kompendium derselben erwarben und dann bei Kaffee und Kuchen in die beeindruckende Welt der fernöstlichen Charakterisierung von Menschen eintauchten. Dabei wurde ich als Feuerpferd „gebrandmarkt“, was mir so manche Erfahrung meines Lebens erklären half. Wie ich mittlerweile weiß befinde ich mich in bester Gesellschaft, so sind etwa der ORF-Anchorman Armin Wolf oder die beiden Fußballtrainer Peter Stöger und Franco Foda Leidensgenossen. Mein Spiel mit dem Feuer, das so manche Lebensphase prägte, ist ein sprechender Ausdruck meiner Feuerphilie. Nicht selten habe ich mir dabei mehr als die Finger verbrannt. Da ich auch gerne koche und backe, ziert so manche „Erinnerung“ an eine zu intensive Begegnung mit Hitzequellen aller Arten meine Hände und Unterarme. Ich bin durch so manche innere Hölle gegangen – und werde wohl auch noch zukünftig die eine oder andere durchschreiten, weil es Teil meines Wesens ist, dem Feuer zu nah zu kommen. Wie gut, dass mir mittlerweile auch ein Regenerationsmechanismus zu eigen ist, der mich nach diesen brennenden Erlebnissen wieder zurück in die Spur bringt und mir bewusst macht, dass auch ein Leben ohne Feuer seinen Reiz hat. Und auch der Name, den mir meine Eltern gegeben haben, zeigt einen Aspekt meines Charakters. Michael, der Erzengel mit dem Flammenschwert, dessen Name mit der Frage „Wer ist wie Gott?“ aus dem Hebräischen ins Deutsche übertragen wurde, und der der Mythologie nach Gut und Böse scheidet, hat seine Auswirkungen in meinem und auf mein Leben. Ich ging oft und gehe auch heute - zwar weniger – aber immer wieder sehr hart mit mir und anderen ins Gericht. Ich durfte aber im Lauf der Jahre lernen, dass die Welt nicht nur aus schwarz und weiß besteht, sondern regenbogenbunt ist. Was für eine Erleichterung - und paradox, dass Komplexität genau jenes Gefühl hervorruft. Gerade in Zeiten wie diesen, wo die Welt sich in Lagern zusammenfindet, die einander befeinden anstatt gemeinsam an guten Lösungen zu arbeiten, ist das aber enorm hilfreich. So kann ich der heutigen Schlagzeile der Ö3-Nachrichten „Corona spaltet Österreich“ nichts abgewinnen, weil es ja nicht der Virus ist, sondern der Umgang der Menschen damit und die gegenseitige Schuldzuweisung, die uns zunehmend in zwei Lager abdriften lässt. Und hier hätte Politiker*innen die Aufgabe zu einen und sich nicht auf die eine Seite zu schlagen. Das ist ein Grundfehler, der Gemeinschaften im Extremfall ins Verderben stürzen kann, wie auch die Geschichte beweist. Leider dient diese nichts als Lehrmeisterin, jede Generation will offenbar ihre eigenen Erfahrungen machen. Die ARTE-Serie Moloch, deren Titel sich auf die Bezeichnung biblischer Kinderbrandopfer bezieht, erzählte davon, dass Menschen sich scheinbar grundlos einfach selbst entzünden und verbrennen. Das ist der eine eher reißerische Aspekt der Filme, der mich nicht bewogen hätte, insgesamt sechs Stunden durchzuhalten. Der andere Gesichtspunkt war für mich wesentlich bewegender: es ging um Schuld und Sühne, um Vergehen, Reue und Vergebung. Alles Lebensthemen, die so meine ich, wohl jeden Menschen umtreiben, mich jedenfalls ganz intensiv. Neben all dem, was ich verbockt habe, wo ich mich schuldig gemacht und andere damit verletzt habe (bewusst und unbewusst), gibt es einen roten Faden, der mich – der ich nur allzu gerne und allzu schnell Verantwortung übernehme – immer wieder und nur allzu leicht zum Sündenbock und zur Projektionsfläche gemacht hat mit zum Teil extremen Auswirkungen auf meine Existenz und die Existenz jener, die mit mir zusammenleb(t)en. Aber bevor ich die für mich typischen Schuldgefühle pflege, um meine selbstzerstörerischen Phasen zu nähren, und damit auch jenen, die mich zu Unrecht zur Verantwortung ziehen wollen oder sogar beschuldigen, Zündstoff gebe – ein Teufelskreis –, setze ich hier einen Schlusspunkt, um mich auch den positiven Seiten meiner Feuer zuzuwenden: dem Feuer der Begeisterung beispielsweise, das mich immer wieder neu beginnen lässt, das mich die eine oder andere Initiative ergreifen lässt, über die andere nur reden ohne zu handeln oder meine feurigen Worte in Texten und Reden, die andere mitreißen und in Bewegung bringen. Tja, auch die „Feuer-Medaille“ hat zwei Seiten. Draußen tobt weiterhin der Dachabriss-Sturm, Getrampel über meinem Kopf, Motorsägenkreischen und das Quietschen und Rumpeln der Dachbalken, die gerade entfernt werden. Einer der Balken hat beim Abwurf auf die Wiese unsere Tanne getroffen, wir werden sehen, wie überlebensfähig sie schon ist, ist sie doch seit zwei Jahren unser lebender Weihnachtsbaum und heuer erstmals nicht im Topf sondern auf ihrem Platz auf der Wiese. Die Zimmerer werden wohl erst morgen kommen und nicht schon – wie ursprünglich angekündigt – heute. Zum Abschluss dieses Eintrags möchte ich auch noch kurz auf die äußeren Ereignisse dieser Wochenend- und Wochenanfangstage eingehen. Am Freitag nahm ich mir die Freiheit, nach langer Zeit wieder einmal zum Großmarkt zu fahren, um Bio-Parmesan und Bio-Hühnerleber zu besorgen. Jener Parmesan ist laut Testberichten der einzige in Österreich im Handel befindliche, der die wenigste Schwerölbelastung aufweist (woher die kommt, konnte ich im Rahmen meiner Recherchen leider nicht klären) und der auch nach Grana Padano-Kriterien gereift ist, die Leber, die ich immer geröstet zubereite (so war sie schon in Kindertagen eine meiner Lieblingsspeisen), ist von Zeit zu Zeit nicht nur ein Leckerbissen für meine Liebste und mich, sondern natürlich auch unseren Kater Dario. Mittags klingelte dann der Postbote, um mir Neuigkeiten aus Linz zu bringen. Die werde ich demnächst an mich heranlassen, um die daraus resultierenden nächsten Schritte zu setzen. Dazu muss ich noch das dabei hochlodernde innere Feuer in konstruktive und nicht selbstzerstörerische umlenken, hat doch diese in diesem Verfahren aufgewärmte Vergangenheit nichts mehr mit meinem Leben zu tun – und dabei darf ich ein gutes Gewissen haben und muss meine Schuldgefühle, die der Realität nicht annährend entsprechen, in die Tonne werfen. Das Wochenende war dann von Fußball geprägt, am Samstagvormittag hatten mein Co und ich ein Training unserer U10-Mannschaft als Ersatz für die wetterbedingt abgesagten Mittwochseinheiten angesetzt, der Nachmittag war dann den Vorarbeiten für den am Montag beginnenden Dachumbau gewidmet. Sonntags spielten meine Fußballjungs dann in Kirchberg/Wagram, wir waren von 9 bis 13 Uhr unterwegs und konnten nach 1:5-Rückstand in Hälfte zwei ausgleichen und nach einem 5:6 drei Minuten vor Schluss in allerletzter Minute noch den neuerlichen und hochverdienten Ausgleich erzielen. Ab 14.30 hielten wir uns zur Fußballjause im Gasthaus unserer Fußballarena auf, mit dabei war auch meine Frau. Neben Debrezinern mit Gebäck gab es Kaffee und Kuchen und zwei Jugendspiele unseres Vereins. Abends dann ein sehenswerter Tatort „Züri brännt“ mit dem neuen Schweizer Team, der die Seher*innen in bewegte schweizerische Zeiten Anfang der 80er-Jahre mit Straßenschlachten und jeder Menge Gewalt führte, die mir bislang unbekannt waren. Die Spannung hielt bis zuletzt, die Thematik geprägt von Schuld und Sühne. Auch erfuhr ich, dass laut Schweizer Strafrecht Mord verjähren kann. Die Nacht auf Montag verlief traumreich, es waren nicht wirkliche Albträume, die mich heimsuchten, aber sehr stressige Ereignisse, die mich erschöpft erwachen ließen. Neben den schon beschriebenen Umbaumaßnahmen wurden am Montagvormittag auch jene Verschärfungen präsentiert, die die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Landehauptleuten im „Kampf gegen Covid 19“ beschlossen hatte. Verblüffend für mich die weitere Reduktion von Zuschauerzahlen bei Fußballspielen im Freien unabhängig von der Stadiongröße, das verpflichtende Tragen von „Masken“ auch bei diesen Outdoorveranstaltungen trotz der ohnehin schon geltenden Anstandsregelungen und das allgemeine Verbot des Ausgebens von Speisen und Getränken (auch bei Kultur- und Indoor-Events), womit die Wirtschaft wieder einmal runtergefahren wird, zu deren Förderung man ja diese Schritte ja angeblich setzt. Widersprüche über Widersprüche und mehr Fragen als Antworten, die zu einem Gutteil nicht evidenzbasiert und wissenschaftlich fundiert sind. Das Leben geht dennoch weiter ... Wenn du um 6.30 Uhr vom Radiowecker mit den Worten: „...kündigte eine weitere Verschärfung der Coronamaßnahmen schon in den nächsten Tagen an …“ geweckt wirst, dann sinkt die Motivation den Tag zu beginnen in ungeahnte Tiefen. Wie wohl du schon in den letzten Wochen damit zu leben gelernt hast, dass die sogenannten „Zahlen“ nun wieder in Richtung exponentielles Wachstum tendieren und daher die Krankenhauskapazitäten zur Neige zu gehen drohen (wir reden derzeit von einer 20%igen Auslastung), bist du immer wieder überrascht, was dir noch so alles blüht. Nun sind auch jene „Masken“ in der Kritik, die seitlich nicht abschließen und daher keinen ausreichenden Schutz darstellen wie etwa Gesichtsvisiere und solche, die nur Mund und Nase bedecken.
Nun, das Leben ging und geht dennoch weiter – und ich bin froh schon seit Jahren mit Clemens Arvay vernetzt zu sein, der diebezüglich differenzierte und fachlich fundierte Perspektiven vertritt, die er auch in seinem aktuellen Buch „Wir können es besser“ gut dokumentiert und vor allem mit jeder Menge Quellenangaben zu Studien und wissenschaftlichen Erkenntnissen unterlegt hat. Mein neues Suhrkamp-Notizbuch („Chronik der laufenden Ereignisse“) ist schon mit Erlebnissen aus 22 weiteren Lebenstagen vollgeschrieben, die noch keinen Eingang in meinen Blog gefunden haben. Bevor das nun hier zumindest in Auszügen passiert, möchte ich noch ergänzen, dass auf der Buchrückseite ein anderes Zitat von Handke steht als jenes, das in der Bewerbung angeführt war. Es lautet: „Schreiben: Es geht nicht ohne den Glanz.“ Und das in hellblau glänzenden Buchstaben. Gerade eben hat sich auch Haus- und Hofkater Dario zu mir auf den Schreibtisch gesellt, ich habe extra für ihn die Schreibtischlampe angeknipst, damit er sie als Wärmequelle nutzen kann. Bis kurz zuvor hat er seinen Spiel- und Jagdtrieb intensiv in den Räumen unseres Hauses ausgelebt, nachdem draußen seit Tagen ein echt feuchtes Spätherbstwetter, mit Regen, starkem Wind aus Nordwesten und unwirtlichen Bedingungen herrscht, das sogar ihm den Aufenthalt im Freien vergällt. Ach ja, dazu gleich die Information, warum der schwarze Kater mit den Titel „Haus- und Hofkater“ geadelt wurde. Meine Frau und ich haben beschlossen, unser Landleben und unseren Versuch, selbstversorgt zu leben, auf social media zu dokumentieren. Schon geraume Zeit vorher hatten wir unseren Lebensort, der uns vor knapp drei Jahren zugefallen ist, den Namen „Halme-Hof“ gegeben. (ich habe berichtet). Wir sind ja seit Jahren bemüht, nachhaltig und minimalistisch zu leben, der Grundsatz von Heini Staudingers (von GEA) Oma ist uns Leitsspruch: „Nie ist zu wenig, was genügt.“ Ansonsten war viel, viel Fußball im Spiel in diesen mehr als drei Wochen seit dem letzten Eintrag. Die U10-Meisterschaft läuft und meine Kindermannschaft hat nach einer aufstrebenden Phase, die mit einem Sieg und ansonsten guten Leistungen dokumentiert wurde, nun eine Krise – und zuletzt setzte es die erste zweistellige Schlappe noch dazu ohne ein Tor geschossen zu haben. Es war das immerhin dritte Spiel innerhalb von 10 Tagen (auch diese Planung ist der Corona-Krise geschuldet, da die Liga erst mit 14 Tagen Verspätung begonnen hatte und daher esrt Mitte November beendet sein wird. Die Freude an Trainings bei Sauwetter hält sich bei einem Drittel meines Teams in Grenzen, zuletzt waren immer nur knapp mehr als die Hälfte der Spieler*innen anwesend. Da kann sich nicht allzuviel weiterentwickeln. Auch unser Tormann gehört zu den „Schönwetterfußballern“ und daher musste mein Jüngster schon zwei Spiele lang in seine Rolle schlüpfen, was er durchaus mit Bravour gemeistert hat. Das war die eine Seite des Fußballs. Die andere bezog sich auf die Aktivitäten für den Verein an sich. PR-Arbeit (Vorberichte, Spielberichte, Newsletter, Facebook-Einträge, etc.) für Heim- und Auswärtsspiele war angesagt, dann führte die NÖ. Landesregierung plötzlich eine „Geisterspielverordnung“ ein, die es zu verändern galt. Für Amateurklubs sind Matches ohne Publikum keine Option, da in diesem Fall nur Kosten entstehen, aber keine Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Kantinenerlösen fließen. Ich schrieb einen Offenen Brief an den Sportlandesrat und die Landeshauptfrau und ließ eine Petition folgen, die sich in den ersten Tagen prächtig entwickelte und auch zu zahlreichen Medienreaktionen führte. Demnächst wird es sogar einen Antrag im NÖ. Landtag geben, der der Argumentation meiner Petition folgt. Auch galt es eine Aktion für unsere Fußballer umzusetzen: beim ersten Geisterspiel öffneten wir unsere Kantine als Gaststätte mit der Konzession der Frau unseres Obmanns, was einen Teil der Einnahmenausfälle kaschierte und auch sozial ein guter Erfolg war. Auch für mein persönliches Wachstum brachten diese 22 Tage enorme Herausforderungen – und es fällt mir auch heute noch nicht leicht, diese Erfahrungen auf der Habenseite zu verbuchen, haben sie mich doch einer stetigen Gratwanderung ausgesetzt und mir am vergangenen Wochenende auch einen formidablen Absturz beschert, an dessen Auswirkungen ich auch 5 Tage später noch laboriere. Das erklärt auch meine Demotivation nach einer solchen Radiomeldung mit Freude aufzustehen. Ich suche die Perspektiven. Hier in aller Kürze und der Reihe nach: In der Serie „Missing Lisa/GR 5“ auf ZDF NEO wurden einem Protagonisten folgende Worte in den Mund gelegt: „Wenn du den Riesen nicht töten kannst, dann musst du den Zwerg töten!“ Diese Worte rührten mich zu bitteren Tränen. Geschuldet waren seine Ausführungen dem sexuellen Missbrauch durch einen Priester in seiner Schulzeit, die sein gesamtes bisheriges Leben insofern beeinflusst hatten, als er sich immer wieder lebensgefährlichen Situationen ausgesetzt hat und Beziehungen nur aus der Ferne zu führen im Stande war; eine innere Destruktivität, die auch im Äußeren wirksam wird – und die so auch für emotionalen Missbrauch gilt. Am 212. Tag hatte ich einen Radio-Live-Auftritt als Moderator meiner neuen Sendereihe „Get Bildung – BildungsWandel im Gespräch“ auf Radio Orange, es galt eine Diskussionsrunde zur Wien-Wahl zu leiten. Es waren sehr spannende und tiefgreifende Gespräche, wobei die Umsetzung der Vorschläge und Ideen, die entwickelt wurden, in den Sternen steht, haben sich doch SPÖ, ÖVP und FPÖ dem Kommen entschlagen, es waren Vertreter*innen von LINKS, Grünen und NEOS anwesend. Am gleichen Tag kämpfte meine Liebste um das Wohl ihrer beiden Söhne, unserer Ältesten (ich berichtete). Aber auch an diesem Tag fiel keine Entscheidung – was die Situation ins Unerträgliche steigerte und letztlich mit zu dem von mir zuvor erwähnten Crash führte. In der Causa bin ich seit Anbeginn der Sündenbock und seit einigen Monaten auch – trotz meiner gesetzlichen Beistandspflicht – eine absolute Null, deren Stellungnahme und Sichtweise zur Situation nicht gewünscht wird, was fußballerisch gesehen ein „Rot-Foul“ ist. Die vom Kindervater angerufenen Gerichte haben hier kräftig mitgewirkt und dazu beigetragen, dass das Zusammenleben vor allem mit Sohn Nr. 1 für alle Beteiligten nur noch eine Qual ist. Seinen Wunsch zum Vater zu ziehen ist er aber nicht bereit von sich aus in die Tat umzusetzen, hätte er schon jetzt die Möglichkeit, eine Woche bei und jede zweite Woche bei ihm in Berlin zu leben. Aber das tut er einfach nicht, weil er seit Monaten darauf wartet, dass ihm die Richterin das OK für den vollständigen Umzug gibt. Auch das zeigt aus meiner Sicht, dass an der ganzen Sache etwas faul ist – und zwar nicht wegen mir, dem Sündenbock. Berührend auch der Disney-Film „wall.e“, der schon vor mehr als einem Jahrzehnt die Situation unserer Gesellschaft deutlich aufgezeigt hat. Die Menschen haben die von ihnen zerstörte Erde verlassen und befinden sich seit Jahren auf einer Art Kreuzfahrtraumschiff, bewegen sich in fliegenden Fauteuils fort, haben einen Bildschirm vor Augen, der sie ständig mit Werbung und virtuellen Erlebnissen versorgt, dementsprechend übergewichtig sind sie in der Zwischenzeit. Der Aufräumroboter wall.e gelangt eines Tages von der Erde auf dieses Raumschiff – und von da an beginnt die Aktion zur Wiederbesiedlung der Erde und zur Vermenschlichung der Menschen. In der Realität sind wir derzeit aber noch in der Phase, die der Film nicht beschreibt, Prä-wall.e sozusagen. Auch mein Namenstag, der „Mikkelinpäivä“ fiel in diese Wochen, wir feierten in der örtlichen Pizzeria, natürlich draußen, obwohl das Wetter schon sehr, sehr herbstlich war. Es war eine schöne Dreier-Zeit mit meiner Liebsten und unserem Jüngsten. Und – dann geschah noch ein „Wunder“: Unsere Vermieterin kündigte uns zum wiederholten Mal, diesmal aber mit der nötigen Ernsthaftigkeit an, nun endlich die dringend nötige Dachsanierung durchführen zu lassen. Dazu kamen sie und ihr Mann in Begleitung eines Fachmannes zu uns. Beschlossen wurde die Neudeckung des Daches über unserem Wohn- und Bürobereich sowie über der Fläche, die schon seit 2 Jahren als Terrasse vorgesehen ist. Zudem sollen die jenen Bereich umgebenden Mauern verputzt werden. Ebenso wird unser Hoftor erneuert und eine neue Stiege zum Dachboden eingebaut. Der Umbau wird schon am kommenden Wochenbeginn starten und uns jedenfalls zwei Wochen beschäftigen. Ganz glauben kann ich es noch nicht, ist es doch schon der x-te Anlauf, diese Situation zu bereinigen. Wir sind also dachmäßig wieder einmal „guter Hoffnung“ – und warten auf die Umsetzung. Ich werde berichten. Offener Brief an LH Mikl-Leitner und LR Danninger zum Publikumsverbot für Amateur-Fußballligen1/10/2020 Dieser Aufruf kann gerne durch Eintrag des Namens im Kommentarfeld unterhalb des Beitrages unterstützt werden, ebenso ist es möglich, diesen Brief zu kopieren und in eigenem Namen an die beiden Verantwortlichen zu senden: Offener Brief an
Landeshauptfrau Mag.a Johanna Mikl-Leitner und Sportlandesrat Mag. Jochen Danninger per E-Mail Betreff: Publikumsverbot in den Amateurligen in nö. Bezirken mit oranger Ampelfarbe Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau, sehr geehrter Herr Sportlandesrat! Mit Überraschung und Bestürzung musste ich von den von Ihnen mit Gültigkeit vom kommenden Montag, 5.10.2020 verschärften Maßnahmen für Fußball-Amateurvereine anlässlich der „Corona-Pandemie“ in Niederösterreich erfahren. Dieser Schritt, in Bezirken mit oranger Ampelfarbe kein Publikum mehr zuzulassen, ist eine nicht nachvollziehbare Handlung, sie trifft Menschen und Gemeinschaften mit voller Härte. Wie Sie ja wissen, leben Fußballklubs im Amateurbereich vornehmlich von Sponsor*innen (u.a. Bandenwerbung, Patronanzen, Ballspenden, Werbejingles während der Matches), Eintrittsgeldern und Kantinenerlösen. Durch den Ausschluss von Zuschauer*innen fallen diese lebenswichtigen Erträge kurz- bzw. mittelfristig zur Gänze weg, auch Unterstützer*innen, die auf die Gegenleistung der öffentlichen Präsenz bzw. Bewerbung angewiesen sind, werden ihr Sponsoring über kurz oder lang sein lassen. Der von Ihnen angedachte Ersatz dieser Einnahmenentgänge ist angesichts der Situation eine selbstverständliche Aktion, soll ja der Spielbetrieb der Amateurligen weitergeführt werden, womit ein entsprechender Aufwand verbunden ist (u.a. Fixkosten für den Erhalt des Sportplatzes, die pauschale Reiseaufwandsentschädigung für Spieler und Trainer, etc.). Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist die soziale Dimension von Fußballverein und Fußballplatz. Alle Vereine haben sich zuletzt redlich bemüht, die von Ihnen bzw. der Bundesregierung aufgestellten Vorgaben bezüglich Hygiene, Abstandsregelungen und Mund-Nasen-Schutz zu erfüllen. Dafür wurde uns im Gegenzug versprochen, dass wir den Spielbetrieb vor Publikum weiterführen können. Dass Sie nun angesichts von 90 Neuinfektionen, die dem Sportbetrieb (und nicht allein dem Fußball) zugeordnet wurden, eine derartige Verschärfung in Kraft setzen wollen, ist für mich nicht hinnehmbar. Es gäbe ja auch andere Lösungen, wie etwa die verstärkte Kontrolle von Veranstaltungen mit entsprechenden Konsequenzen, etwa einem Publikumsverbot für eine gewisse Anzahl an Spielen, oder eine positive Werbeaktion mit den entsprechenden Hinweisen auf die nötigen Richtlinien zur Bewusstseinsbildung bei den Beteiligten. Daher fordere ich Sie dringend auf, diese Maßnahmen noch vor dem 5.10.20 zurück zu nehmen, um den Fußball-Amateurvereinen das Überleben zu sichern, ohne weitere öffentliche Gelder aufbringen zu müssen und das soziale Leben in Dorfgemeinschaften und Vereinen nicht nachhaltig zu zerstören. Physical distancing unter bestimmten Umständen wie diesen ja – social distancing aber ist ein No-Go, es bringt die Menschen auseinander und zerstört die Grundfesten unserer Republik. , Mit besten Grüßen Dipl.-Päd. Michael Karjalainen-Dräger, Bed e.h. Persönlichkeitstrainer, Dichter & Publizist Medienmanager, Platzsprecher und U10-Trainer beim FC Moser Medical Rohrendorf [email protected] Rohrendorf bei Krems, 1.10.2020 Wo anfangen, wenn ich seit Tag 153 und daher seit Samstag 25.7. - also fast zwei Monate lang – keinen Eintrag im Blog auf meiner Route 55 gemacht habe, nicht deswegen, weil nichts passiert wäre. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Zum einen habe ich drei Texte geschrieben, einen für meine erste und wahrscheinlich einzige Lesung dieses Jahres vor dem Weltladen in Tulln (Titel: Ihre Lust ist Leben), einen für meine Liebste anlässlich unseres 10. Hochzeitstages (Titel: Ten years ago – die Geschichte eines Kugelschreibers) und einen weiteren für den diesjährigen Schreibwettbewerb der Stadtbibliothek Krems unter dem Motto „Schreiben in Zeiten der Cholera“ (Titel: Was vom Hasen übrigblieb – noch nicht veröffentlicht), zum anderen mein Suhrkamp-Notizbüchlein in dieser Zeit ausgeschrieben, das nächste, nämlich ein Reclam Universalnotizbuch ist schon in Amt und Würden. Vorsorglich habe ich soeben ein neues Notizbuch von Suhrkamp mit dem Titel „Chronik der laufenden Ereignisse“ bestellt. Der Titel ist sehr ansprechend, er bezieht sich auf ein gleichnamiges Werk von Peter Handke, das Zitat auf der Rückseite des Covers zitiert den Nobelpreisträger so: »Schreiben, aufschreiben: Wirklich denken, wirklichdenken; was mir nur so durch den Kopf geht, denke ich nicht wirklich.« Nun ja, Handke eben. Aber wozu für eine Chronik notieren und aufzeichnen, wenn es kein anderer außer mir lesen kann? Daher ergibt sich die Notwendigkeit, diesem „Bloß-ins-Notizbuch-Schreiben“ zu begegnen und endlich auch wieder am Computer Worte für den Blog zu machen. Also: Ich befinde mich jetzt am 210. Tag meines Weges durch mein 55. Lebensjahr, mehr als die Hälfte der Distanz ist damit zurückgelegt, der Sommer trotz des heutigen Herbstbeginns zumindest tagsüber noch spürbar, die Abende, Nächte und Morgen aber bereits der Jahreszeit entsprechend kühl. Was hat mich in der 57 Tagen seit meinem letzten Eintrag bewegt? Es ist nur ein grober Überblick möglich, die Zeit fordert anderes von mir, als mich stunden-, vielleicht sogar einige Tage lang ausführlich mit all dem Geschehenen zu beschäftigen: Von den literarischen Ereignissen habe ich schon geschrieben, den Hochzeitstag mit meiner Liebsten am 18.8. haben wir in einer kleinen, feinen Freundesrunde beim Heurigen im Nachbarort gefeiert, wir wurden dabei reich beschenkt. Fußball ist schon im Juli wieder intensiv in mein Leben getreten, das Training mit meiner Kindermannschaft der 9-Jährigen konnte ich im August unter ziemlich „normalen“ Bedingungen wieder aufnehmen. Es waren vier Abgänge zu verzeichnen, aber im Lauf der letzten Wochen auch vier Neuzugänge, damit ist die Basis für diese Saison gelegt. Mein neuer Co-Trainer, den ich schon für die Frühjahrssaison engagiert hatte, die dann nicht stattgefunden hat, macht weiter, bislang haben wir uns schon erfolgreich für den Fortbestand der Mannschaft eingesetzt, uns mit der Kritik eines Vaters auseinandergesetzt, der ein klärendes Gespräch aber abgelehnt hat und lieber weiterhin vom Zuschauerrang seine Zwischenrufe und seine – wie er betont – freie Meinungsäußerung fortsetzen will (was das für seinen Sohn bedeutet – Stichwort: Loyalitätskonflikt) berührt uns mehr als ihn, wir haben einen Intensiv-Trainingstag, zahlreiche Trainingseinheiten sowie ein Test- und drei Meisterschaftsspiele absolviert, dabei einmal gewonnen und dreimal verloren, jeweils nicht deswegen, weil die Gegner um so viel besser waren, sondern weil das Defensivverhalten zu löchrig war und die zahlreichen Abschlussmöglichkeiten nicht in Torerfolg umgemünzt werden konnten. Familiär steht in dieser Woche die Entscheidung über die nächsten Schritte im Hinblick auf die Wünsche unserer Älteren an, dauerhaft zu ihrem Vater nach Berlin zu übersiedeln. Das von diesem beantragte Gerichtsverfahren wird am Donnerstag mit einer Tagsatzung fortgesetzt. Auch die weiteren Schritte im Unterhaltsverfahren, das der von mir als Sohn angenommene Bub meiner Ex-Lebensgefährtin vor zwei Jahren angestrengt hat, werden zeitnah bekannt werden, die Begutachtung meiner finanziellen Situation sollte dem Gericht die Basis geliefert haben, was an Unterhalt möglich ist. Der dort zuständige Rechtspfleger erwägt jedenfalls ernsthaft eine solche Unterhaltsfestsetzung, obwohl dem Verfahren aus meiner Sicht die Grundlage fehlt, ist der junge Mann doch seit 2013 ausgebildeter Freizeitpädagoge und somit selbsterhaltungsfähig. Das 2016 von ihm begonnene Bachelorstudium zum Tanzpädagogen an einer teuren Privatuniversität wird weder seine berufliche noch finanzielle Entwicklung stärken. Zudem ist es mir an einer außergerichtlichen Lösung gelegen, da dieses Verfahren von seiner Seite auf einer falschen Grundannahme fußt, dass nämlich ich das „Arschloch“ bin, das sich nicht um ihn gekümmert hat. Sehr zahlte ich bis zu seiner Volljährigkeit seinen Unterhalt, auch habe nicht ich den Kontakt mit ihm abgebrochen sondern er – oder, meiner Vermutung nach, seine Mutter für ihn. In all den Jahren, den ich ihn begleiten durfte, habe ich viel zu seiner Weiterentwicklung beigetragen, ihn aus finanziell und auch erzieherisch prekären Verhältnissen „gerettet“. Nun ja, das Leben ist manchmal echt arg, aber es bietet einem dadurch auch jede Menge Entwicklungsmöglichkeiten. Mal sehen, wie meine angespannten Nerven diesen Dauerbrenner bewältigen. Beruflich hatte ich glücklicherweise ab Mitte August auch jede Menge Aufträge und konnte so die finanzielle Lücke, die sich durch den Lockdown im März und April aufgetan hat, nun endlich einigermaßen schließen. Herausfordernd bleiben die Zahlungen an die SVA, die ich stunden ließ und die nun nachzuzahlen sind. Unterstützung von der öffentlichen Hand habe ich – nach dem Tauziehen um meine Anspruchsberechtigung (ich habe davon berichtet) – keine mehr beantragt. In meinen Seminaren für die Freizeitpädagog*innen an Wiener Schulen durfte ich mich mit dem Thema Zivilcourage beschäftigen, in der Arbeit mit elemetarpädagogischen Fachkräften ging es um Spielen, Sprachentwicklung, Schulvorbereitung und zuletzt um mathematische Frühförderung. Um diesbezüglich flexibler zu sein und die Öffis in Wien zu vermeiden, habe ich mir zur Hälfte meines neuen Lebensjahres über einen bekannten Internetflohmarkt ein günstiges Klapprad organisiert. Dazu habe ich am 30.8. Folgendes notiert: Tag #187: Steyr – Klapprad Starkregen Fußmarsch Umwege dann kommt die Sonne 4 km zum Bahnhof mit dem neuen Drahtesel Pizza bei Denis auf Bahnsteig 1 des Bahnhofs St. Valentin Das ist die Kurzfassung. Hier nun die Langfassung: An jenem Sonntag machte ich mich frühmorgens auf den Weg, der Tag begann in meiner Heimat mit Regen. Für Steyr, den Geburtsort meines besten Freundes, war der erst für den Nachmittag vorausgesagt, also zu einer Zeit, in der ich meinen Zielort schon wieder verlassen haben wollte. Auf der Fahrt musste ich zweimal umsteigen, der Regen aber ließ nicht nach, er wurde sogar noch intensiver. Mit Hilfe meines Handy-Navis hatte ich den besten Weg vom Bahnhof zur rund vier Kilometer entfernten Tankstelle, an der die Übergabe stattfinden sollte, ausgekundschaftet. Aber es waren eben vier Kilometer – und das bei Starkregen. Aber, ich hatte es mir in den Kopf gesetzt, das Rad schaute auf den Fotos neuwertig oder zumindest sehr gut in Schuss aus und der Preis war dafür wohlfeil. Ich durchwanderte eine mit Wasserläufen gesegnete und an der einen oder anderen Stelle immer wieder mittelalterliche Stadt. Ich kam an einem Steyr-Werksgelände vorbei, an weiteren oftmals leerstehenden Fabrikshallen. Ich wanderte die Flüsse entlang, die alle knapp an der Hochwassergrenze waren, und hoffte, dass sie bis nach meinem Rückweg ihr Wasser halten konnten. Mit einem Mal stand ich vor einer unüberwindlichen Baustelle. Der Weg war einfach unterbrochen und es gab keine Seitengassen in der Nähe, die ein Umrunden zugelassen hätten. Ich befragte meine Navi, diesmal glücklicherweise, denn der von mir ins Auge gefasste Wege hätte in einer weiteren Sackgasse gemündet. So musste ich doch einige hundert Meter zurückgehen, ehe ich die Abzweigung fand, die mich leider im Großteil ihrer Strecke auf der stark befahrenen Bundesstraße – allerdings mit Fußweg – zum Ziel kommen ließ. Die letzten Meter vor der Tankstelle bescherten mir einen weiteren Umweg, da der Treffpunkt von der Straßenseite her nur mit dem Auto oder eben durch eine Gehen auf der Fahrbahn – was ob des Verkehrs wenig attraktiv war – zu erreichen war. Ich nahm also eine Seitenstraße zur Hinterseite der Tanke und hoffte, dass es auch einen Hintereingang gäbe. Und es gab ihn. Vor Ort schaute ich mich nach einem zum Klapprad passenden Menschen um, ich fand ihn in einem Kastenwagen. Herzliche Begrüßung, kurzer Austausch zu meinem Wohnort, meiner Reise und meinem Fußweg bei Regen. Dann Check des Fahrrads (wirklich perfekter Zustand), eine kurze Geschichte seines bisherigen Daseins, Geldübergabe, ein weiterer „Handschlag“ (also Faust gegen Faust) und ich verschwand mit dem Klapprad durch jene Hintertüre, durch die ich gekommen war. Das Wetter war mir auf dem Rückweg gnädig. Der Nass vom Himmel versiegte, die Sonne brach sich von Zeit zu Zeit dutrch die Wolken. Der Weg zum Bahnhof gelang – nach dem fast einstündigen Fußmarsch – mithilfe des Drahtesels in einer guten Viertelstunde. (Was ich noch nicht erwähnt habe: die Temperatur war trotz Regens angenehm, so um die 22 Grad Celsius, also musste ich während meiner Reise jedenfalls niemals frösteln.) Ich erreichte die Station so, dass ich wenige Minuten vor Abfahrt des nächsten Zuges in Richtung Heimat ankam. Ich hatte jetzt noch die Wahl, gleich diesen Anschluss zu nehmen und in St. Valentin Zwischenstopp zu machen, oder mich noch eine Stunde in Steyr aufzuhalten. Ich entschied mich für ersteres, vor allem auch deshalb, weil ich noch nie in St. Valentin war – und weil dieser Ort beim Zugspielen in meiner Kindheit eine Bedeutung gehabt hatte. Nach kurzer Fahrt dort angekommen, schaute ich mich nach einer passenden Möglichkeit für einen kleinen Mittagsimbiss um und wurde sogleich auf Bahnsteig 1 fündig. Dort konnte ich einen engagierten türkischen Pizzabäcker beobachten. Während ich meinen Snack zu mir nahm, sah ich ihn mit Hingabe eine Pizza Calzone zubereiten, und zwar auf eine solche Weise, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. In unserer örtlichen Pizzeria kommt sie mal ganz einfach zusammengeklatscht oder manchmal auch mit Einschnitten und einer Olive, die den Rücken und das Auge eines Fisches darstellen sollen, auf den Teller. Aber an jenem Ort wurden nach dem Belegen und Zusammenlegen mit Liebe und Geduld Flossen in den Teig geschnitten, das Schwanzende wurde durch eine kleine Flechtarbeit geformt und als Auge diente eine halbe Olive, in deren Einkerbung noch eine kleine Erbse Platz fand. Genial! Als die Pizza fertig gebacken war, erbat ich mir vom Bäcker die Erlaubnis, das Meisterwerk zu fotografieren. Und siehe da: Was möchte ich sonst noch erwähnen:
den einen oder anderen inneren Kampf mit dem Umstand, das wir auch heuer nicht nach Finnland fahren konnten und mein Wunsch, es doch für die eine oder andere Woche zu versuchen, was ich dann aber aufgrund der geltenden Quarantänebestimmungen nicht wahr machte; der Besuch bei meiner jüngeren Tochter anlässlich ihres Dreißigers mit Wirtshausbesuch in Leitzersdorf und anschließender Jause bei ihr zuhause, gleichzeitig das persönliche Kennenlernen ihre Verlobten, gutes Essen, gute Gespräche, eine wunderbare Atmosphäre und ein „Sprung“ ins Pool mit meinem Jüngsten; das eine oder andere Buch, das ich aus der Bibliothek geborgt und gelesen habe; der eine oder andere Film, den wir geliehen haben; ganz viele Fußballübertragungen aus den Finalphasen von Europa und Champions League, gemeinsam mit meinem Jüngsten; die Kastration von Dario, der uns durch sein Markieren im Haus, auf Teppichen und auf gewissen Schuhen eindrücklich auf diese Notwendigkeit aufmerksam gemacht hatte, dabei wurde vom behandelnden Tierarzt FORL diagnostiziert, eine Autoimmunerkrankung, die Kalziummangel und damit den Verfall der Zähne bewirkt und bei der zur Vermeidung von unnötigen Schmerzen beim Tier die Entfernung sämtlicher Zähne empfohlen wird, was nicht nur sauteuer ist sondern auch ziemlich barbarisch wirkt, womit wir dem Vorschlag vorerst – auch nach Befragung unseres Katers – nicht näher treten werden; der Umgang mit den Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der „Corona-Pandemie“, die meines Erachtens an der falschen Stelle ansetzt, wo es doch sinnvoller wäre, Immunsystem zu stärken und die Lebensbedingungen für die Menschen stressfrei und gesund zu gestalten, was natürlich wesentlich aufwendiger ist, als Mund-Nasenschutz zu verordnen und Verhaltensregeln zu erlassen. In Kürze werde ich eine weitere Reise nach Wien antreten, um mich mit meinem Supervisor zu treffen und den zweiten Teil meines Mathematik-Workshops an die elemetarpädagogischen Fachkräfte zu bringen. Da stehen mir wieder zwei etwa zweistündige Zugreisen bevor, bei denen mich mein Klapprad begleiten wird. Auf den Reisen selbst werde ich chillen und lesen und mich hinter meinem Cowboy-Tüchel so gut wie es geht vor dem Virus verstecken. Ein Urlaub daheim stellt für mich eine große Herausforderung dar, weil ich ja dem All-täglichen entfliehen möchte und es dennoch Tag für Tag vor der Nase habe. Zudem bedingt der mir selbst gestellte Auftrag für diese Zeit der „holy days/holidays“ eine Absenz von genau jenem, das ich zumindest beim Aufwachen und beim Zubettgehen vor Augen habe – meinem Zuhause. Die Quadratur des Kreises müsse dennoch gelingen, sagte ich mir. Und fand in diesen ersten sieben Tagen kein wirkliches Rezept dafür. Ich schwamm in der eigenen Suppe und fand keine Postion über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken. Das machte mich unwirsch – mir selbst und auch meinen Nächsten gegenüber, die das zu spüren bekamen und diesem Zustand mit wenig Gelassenheit begegneten. Es regnete also Konflikte, mit meinen Jungs, mit meiner Liebsten und mit den Kollegen aus dem Fußballklub.
Wobei die letzteren auch ohne meine aktuelle Stimmung ihr Fett abbekommen hätten, denn dieser Zwist zieht sich nun schon ein gutes halbes Jahr dahin, ich glaube, ich habe schon früher mal darüber berichtet. Dennoch möchte ich die Geschichte noch einmal replizieren: Vor einem Jahr wurde ich zum Trainer einer Kinderfußballmannschaft befördert, ich machte dann im September des Vorjahres dann auch die nötige einwöchige Ausbildung im Sportzentrum Lindabrunn, absolvierte die praktische und theoretische Prüfung und legte fristgerecht meine Trainingsdokumentation vor, so dass ich im April dieses Jahres meine Trainercard in Händen hielt. Mein Co-Trainer, im Alter meiner jüngeren Tochter, hatte von Anfang an ein Problem mit seiner Rolle. Dazu noch Folgendes: Wir waren bis zu diesem Zeitpunkt schon ein halbes Jahr lang ein Gespann gewesen, er Haupt- und ich Co-Trainer einer altersmäßig bunt gemischten Gruppe aus 5-8-jährigen. Aufgrund der Fülle an Kids (nämlich 22) wurde beschlossen, dass wir die Teams in zwei Altersgruppen teilen, nämlich die 8-Jährigen und alle Jüngeren. Ich sollte die Älteren übernehmen und er mich als Co unterstützen, und bei den Jüngeren hatten wir die Rollen genau gegenverkehrt angelegt. Flexibel wie ich bin hatte ich kein Problem, seinem Trainingsweg in seiner Gruppe zu folgen. Umgekehrt aber verlief es vom ersten Tag an schief, denn meines Co‘s Plan war es – das hatte ich schon vergessen -, in beiden Teams den Haupttrainer zu geben, obwohl das de iure nicht möglich ist. Dennoch war es offensichtlich sein Ansinnen, denn seine Unterstützung endete innerhalb kürzester Zeit in Opposition zu meinen Trainingsplänen und -methoden. Die Situation gipfelte darin, dass er im Großvater eines Jungen, der in meiner Mannschaft spielte (und den ich unvorsichtiger Weise und ohne seine fußballerische Vita zu kennen als Unterstützung für das Tormanntraining gewinnen hatte können), einen Unterstützer für seine Sichtweise auf mein Training fand. Eines Abends, als ich gerade einen Workshop für Elementarpädagog*innen in Wien leitete, rief mich mein Jüngster an, um mir mitzuteilen, dass jener Junge ihm beim Training zu verstehen gegeben habe, dass sein Großvater meine, ich wäre ein total schlechter Trainer. Von mir zur Rede gestellt, leugnete dieser Mann seine kolportierte Aussage und schob seinem Enkel die Verantwortung in die Schuhe (Sie hätten momentan eine schwierige Zeit und der Junge hätte ihm damit eins auswischen wollen). Möge sich jede*r einen Reim darauf machen. Und prompt ging es weiter: nach einer verpatzten Herbstsaison mit einigen haushohen Niederlagen gingen die Wogen hoch. Die Verantwortung dafür wurde mir alleine in die Schuhe geschoben, mein Co und jener Großvater, die Teil des Trainerteams waren, spannen eine Intrige, die darauf hinaus lief, dass mich der Jugendleiter im Beisein meins Co‘s darüber in einem Gespräch in der örtlichen Pizzeria informierte, dass vier Kinder vor dem Absprung stünden und meine Mannschaft daher vor dem Zerfallen wäre. Daher wurde mir ein Trainerwechsel vorgeschlagen, die beiden Teams sollten wieder zusammen geführt und mein Co als Haupttrainer und ich als Co installiert werden. Man wolle mir so den Rücken stärken und mich aus der Schusslinie nehmen. Auf meine Frage, wer denn hier Probleme hätte, wollte man mir keine Namen nennen. Ich akzeptierte nicht, vielmehr führte ich mit allen Eltern – außer jenem Großvater - Gespräche, in denen sich überraschenderweise alle zufrieden zeigten. Für die Frühjahrssaison im heurigen Jahr gelang es mir, einen erfahrenen Co-Trainer zu engagieren (der schon einmal ein Kinder- und Jugendteam von der U 9 bis zu U 17 gecoacht hatte) und mich von meinem Co zu trennen, was dieser nur unwillig zur Kenntnis nahm. Doch der Zwist ging weiter. Aufgrund der Regierungsauflagen für das Fußballtraining bezüglich der aktuell weltweit herrschenden Situation war kein normaler Betrieb möglich, es gab auch eine lange trainingsfreie Zeit. Zwei Jungs sprangen ab, weil sie lieber Tennis spielen wollten, einer hatte die Lust verloren (er hatte in diesen Wochen auch gewichtsmäßig deutlich zugelegt) und der Enkel jenes Großvaters sollte auf dessen Geheiß in das Team seines neuen Wohnortes übersiedeln. Es folgte eine weitere Krisensitzung in der örtlichen Pizzeria, ich bestand darauf, dass mein neuer Co anwesend wäre. So verschob sich der Termin um eine ganze Woche. Und dann wurden die alten Zöpfe wieder ausgepackt, wieder wurde mir mitgeteilt, dass ein Spieler nicht mehr käme, weil er mit mir nicht könne. Ich quittierte dieses Meldungen letztlich mit einem genervten „Es geht‘s ma am Oasch“ und unterbreitete einen Gegenvorschlag, der keine Zustimmung beim Jugendleiter und meinem Ex-Co, der in der Zwischenzeit zum stellvertretenden Jugendleiter befördert worden war. Einmal mehr blieb alles beim Alten, was dazu führte, dass ich vor kurzem vom Jugendleiter davon informiert wurde, dass nun neuerlich eine Beschwerde über mich gäbe: ich hätte jemanden aus der Whatsapp-Gruppe meiner Mannschaft gelöscht, so sei ihm von meinem Ex-Co zugetragen worden. Wie wär‘s mit direkter Kommunikation, Leute? Ich sprach meinen ehemaligen Co an, er wollte aber keine Namen nennen. Kindergarten. Führungsqualitäten sehen anders aus. Urlaub auch. Auch innerfamiliär kochten alte Konflikte wieder auf. Ich nahm mich - nachdem ich den Fehler gemacht hatte, meiner Liebsten bei einer Attacke ihres älteren Sohnes beizustehen und dabei jede Menge abzukriegen, so gut es ging aus dieser Sache raus. Allerdings verwickelte mich meine Empathie für die Sorgen meiner Frau wieder stärker als gewünscht in Vergangenes, das die Gegenwart und unsere Beziehung seit mehr als zehn Jahren belastet. Ich drohte an der Spannung zwischen meinem Wunsch zur Entspannung und jenem, sie nicht alleine zu lassen, zu zerreißen – und ich zerriss; besser gesagt meine Nerven. So floh ich nach lautstarken und tiefgreifenden Auseinandersetzungen in mich selbst, wo es aber auch kaum auszuhalten war. An einem Nachmittag nahm ich den nächsten Zug und fuhr ein paar Orte weiter, um mich zu regenerieren. Anderntags verschrieb ich mir ein homöopathisches Mittel, um meine Fassung wieder zu gewinnen. Um diese ringe ich zwar immer noch, aber immerhin auf anderem Niveau. Wir werden diesen Konflikt im Sinne unseres familiären Zusammenlebens lösen, es braucht aber sehr viel mehr Klarheit und Bewusstheit für unsere Situation, für das diesbezügliche Empfinden eines jeden und das, was daher erforderlich ist, um so heil wie möglich durch bzw. raus zu kommen. Mehr möchte ich an dieser Stelle dazu nicht sagen, obwohl es genau diese ungelöste Angelegenheit im Hinblick auf die Söhne meiner Frau (unsere Buben Nr. 1 und 2) ist, die auf unser Leben und meine holy days einen breiten Schatten wirft. Doch wo viel Schatten, da auch viel Licht. So mit Sohn Nr. 3, unserem Jüngsten, der die Ferienzeit mit vollen Zügen genießt, sich Fußball, Detektivspielen und kreativem Gestalten widmet oder mit unserem Kater Dario, der langsam aber sicher ein richtiger Kater mit Ambitionen auf Ausweitung seines Reviers wird (der Dachboden ist interessant und auch das, was hinter dem Gartenzaun ist – den ich nun mit einem Gitteraufsatz vor einem Überspringen gesichert habe), aber ansonsten verschmust wie eh und je ist, oder mit den raren Stunden, in denen meine Liebste und ich zueinander finden, weil es uns gelingt, den Alltag beiseite zu schieben und uns auf das zu konzentrieren, was uns vor mehr als zehn Jahren zusammen geführt hat. Meine Fluchten vor und zu mir selbst führten mich in dieser ersten Urlaubswoche zum Fußball auf der Mattscheibe meines Laptops, in die Hauptstadt zu einem wunderbaren Essen mit meinem ältesten Freund, bei dem wir über mehr als zwei Stunden über Gott und die Welt plauderten und die Kraft unserer Freundschaft feierten, sowie in meinen Garten, wo es wie immer jede Menge zu tun gibt, wofür im Normalbetrieb kaum oder nur gehetzte Zeit ist. Ebenso widme ich mich Filmen (Nachtzug nach Lissabon, Wim Wenders „Lisbon Story“, Halbblut) und Büchern (Nachtzug nach Lissabon, Education for future, Das Handwerk der Freiheit, Achtsames Wirtschaften) sowie dem Schreiben (zwei Texte sind im Entstehen: die Kurzgeschichte „Der Kugelschreiber“ und der Blogbeitrag für „Nie mehr Schule“ mit dem Titel „Verkehrte Welt“). Auch habe ich einen fair produzierten Fußball erworben und meine Idee, fair produzierte Fußball-Ausrüstung aufzutreiben, wieder aufgegriffen. Folgende Gedanken aus den von mir gelesenen Büchern wurden mir in dieser Woche wichtig: „Man kann nicht etwas ändern ohne alles zu ändern.“ (Martin Buber zitiert von Richard David Precht in „Hirten, Jäger, Kritiker“) „Vergeh dich ruhig, vergeh dich an dir selbst und tu dir Gewalt an, meine Seele; doch später wirst du nicht mehr Zeit haben, dich zu achten und zu respektieren. Denn ein Leben nur, ein einziges, hat jeder. Es aber ist für dich fast abgelaufen, und du hast in ihm keine Rücksicht auf dich selbst genommen, sondern hast getan, als ginge es bei deinem Glück um die anderen Seelen … Diejenigen aber, die die Regungen der eigenen Seele nicht aufmerksam verfolgen, sind zwangsläufig unglücklich.“ (Marc Aurel zitiert in „Nachtzug nach Lissabon“, S. 43) „Wenn die Diktatur eine Tatsache ist, ist die Revolution eine Pflicht.“ (ebd. S. 88) „Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben können, was in uns ist, was geschieht mit dem Rest?“ (ebd. S. 29) „ … weil wir, oft ohne es zu wissen, auf eine solche Ganzheit hin leben und weil jeder Augenblick, der uns als lebendiger gelingt, seine Lebendigkeit daraus bezieht, dass er ein Stück im Puzzle jener unerkannten Ganzheit darstellt.“ (ebd. S. 243) Zum letzten Zitat möchte ich bemerken, dass für mich das Bild des Lebens nicht das eines Puzzles ist, für das wir Tag für Tag einen Stein nach dem anderen suchen finden, einsetzen und im Idealfall letztlich das ganze Bild vor Augen haben, sondern eher das eines Mosaik, in das wir Stein um Stein einfügen und das immer auch ein Ganzes ist, egal wann und wie es endet. Am Beginn dieses neuen Lebenstages glitt ich von meinem letzten Auftrag mit Mitarbeiterinnen eines Kindergartens in Simmering direkt in meine Holidays, die ich in diesem Jahr tatsächlich als holy days gestalten will. Damit der Übergang gut gelingen mochte, hatte ich schon vor dem vierstündigen Werkshop mit den Kindergärtnerinnen eine Flasche feines Zwicklbier erworben und in meinen Koffer gepackt, jenem Papp-Ding, das ich im Carla-Shop in der Bezirkshauptstadt vor rund zwei Jahren erworben hatte, das ich auf der Vorderseite mit Bieretiketten verziert hatte und das innen drin jede Menge Raum bietet, um all meine Habseligkeiten auf meinen Touren zu meinen Kund*innen zu beherbergen. Für die stylische Flasche Bier war natürlich auch noch Platz.
Nun wanderte ich also knapp nach 21 Uhr ein Stück durch die gleichnamige Hauptstraße des nächtlichen Stadtteils zum lokalen Bahnhof, an dem auch mein Zug in den Westen der Bundeshauptstadt losfahren sollte, wo ich dann den ersten der beiden Züge , die mich nachhause bringen würden, besteigen konnte. Um mich in die Holidaystimmung zu versetzen, gab ich mir die extended version von Madonnas Holiday (… it‘s time for the good times … holiday … celebrate) und spazierte mit jedem Schritt fröhlicher werdend bis zum Bahnhstieg. Dort wurde ich positiv überrascht. Ich hatte damit gerechnet, rund eine halbe Stunde auf meine Fahrtgelegenheit warten zu müssen, doch auch um diese Zeit fuhren die Züge auf dieser Strecke noch halbstündlich. So hatte ich dann halt an meinem ersten Umsteigebahnhof eine längere Wartezeit, was mir aber sehr entgegen kam, da ich diesen Ort sympathischer finde als jenen Bahnsteig im Osten der Bundeshauptstadt. Der Biergenuss musste also noch ein wenig warten, aber zwanzig Minuten später war es dann endlich so weit. Und während Madonna mir zum vierten Mal ihre Zehn-Minuten-Fassung von Holiday in die Ohren trällern durfte, zwitscherte ich meinen ersten Urlaubsdrink Schluck für Schluck mit wachsender Entspannung und Freude. Als ich knapp vor Mitternacht in der Bezirkshauptstadt ankam, erwartete mich – wie schon bei der Hinfahrt – Regen. Er war zwar nicht mehr so intensiv, dennoch hielt sich meine Begeisterung auf eine nächtliche rund sieben Kilometer lange Radfahrt bei diesen Bedingungen in Grenzen. Ich sattelte meinen Drahtesel, packte mich in mein Regenzeug und den Papp-Koffer in seines und radelte mit gutem Tempo los, um diese unwillkommene Dauerdusche rasch hinter mich zu bringen. Wie sich herausstellte konnte auch dieses Wetter meine mittlerweile schon gute Stimmungslage nicht nachhaltig trüben und nach einer längeren heißen Dusche fiel ich zufrieden und müde ins Bett in einen traumlosen Schlaf. Am nächsten Morgen ging ich es langsam an, ich nahm mir Zeit für ein reichliches Frühstück, ich heizte den Küchenherd, auch um der regnerischen und kühlen Wetterlage, die sich schon am Tag zuvor eingestellt hatte und die über die nächsten Tage anhalten sollte, etwas Positives entgegen zu setzen. Knapp vor 11 brachen mein Jüngster und ich dann zur Bücherei auf, um DVDs zurückzubringen und uns mit neuen Medien für die nächsten beiden Wochen zu versorgen. Da ich noch genug Lesenswertes zuhause hatte (Salman Rushdies „Quichotte“ und Prechts „Jäger, Hirten, Kritiker“) entschied ich mich für 3 DVDs (Nachtzug nach Lissabon, Michael Kohlhaas, The Road), während Sohn Nr. 3 sich mit CDs, Büchern und DVDs eindeckte. Zuhause erwarteten uns schon die von meiner Liebsten zubereiteten Bärenbutternudeln á la Janosch, danach ging‘s in die Mittagspause, die ich mit Lesen von Precht und einem Powernap verbrachte. Sein Buch ist absolut lesenswert. Ausgehend von einer Utopie von Karl Marx, die dann im realen Kommunismus zu ihrem Gegenteil verkommen ist, in der es darum geht, dass niemand mehr als „Lohnsklave“ arbeiten muss, um die persönliche Existenz zu sichern, sondern jede*r zu jeder Zeit entscheiden kann, ob sie*er lieber Jäger, Hirte oder Kritiker ist, stellt der Autor dar, dass wir in einer Zeit angekommen sind, in der das Bestehende verwaltet wird – und zwar auf allen Ebenen, den persönlichen genauso wie den politischen -, um dann vehement zu fordern, dass es wieder Visionen und Utopien geben möge. Auch zitiert er eine Satz des jüdischen Philosophen Martin Buber, der folgendes meinte: „Man kann nicht etwas ändern ohne alles zu ändern!“ Diese Weisheit bestätigt sich alltäglich, wie ich meine. Wenn ich an der einen oder anderen Schraube drehe, werden sich entweder andere Schrauben mitdrehen (Ich denke da gerade an Frederik Vesters kybernetisches Gesellschaftsspiel „Ökolopoly“, wo die Bewegung eines Zahnrades tatsächlich zur Folge hat, dass sich andere Räder auch bewegen und damit Veränderung passiert), oder aber es ist notwendig, dass ich tatsächlich an allen Ecken und Enden ändere, damit sich nachhaltige Veränderung, ja Wandel einstellt. Mit diesem einfachen, aber so weisen Satz Bubers, erklärt sich mir, warum sich so wenig ändert, sowohl bei mir persönlich als auch im Großen. Immer fehlt mir der Mut für den großen Wurf, immer denke ich kleinmütig und hoffe, dass die eine oder andere „Schraubendrehung“ genügt, um das große Ganze in Bewegung zu bringen. Nach fast fünfeinhalb Lebensjahrzehnten sollte ich endlich zu Erkenntnis gelangt sein, dass das nicht wirkt. So wächst in dem Moment, da ich ihn lese, aus diesem Satz ein unbändiges Sehnen nach einem Neubeginn. Ein guter Auftakt für eine Zeit, in der ich auftragslos ganz meinem Lebensauftrag auf den Grund kommen möchte – um als dadurch Geläuterter mir und meinem Leben neu zu begegnen. Ein großes Ziel, aber ein not-wendiges. Es gilt daher aber ganz konsequent diesen Fokus zu halten, was für mich sicher eine große Herausforderung darstellen wird, da ich es gewohnt bin, mich als „puppet-on-a-string“ bis aufs Äußerste flexibel zu geben und dabei dem Meinen zu entsagen. Auch an diesen Tagen ist jede Menge passiert auf dem Weg durch mein 55. Lebensjahr. Davon wird zu gegebener Zeit berichtet werden. Vorweg nur schon so viel:
Die letzten Tage glichen einer Achterbahn – und das gleich auf mehreren Ebenen. Wenn ich in mein gelbes Notizbuch schaue, dann habe ich hier zahlreiche Ereignisse und Gefühlslagen notiert, wie etwa den neunten Geburtstag meines Jüngsten oder die eine oder andere Auseinandersetzung um mein Bedürfnis nach Raum und Ruhe oder auch die Gedanken, die ich beim Lesen der von mir in der Stadtbücherei entliehenen Bücher. Im Innen und im Außen war kaum Zeit zum Verschnaufen und ich bin heute, da ich diese Erlebnisse niederzuschreiben beginne, in einem Zustand geistiger, emotionaler und körperlicher Erschöpfung. Psyche und Physis schmerzen. Auch Kater Dario leidet in diesen Tagen am Zahnen, er maunzt auffällig oft, ist unwirsch und frisst nur sporadisch. Gerne kommt er auf eine Kuscheleinheit vorbei, um nach wenigen Minuten wieder im Garten zu verschwinden – und seine Ruhe zu haben.
Das wäre auch für mich eine adäquate Lösung, doch fordert mich Alltägliches auch noch in den nächsten sieben, acht Tagen. Und abends falle ich häufig erschöpft ins Bett ohne einen guten Schlaf zu finden. In vielen Träumen schreit meine Seele um Hilfe, ich höre zwar, sehe aber noch keine Möglichkeit, diesem eindringlichen Rufen gerecht zu werden. Um mich nun einmal von dem einen oder anderen Ereignis und Gefühl verabschieden zu können, meinen Lebensrucksack quasi zu leeren bzw. auszumisten, nehme ich mir in den Morgenstunden des heutigen Tages endlich Zeit, diese Lebensphase der letzten zehn Tage zu reflektieren und mir Wesentliches niederzuschreiben. Sohn Nr. 1 ist schon auf den Weg in einen weiteren Schnuppertag einer möglichen Ausbildung, die er im Herbst beginnen könnte (wenn er denn wollte). Sohn Nr. 2 und 3 schlafen noch, auch meine Liebste hat sich schon auf den Weg in die Hauptstadt gemacht, um eine weitere Hürde in ihrem großteils kafkaesken Einbürgerungsverfahren zu nehmen. Kater Dario hat nach einem kurzen Morgenschmusen im Garten das Weite gesucht. Das herausfordernste an Lebensphasen wie diesen ist für mich die Häufung der Ängste und das schwindende Vertrauen in mich und mein Dasein. Selbstzweifel und Sinnleere bestimmen jene Stunden, in denen ich mich nicht mit äußeren Herausforderungen beschäftigen muss. Sie sind daher zum einen willkommene Ablenkung, um nicht in den Sümpfen der Traurigkeit (Michael Ende, Die unendliche Geschichte) zu versinken, zum anderen werden sie aber zum Hemmschuh, dem Leben neuen Schwung zu geben. Wo nun beginnen beim Sortieren und Ausmisten? Ich starte mal chronologisch. Das Geburtstagswochende für meinen Jüngsten hatte Licht und Schatten, es begann mit einer langen Diskussion mit meiner Liebsten zu mir notwendig erscheinenden Änderungen in unseren Alltagsstrukturen und im innerfamiliären Umgang, dessen positive Entwicklungen in den Wochen nach dem Shutdown wieder in alten Mustern zu versanden drohen und in mir wachsenden Unmut und wachsende Ungeduld hervorrufen. Muss man sich als Pubertierender tatsächlich wie ein Arschloch verhalten? Obwohl man (soziale) Eltern hat, die zu jeder Auseinandersetzung bereit und für jede gute Idee bzgl. Veränderung zu haben sind? Muss man sich ständig von einem nicht anwesenden leiblichen Vater telefonisch und per whatsapp das Leben diktieren lassen und nur auf Missstände und Fluchtwege schauen anstatt auf das, was da und möglich ist? Ich sage NEIN. Aber dieses Nein führt zu weiteren Spannungen, die von Zeit zu Zeit eskalieren. Wie schön wäre es, wenn sich Erwachsenwerden in unserem Kulturkreis nicht bloß durch Rebellieren, Saufen, Rauchen und Sex ausdrücken würde, sondern (auch) durch Sich-Bewähren in herausfordernden Situationen, durch soziales Engagement beispielsweise. Tagträume, sonst nichts. Nun gut, meine Liebste und ich saßen bis drei Uhr morgens ohne einen gemeinsamen Weg zu finden. Neun Jahre früher waren wir abends noch essen gewesen und dann in den frühen Morgenstunden ins Spital aufgebrochen, um gemeinsam die Geburt unseres Jüngsten zu erleben. Diesmal schliefen wir länger – und dennoch weckte mich eine innere Uhr, galt es doch den Geburtstagsplatz an unserem Esstisch für das Geburtstagskind vorzubereiten, auch war noch der gewünschte „Kalte Hund“ herzustellen und der eine oder andere Einkauf zu machen. Ich war zwar zeitgerecht aber vollkommen gerädert aufgewacht, ein Traum beschäftigte mich auch nach dem Wachwerden, eine große Flutwelle, tsunami-ähnlich, war nachts über mich hereingebrochen. Mit diesem Schrecken in den Gliedern begann ich diesen Tag. Die Nachmittagsjause wurde feierlich gestaltet, es gab den Kalten Hund und die Geschenke und der Jubilar hatte auch noch eine Party für die Familie vorbereitet, die bis in die Nachtstunden dauerte. Auch diesen Wunsch erfüllten ihm meine Frau und ich. Diesem ersten heißen Sommertag folgte ein weiterer, um zehn Uhr vormittags Sommerzeit (also 9 Uhr Normalzeit) zeigte das Thermometer bereits 30 Grad Celsius im Schatten. Am Nachmittag dieses Sonntags hatte das Geburtstagskind zwei Gäste eingeladen, die auch pünktlich um 15.30 Uhr erschienen. Es gab kein festgelegtes Programm, aber es war ein gelungenes Feiern, das zum Ende hin zu einem Konflikt führte. Die eingeladene etwa gleichaltrige Freundin wurde pünktlich abgeholt und es entstand bei unserem Jüngsten der sehnliche Wunsch mit ihr noch weitere Zeit zu verbringen und zum Schwimmen bei deren Großmutter mitzukommen. Nun kann er noch nicht gut genug schwimmen und weder meine Frau noch ich wollten mitgehen. Es war ein harter Kampf, der letztlich durch die Großmutter der jungen Dame entschieden wurde, da sie den Kids via Handy mitteilte, dass es an diesem Abend keine Möglichkeit zum Schwimmen mehr gab. Unser Junior feierte dann mit seinem ältere Freund noch weitere eineinhalb Stunden und die Lage entspannte sich. Der Morgen nach diesem intensiven Geburtstagswochenende begann mit einem Trojanerangriff auf meinen Laptop, der damit endete, dass mein Virenschutzprogramm ausgeschaltet wurde. Ich war rund zwei Stunden damit beschäftigt, das Problem zu beheben und eine neue Virenschutzsoftware zu installieren, wobei ich die Seiten wechselte: Amerika raus, Russland rein. Auch geschrieben werden musste so manches, zum einen ein Beitrag für die Homepage bzw, den Newsletter des Fußballvereins, dann auch noch die Überarbeitung des politischen Blogs meiner Frau. In diesen Tagen spürte ich eine zunehmende Müdigkeit, die mich dazu veranlasste, mich lesend in meine Bücherwelt zurückzuziehen. Das Phantasien-Lexikon war eines der Werke, das ich zur Hand nahm, in dem ich schmökerte, weiters las ich zwei Bücher von Henning Mankell, nämlich „Der Sprengmeister“ und „Tiefe“, beide sehr berührend bzw. aufwühlend, dann blätterte ich im Kriegstagebuch („Das Blaue Buch“) von Erich Kästner. Und nach einem weiteren Besuch in der Stadtbücherei vertiefte ich mich in Karl-Heinz Ott‘s „Und jeden Morgen das Meer“ (das mit folgenden Worten am hinteren Buchdeckel beschrieben wird: „ Mit Karl-Heinz Ott zu verzweifeln ist besser als ohne ihn glücklich zu sein.“) sowie in die Biografie von Michael Ende und Salman Rushdies „Quixotte“ (im englischen Original). Diese literarischen Fluchten brachten mich zwar ein wenig aus dem Alltag, dennoch stießen sie mich auch von Zeit zu Zeit auf genau jene Schmerzpunkte, denen ich zu entkommen gedachte. Weiter brachte sie mich allerdings nicht. Für den ersten Tag des neuen Monats war abends die nächste Gemeinderatssitzung angesetzt, ich hatte den Wunsch, diesmal wieder unter den Zuschauer*innen zu sein. Nach einer weiteren in meinen Augen sinn-losen Auseinandersetzung mit Sohn Nr. 1 und seiner Mutter, meiner Liebsten, verging mir aber die Lust auf weitere solcher Konflikte, die ja auch die Arbeit des örtlichen Gemeinderats prägen. Unser Alleinherrscher Bürgermeister und seine 16 Getreuen aus 2 Fraktionen gegen 4 Oppositionspolitiker*innen, darunter meine Frau. Nö, dazu fehlte mir eindeutig die Lust und meine masochistische Phase hatte ich schon viele Jahre hinter mir gelassen. Was in diesen Tagen auch zu meiner Fluchtstrategie gehörte, waren die Fußballspiele auf DAZN. Mein Jüngster hatte vor kurzem, inspiriert von diesem Namen, den man ja mit „Dasoun“ ausspricht, und seiner Nähe zu Katzen den Sender TAZN gegründet (den man so ausspricht, wie er geschrieben wird), was ich als geniale Idee einstufte. In DAZN gibt es nach den Spielen der deutschen Bundesliga eine Post-Match-Show, auf TAZN eine „Nußball-Show“ (weil Kater Dario, der zum TAZN-Chef auserkoren wurde) gerne mit Nüssen spielt. Dazu brauchte es eben auch die Videokamera, die der Jüngste zum Geburtstag bekommen hat. Die Spiele auf DAZN, die ich sah, waren besser oder schlechter, sie brachten mich für 90 oder mehr Minuten zumindest phasenweise aus meinen Gedanken. Auch der Putztag, der in dieser Woche auch wieder donnerstags stattfand (weil die großen Jungs zum ersten Mal seit März für das kommende Wochenende den Besuch ihres Vaters erwarteten), nutzte ich zu einer kleinen Alltagsflucht, ebenso den beruflich bedingten Ausflug in die Hauptstadt., zu dem ich mit dem Cowboyhut meiner Liebsten und meinem „Cowboy-Halstüchel“ als Mund-Nasenschutz aufbrach. Auf der Fahrt recherchierte ich erstmals zum Namen des Sportsenders, dessen Abo ich mir zum Geburtstag geschenkt hatte. Er sei ein Anklang an den englischen Begriff „The Zone“, stand da zu lesen, der soviel heißt wie „volle Konzentration auf das Spiel“. Die deutsche Übertragung mit „Tunnelblick“ überzeugte mich weniger, ich machte daher einen eigenen Versuch, in dem ich den Begriff mit „Fokussierung“ übersetzte, was für mich eindeutig positiver rüberkommt. Am Freitag hatte ich eine schöne Zeit mit meinem Jüngsten, wir fuhren mit dem Rad in die Bezirkshauptstadt, erledigten Einkäufe und versorgten uns (wie schon weiter oben ausführlicher beschrieben) mit geistiger Nahrung in Form von Büchern, CDs und DVDs. Die Großen hatten sich für die nächsten Tage zu ihrem Vater verabschiedet und in mir machte sich mit einem Mal ein wunderbares Gefühl der Entspannung breit. Diese Leichtigkeit, die mich auch wieder zurück zu meinem Humor brachte, was meiner Liebsten und meinem Sohn angenehm auffiel währte allerdings nur bis Sonntag Mittag. Wir hatten uns entschieden den Sonntagvormittag im Kampbad in Langenlois zu verbringen, die dortigen Grünen luden zum Frühstück. In der Hoffnung, dass wir an diesem heißen Tag auch ein Hüpfer in den Fluss machen könnten, verließen wir unsere Heimat, mussten aber feststellen, dass die Wassertiefe vor Ort rund 2,20 m betrug und daher für Schwimmenlernde wie unseren Jüngsten nicht geeignet war. Auch hatten wir keinen Ball dabei, denn dann hätten wir die weitläufige Sportanlage mit zwei Fußballfeldern nutzen können. Auch das Frühstück war sehr schmalspurig, es gab Kaffee und Kuchen. Die Stimmung kippte. Junior Nr. 3 kriegte die Krise und ich konnte ihn trotz aller Bemühungen nicht rausholen, sondern wurde mit hineingezogen. Zudem wurde ich Ohrenzeuge eines Smalltalks meiner Liebsten mit einer ihrer Bekannten, der sie von dem am vergangenen Freitag von ihr versuchten Erziehungsberatungsgespräch mit ihrem Ex berichtete. Was ich da hörte, machte mich aber so etwas von wütend. Ihren Worten nach war außer Vorwürfen und Drohungen nichts dabei, was konstruktiv und im Sinne unserer Großen gewesen wäre. Vielmehr hatte er sie aufgefordert, sich von ihren Jungs zu verabschieden, da er sie zeitnah aus diesen untragbaren Verhältnissen bei uns befreien würde. In diesem Moment meldete sich plötzlich mein Trigeminusnerv in der linken Gesichtshälfte. Diesen hatte ich schon lange nicht mehr gespürt. Ich konnte von da an meinen Kopf nicht mehr schmerzfrei bewegen und auch das Schlucken fiel mir schwer, da der Schmerz bis in den Hals ausstrahlte. Angesichts zweier schwerer und langer Arbeitstage, die mir zu Wochenbeginn bevorstanden, war das so etwas wie der Super-Gau. Der Rest des Tages war entsprechend eingefärbt, ich hatte Mühe meine Gedanken auf Vordermann zu bringen und mich über Wasser zu halten. Da ich am nächsten Morgen schon um 5 Uhr früh Tagwache hatte, um den Zug um sechs zu erreichen, damit ich um 8 Uhr meinen Job als Leiter der Zivilcourageworkshops für Freizeitpädagog*innen in der Hauptstadt antreten konnte, ging ich um neun zu Bett, konnte aber nur sehr schlecht ein- und durchschlafen. Der nächste Morgen war entsprechend mühsam, ich hatte mir die Suppe natürlich selbst eingebrockt, da ich auf die zurückliegenden Ereignisse so und nicht anders reagiert hatte. Dieses Mich-Hineinziehen-Lassen in die Ränke anderer ist eine der größten und gefährlichsten Schwächen meiner Persönlichkeit. Sie hemmt mich, sie kostet mich auch jene Kraft, die ich für meine Projekte bräuchte und sie stärkt bloß jene, die mir mein Leben schwer machen wollen, weil ich mir von ihnen mein Leben tatsächlich schwer machen lasse und ihnen somit die Macht über mich und mein Dasein übertrage. Arghhhh! Die wundervolle Erkenntnis aus dieser Reflexion allerdings ist es, dass ich es selber in der Hand habe. Frankl schau oba! Dennoch fällt es mir leichter, mich in den destruktiven Strudel dieser alten und unbrauchbaren Muster zu verstricken, als neue und Neues aufzubauen. Daran gilt es zu arbeiten, alltäglich, und vor allem in der von mir geplanten Sommer-Urlaubszeit zwischen Mitte Juli und Mitte August. Die beiden Tage an der Volkshochschule in Favoriten verliefen zufriedenstellend, ich machte in all meiner Zähigkeit und Ausdauer meinen Job und das – trotz der großteils eher unwilligen Beteiligten, die ihre heiß ersehnten Sommerferien mit einer Weiterbildung beginnen mussten – wie immer gut. Zwei Mal vier Stunden durfte ich die Teilnehmenden zu Zivilcourage bilden – und das an beiden Tagen, am zweiten kam auch noch eine dreistündige Abendeinheit mit meiner Maturagruppe dazu. Danach war ich platt. Die Schmerzen hatten zwar nachgelassen, die seelischen Qualen, die ich mir auferlegen hatte lassen, waren aber kaum gemildert. Auch die Nacht zwischen diesen Arbeitstagen bot keine Entspannung und so hoffte ich auf einen positiven Effekt in der diesen folgenden Nacht. Vergeblich. Nach den Anstrengungen des Wochenendes hatte ich Lust auf eine Zeit für mich außer Haus. Ich entschied, mein Fahrrad mit dem „Patschen“ am Hinterrad doch nicht erst am Ende der Woche in die Hauptstadt in meine Lieblingsfahrradwerkstatt zu bringen, sondern doch in die Bezirkshauptstadt, hatte ich doch am Abend zuvor große Lust auf eine Fahrradrunde bekommen, um mir den Frust von der Seele zu strampeln. Also pumpte ich das Hinterrad nochmals kräftig auf, um zum Bahnhof zu kommen, fuhr mit dem Zug weiter und legte die letzten Meter nochmals mit dem Rad, dessen Hinterreifen die Luft immer noch behalten hatte zum Radladen. Dort wurde mir zugesagt, dass ich meinen Drahtesel schon nachmittags – und damit gerade so, um rechtzeitig wieder zuhause zu sein und das Fußballtraining mit meiner U9-Mannschaft leiten zu können – abholen könne. Ich entschied mich, in der Stadt zu bleiben, obwohl es doch knappe fünf Stunden waren, aber immerhin fünf Stunden für mich. Zuerst spazierte ich zum Einkaufszentrum, dort wartete schon seit Wochen das nunmehr zum zweiten Mal reparierte Handy meiner Frau. Danach wanderte ich zurück in die Innenstadt, ging in mein Lieblingscafe, das zwar den Besitzer und den Namen (der mich nicht besonders anspricht), aber weder Personal noch Angebot und Atmosphäre gewechselt hatte. Die ehemalige Eigentümerin hatte sich vom neuen Besitzer anstellen lassen, womit für Kontinuität gesorgt war. Ich gönnte mir den Tagesteller und ein kleines Bier, arbeitete ein wenig am mitgenommenen Laptop und genoss die Freizeit.
Danach ging ich weiter zur Stadtbücherei, um einerseits zwei DVDs für meinen Jüngsten zu borgen, andererseits wollte ich auch für mich zwei, drei Bücher leihen. Ich fand sowohl die beiden vom Sohnemann begehrten „Kunststoffscheiben“ als auch die zwei von mir gewünschten Bücher – und noch ein drittes. Mit Erich Kästner‘s „Blauem Buch“ (sein „geheimes“ Kriegstagebuch) und zwei Werken von Henning Mankell (seinem nunmehr ins Deutsche übersetzten ersten Roman aus 1973 „Der Sprengmeister“ und einem Werk aus 2004 mit dem Titel „Tiefe“) setzte ich mich wenige Meter weiter auf eine Bank unter einen wunderschönen, großen und schattenspendenden Linde, wo ich die Zeit bis zum Fahrradabholen lesend (im „Sprengmeister“) und sinnierend verbrachte. Beim Fahrrad waren in der Zwischenzeit Schlauch und Mantel getauscht worden, ich erwarb noch einen Vorderstrahler sowie ein Putzmittel, um das bis dato trotz seines Alters so gut gepflegte Rad weiterhin so gut in Schuss zu halten. Zuhause dann leichte Hektik, da das Kinderfußballtraining anstand, aber auch da ging alles gut und ich musste mich nicht stressen. Abends dann holte ich mit einem rührigen Bekannten, der ein Auto samt Anhänger hatte, die Minitore aus dem Turnsaal der Volksschule in der Nachbargemeinde ab, die dort seit dem Ende der Hallentrainingssaison Mitte März gewartet hatten. Ich lud ihn danach noch auf ein Glas Wein zu uns nachhause ein, wir plauderten noch eine ganze Stunde lang, so lange bis uns die Nachbarin knapp vor zehn mit einer Klage drohte. Von unseren Nachbarn mit der Tochter Ronja, die jeden Morgen ab 5 Uhr ihr Schreikonzert veranstaltet, habe ich schon berichtet. Wir gut haben es die drei mit uns, weil wir so geduldig sind und nicht einmal im Traum an eine diesbezügliche Klage gedacht haben. Der nächste Morgen brachte mich einmal mehr um 5.30 Uhr aus den Federn, in der Hauptstadt warteten an die 40 Menschen aus dem Pflichtschulabschlusslehrgang in der VHS Großfeldsiedlung, um ihre Berufsorientierungs-Präsentation zu absolvieren. Von 8.30 bis 15.45 war ich vor Ort, hörte, fragte und motivierte, danach ging es wieder zurück in meine Heimat, wo ich gegen 18 Uhr noch Kurzinterviews mit den drei Neuzugängen unserer Fußballklubs zur Veröffentlichung auf der Homepage führte. Erst dann begab ich mich in den wohlverdienten Feierabend, an dem ich nach dem Abendessen und dem Zubettbringen meines Jüngsten noch die letzten beiden Folgen der ZDF-Serie Mirage anschaute – mit einem erwartbaren und durchaus ärgerlichen Ende. Am Vormittag des folgenden Tages fuhr ich nochmals in die Bezirkshauptstadt, ich hatte ein Treffen zur Übergabe einer Videokamera als Geburtstagsgeschenk zu seinem am kommenden Samstag bevorstehenden Ehrentag ausgemacht und mir vor wenigen Tagen online ein Buch zur Abholung in der Buchhandlung bestellt. Das Phantasien-Lexikon, das ich mir vom Geburtstagsgutschein meiner jüngeren Tochter kaufte, sollte meinen Horizont im Hinblick auf Michael Endes „Unendliche Geschichte“ erweitern, die ja so voller Symbolik und Tiefgründigem ist, das es zu erforschen gilt. Beide Termine absolvierte ich „in time“ und so war ich schon am späten Vormittag wieder zuhause. Die restliche Zeit bis zum Mittagessen nutzte ich mit Reparaturarbeiten im Garten (das Hochbeet hatte durch den anhaltenden und starken Regen der letzten Tage zwei seiner Bretter „verloren“, die zu kurzen Schrauben, die ich zu deren Fixierung verwendet hatte, hatten ihren Dienst aufgegeben) und zum Putzen der Fahrräder. Am Nachmittag stand eine weiteres U9-Training mit meiner Kinderfußballmannschaft an, das Wetter hielt, obwohl es anfangs ein wenig nieselte. Mein Co-Trainer war auch mit von der Partie und zum Ende hin gab es nach langer Zeit wieder einmal Ärger mit meinem Jüngsten, der sich ob seiner zwei verschossenen Elfmeter so grämte, dass er den Ball durch die Gegend schoss und sich vom Co-Trainer partout nicht verabschieden wollte, was ihm eine Moralpredigt meinerseits einbrachte. Glücklicherweise hatte er sich – ein ausgiebiges Abendessen später – bis zum Beginn der Bundesliga-Begegnung zwischen seinem Lieblingsclub Rapid und dem Serienmeister der letzten Jahre aus Salzburg wieder beruhigt. Und dafür brauchte er gute Nerven, denn nach der überraschenden Führung für seine Mannschaft, spielte nur noch der Gegner und am Ende musste eine 2:7-Niederlage verdaut werden. Er trug es mit Fassung – ich sowieso, hatte ich doch meine Hardcore-Fanzeiten schon lange hinter mir und die waren dem Erzfeind Rapids, der Wiener Austria, gewidmet gewesen. Die Nacht verlief unruhig, ich stand schon um 6.30 auf, erledigte diverse „Büroarbeiten“, schrieb an meinem Blog und plante den ersten Umbauschritt des Wohn-Arbeitsbereiches, war ich doch am wegen der Geburtstagsfeierlichkeiten für unseren Jüngsten am kommenden Wochenende auf diesen Tag vorverlegten Putztag für die Reinigung eben jenes Bereiches zuständig. Meine Liebste hatte mit unserem Ältesten einen Termin für seinen nächsten Ausbildungsschritt einige Kilometer weiter nördlich, so hatte ich sturmfreie Bude, um den auch ihr schon angekündigten „Umbauschritt“ zu setzen, bei dem ich mir einen Bereich schaffen wollte, in dem ich ungestört und für mich sein konnte, so oft ich wollte. Da dieser aber nur durch einen Vorhang vom Rest des Hauses getrennt sein würde, war dennoch Achtsamkeit und Respekt der anderen Familienmitglieder notwendig. Dennoch spürte sich die Sache sehr, sehr gut an. Die Aktion beanspruchte mich mehr als erwartet, ich musste unterbrechen, um Mittagessen zu kochen, machte mich aber gleich danach ohne Mittagspause wieder ans Werk und war am Ende sehr, sehr zufrieden. Abends war meine Maturagruppe zu begleiten, es waren nur zwei Teilnehmende im Zoom-Meeting anwesend und so waren wir mit unserem Programm schnell durch – der Feierabend konnte früher beginnen, was mir nach den Anstrengungen des Tages, die sich in einer erheblichen Müdigkeit zeigten, nur recht war. Am Vormittag des nächsten Tages machte ich mir nochmals im Garten zu schaffen, ich mähte die Spielwiese meines Jüngsten, der man momentan beim Wachsen zuschauen konnte, dann senste ich einen Teil unserer Blumenwiese rund um Birke und Tanne, da auch diese in den letzten Wochen so hoch gewachsen war, dass sie die beiden Bäumchen überwucherte. Am Nachmittag hatte ich am östlichen Ende der Hauptstadt zu tun, die Anreise mit den Öffis würde mich knappe drei Stunden kosten, ich hatte wenig Bock auf den fünfstündigen Workshop zum Thema Diversität, den ich dort in einer Kindergruppe mit den Betreuerinnen halten sollte. Pflichtbewusst machte ich mich dennoch auf den Weg, schon ein wenig früher, da ich noch einige Utensilien für den Geburtstag meines Jüngsten am bevorstehenden Wochenende einkaufen wollte. Trotz der langen Anreise war ich pünktlich vor Ort und erlebte eine sehr engagierte Gruppe von Frauen, die mir die Arbeit leicht machten. Außerdem war auch für das leibliche Wohl bestens gesorgt und so verging der Abend wie im Flug. Die Heimfahrt gestaltete sich dann schwieriger als erwartet, da mir Scotty zunächst mitteilte, dass mein Zug nachhause aufgrund eines technischen Defekts ausfallen würde und ich daher erst eine Stunde später fahren würde können. Das bedeutete für mich, erst gegen ein Uhr Früh zuhause sein zu können. Daher entschied ich mich, eine andere Strecke für die Rückfahrt zu nehmen, womit ich nur eine halbe Stunde verlieren würde. Unnachgiebig wie ich nun mal bin, befragte ich während der Straßenbahnfahrt nochmal Mr. „Beam-me-up“ und siehe da: Mittlerweile war eine Ersatzgarnitur – die sich wenig später als alter Schnellbahnzug herausstellte – bereit gestellt worden. Ich konnte also meine Fahrt mit der Straßenbahn schon früher beenden und meine Rückfahrt nach ursprünglichem Plan antreten. Was mir auf meiner langen Reise – deren Großteil ich in den Öffis der Hauptstadt verbracht hatte – besonders unangenehm aufgefallen war: es war ein Gewusel in den Verkehrsmitteln wie in der Stoßzeit und leider hielten sich nicht alle an die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes. Diesen Menschen ging ich verärgert aus dem Weg, einmal stieg ich sicherheitshalber sogar aus und nahm das nächste Gefährt. Hier zeigte sich für mich das, was ich in diesen letzten Wochen schon öfter wahrgenommen hatte, nämlich, dass die Menschen schnell vergessen und nicht bereit sind, aus den Ereignissen zu lernen, sowohl im Kleinen (Abstand, Maske, etc.) als auch im Großen (was müssen wir ändern, damit wir Pandemien vermeiden können). Ich war an diesem Abend aber zu müde, um mich aufregen oder gar ärgern zu können. Und das war gut so. Zu Beginn des neuen Lebenstages stand neuerlich ein Fußballmatch am Plan, Sevilla und Barcelona matchten sich zu einem torlosen Unentschieden, das Spiel war aus meiner Sicht nur ansatzweise attraktiv. Wieder ging es später, als es sinnvoll war, ins Bett und als mich der Radiowecker um 6 Uhr aus den Träumen riss, war ich einigermaßen matschig.
Auf dem Weg in die Hauptstadt pflasterten Leichen meinen Weg. Auf der Radfahrt zum örtlichen Bahnhof traf ich auf einen großen Igel, der nachts auf überfahren worden war und mit heraushängenden Eingeweiden blutig mitten auf der Fahrbahn lag. Am Bahnhof der Bezirkshauptstadt lag ein großer Vogel tot auf den Gleisen. Ich erinnerte mich an Phasen in meinem Leben, als ich in den Morgenstunden auf dem Weg zu meiner damaligen Arbeit auf bei Unfällen verstorbenen Menschen getroffen war, einmal an einer U-Bahnstation den von einem Auto niedergemähten und am Gehsteig liegenden Menschen, ein anderes Mal einem Selbstmörder, der gerade von der Feuerwehr von den U-Bahngleisen geborgen wurde und ein weiteres Mal den „Teilen“ eines Selbstmörders an einer Bahnstrecke. Es gibt Phasen in meinem Leben, da mag ich mit dem Tod nichts zu tun haben, das sind jene Zeiten, in denen es unrund ist, in denen Dinge offen sind, die ich jedenfalls noch klären möchte. Und gerade dann fallen mir solche Ereignisse zu bzw. besonders auf. Aktuell befinde ich mich ja auch in einer solchen Phase, in der es für mich wichtig ist, zu entscheiden, wohin ich meine Aufmerksamkeit angesichts der Endlichkeit des Lebens richten möchte. Die beiden toten Tiere mahnten mich an diesem Morgen eindrücklich, diese Entscheidungen zeitnah zu treffen. Zudem war ich morgens aus einem Traum erwacht, in dem meine Familie und ich ohne die genauen Gründe zu kennen aus unserer Heimat abgeschoben werden sollten. Um wieder auf die Reihe zu kommen, schrieb ich auf der Zugfahrt in die Bundeshauptstadt an meinem Blog. In der Akademie, in der ich mich am Vormittag mit Elemetarpädagog*innen mit dem Thema Familie und Elternarbeit beschäftigen wollte, angekommen, war mir dann durchaus schon wieder wohler zu Mute. Für den Moment konnte ich ja einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen und war dem häuslichen Stress entflohen. Pünktlich trat ich dann meine Rückreise in dem Bewusstsein an, dass mich zuhause jede Menge Aufgaben im Zusammenhang mit unserem Juhannus-Fest erwarteten. Das Wetter hatte sich eingetrübt, es regnete, also typisches finnisches Sonnwend-Wetter, zu kalt für das Fest, was allerdings zumindest bei den Finn*innen die Freude auf den Sommer verstärkte. Ich ließ mich davon nicht beeindrucken und machte mich sofort nach meiner Heimkehr an die Arbeit, Es galt den Griller anzuheizen, was ich diesmal mit selbstgemachter Holzkohle, so wie ich es in meinen Pfadfindertagen gelernt hatte, tat. Mein Jüngster hatte schon alles liebevoll vorbereitet, in unserer Hof-Einfahrt standen schon die Grillutensilien bereit, ebenso war der Esstisch bereits gedeckt, Ich konnte also umgehend an meinen Teil des Werkes gehen. Gleichzeitig mit dem Griller bereitete ich die Juhannus-Sauna vor, die an einem so frischen Tag wie diesem sicher ein Genuss werden würde. Grillen und Saunieren hatte ich noch nie nebeneinander betrieben, es war eine Premiere, die ich mit mich selbst überraschender Gelassenheit absolvierte. Zumindest bis zu jenem Moment, als ich meine Liebste fragte, ob sie Kartoffel und Kukuruz schon auf den Ofen gestellt hatte, was sie trotz ihrer Zusage aufgrund ihrer Aktivitäten vergessen hatte. Nun gut, gemeinsam schaffte wir auch diese Hürde und so konnten wir pünktlich nach der Sauna unser festliches Abendessen outdoor genießen. Die Würstel aus dem örtlichen Bioladen schmeckte ausgezeichnet, auch das Gemüse war hervorragend und die ganze Familie inklusive Kater Dario schmatzte. Zur musikalischen Untermalung unserer Festivität hatten wir YLE Radio Suomi über den Laptop laufen, was die Stimmung zusätzlich verbesserte. Während Sohn Nr. 1 und Nr. 3 nach dem Abendessen Brettspiele spielten, chillten meine Frau und ich, sie am roten Outdoorsofa und ich ihr gegenüber auf einem unserer Liegestühle. Wir plauderten, rauchten die eine oder andere Zigarette, tranken Bier und genossen, wegen der Kälte zugedeckt, unseren Abend. Nachdem sich der Älteste zurück gezogen hatte, machte unser Jüngster ein wenig DJ-Musik für uns, er erwartete voller Ungeduld den Sonnenuntergang um exakt 21:03, denn da wollte er jene Fackel anzünden, die er bei den Feierlichkeiten zum Jahreswechsel „am Berg“ geschenkt bekommen hatte. Aber auch damit gab er sich dann noch nicht zufrieden, hatte er doch herausgefunden, dass der Sommerbeginn heuer für 23:43 Uhr angekündigt war. So wurde es eine lange Nacht, die erst in den frühen Morgenstunden des Sonntags endete. Dieser Tag war dann weniger erfreulich, da es mit unserem Ältesten zu heftigen Diskussionen kam; es ging einmal mehr um Grundsätzliches, auch um seine Art und Weise wie er seit Jahr und Tag mit der Situation umzugehen pflegte, dass seine Eltern sich getrennt hatten und er nun in unserer Patchworkfamilie mit mir lebte. Sein grundsätzlicher Vorbehalt mir gegenüber, der von seinem Vater durch zahlreiche Aktionen (gegen mich) geschürt worden war und auch noch wird, ist für mich schwer zu ertragen. Seine Worte befeuerten meinen sehnlichen Wunsch nach einer Auszeit, der ja vor einer Woche sehr deutlich zum Vorschein gekommen war und mich veranlasst hatte, das eine oder andere in meinem Leben, ändern zu wollen. Nach einer langen Diskussion beim Mittagstisch verließ ich im strömenden Regen unser Zuhause, um mir Luft zu verschaffen. Ich spazierte durch das Dorf, auf dem Rückweg kam ich bei einer Birke vorbei und schnitt Zweige für unseren Juhannus-Buschen, den meine Liebste in Folge ihrer Arbeit am Tag davor nicht hatte vorbereiten können. Wieder zuhause entfernte ich das Exemplar vom Vorjahr und hängte den neuen wie immer über unserer Haustüre auf. Die mittägliche Diskussion mit Sohn Nr. 1 flammte nach dem Abendessen wieder auf, es war auch in diesem Moment hoffnungslos, seine Sichtweise auf seine Situation zurecht zu rücken und ihm zu verstehen zu geben, dass er diese auch als Bereicherung sehen konnte. So ging dieses Lebenswochenende mit Ärger und Knatsch und schlechten Gefühlen zu Ende. Karin Kiwus
Lösung Im Traum nicht einmal mehr suche ich mein verlorenes Paradies bei dir ich erfinde es besser allein für mich In Wirklichkeit will ich einfach nur leben mit dir so gut es geht. Johann Wolfgang von Goethe Erster Verlust Ach, wer bringt die schönen Tage, Jene Tage der ersten Liebe, Ach, wer bringt nur eine Stunde Jener holden Zeit zurück! Einsam nähr' ich meine Wunde, Und mit stets erneuter Klage Traur' ich um's verlorne Glück. Ach, wer bringt die schönen Tage, Jene holde Zeit zurück! Die Beschäftigung mit diesen beiden Liebesgedichten bereicherte den Beginn meines neuen Lebenstages. Die Teilnehmer*innen des von mir geleiteten Vorbereitungslehrganges für die Berufsreifeprüfung Deutsch, die ich diesmal wieder persönlich in der Volkshochschule vor mir hatte, ließen sich bereitwillig auf die vergleichende Interpretation der beiden Texte ein. Auch mich bewegten die Zeilen der beiden Dichter*innen, die rund zweihundert Jahre voneinander entfernt gelebt hatten. Auf diese Weise beschwingt schaffte ich die Radfahrt von Favoriten zum Westbahnhof trotz der späten Stunde und der lang gedehnten Steigung auf den letzten beiden Kilometern in einer knappen halben Stunde, womit ich mir noch ein Feierabendbier im Bahnhofsupermarkt kaufen konnte. Die Focaccia, die ich schon vorher erstanden hatte und eben jenes Bier versüßten mir die Zugfahrt, ich war ja mittlerweile schon geübt im „Nahrung-zu-mir-Nehmen“ mit Mund-Nasen-Schutz. Zuhause fiel ich recht schnell ins Bett und schon frühmorgens startete ich mit meinen Beiträgen zum wöchentlichen Putztag, den wir um einen Tag vorgezogen hatten, weil wir am Samstag gemeinsam mit den Finn*innen Juhannus, das Mittsommerfest zur Sommersonnenwende feiern wollten. Es ging diesmal nicht ganz ohne Hindernisse ab. Zuerst war eine Bescherung unseres Katers zu beseitigen, er hatte offenbar nachts einen Blumentopf vom Fenstersims gestoßen, dann waren meine Frau und ich uns uneins im Hinblick auf die Putzeinteilung, obwohl diese eigentlich am Kalender festgeschrieben war. Ich verbrachte dann mehr Zeit damit als mir lieb war, auch meine Liebste musste ihr Vormittagsprogramm letztlich canceln. Allgemeine Zufriedenheit sieht anders aus. In Ereignissen wie diesen zeigen sich die Auswirkungen der jahrelangen Anspannung im Hinblick auf unser Familienleben, leider. Wir müssen weiter lernen, den Fokus nach innen zu richten und uns nicht ständig von außen in die Suppe spucken zu lassen; hier sind wir immer noch viel zu oft willfährige Diener*innen jener Menschen, die uns das Leben schwer machen wollen. Auf dem Weg zum Bioladen verlor mein Rad auch noch alle Luft aus dem Hinterreifen. Ich musste es die rund 2 Kilometer voll beladen mit den Köstlichkeiten für unser Festessen am kommenden Tag nachhause schieben. Überraschenderweise blieb ich sehr, sehr gelassen, plante währenddessen sogar die Überführung des Rads zu meinem Fahrradmechaniker in der Hauptstadt für kommende Woche und wusste, dass ich in der Zwischenzeit für die örtlichen Wege das Fahrrad unseres Ältesten benützen konnte, also alles halb so wild. Danach, diesmal schon mitten am Nachmittag, war Feierabend, was angesichts des herausfordernden kommenden Tages schier angebracht war. Meine Liebste und ich planten den Ablauf, ich war ja von frühmorgens bis nachmittags in der Hauptstadt als Workshopleiter für Elementarpädagog*innen engagiert worden, danach plante ich den Grill und die Sauna anzuwerfen, um dem Juhannus-Tag sein wahres Gesicht zu verleihen. Meine Frau war damit beauftragt, die Birkenzweige für Vasta und unser Haus zu organisieren. Für mich war gleich beim Kennenlernen dieses finnischen Rituals der Bezug zu unserem Fronleichnamsfest, bei dem ja auch Birken den Weg der Prozession begleiten, aufgefallen, was sicher kein Zufall ist. Den frühen Feierabend verbrachte ich beim Chillen im Garten, auch Kater Dario genoss diese Ruhe vor dem Sturm. Der neue Lebenstag begann mit dem italienischen Cupfinale zwischen Juventus Turin und SSC Neapel, ein durchaus spannendes Spiel, das nach einem 0:0 in der regulären Spielzeit in ein Elfmeterschießen ging. In diesem hielt Napolis Ersatztormann (der die Nr. 1 Ospina aufgrund einer Gelbsperre vertreten hatte) gleich den ersten Elfer von Superstar Dybala hielt. Auch den zweiten Elfer vergaben die Turiner und so gelang den Neapolitanern mit einem 4:2 der erste in dieser Saison vergebene Titel. Die Feiern in der süditalienischen Stadt waren laut Presse überbordend und leider auch jenseits jeglicher derzeit in Europa und speziell in Italien geltenden Verhaltensvorschriften.
Ich kam zu spät ins Bett, ich musste zu früh aufstehen, da ich schon um 9 Uhr in der Hauptstadt meine alle 14 Tage stattfindende Supervisionsstunde gebucht hatte. Die Zugfahrt unter „Masken-Bedingungen“ verlief problemlos, ich hätte nie gedacht, dass ich mich an diese Notwendigkeit gewöhnen würde. Ich nutzte das Schaukeln des Zuges, um genüsslich zu dösen, vor mich hin zu träumen und zu checken, was mich ausmacht. Zwei große Gedanken setzten sich dabei fest: zum einen galt es nun endlich die Idee des Rechts auf Bildung und der Bildungsräume umzusetzen, damit es für jene jungen Menschen, denen Schule und Schulsystem nicht entsprechen endlich auch einen legalen, „geraden“ Bildungsweg gehen könnten; zum anderen war es dringend notwendig eine Bewegung ins Leben zu rufen, die sich für Bildung, Umwelt und ein solides soziales Fundament für jeden Menschen stark machte. Beim Nachsinnen traf ich abermals auf meinen Schmerzpunkt, jener Wunde, die ich seit meiner Kindertagen herumtrage und die immer noch schmerzt. Mir fiel ein Zitat aus einem Rosa Roth-Krimi ein (diese Krimis begannen immer mit eine Zitat), das so lautete: „Der Regen fällt nicht mehr zurück nach oben. Wenn die Wunde nicht mehr schmerzt, schmerzt die Narbe.“ Wie wichtig war es, sich diesem Schmerz mit Haut und Haaren zu stellen und ihn nicht ständig weg zu rationalisieren. In der Supervision hatte ich wesentliche Erkenntnisse, ich konnte auch das eine oder andere betrauern und fühlte mich nachher um Wesentliches leichter. So fuhr ich mit meinem Wiener Rad im Regen zum vereinbarten Treffen mit meinem ältesten Freund. Das ursprünglich von uns ins Auge gefasste Lokal hatte geschlossen, auch eine zweite Möglichkeit konnte deswegen nicht genutzt werden. So nahmen wir mit dem vorlieb, was die Gegend bot und zogen uns in die dunkle Ecke eines Segafredo-Cafés zurück. Dort plauderten wir eine Stunde lang über Gott und die Welt, ich zog mir noch eine Bruschetta mit Tomaten und Mozzarella rein, damit ich den Nachmittag mit knapp 40 Präsentationen für Berufsorientierung und den abendlichen Präsenztermin mit meiner Berufsreifegruppe in Deutsch gut überstehen würde. Die Radfahrt vom Westbahnhof über‘s Wiental in die Höhen von Favoriten bei schwül-feuchten Wetter hatte zur Folge, dass ich von innen her nassgeschwitzt nach einer knappen halben an meinem Ziel anlangte. Die Präsentationen gestalteten sich äußert zäh und langwierig, man merkte, dass die Teilnehmenden durch die Situation der letzten Wochen vornehmlich Online-Unterricht gehabt hatten und nicht alle mit dieser Situation klar gekommen waren. Drei Teilnehmer*innen mussten wir daher trotz aller Bemühungen auch negativ bewerten. Aufgrund dieser überlangen Darstellungen kam ich erst mit einer halben Stunde Verspätung zu meinen Kandidat*innen für die Deutsch-Matura. Wir hatten dann aber eine intensive und bewegende Zeit, wir widmeten uns der Interpretation von zwei lyrischen Texten, die uns sehr tief in die Reflexion von Liebe führten. Auf der Fahrt in die Hauptstadt sitze ich im Zug, höre Stefanie Wergers „Zügellos und frei“ und blicke zurück auf eine Woche, die sich wie ein Jahr anfühlt. Voll mit Ereignissen, vor allem im Inneren, hat sie mich zu meinem Schmerz gebracht, der mein Leben mehr bestimmt als mir lieb ist. Und dennoch – so weiß ich – ist dies der Weg, um tatsächlich frei zu sein. Das Reflektieren und „Behirnen“ ist letztlich auch nicht mehr als ein Davonlaufen und Schmerzvermeidung. Aber der Reihe nach.
Am Abend des Tages, an dem mein Jüngster seine Externistenprüfung so erfolgreich bestanden hatte, ging es noch zu einer Besprechung des Vorstandes unseres Dorf-Fußballklubs. Die Unsicherheit bezüglich der Zunkunft des Amateurfußballs hatte sich noch nicht gelegt, dennoch war es gelungen, fast alle Spieler zu halten und für die zwei Abgänge gute Nachbesetzungen zu finden. Der nächste Vormittag führte meinen Jüngsten und mich endlich wieder in die Stadtbücherei, es war einfach herrlich in den Regalen mit Büchern, CDs, Kassetten und DVDs zu „baden“ und eine gehörige Portion davon mit nachhause nehmen zu können. Beim Mittagsschlaf auf dem roten Outdoorsofa wich Kater Dario nicht von meiner Seite. Er schnurrte mich in einen angenehmen Powernap, aus dem ich erholt erwachte. Nachmittags dann kam Bewegung in die Dach-Geschichte. Unsere Vermieterin begutachtete die Situation gemeinsam mit ihrem Gatten, es wurde vereinbart, dass innerhalb von drei Wochen mit der Sanierung von Dachstuhl und Dach begonnen werden sollte. Der Donnerstag-Feiertag war dann zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen dem Hendlgrillen beim örtlichen Fußballverein gewidmet. Wieder hatten jede Menge Menschen das Angebot angenommen. In Begleitung meines Jüngsten managte ich die Getränkeausgabe, am Ende wurden wir mit einem halben Grillhuhn belohnt, das wir uns teilten. Es schmeckte ob seiner Würzung vorzüglich, obwohl ich zugeben muss, dass ich eigentlich gar keine Lust drauf hatte, diesen Vogel aus Massentierhaltung zu mir zu nehmen. Abends fiel ich nach dem zweiten Teil des Amsterdam-Krimis auf ARD erschöpft schon um zehn ins Bett, ich erwachte morgens dafür schon sehr früh. Um sechs war ich bereits im Garten, um den Sonnenaufgang zu genießen. Kater Dario hatte sich zu mir gesellt und begehrte, auf den Arm genommen und gekuschelt zu werden – ein sehr harmonischer Morgen. Kurze Zeit später erklomm der Kater hinter meinem Rücken den alten und weit verzweigten Weinstock, um es sich am im ersten Stock der Nachbarwohnung befindlichen Fensterbrett bequem zu machen, er wollte den von ihm so geschätzten Vögeln näher kommen, wie wohl er schon mehrmals erfahren hatte, dass wir da ganz anderer Meinung waren. In den Wochen seines Hierseins und Aufwachsens hatte er beeindruckende Kletterkünste entwickelt. Angesichts der beim Nachbarn immer gekippten Fenster, überlegte ich mir eine Maßnahme, die das Erklimmen des Weinstockes erschweren bzw. verunmöglichen sollten. Noch vor dem Frühstück brachte ich auf halber Höhe ein Gitter an, so dass unser Kater nur noch bis unterhalb der Fensterbank klettern konnte. Neugierig wie er nun einmal ist, versuchte er kurze Zeit später sein Glück und musste trotz zahlreicher Versuche, die Barriere zu überwinden, erkennen, dass es nicht möglich war, zur Fensterbank im Obergeschoss vorzudringen. Für mich waren diese Minuten, in denen ich ihn nicht aus den Augen ließ, auch der beste Beweis, dass meine Maßnahmen die gewünschte Wirkung erzielten. Erschöpft von seinen Bemühungen ruhte er sich noch kurz am Weinstock aus, ehe er rücklings wieder abwärts kletterte. Am Nachmittag war ich zu meiner jüngeren Tochter in ihr Domizil eingeladen, ich hatte angeboten, die Rechtschreibung jener Texte, die sie für ihre neue Homepage geschrieben hatte, durchzugehen und dabei auch gleich ihr Haus im Weinviertel zu bestaunen. Mein Jüngster wollte sich diese Chance nicht entgehen lassen, seine Halbschwester wieder zu sehen und das Pool im Garten kennen zu lernen, das er im Sommer dann schwimmend zu erkunden gedachte. Die Strecke, die mit dem Auto in 45 Minuten zu bewältige war, kostete uns mit den Öffis rund 2 Stunden, auch weil wir in Stockerau 45 Minuten auf den Busanschluss warten mussten. Die Wartezeit nutzte mein Sohn dafür, sein Taschengeld im örtlichen Supermarkt auszugeben. Im Bus waren wir die einzigen Fahrgäste, worauf sich mir wieder die Frage stellte, ob es keinen Bedarf gäbe oder ob es aufgrund des zu geringen Angebots alle Anwohner ein eigenes Auto oder eine PKW-Mitfahrgelegenheit nutzten. Das wird sicher auch die größte Herausforderung eines zukünftigen Pushens der öffentlichen Verkehrs (wie etwa durch das geplante 1,2,3-Ticket) sein, Angebot und Infrastruktur so aufzustellen, dass sie von möglichst vielen Menschen genutzt werden können. Während meine Tochter und ich uns intensiv in ihre Homepage und das eine oder andere Gespräch über unsere Leben vertieften, saß mein Sohn auf der Terrasse ihres Hauses und nutzte die Zeit, seine vom Taschengeld angeschafften Neuerwerbungen zu lesen bzw. auszuprobieren. Dann gab er sich noch das eine oder andere Filmchen am Handy. Zuletzt aßen wir noch Kuchen, bewunderten die beiden Kater meiner Tochter und wurden nochmals für den Sommer zum Schwimmen für den dann gefüllten Pool eingeladen. Wir versprachen wiederzukommen und das in erweiterter Familienbesetzung. Unser Abendessen nahmen wir dann während der erneuten Wartezeit in Stockerau ein. Wir kamen gerade rechtzeitig heim, um das Freitagsspiel der Deutschen Bundesliga anschauen zu können. Danach fielen wir erschöpft in unsere Betten. Der darauffolgende Samstag diente dem Putzen und den wöchentlichen Großeinkäufen. Nachmittags stand das erneut Fußball, diesmal die österr. Bundesliga am Programm. Bei mir und meinem Jüngsten bemerkte ich leichte Verschleißerscheinungen wegen des vor kurzem zu Ende gegangenen Prüfungsstresses. Es lag eine gewisse gereizte Stimmung in der Luft und ich verspürte den Anflug einer Erschöpfungsdepression, die sich meiner schon öfter in meinem Leben – und zwar immer nach dem erfolgreichen Abschluss einer länger andauernden Aufgabe – bemächtigt hatte. Ich fühlte mich damit gar nicht wohl, waren doch in den nächsten Tagen und Wochen noch andere Herausforderungen zu bewältigen, die jede Menge Kraft brauchten. Für einen Hänger oder eine Pause schien jetzt wirklich keine Zeit zu sein. Am nächsten Tag dann, einem Sonntag, eskalierte die Angelegenheit insofern, als mein Jüngster beim gemeinsamen Schauen des Bundesligamatches zwischen WAC und Rapid (dessen Fan er ist) wegen der schlechten Leistung seines Lieblingsklubs bei einer weiteren vergebenen Chance die Nerven verlor und einen leeren Weinkarton, den ich für unseren Kater zum Spielen auf dem Boden platziert hatte, auf Kater Dario kickte. Daraufhin schickte ich ihn in sein Zimmer zur Beruhigung, genervter und schärfer als üblich. Im darauf folgenden Konflikt, den auch das 2:1 für Rapid nicht entschärfte, fühlte ich mich überfordert. Ich verspürte mit einem Mal den innigen Wunsch nach einer Auszeit, nach einer Zeit, die mir ermöglichte, das zu tun, worauf ich Lust hatte und nicht von einer Verpflichtung in die nächste zu torkeln. Dieses Bedürfnis äußerte ich auch gegenüber meine Frau heftig und mit Nachdruck – und stieß sie damit völlig vor den Kopf. Eine Lösung schien noch weiter entfernt als kurz vorher, zumal mir im Streitgespräch mit ihr einfach alles einfiel, was mir nicht passte. Da auf diese Weise keine Lösung zu erreichen war, nahm ich mir eine Auszeit und fuhr mit dem Fahrrad zum Heurigen, um – wie geplant – Traubensaft zu kaufen. Dort traf ich auf Bekannte, einer von ihnen lud mich auf einen G‘spritzten ein. Auf mehr hatte ich aber absolut keine Lust. Ich plauderte Belangloses, kippte den Spritzwein schnellstmöglich runter, zahlte den Traubensaft und dampfte wieder ab. Die Nacht verlief denkbar schlecht, die Spannung schnürte mir den Atem, mein Gefühl des „Einfach-Raus“ wurde stärker und stärker. Ich nahm mir also den nächsten Vormittag frei, schlief lang, frühstückte nicht, bestellte bei meiner Frau das gemeinsame Mittagessen ab und setzte mich auf mein Fahrrad. Ziellos fuhr ich los, um schließlich im Großmarkt und im Einkaufszentrum der Bezirkshauptstadt zu landen. Beim ersten kaufte ich im Angebot 5 Kilogramm einheimischer Erdbeeren und Gelierzucker, weil ich Lust hatte, die Jahresration an Erdbeermarmelade herzustellen. Im anderen erwarb ich Zigarettentabak, eine Vakuum-Tabakdose und einen Stein, der mit Wasser getränkt und zum Tabak gelegt, diesen feucht halten sollte, da ich ja – wie schon geschrieben – Genussraucher bin. Für meinen Jüngsten erwarb ich drei Hefte, die ihm dabei helfen sollten, seinen Vorsatz das Schönschreiben zum schulischen Jahresthema zu machen, gut umsetzen zu können. Ich kaufte mir auch noch einen kleinen Mittagsimbiss und einen Sommerhut. Es tat so gut, sich dem zu widmen, was mir wichtig war. Auf der Heimfahrt konnte der Gepäckträger meine Fahrrads das ihm auferlegte Gewicht der Einkaufstasche nicht halten und ließ bei einer Bodenwelle alles auf die Erde plumpsen. Ich klaubte Erdbeeren und die anderen Einkäufe die bunt gemischt auf der Straße lagen geduldig wieder auf und legte den weiteren Weg zu Fuß und mein Fahrrad schiebend zurück. Zuhause angekommen machte ich mich umgehend ans Marmelademachen und zwei Stunden später war alles in die dafür vorbereiteten Gläser gefüllt. Und weiter ging‘s zum Fußballtraining, das ich lieber ausfallen hätte lassen, was ich aber aus Pflichtgefühl nicht tat. Die Stimmung zwischen meinem Jüngsten und mir war noch angespannt, während des Trainings aber lockerte sich diese zusehends und wir fuhren guter Laune nachhause. Abends hatte ich dann noch die Jugendtrainerbesprechung im Fußballverein, der ich abwesender als sonst beiwohnte, weil ich mich immer noch nach Ruhe und Eigenzeit sehnte. Die nahm ich mir dann danach, in dem ich bis spätnachts Teil 3 und 4 des ZDF-Mehrteilers Mirage anschaute. Müde und erschöpft machte ich mich am nächsten Tag an die Gestaltung der letzten Ausgabe meiner Sendereihe „Nie-mehr-Schule“ auf Radio Orange. Die mehr als fünf Jahre, in denen ich dieses Magazin für alle, die Bildung verändern wollen, gestaltet hatte, haben mich in eine neue Bewusstseinsstufe bezüglich Bildung von (jungen) Menschen gebracht, Ich hatte viele Menschen kennenlernen dürfen, die mir einen neuen, differenzierten Blick auf das Thema geschenkt hatten und die mir letztlich jenen Impuls gegeben haben, der nun zum Ende meiner Radioshow führten. Ich will von nun an selber anpacken und nicht bloß darüber berichten. Dazu ein anderes Mal mehr. Für den Abend war ich zum jährlichen Open Space im Radio angemeldet, sagte aber aufgrund meiner aktuellen Situation und des dringenden Bedürfnisses nach Zeit mit mir selbst dann – schweren Herzens zwar – ab. Zudem hatte meine Frau den nächsten politischen Termin, nämlich Gemeindevorstandssitzung und unsere Jungs waren noch keineswegs auf diese Herausforderung, sich nämlich öfter mal selbst zu versorgen, vorbereitet. Auch das musste sich dringend ändern. Der Abend war dann doch eher wieder Sohn Nr. 3 gewidmet als mir selbst, aber auch er war durch die Ereignisse vom vergangenen Sonntag noch unrund. Angesichts eines am nächsten Tag bevorstehenden Zahnarzttermins schlief ich unruhig. Eine mir erst vor wenigen Wochen „verabreichte“ Plombe hatte sich vor wenigen Tagen in mehreren Etappen verabschiedet. Ich machte mir schlimme Gedanken, musste der Zahn womöglich wurzelbehandelt oder vielleicht sogar ganz entfernt werden? Nach dem Erwachen fühlte ich mich gerädert, machte mich nach einem kleinen Frühstück sorgenvoll auf den Weg zu meiner Zahndoktorin, die ich trotz ihrer Jugend bislang als äußerst kompetent erlebt hatte, im Gesundheitszentrum der Bezirkshauptstadt. Ich kam pünktlich an die Reihe, sagte ihr, wo der Schuh drückt und innerhalb von sieben Minuten war ich „geheilt“ wieder entlassen, so dass ich am Bahnhof den direkten Retourzug erreichte und die Meinen damit überraschte, dass ich eine Stunde früher als geplant zuhause war. Nachmittags dann ein weiteres Training mit meinem U9-Fußballteam, glücklicherweise war mein Co-Trainer anwesend und so konnte ich der stressigen Situation entkommen, dass ich gleich nach Trainingsende einen Onlinekurs zu geben hatte, den zweiten Teil meines Sprachförderungsworkshops für elementarpädagogische Fachkräfte, der kurz nach dem Shutdown hätte stattfinden sollen und der dann abgesagt bzw. verschoben wurde. Es war eine wunderbare Zusammenarbeit mit diesem fußballerfahrenen Mann, der sich einerseits sehr gut auf mich, andererseits ebenso gut auf die Jungs einstellen kann. So konnte ich ihm beruhigt die letzte Trainingsviertelstunde alleine überlassen und rechtzeitig zum Onlinemeeting zuhause am Laptop sitzen. Die Woche ging trotz ihrer Fülle wie im Wirbelwind vorbei – und der geplante Rückzug zu mir selbst fand einmal mehr nicht statt. Dennoch ließ sich der Schmerz meiner Ur-Wunde – wie ich sie nenne – nicht länger unterdrücken, er schwappte in verschiedenen Momenten, die ich hier nicht näher beschrieben habe, immer wieder hoch. Nur in der direkten Konfrontation mit ihm, liegt die Chance auf seine Heilung - oder sagen wir besser Integration. Mal sehen. |
Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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