Der Tag begann mit Unwohlsein. Ich war in den ersten Stunden meines 266. Lebenstages im 55. Lebensjahr sowas von platt, dass ich auf mein Feierabendbier verzichtete und lieber Schwarztee mit Zitrone und Honig zu mir nahm. Die letzten Wochen – und die Post des Tages mit Nachrichten aus Linz (ich habe schon weiter oben ausführlich über das Unterhaltsverfahren, das der von mir angenommene Sohn meiner langjährigen Lebensgefährtin gegen mich am dortigen BG vor mehr als zwei Jahren angestrengt hat, berichtet) - hatten durchaus an meinen Kräften gezehrt, sowohl körperlich, aber vor allem mental. Eine große Unlust überkam mich, verbunden mit dem, was wir alle so gut wie möglich und meist erfolgreich zu verdrängen suchen, nämlich der Todesangst. Ich fand kein gutes Rezept in diesen Stunden, las mich in Hakan Nessers ersten Roman „Der Choreograph“ aus 1988, der erst seit heuer in deutscher Übersetzung vorliegt, nahm dabei noch eine Erkenntnis mit - nämlich „Nicht berechnetet Zeit, so bezeichnete ich sie immer. Da mir nichts wirklich zufriedenstellend garantieren konnte, dass ich tatsächlich meinen Ruhestand im Herbst des Lebens würde genießen können, was war da klüger und natürlicher, als zu versuchen, sich diese Belohnung bereits zu holen, solange noch Zeit dafür da war? Und ich gewöhnte mir an, dass der einunddreißigste Tag im Monat mr gehörte, die vierundzwanzigste Stunde am Tag, ein paar Sekunden jeder Minute - und fiel irgendwann nach Mitternacht in einen unruhigen Schlaf.
Am kommenden Morgen, war mir klar, dass ich täglich eine Stunde für mich zur körperlichen, geistigen und psychischen Ertüchtigung einplanen würde – und zwar in der Mittagspause, die regelmäßig zwischen 13 und 15 Uhr stattfindet. Ich schrieb 13.30-14.30 in meinen Kalender. Ebenso wollte ich zukünftig monatlich an meinem Geburtstag einen Tag ganz für mich einplanen. Und zumindest einmal pro Stunde zehnmal durchatmen. Der Vormittag verlief dann ein wenig stressig, nahm ich mir vor, die Umrandung des Komposthaufens zu erweitern. Parallel dazu sollte Kater Dario seinen ersten Freigang seit Wochen im von mir am Wochenende vermeintlich katzensicher gemachten Garten bekommen. Das gelang nur in Ansätzen, da bei unserem schwarzen Haus- und Hoftiger sofort das Interesse geweckt war, auf der Holzkonstruktion des abgedeckten Terrassendaches möglichst weit nach oben zu kommen. Ich hatte zwar jede Menge Sperren eingebaut, verlor aber beim Anblick der geschickten Versuche, diese zu überwinden (was ihm ohnedies nicht gelang) die Nerven und schickte ihn nach einer Stunde zurück in die gute Stube. Zudem interessierte er sich natürlich für die gefährlichen Orte wie den Schutthaufen auf der Wiese, auf dem auch alte Dachbretter mit Nägeln drin liegen. Ein Abtransport dieser ist leider frühestens nächste Woche zu erwarten, das neue Terrassendach wohl noch viel später. Unzufrieden verzog er sich nach drinnen – und schmollt seither bzw. Versucht jede Gelegenheit zu nützen, wieder ins Freie zu kommen. Da habe ich wohl einen Fehler gemacht und so werde ich zeitnah an weiteren Verbesserungen arbeiten, um ihm möglichst bald einen sichereren Freigang zu ermöglichen. Dann stand Kochen am Programm, aufgrund der Tatsache, dass wir wegen der aktuellen Maßnahmen nunmehr zu fünft zu Hause sind, haben wir einen Dienstplan für Kochen, Tischwischen und Abwasch ein Zweierteams erstellt. Mein Jüngster und ich hatten an diesem Tag den Küchendienst und kochten Saumaisen mit Kartoffeln, nutzten die dabei die geselchte Suppe als Vorspeise und bereiteten noch eine Einlage aus gerösteten Toastscheiben mit Käse. Nach einem kurzen Mittagsschlaf nutzte ich die erste meiner Eigen-Stunden, um mich mit Schwarz-Weißfilmen für meine Analogkamera zu versorgen und ein paar Einkäufe beim Großmarkt zu machen, die nur dort zu erledigen sind. Dabei kaufte ich mehr als ich geplant hatte und aus der Stunde für mich selbst wurde eine Stunde für die Familieneinkäufe, die gleich nach meiner Rückkehr gemeinsam mit meiner Frau fortgesetzt wurden, um alles für die kommende Woche in Kästen und Kühlschrank zu haben. Trotzdem fühlte ich mich angenehme belebt und konnte einigermaßen energievoll in einen Abend für meine Erwerbsarbeit als Trainer gehen – online diesmal und ohne in die Hauptstadt fahren zu müssen.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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