Die Sonne scheint von einem fast wolkenlosen Himmel, es zieht mich hinaus – und dennoch entscheide ich mich, diesem Drang später nachzugehen, dann, wenn das, was ich niederschreiben möchte, getan ist. Es gilt zuerst eine Standortbestimmung vorzunehmen, die Weihnachtszeit ist vergangen, das neue Jahr schon fast zehn Tage alt – und am kommenden Tag beginnt da draußen in dieser Wirklichkeit unserer Gesellschaft das „normale“ Leben, zumindest kalendarisch kehren alle aus den Feiertagen in den Alltag ihrer Mühen und Arbeiten zurück. Ich möchte mich dem diesmal nicht anschließen.
Hier sitze ich also nun an meinem Laptop. Ich schaue in eine andere Richtung als bei meinen Einträgen im vorigen Kalenderjahr. Für einen Blick in den Garten muss ich mich nach links drehen. Vor mir eine Reihe von Büchern, mein Bachelordiplom, mein Diplom als Kinderfußballtrainer, der Abdruck einer Hand meines Sohnes, den ich einst zum Vatertag bekommen habe. Rechts an dieses neue Schreib-Tischchen (gebastelt aus den Beinen eines alten Schreibtisches und einer Bauplatte, die von den Dachdeckern übergelassen wurde) gelehnt meine Gitarre, daneben am Boden zwei meiner Malereien aus 1999, als ich an einem Mal-Workshop mit jener Künstlerin teilgenommen habe, die die Bilder für das damals neu gestaltete Religionsbuch für die Volksschule gestaltet hat. Es war eine wilde, frei Zeit, die dennoch voller Zwänge war, das vorläufige Ende eines ersten schwerwiegenden Lebensumbruches, der zu Weihnachten mit 27 mit einem vegetativen Erschöpfungssysndrom (heute wohl Burnout genannt) seinen Ausgangspunkt genommen hatte. Nun, weitere 27 Jahre später (die Schamanen sprechen, wie mir der Roman“Wolfssteig“ des Waldviertler Autors David Bröderbauer, den ich in der Bücherei in unserer Bezirkshauptstadt gefunden habe, - zwar auf ironisch-sarkastische Weise - nachgebracht hat von 5 Zyklen zu 27 Jahren – Werdezeiten genannt -, die ein Menschenleben idealerweise zu durchlaufen hat: „ ‚In der ersten Werdezeit versucht man, sich selbst zu verstehen. In der zweiten Werdezeit will man die Welt verstehen und seinen Platz darin finden … in der dritten Werdezeit …‘“ versucht man zu verstehen, wie man der Welt helfen kann. So wäre ich demnach gerade an der Schwelle zu dieser letztgenannten dritten Werdezeit. Es ist also Wendezeit. Und genau das habe ich auch vor Weihnachten in Verbindung mit der Wintersonnenwende sehr deutlich zu spüren bekommen, unvorbereitet, gefangen in den Turbulenzen meines Lebens, jenen aus der Kindheit und vor allem jenen aus meinem letzten Lebensjahrzehnt (ich habe berichtet). Es galt Erneuerung zu finden und da tat sich eine „alte“ Geschichte auf, die zur Heilung beiträgt. Wie ich selbst immer wieder betone, liegt in jeder Verwicklung die Wurzel für die Entwicklung – und so musste und muss ich, um mein Leben zu retten, genau auf diese Weise – innerlich - zu Grunde gehen, um von jenem Tag an das zu entwickeln, was verwickelt ist. In den zwölf Nächten nach Weihnachten habe ich mich intensiv vom alten Jahr verabschiedet und das neue Jahr in den Blick genommen. Es wird mir viele Herausforderungen bieten (wem nicht, also bin ich in bester Gesellschaft), im Innen wie im Außen, es wird wesentlich zur Entwicklung beitragen – und dafür galt es eine Basis zu schaffen. Für mich wurde in diesen Nächten deutlich, dass meine Ent-Wicklung vornehmlich durch die Entfaltung des Meinen stattfinden wird und nicht durch einen ständigen Blick zurück in erlittenes und begangenes Leid und Verletzungen. Ein wesentlicher Faktor dabei ist Vergebung und zwar in beiderlei Hinsicht: zu vergeben und Vergebung zu erbitten, ein wahrhaft spirituelles Geschehen, das mir nicht fern ist, war ich doch über viele Jahre meines Berufslebens als Religionslehrer und engagiertes Mitglied in röm.-kath. Kitrchengemeinden aktiv. Ein weiterer Lebensumbruch vor fast genau elf Jahren und die dadurch bewusst erlebte Enge der Institution waren es die mich aus dieser kirchlichen Gemeinschaft heraus führten, mich aber auch „ent-wurzelten“. Doch nur wer Wurzeln hat, kann sich zum Himmel ausstrecken. Ich hatte ja schon in diesen „katholischen“ Jahren auch andere spirituelle Wege kennengelernt (das Spezialthema meiner Religionsmatura war „Buddhismus“), mich aber noch nirgendwo anders beheimatet gefühlt. Ich werde mich auch wohl nie mehr einer kirchlichen Gemeinschaft anschließen und so wie ich mich auch als Weltbürger und als Mensch verstehe (und nicht als Europäer oder gar als Österreicher) auch meinen Platz als Lebender und Lebendiger finden, der vom Leben getragen ist und das ihm Innewohnende zum Wohle der Menschheit einsetzen wird – und damit auch das eigene Wohl erfahren wird. Wendezeit zur dritten Werdezeit also. Und genau dieses Bewusstsein hat sich in diesen Tagen nach Weihnachten (der Menschwerdung des Göttlichen – nicht nur in Jesus wohlgemerkt sondern in jeder*m von uns, jede*r folge der eigenen Beruf-ung) manifestiert. Es gibt schon ganz konkrete Schritte, die die Gestaltung meiner Lebenstage, meine beruflichen Aktivitäten und mein gesellschaftliches Engagement sowie mein Wirken als Dichter und Denker stark verändert haben und weiter verändern. Ent-Wicklung durch Entfaltung eben. In diesem Sinn werde ich mich auch weiterhin von Zeit zu Zeit melden, hier in diesem Blog noch bis zum 22.2., dem Ende meiner Route 55 und an anderer Stelle auf dieser Dichterseite hier und auf Facebook, meinem Telegram-, Parler- und meinem Dailymotion-Kanal und auch in anderen Medien. Stay tuned!
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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