Auf Facebook entdeckte ich eine Watchparty der Gruppe „Insieme“, die ein guter Bekannter gepostet hatte. Es gab also zum Start in den neuen Lebenstag wunderbare italienische Melodien zum Mittanzen und Mitshaken. Oh wie habe ich diese Leichtigkeit vermisst – und auf welche Weise wird sie wieder in unserem Leben Einzug halten? Wird sie überhaupt?
Dazu sah ich mir ein „Talk spezial“ auf Servus-TV an, in welchem Michael Fleischhacker im Gespräch mit dem Professor für Öffentliche Gesundheit Martin Sprenger (nomen est omen), der die Taskforce der Bundesregierung Anfang April verlassen hatte, weil er mit der Weiterführung der strikten Maßnahmen und der „Angststrategie“ des Bundeskanzlers nicht einverstanden war. In dem Gespräch lobte er die konsequente Haltung der Regierung zu Anfang der Krise, ging nochmals mit der Weiterführung der Maßnahmen ab April ins Gericht, stellte die Maskenpflicht in Frage und meinte, dass die Ereignisse der letzten Wochen keine bleibende Veränderung in der Welt bewirken würden wie einstmals Dampfmaschine oder Kopernikus. Ich wurde nicht wirklich schlauer, es gilt wohl wirklich Schritt für Schritt vorzugehen, der eigenen Intuition zu folgen und so die Mitmenschen und sich selbst bestmöglich zu schützen. Das Problem ist hauptsächlich, dass kaum jemand in diesem Land mit der eigenen Intuition in Kontakt ist, hat uns doch das Bildungs- und Wirtschaftssystem dazu gebracht, zu funktionieren und auf einen „da oben“ (den Kaiser oder den Messias) zu hören, der uns ansagt, was wir zu tun haben. Ich ließ einen bereits älteren Beitrag in der ZDF-Mediathek folgen, Richard David Precht sprach mit der Politökonomin Maja Göpel über den (scheinbaren) Widerspruch von Ökologie und Ökonomie. Für mich war es befremdlich, dass der Philosoph sich sehr stark ins Gespräch einbrachte, ein Stil, der mir bei den von mir geführten Interviews fremd ist, halte ich mich doch immer sehr dezent zurück und lasse meine Gäste reden. Meine Liebste, die mir die Sendung empfohlen hatte, klärte mich dann darüber auf, dass Precht in seiner Talkshow immer so agiere und sie als Diskussion anlege. Ok, damit kann ich leben, muss man nur vorher wissen. Das Gespräch selbst war ein Schwanken zwischen dem zu Erhoffenden und dem zu Erwartenden. Es ließ mich ein wenig ratlos zurück, da es evident ist, was nötig ist, um Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen. Precht nannte es die nachhaltige soziale Marktwirtschaft, in Österreich wurde ein ähnliches Modell vor drei Jahrzehnten entwickelt und in der Regierungserklärung der neuen Bundesregierung wieder aus dem Hut gezaubert, die so genannte Ökosoziale Marktwirtschaft. Der schale Beigeschmack, der blieb, betraf den Begriff Markt. Mit dem kann ich so gar nichts anfangen, und noch weniger mit dem Slogan, dass sich der Markt von selber regle. Kapitalismus in neoliberaler Reinkultur. Da bringe ich schon sehr viel mehr Sympathie für die von Christian Felber entwickelte Gemeinwohlwirtschaft auf. Ich hatte noch Lust auf mehr, nutzte die Stunde bis Mitternacht noch mit der aktuellen Ausgabe von „Willkommen Österreich“, einer Sendung, der ich sehr ambivalent gegenüberstehe. Es war erheiternd, nicht mehr und nicht weniger, kurz nach dem Wechsel des Kalendertages fiel ich mit meiner Liebsten ins Bett. Der Sonntag brachte anfangs sonniges, tagsüber dann wechselhaftes Wetter. Ich genoss diesen finnischen Sommertag mit einem Mix aus Regen, Wolken und Sonne sowie Temperaturen um die 20 Grad. Am Vormittag entdeckte ich auf orf.at, dass Felix Mitterer doch tatsächlich den fünften Teil seiner Piefkesaga plant, er meint, dass man an den Ereignissen rund um Ischgl, das zum Corona-Hotspot Europas geadelt wurde, einfach nicht vorbeischauen könne. Bin schon sehr gespannt, da ich diese Idee auch schon seit mehreren Tagen in meinen Gedanken getragen hatte. Am Vormittag bloggte ich zwei meiner Lebenstage, es gab kurzfristig Aufregung um ein verloren geglaubtes Schüttelpennal unseres Ältesten, dass nicht – wie er befürchtet hatte - bei seinem gestrigen „Zeichenausflug“ verloren gegangen war, sondern friedlich in seinem Rucksack schlummerte. Mittags kochte meine Liebste Dinkellaibchen und ich die Beilage, den Reis. Und schon knapp nach dem Mittagessen stand der nächste Fernseh-Fußballnachmittag am Programm, diesmal mit drei Spielen der 2. Deutschen Bundesliga. Kater Dario gesellte sich zu uns, um sich mit schmalen Augen von seinem Polster aus auch dem Fußball hinzugeben. Nach einer dreißigminütigen, verspäteten Mittagspause, schaute unser Jüngster den letzten Livestream des Cirkus Pikard, der ab Anfang Juni nun endlich doch auf Tournee gehen kann. Meine Liebste und ich werkten im Garten, ich stützte den sturmgebeutelten Bambus und unterstützte sie beim Einpflanzen von Wein-Stecklingen, die einmal unseren Outdoor-Ess- und den Eingangsbereich unseres Hauses vor der Sonne schützen sollen. Einem inneren Impuls folgend gestaltete ich noch ein Türschild für unser Hoftor, es trägt neben unserem Familiennamen noch den Titel „Halme-Hof“, eine Reminiszenz an Finnland. Halme bedeutet auf Deutsch „fruchtbares Land“ und das war unser Garten in den etwas mehr als zwei Jahren unseres Hierseins tatsächlich geworden.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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