Es ist Mittwochabend. Wieder sind ganze vier Tage vergangen, in denen ich nicht einen Buchstaben geschrieben habe, der Alltag forderte mich in jeder Minute. So sitze ich also erst heute hier an meinem Schreibtisch mit dem Blick in den Garten, schaue aufs neue Hochbeet, auf die Pflanzkisten, auf die mittlerweile üppig wuchernde Blumenwiese. Eben gesellt sich auch Kater Dario zu mir, stellt sich fordernd auf meinen Schoß, will gestreichelt werden. Ich weise ihm mit sanftem Druck seinen Platz auf meinen Oberschenkeln zu, denn ich will schreiben, streicheln nur zwischendurch oder später. Er versteht und rollt sich zusammen. Gut so! Also kann ich endlich loslegen, um den ersten der vier noch offenen Tage zu beschreiben.
Ich begebe mich in die Welt der vermeintlichen Verschwörungstheoretiker: des Biologen Clemens G. Arvay, des Psychiaters Raphael Bonelli und des Mikrobiologen und Infektionsepidemiolgen Sucharit Bakhdi. In einer Welt, die so oft – viel zu oft – nur aus einer Perspektive auf die Wirklichkeit schaut und die andere Blickwinkel abwertend in ein bestimmtes Eck stellt (so wie es gerade eben auch passiert), ist es mir ganz wichtig, mir meine eigene Meinung zu bilden und auch meine Intuition bzw. innere Wahrnehmung auf den Prüfstand zu stellen. Das ist belebend. So wie die Videos der drei oben Angeführten. Auch hier lade ich meine Leser*innen herzlich ein, sich nicht den Blick vernebeln zu lassen. Jene drei haben mit keinem Wort gesagt, dass ihre Meinungsgegner*innen unrecht haben, sie haben sie auch in keine wie immer geartete Ecke gestellt (wie die bösen Buben früher in der Schule), sondern sie fordern einfach auf, das eigene Hirn einzuschalten und auch mal anders auf das Offensichtliche zu schauen. Belebend, wie gesagt. Erhellend, ent-ideologiesierend. Und wie heißt es so schön? Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit – und die absolute Wahrheit ist schlicht eine Illusion. Sonst wäre die Erde immer noch eine Scheibe und hellsichtige Kräuterkundige wären immer noch Hexen. Danach geht es noch einmal nach Frankreich ins chalet des glaces, wo es das Verschwinden einer Familie aufzuklären gilt. Die Wahrheit ist hier erschreckend, weil hier Leben wegen Geld und Vorurteilen geopfert werden. Der Rachefeldzug der Überlebenden aber ist auch nicht von schlechten Eltern. Am Ende bleiben nur Verlierer*innen. Auch so ist das Leben, leider viel zu oft. Das vielgepriesene win-win ist oft nicht einmal das Papier wert, auf das es geschrieben wurde, Kompromisse oft so faul, dass sie stinken und Konsens sowie die Notwendigkeit schwerwiegender Einwände (vgl.Soziokratie), um eine Entscheidung zu kippen oder zu verschieben, Fremdworte im Lexikon einer narzisstisch-gestörten Gesellschaft. Es wird eine lange Nacht, um drei Uhr liege ich endlich in den Federn, meine Liebste schläft schon längst den Schlaf der Gerechten. Nach nur vier Stunden bin ich wieder wach, versuche nochmals einzuschlafen, aber meine Gedanken spielen mir einen Streich. Ich setze mich an den Computer und schreibe an meiner Route 55, danach frühstücke ich, danach widme ich meinen Aufgaben im Rahmen des Putztages: Wohnbüro, Vorzimmer und das Zimmer unseres Jüngsten. Mittags bereite ich gemeinsam mit meiner Liebsten alles fürs Raclette vor. Unser Essen dauert mehr als eine Stunde. Dann lege ich mich aufs Ohr, es wird ein schwerer, intensiver Mittagsschlaf, aus dem ich knapp eineinhalb Stunden später nicht wirklich erholt aufwache. Die Nacht wirkt nach. Ich bin weiter unrund, backe Muffins. Ich erhalte die Info der AK-Bibliothek, dass das von mir vorbestellte E-Book „Corpus delicti“ der Brandenburger Verfassungsrichterin und Autorin Julie Zeh zum Download bereitsteht. Ich lade und lese. Schwere Kost. Die Dystopie einer Gesundheitsdiktatur einer Gesellschaft, die aufgrund eines Virus zum Maskentragen und zum permanenten Gesundheitscheck via App verdonnert ist. Geschrieben in prophetischer Voraussicht im Jahr 2009. Hallelujah! Um vier nachmittags dann ein weiterer Livestream des Circus Pikard, ich mache meinem Jüngsten die Freude und schaue mit ihm eine knappe Stunde mit Ausschnitten aus dem aktuellen Programm dieses Jahres, das noch nicht aufgeführt werden durfte. Und dann nehme ich mein Rad und mache mich auf den Weg in die Bewegung, die mir in all den Wochen so schmerzlich fehlt. Ich bin eine Stunde unterwegs, aus der kleinen Runde wird eine große, rund 12 Kilometer lege ich zurück und werde dabei langsam eins mit mir. Beim Radfahren spinne ich Fußballideen, vor allem überlege ich Möglichkeiten, wie ein Kindertraining in naher Zukunft sinnvoll gestaltet werden kann, so dass es den jungen Menschen auch Freude bereitet.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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