Die österreichische Fußballmeisterschaft begann an diesem Abend nach der von der Regierung verhängten Zwangspause gleich mit dem Schlager zwischen Salzburg und Rapid – und das noch dazu live im österreichischen Fernsehen. Dem ORF war es gelungen mit jenem Privatsender einer Deal auszuhandeln, der sich die Rechte für sämtliche Liveübertragungen für die nächsten Jahre gesichert hatte. Kompliment.
Das Match selbst gestaltete sich sehr einseitig zu Gunsten des Serienmeisters der letzten Jahre, noch dazu musste der Wiener Rekordmeister im Lauf der Partie drei Spieler durch Verletzungen (Bänderriss, Bändereinriss und Muskelfaserriss) vorgeben, in den letzten fünfzehn Minuten der Partie spielte man sogar nur noch zu zehnt, das das Austauschkontingent bereits erschöpft war. Diese Verletzungen hatten Expert*innen ja prognostiziert, da die Trainingspause bzw. die veränderte Trainingsgestaltung einen anderen Belastungslevel darstellt. Na gut, die Salzburger gewannen letztendlich 2:0, mein jüngster Sohn, zeit seines bisherigen Lebens Fan des Großstadtclubs, nahm es ohne Groll zur Kenntnis, wollte sich aber nach dieser schlechten Leistung seiner bisherigen Lieblingsmannschaft ernsthaft überlegen, ob er ihr treu bleiben sollte. Die Alternativen aber waren aus seiner Sicht eh nicht vorhanden … Die Herausforderungen der vergangen Wochen, aber auch jene, die noch bevorstanden, hatten das eine oder andere Loch in mein Nervenkostüm gerissen, als meine Abendmeditation gestört wurde, wurde ich sehr, sehr ungehalten. Um einen schlimmeren Wutausbruch zu vermeiden, machte ich noch eine nächtliche Runde durch den Ort. Danach konnte ich beruhigter einschlafen. Am nächsten Morgen stand ich gleich nach dem ersten Wachwerden auf und nahm mir Zeit, die Notizen der letzten Tage in meinem Blog mit Hilfe des Computers meiner Frau zu verschriftlichen. Aufgehalten wurde ich nur durch den Spieltrieb unseres Katers Dario, der über Nacht eines meiner auf meinem Schreibtischkasten abgestellten Fläschchen mit homöopathischer Medizin heruntergeworfen hatte, wobei dieses zerbrochen war. Aber nach dem Wegräumen konnte ich mich sofort ans Schreiben machen. Meine Liebste war an diesem Vormittag politisch unterwegs, ich kümmerte mich um die Hagelschäden, heizte unseren Küchenherd an, damit die Decke im Wohnbüro weiter trocknen konnte, schaute mich im Garten um, stützte eine niedergedrückte Pflanze und stellte alles, was noch nass war, in die Sonne. Unruhig wartete ich auf dem Anruf des Computerfachmannes, legte mir schon die eine oder andere Strategie zurecht, falls mein Lieblingslaptop doch nicht mehr reparabel war. Im Inneren aber fühlte ich die ganze Zeit eine große Zuversicht, dass ich ihn bald zurück auf meinen Schreibtisch haben würde. Ich kochte Penne Carbonara für meine Familie, gestaltete mit meinem Jüngsten einen weiteren Teil des für seine Externistenprüfung notwendigen Portfolios und fiel nach dem Mittagsmahl in einen 25-minütigen Powernap auf dem roten Gartensofa. Um 15.30 Uhr erreichte mich der Anruf des PC-Technikers, der mir mitteilte, dass ich meinen Laptop abholen könne. Ich war so verblüfft, dass ich keine weiteren Fragen stellte, lud meinen Sohn ein, das gestern versprochene Eis heute nachzuholen – und ab ging‘s zum Bahnhof und mit dem nächsten Zug in die Bezirkshauptstadt. Im Schienenbus kam mir die Idee, den Kurzausflug dazu zu nützen, meinem Jüngsten einen prüfungstauglichen Haarschnitt verpassen zu lassen. Tatsächlich hatte sein Friseur Zeit, er musste bloß rund zehn Minuten warten. Während er schon im Geschäft Platz nahm, holte ich meinen Laptop, der für knapp mehr als 50 Euro wieder fit gemacht worden war. Ich war sehr dankbar. Nach dem Friseurbesuch löste ich endlich das Eisversprechen ein, die Tüte mit der gemischten Kugel schmeckte vorzüglich. Wieder zuhause zurück musste ich mich sputen, stand doch das nächste Zoom-Meeting mit meiner Maturagruppe an. Junior Nr. 3 und Nr. 1 zogen sich wie Donnerstagabend schon gewohnt in das Zimmer des Jüngeren zum DVD-Schauen zurück, da meine Frau zeitgleich einen Zoom-Finnisch-Kurs zu geben hatte. Alles wieder im Plan. Überraschend, wie schnell sich Leben in die eine und die andere Richtung innerhalb kürzester Zeit ändern kann.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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