In meinen Geburtstag hinein feierte ich also - 24 Stunden vor meiner Geburtsstunde beginnend - mit einer Schar liebenswerter Menschen, die mein Leben bereicherten und nach wie vor bereichern. Als ich nach einem herausfordernden Arbeitstag aus Wien in mein Zuhause heimkehrte, war die Bude schon voll. Auch Kinder waren da, meine, aber auch zwei Gäste. Es ist faszinierend, sie beim Leben zu betrachten, sie leben – im Idealfall – aus der Fülle, wenn sie noch jung genug sind, sie sind gerade dabei etwas aus ihrem Leben zu machen, wie meine schon lange erwachsenen Töchter. Meine Generation hat schon das eine oder andere, manchmal auch mehr als gewünscht oder auch das, was nie gewünscht war, erlebt. Und das drückt sich bei den einen in einem enormen Lebenstempo aus, in dem Entschleunigung und Stagnation verpönt sind, bei den anderen äußert es sich dadurch, dass sie in den absoluten Lebensstillstand eintauchen und ihr Leben fortan quasi nur beobachten, wenn überhaupt. Zugegeben, beides sind Lösungsmöglichkeiten, die mir nicht fremd sind, Erfolgsrezepte sind sie beide nicht. Um die richtige Balance zu finden braucht es Weisheit, nicht immer ist sie mir gegeben und, wenn sie einmal aufblitzt, dann ist sie nicht von Dauer.
Geburtstage werden gerne als Neubeginn gesehen, obwohl sie willkürlich gesetzte Lebensmarken sind. Dennoch können von ihnen Impulse ausgehen, möglicherweise sogar entscheidende. Dieser Dynamik wollte ich mich auch heuer nicht verschließen. So plante ich eine Erzählperformance unter dem Titel „Ich werd‘ dir was erzählen – Von Katzen und Kindern, Männern und Mäusen, Frauen und Fußball“ mit Lesung dreier Texte (All die Welt, wildERei und Big Bang), anschließendem Partydancing und, zum Auftakt meines kalendarischen Geburtstages um Mitternacht, ein Freudenfeuer im Feuerkorb sowie einen Umtrunk mit Cider. Da alle angesagten Gäste pünktlich da waren und aufmerksam meinem Erzählen folgten, verlegte ich den Umtrunk auf die finnische Mitternacht, die eine Stunde vor unserer Zeit liegt, das Freudenfeuer zu entzünden, vergaß ich vor lauter Freude über den Jubel meiner Gäste. Und: mir fehlte eine sehr, die noch im Vorjahr dabei gewesen war und trotz der auch damals vielen Gäste und dementsprechender Lautstärke alles mit der ihr eigenen Fassung ertragen hatte: Maria Mizzi-Kaze, geb. Zenzi, die bei uns seit August 2018 lebende Glückskatze, hat uns im Sturmtief Sabine am 10.2. mittags verlassen und ist nicht wieder gekehrt. Ihr habe ich einen Blog mit Weisheiten gewidmet, sie besitzt auch ein eigenes Facebook-Profil. Meine Familie und ich müssen davon ausgehen, dass sie nimmer wieder kommt. Nie hätte ich gedacht, dass eine Katze als Seelentrösterin geeignet ist – und doch war sie es trotz oder gerade wegen ihrer Eigenwilligkeit. Mit ihr kannte ich mich aus, sie gab immer klar zu erkennen, woran man bei ihr war. Es war gewöhnungsbedürftig, doch ich gewöhnte mich gerne daran. Wären doch Menschen auch so klar und deutlich, mir, ich denke, uns allen, wäre extrem geholfen. So ging also dieser Geburtstag mit diesem erheblichen Wermutstropfen über die Bühne, was nur mir zu schaffen machte, meinen Gästen nur in meinen Erzählungen auffiel, der allseits gelösten Stimmung aber keinen Abbruch tat. Die Nacht setzte sich, nachdem uns die Gäste verlassen hatten, noch bis 3 Uhr fort, meine Liebste und ich tanzten zu Discoklängen in den Morgen. Ich erwachte dann gegen 10 h und machte mich nach einem kleinen, feinen Frühstück an die Aufräumarbeiten. Meinem Schreibtisch hat dies ausgesprochen gut getan, strahlt er doch nun wieder vor jener gähnenden Leere, die mir ein er-füllendes Schreiben möglich macht. Der Tag ging dann ganz in meinem Sinn sehr chillig zu, nicht nur, weil es mittags noch die Reste des von mir für die Gäste bereiteten Chilis für die Familie gab. Pünktlich um 19.21 Uhr, exakt zu meiner Geburtsstunde eröffnete ich im Kreise meiner Familie mit Kindersekt und Cider mein neues Lebensjahr, das 55.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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