Christian Kern, der marketing-geformte "Kanzler der Herzen", hat im ORF-Sommergespäch am vergangenen Montag versucht, alte Hüte neu zu verpacken und an die BürgerInnen zu bringen. Es mag ihm ob seines Charmes und seines eloquenten Lächelns, das ein ebensolches Äußeres begleitet, auch da und dort gelungen sein. Einer fundierten Analyse halten seine Aussagen allerdings nicht stand.
Zwei davon möchte ich herausgreifen und an ihnen aufzeigen, dass mit Parametern von gestern keine Zukunft zu gestalten ist: Zum einen sprach der Kanzler vom "In-Beschäftigung-Bringen der Menschen" mit dem Ziel bis 2020, also innerhalb von 4 Jahren, Vollbeschäftigung zu erreichen. Gleichzeitig hat er vor kurzem eine "Maschinensteuer" gefordert, weil er wahrnimmt, dass die laufende und wachsende Digitalisierung von Arbeitsabläufen jede Menge Jobs kosten wird. Seine Forderung ist aber nicht nur ein Widerspruch dazu, sondern sie ist vielmehr auch eine Fortsetzung einer Politik, die die Menschen beschäftigen will, obwohl diese, wenn sie psychisch und physisch gesund sind, ohnehin ausreichend beschäftigt sind. Was nicht ausreicht ist das dabei erzielte Einkommen, das bei gar nicht so wenigen dieser Beschäftigungen gegen Null geht. Viele der Werktätigen nehmen zudem in Kauf, dass sie einer Arbeit nachgehen, die ihnen nicht entspricht. Dabei werden sie dann physisch und psychisch krank. Hier handelt es sich um einen gessllschaftlichen Teufelskreis, der dringend durchbrochen werden will. Das richtige Mittel dazu ist aus meiner Sicht ein bedingungsloses Grundeinkommen in existenzsichernder Höhe. Finnland gibt hier leider kein gutes Beispiel, da es mit dem dort so genannten Grundeinkommen bloß die Sozialhilfe bündelt, um die Kosten zu senken. Wer bitte kann von € 560,- im Monat leben, wenn ein Haushalt dort durschschnittlich € 3.000,- ausgibt? Den für diesen Schritt nötigen Paradigmenwechsel weg von der Arbeit als Existenzgrundlage hin zum Sein hat noch keinE PolitikerIN in Österreich geschnallt, auch nicht der "wunderbare" Kanzler Kern. Zum zweiten preist Kern die Verlängerung der Ausbildungspflicht bis 25 an. Ein genialer Marketing-Schachzug, um die Jugendarbeitslosigkeit mit einem Schlag auf Null zu senken. Wer in Ausbildung ist, ist nicht arbeitslos und fällt elegant aus der Statistik. Das Drama dabei ist, dass das Leben der Menschen damit noch weiter eingeschränkt wird. Schon die Verpflichtung, sich bis 18 ausbilden lassen zu müssen ist ein eklatanter Widerspruch zum einst geborenen bildungshungrigen und neugierigen Menschen, dem durch das derzeitige Bildungssystem genau das abtrainiert wird, was nun von ihm verpflichtend gefordert wird. Das ist nicht nur quälend sondern absolut zynisch. Hier wäre es aus meiner Sicht viel besser, ein lebenslanges Recht auf Bildung zu emöglichen, das auch außerhalb von Schule in Anspruch genommen werden kann und das von der öffentlichen Hand finanziert wird. In Kombination mit dem Grundeinkommen, wäre das eine ideale Grundlage, auf dem neue Ideen wachsen können, die die Krise der Gesellschaften rund um den Erdball konstruktiv und kreativ lösen werden. Gerne hätte ich Christian Kern applaudiert. Nach seinen Ausführungen am Montagabend ist mir allerdings sogar der Buh-Ruf in der Kehle stecken geblieben, weil ich nicht nur enttäuscht sondern auch maßlos traurig war. Mögen meine Tränen - und die Tränen der vielen Menschen, die diese allerdings meist in Wut ausdrücken - die "vertrockneten" PolitikerInnen unseres Landes endlich zu neuem Leben erwecken ...
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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