"Verdingen" könnte ein Wort sein, dass sich - obwohl es so altbacken und verstaubt klingt - bald wieder großer Aktualität erfreuen könnte. Das, was es aussagt, ist ohnehin seit einigen Monaten äußerst zeitgemäß, obwohl es keiner noch so richtig war haben möchte.
Ich lasse jetzt mal die Etymologie außen vor, wiewohl die auch sehr interessant ist, ebenso dir traurige Geschichte der Verdingkinder, die als Arbeitskräfte verkauft und missbraucht wurden - was noch gar nicht so lange her ist. Vielmehr möchte ich das Naheliegende offen legen, weil es doch so oft übersehen wird. In unserem Kampf aller gegen alle um das pure Überleben, wähnen wir uns meist einen Schritt weiter als andere auf der schiefen Ebene hoch zu den Oberen Zehntausend. Das ganze Bemühen aber gleicht dem Hochrennen auf der sich gerade um 90 Grad neigenden Titanic vor ihrem Untergang. Sich selbst zum Ding machen, assoziiere ich, wenn ich verDINGen höre. Und das tue ich wirklich, wenn ich mich ob dieses "Überlebenskampfes" zu allem hergebe, was meine Existenz sichert, egal ob es mir entspricht oder nicht. Verdingung führt immer in die Sklaverei oder Leibeigenschaft. Es untergräbt alles, was mich ausmacht und es bringt nur jenen etwas, die mich benutzen. Ich selbst aber bleibe letztlich gnadenlos auf der Strecke. Die Existenz ist dann nicht nur materiell bedroht sondern ganzheitlich, weil ich auch meine Psyche nachhaltig beschädige. Tun vor Sein nannte das Erich Fromm und schrieb dagegen an. Er postulierte in seinem Meisterwerk "Haben oder Sein" das primat des Seins vor dem Tun. Gefolgt sind ihm nur wenige, weil das Tun einfach so verführerisch ist und sich die Identität der meisten unserer Zeitgenossen über ihren beruf definiert; erkennbar spätesetns dann, wenn Arbeit verloren geht oder die Pension in den Schock führt. Anstatt gemeinsam "gegen den Tod anzukämpfen", im dem wir die Welt für die kurze Zeit, in der wir in ihr leben, für alle so lebenswert wie nur möglich gestalten, versuchen wir immer noch einander auszutricksen und das größere und bessere Stück vom Lebenskuchen zu ergattern. Am Ende gibt es, wie sich schon abzeichnet, nur Verlierer. Die einen, die sich verdingen, um existieren zu können, die anderen, die sich ihrem immer größeren Reichtum verdingen. Für Geld tun wir alle alles. Das muss sich ändern.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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