Kennen Sie das nicht auch?
Da hechelst du mit letzter Kraft auf die zwei, drei Wochen erwerbsarbeitsfreier Sommerzeit hin, freust dich auf die Ruhe (Endlich!) und dann: Bumm! Familie, Partnerschaft, die nicht abgelegten Rechnungen, das Haus, der Garten, ... alle fordern sie plötzlich ihr Tribut. Und noch bevor du das Wort Ruhe in Ruhe aussprechen kannst, bist du mitten drin in einem Gewitter ungeahnten Ausmaßes. Kommen dann noch irgendwelche erledigt geglaubte Vergangenheiten (Achtung: Jede/r von uns hat zumindest eine!) dazu, die die Sommerruhe dazu nützen, ihr Mütchen zu kühlen, dann wird's ein heißer Tanz, Klimawandel hin oder her. Nun will ich Sie nicht mit meinen Befindlichkeiten langweilen, ich bin nur auf der Suche nach Verständnis und Solidarität, die erhoffte Ruhe, die ersehnte Stille habe ich schon längst abgeschrieben. Geht's Ihnen auch so? Ich hoffe es. Bitte nehmen Sie mir das nicht krumm. Die Dichterseele leidet an so viel Alltag. Im Jänner war ich guter Hoffnung, hochschwanger mit den unzähligen Ideen meines genialen Geistes. Dann brach viel zu schnell der Trott des Erwerbslebens über mich herein und fraß mich auf, mit Haut und Haaren. Den Luftschlössern ging schnell die Luft aus, schneller als ein Atemzug dauert. Ich schaufelte mir drei Wochen zum Sommerbeginn frei - und hackelte, auch um die Auszeit finanzieren zu können. Daneben blieb alles andere auf der Strecke, auch das, was Jung das wahre Selbst nennt. Kann es das sein? Ich hoffe nicht. Die Jahre laufen, ich bin auf dem Weg zum Sechziger, lese Mankell und seinen letzten Wallander, lese Mankell's letztes Werk "Die schwedischen Gummistiefel", habe vor, Mankell's "Treibsand: Was es heißt ein Mensch zu sein" zu lesen und fühle mich bestätigt in meiner aberwitzigen Sorge vor dem Ende vor meiner Zeit. Wohin also laufen, wenn stille Zeiten in dir drinnen zu lärmen beginnen? Im Kreis? Da beißt sich nicht nur die Katze in den Schwanz. Auf und davon? Da holt dich die Vergangenheit bestimmt schon an der nächsten Ecke ein. In deine Mitte? Da brauchst du die nötige Ruhe, Technik und Zeit und woher die nehmen? Zum Therapeuten? Warum nicht? Aber er wird dir dein Leben auch nicht abnehmen können. Und wenn du den falschen erwischt, dann will er dich wieder zum Funktionieren bringen und wenn du den richtigen erwischt, dann könnte es passieren, dass kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. Will ich das? Circulus vitiosus. Auf jeden Fall Zirkus. Der Zirkus des Lebens. Auch eine Idee von mir, die der Umsetzung harrt, nämlich der Niederschrift: Die Freiheit der Zirkuspferde. Paradoxon? Ja, nein. Gedankenirrgärten oder doch Labyrinthe? Gehe ich weiter, bleibe ich stehen, kehre ich um? Ich gebe auf. Und auf einmal ist sie da, die ersehnte Ruhe, breitet sich aus, in mir, um mich herum. Auch wenn sie wohl die Ruhe vor dem nächsten Sturm ist. Womit ich wieder bei meinem letzten Tagebucheintrag vom 4. Jänner dieses Jahres wäre. Das Leben dreht sich im Kreis oder doch in Spiralen oder sind es nicht eher Ringe, wie Rilke schon wusste? Let it go, let's go. Wäre schön, wenn Sie mitgingen. Sie wissen ja, die Dichterseele braucht Komplizen und Solidarität. Sie will verstanden werden - und geliebt. So einfach ist das - und so kompliziert.
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Hinweis:
Meine Meinung zu aktuellen Themen habe ich bis 1.9.2015 im Blog "Mein Senf zu allem" veröffentlicht. Seither habe ich sie auf dieser Seite in meine Tagebucheinträge integriert.
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Juli 2019
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