Abends bringe ich meinen Jüngsten zu Bett, wir lesen Käthe Recheis‘ Buch von der Katzenbande, er vertieft sich danach noch in einen Asterix-Band, ich in einen Blogbeitrag von Matthias Horx, um den Possibilismus kennen zu lernen, der mich sehr anspricht und dem ich mich ebenso nahe fühle wie dem Pessimismus. Überraschenderweise leben Pessimisten länger als Optimisten, wenn es und weil es ihnen gelingt, sich mit dem worst-case-Szenario vertraut zu machen und auf das Schlimmste gefasst zu sein.
Auch der Facebook-Beitrage eines lieben Bekannten über sein Arcofalk-Tischfußballspiel, das er auf dem Dachboden seiner Eltern gefunden und an diesem Nachmittag erneuert hat, bewegt mich. Auch ich hatte ein solches Stück in meiner Kindheit, des ist irgendwann „verloren“ gegangen. Vor rund drei Jahren waren wir dann bei einem Bekannten in seinem Garten eingeladen, dort stand zur Belustigung der Jugend ein ebensolches Teil. Mein Jüngster und ich spielten, was das Zeug hält – und er wünschte sich ein solches daraufhin zum Geburtstag. Sein Wunsch ist ihm – second hand über den Internetflohmarkt - erfüllt worden, das gute Stück ist mit uns in unser Haus übersiedelt, ich habe es auf neue, massive Beine gestellt, so dass es den Anforderungen unserer heißen Matches gerecht wird. Mein abendlicher Zeitvertreib (Ein interessanter Begriff, wie ich finde – und er hat viel Wahres, denn es gibt Momente, da mir nichts anderes im Sinn steht, als die Zeit zu vertreiben, weil ich noch nicht schlafen gehen will, doch meine Glieder schon so schwer sind, um noch Sinnvolles zu machen. In diesen Phasen kann ich auch die Langeweile nicht produktiv und konstruktiv nutzen.), mir einen ver-rückten Polizeiruf 110 reinzuziehen, scheitert an einer wackeligen Internetverbindung bzw. am wackeligen Player der Mediathek. Also gehe ich schon gegen zehn ins Bett. Am Morgen mache ich mich gleich an Unangenehmes, das erledigt werden muss. Es gelingt und ich bin erleichtert. Ich danke unserem Kater Dario, der mir eine ruhige Stunde dafür ermöglicht hat, da er uns schon gegen halb Acht – ganz gegen seine sonstige Gewohnheit – mit Maunzen, Miauen und Auf-uns-Herumtrippeln aus dem Schlaf gerissen hat. Ich telefoniere mit meinem ältesten Freund, er erzählt von einem Film über André Heller auf ORF, ich merke ihn für Abend vor. Ich brate Cevapcici und koche Reis, der Familie schmeckt‘s. Ich erfahre, dass meine Zivilcourage-Workshop für Freizeitpädagog*innen an Wiener Schulen stattfinden werden, allerdings als Präsenzkurse (und nicht online) und voraussichtlich nur im August und nicht wie geplant auch schon im Juli. Aber, was bleibt mir übrig, ich muss mich nach der Decke strecken, schon allein aus den Gründen, meinen Beitrag zum Erhalt der Familie zu leisten und die derzeit gestundeten Zahlungen an die Sozialversicherung nachüberweisen zu können. Privatkonkurs kommt nicht in Frage. Und die Förderung aus Phase zwei für mich und die vielen anderen von der Krise betroffenen Einpersonenunternehmer*innen überfordert immer noch die Antragsteller*innen und ihre Steuerberater*innen – so wie auch mich und die meine. Nach einer kurzen Mittagspause folgt eine heftige Diskussion mit unserem Ältesten über Handyzeiten und Bewegung im Freien. Die Verknüpfung von beidem hat sich bei ihm absolut nicht bewährt, er geht mit dem Handy telefonierend durch den Ort und informiert die Bevölkerung über sein Befinden und seine Befindlichkeiten. Aus drei Gründen wird das so nicht mehr stattfinden: zu seinem Schutz, zu unserem Schutz und zum Schutz derer, die sich das alles mitanhören müssen. Punktum. Wir bleiben ruhig trotz seiner panischen Unruhe, und finden auch dafür eine Lösung. Ich klopfe uns anerkennend auf die Schultern – virtuell zwar aber stolz. Was sind wir doch für prächtige Eltern! Dieses Lob spende ich mir momentan häufig, bin ich doch ein sehr selbstkritischer Mensch. Aber im Fall unserer beiden Ältesten ist es wenig hilfreich, sich ständig selbst zu kritisieren, das übernimmt in einem Übermaß ohnehin deren Vater. Also gilt es mutig zu den Dingen zu stehen,da sie doch wirklich auch immer durch Diskussion und Gespräch zustande kommen und niemals von oben herab angeordnet werden. Unser Jüngster erfreut uns mit einer Zirkusvorstellung im Garten. Er hat in Anlehnung an den Stream des Circus Pikard vom Vortag, in der eine aufblasbare Manege für dessen Vorführungen in die Wiese gestellt wurde, eine solche umrahmt von Bananenkartons aufgebaut. Kompliment! Vor dem Abendessen fordert uns Kater Dario nochmals zum Spielen auf. Seine Lieblingsspiele sind die abgefallene Quaste einer Weihnachtsmannmütze und ein Weinkorken. Im Abfangen der beiden Utensilien ist er mittlerweile Meister, auch hohe Passes zwischen mir und meinem Jüngsten hält er mit Bravour. Wir haben ihm daher den Spitznamen „Der Panther von Rohrendorf“ gegeben, den hat er wirklich redlich verdient.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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