Auch an diesem Abend, zu Beginn meines 39. Lebenstages im 55. Lebensjahr begab ich mich in militärische Gefilde. Der zweite Teil von „Meister des Todes“ wurde auf ARD ausgestrahlt. Die drei Aspekte, die mich sehr betroffen machten, waren: Der Krieg der mexikanischen Machthaber gegen ihr Volk mit Hilfe der Polizei, die skrupellosen Praktiken der deutschen Waffenindustrie in Verbindung mit den zuständige n Regierungsstellen und die Tatsache, dass Gerichte keine Gerechtigkeit herstellen, wenn schon die Gesetzesgrundlage ungerecht ist. Letzteres habe ich auch schon im Kleinen erlebt, da gäbe es nur die Möglichkeit mit viel Geld und guten Anwälten vorzugehen. Also haben wir de facto auch im Justizbereich eine Zweiklassengesellschaft, wie wir das auch aus dem Gesundheits- und Bildungssystem kennen.
Auch war der Abend zwischendurch von der aktuellen Situation in unserem Land aufgrund der Coronakrise gekennzeichnet. Zunehmend bringe ich mich in die Diskussion ein, zunehmend ergreife ich Partei für Transparenz und gegen Entmündigung, für den Erhalt der persönlichen Freiheitsrechte und gegen auf unbestimmte Zeit oder sogar Dauer geplante Überwachungsmaßnahmen und Lebenseinschränkungen. Ich poste den einen oder anderen Beitrag kritischer Journalist*innen in meinem Facebookprofil und lasse mich auf die eine oder andere Diskussion auf anderen Profilen ein. Durch Filme und Diskussionen sind auch die Nächte bewegter, die Themen wirken in meinen Träumen nach und meiner sensiblen Seele bekommt so manches Gegenwärtiges nicht wirklich. In dieser Situation fehlt mir ganz wesentlich die Zerstreuung, etwa ein Fußballmatch, ein oder zwei Bier mit einem Freund oder Bekannten, die Zugfahrten mit dem Blick ins „Narrenkastl“ (wie meine Oma jenes meditative Schauen in die Ferne oder ins Innere nannte), aber auch der direkte und nicht nur virtuelle Kontakt mit meinen Schüler*innen. Fein, dass sich morgens dann ein herrlicher Frühlingstag ankündigte mit wolkenlosem, strahlend blauem Himmel und wunderbar wärmenden Sonnenstrahlen. An diesem Vormittag stand auch Kater Darios erster Freigang auf der Tagesordnung. Er zeigte sich neugierig und vorsichtig-mutig. Nachmittags war er dann weitere 90 Minuten draußen im Garten, abends schlief er nach einem ausgiebigen Mahl dann rasch auf meinem Schreibtisch unter der wärmenden Lampe ein. Er wirkte so, als ob er es genossen hätte, seinen Erlebnis- und Erfahrungsraum zu erweitern. Warum auch nicht, stammt er doch aus der Familie der wilden Katzen und soll nicht zum Stubentiger degradiert werden. Auch wenn das – aufgrund der schmerzlichen Erfahrung mit dem Verschwinden unserer Mizzi-Katz – ein Wagnis und eine emotionale Gratwanderung ist. Nachmittags dann fasste ich mir ein Herz und schrieb mir kurz und bündig meinen Frust mit den von der Regierung gesetzten Maßnahmen in einem E-Mail an den Vizekanzler, den Sozialminister und den Bundespräsidenten von der Seele. Hier der Wortlaut: Sehr geehrter Herr Vizekanzler Kogler, sehr geehrter Herr Bundesminister Anschober, sehr geehrter Herr Steyrer, bezugnehmend auf Ihre Antwort und die Entwicklung bzgl. Härtefallfonds für Menschen wie meine Frau und ich, muss ich leider feststellen, dass wir aufgrund von Mehrfachbeschäftigungen, die aber allesamt durch die Situation vorerst ausfallen, nicht zum Bezieher*innenkreiss zählen. Daher möchte ich meine Forderung nach einem befristeten, bedingungslosen Grundeinkommen nochmals Nachdruck verleihen: 1.) Es ist unbürokratisch, da bedingungslos. 2.) Es ermöglicht allen, ihre Fixkosten weiterhin zu begleichen (also auch Bankschulden, Sozialversicherungsbeiträge, Steuerzahlungen, Mietzahlungen, Energiekosten, etc.) 3.) Es verhindert all die Kollateralschäden, die dadruch entstehen, dass wir jetzt stunden, stunden, stunden und nach der Krise nachzahlen, nachzahlen, nachzahlen müssen, obwohl wir ja die Aufträge, die wir verloren haben, nicht nachholen werden können. Mehr möchte ich nicht mehr dazu sagen; doch eines: ich bin tatsächlich enttäuscht von der Performance der Grünen in der Regierung, da ich den Eindruck nicht los werde, dass auch in dieser Krise, eindeutig die ÖVP das Sagen hat und die Grünen bloß willfährige Ausführungsgehilfen sind. In der Hoffnung (die ja bekanntlich zuletzt stirbt und weil meine anfängliche Zuversicht nach Ihrer Antwort nun geschwunden ist), dass meine Familie, alle in gleicher oder noch schlimmerer Weise Betroffenen und ich nicht zu den "Kollateralschäden" zählen, deren Existenz auf diese Weise vernichtet wurde, verbleibe ich mit herzlichen Grüßen Michael Karjalainen-Dräger P.S. Dieses E-Mail veröffentliche ich auch auf Facebook und in meinem Blog und sende es via Kontaktformular auch an den Herrn Bundespräsidenten. Der Tag klang dann mit dem nächsten Online-Abend mit den Teilnehmenden meines Vorbereitungslehrganges auf die Berufsreifeprüfung Deutsch aus. Wir beschäftigten uns nochmals – so wie in der Vorwoche – mit dem Konjunktiv 1 und 2 sowie der indirekten Rede. Thematisch standen ethische Fragen zu autonomen Autos am Programm, zu einem Zeitungsartikel war ein Leserbrief zu verfassen. Es gibt auch andere Themen als das derzeit aktuelle und überstrapazierte.
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Route 55
Dieser Blog begleitet mich durch mein 55. Lebensjahr, das ich mit einer Feier im Freundeskreis am Vorabend meines Geburtstages eingeläutet habe, das am 23.2.20 um 19.21 h tatsächlich begonnen hat und das sogar 366 Tage zu bieten hat, also mehr als viele andere meiner bisherigen Lebensjahre. Archiv
Februar 2021
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